Korrespondenz-Nachrichten.
52. — Neueſte Nachrichten über die Reiſe des Kapitän
Clapperton mitgetheilt von Alexander v. Humboldt. (Paris,
Januar 1827.) (Vergl. unſere geogr. Zeitung 1826, Bd. 3, Nr. 147.)
Der Dumfries Courier giebt folgende überaus wichtige Nachricht von
dem Fortgange der Expedition des Kapitän Clapperton. Sie iſt ausgezo-
gen aus einem Schreiben dieſes berühmten Reiſenden vom 22. Februar
1826 aus Hio oder Epo, der Hauptſtadt von Youriba.
„Jch zweifle nicht, ſagt Clapperton, daß Sie und alle werthe Freunde
meines Vaterlandes über mein Schickſal beunruhigt worden ſind, als Sie
die ſchreckliche Kunde von dem Tode aller meiner noch übrigen Begleiter
erfahren haben. Böſe Nachrichten reiſen immer am ſchnellſten. Allerdings
war ich ſehr krank, als der arme Pearce ſtarb. Allein ich glaube ich bin
gerettet worden, weil ich mein eigener Arzt war, weil ich eine kräftige Me-
dizin nahm, und vor allen, weil ich voll Vertrauen auf die göttliche Vor-
ſehung war, welche jedem Unglücklichen neue Kraft und neuen Muth ein-
flößt. Sie können ſich meine Stimmung denken, als der Tod ſo gräßlich
um mich her wüthete, und alle meine Begleiter wegraffte. Jch kann keine
Worte finden, um Jhnen meinen damaligen Zuſtand zu ſchildern; ich ſage
Jhnen bloß, was mit mir vorgieng, als der arme Pearce ſtarb, deſſen Tod
mich am meiſten betrübte. Nachdem ich ihm die Augen geſchloſſen hatte,
ſaß ich eine Stunde lang neben dem Leichnam ohne ein Wort zu ſprechen,
den Kopf auf meine Knie geſtützt. Dann befahl ich, daß man bei dem
Körper mit Lichtern wachen ſollte und kroch elend krank an den Ort, wo
ich die bitterſte Nacht zubringen mußte. Am folgenden Morgen wohnte
ich dem Begräbniß bei, und las die Kirchengebete über Pearce's Grab.
Das iſt die härteſte Pflicht von allen. Man erträgt den Schmerz am
Sterbebette zu ſein, aber Erde über den werfen zu ſehen, den wir gekannt,
geliebt und geehrt haben, der der letzte, der beſte und der anhänglichſte aller
Geographiſche Zeitung, 1827. Korrespondenz-Nachrichten.
unſerer Begleiter war, das iſt ſchrecklich. Sie werden es ſonderbar finden,
daß ich als Presbyterianer, die Kirchengebete ſelbſt geleſen habe, aber das
that ich für die Lebenden. Alle meine Diener und die Vornehmſten der Stadt
aus Poyent ſtanden umher. Jch werde hier gut behandelt und reiſe in 2
Tagen nach Youri, wo der arme Mungo-Park getödtet ward. Jch werde
alle ſeine Manuſkripte erhalten, wenn ſie nicht ſchon Bello zurückgeſandt
hat. Jch werde in Youri alles erfahren, was Mungo-Park's letztes Schick-
ſal betrifft. Jch habe hier viel neue Entdeckungen gemacht; jeder Schritt
führt durch ein unbekanntes Land. Jch bin über eine Hügelkette gekom-
men, deren Exiſtenz ganz unbekannt war und bin ein großes Königreich
in Afrika durchreiſt, deſſen Name den Europäern ganz unbekannt war.
Jn der Hauptſtadt dieſes Königreichs habe ich 2 Monate gelebt. Der
Niger iſt jetzt nur noch 2 Tagereiſen oſtwärts von mir und die Einmün-
dung dieſes Fluſſes in den Golf von Benin kann nicht mehr zweifelhaft
ſein. Jch würde Jhnen mehr noch in dieſem Briefe ſagen, aber Abſchrif-
ten meiner Tagebücher, welche alle meine Beobachtungen enthalten, ſollen
bald nach England geſandt werden. Jch hoffe, Sie werden mir über Tri-
poli ſchreiben, denn der Weg über Weſten iſt ungewiß.“