Jahresbericht
des Directoriums des Deutschen Volksvereins
in der Stadt New = York. Von Februar 1847 bis dahin 1848.
Der Verein bildete sich im Anfange des vorigen Jahres unter
dem Namen „deutscher Volksverein“ und mit dem Zwecke, die hier
so sehr gefährdeten Rechte und Jnteressen deutscher Einwanderer zu
wahren und zu überwachen. Es war eine Nothwendigkeit, daß die
der Sitte und Sprache unkundigen, oft den empörendsten Betrügereien
und grausamsten Mißhandlungen ausgesetzten Einwanderer, durch das
Gesammtwirken ihrer hier lebenden Landsleute ein Organ fanden, das
durch die Rechtsstrenge seines Zweckes und die Nützlichkeit seiner Ein-
richtung Vertrauen einflößen und nachhaltig durch sein Streben, durch
Rath und That wirken mußte.
Gemäß der Constitution, welche sich der Volksverein gegeben hatte,
soll seine Thätigkeit und sein lebenskräftiges Wirken durch sechs Be-
amte, -- den Präsidenten, zwei Vice=Präsidenten, zwei Secretäre und
den Schatzmeister, -- durch wenigstens sieben Directoren, -- die sämmt-
lich für ein Jahr gewählt werden, und durch vierundzwanzig Mitglieder,
in freiwilliger Meldung für jeden Monat als Beaufsichtigungs - Com-
mission, errungen und gesichert werden; außerdem muß sich jedes Mit-
glied verpflichten, für den Zweck des Vereins nach Kräften wirksam
zu sein, und es wurde bestimmt, daß an jedem ersten Donnerstage im
Monat eine General = Versammlung gehalten und darin vorgetragen
und berathen werden solle, in wie weit der Verein durch seine Be-
amten und durch seine Mitglieder die schöne, große Aufgabe, welche
er sich gestellt hatte, zu erfüllen strebte.
Die Wahl der Beamten und des Directoriums geschah vor einem
Jahre, die Zeit ihrer Pflicht und ihres Dienstes ist jetzt abgelaufen;
sie halten es deßhalb für ein unumgängliches Erforderniß, -- obschon
in den monatlichen General = Versammlungen Alles, was in Bezug auf
den Verein geschehen war und geschehen mußte, dargestellt ist, -- den
sämmtlichen Mitgliedern des Vereins und auch dem ganzen Publikum
in diesem Jahresberichte eine gedrängte Gesammt = Uebersicht von den
Thatsachen zu geben, welche die Wirksamkeit des Vereins, seinem Zwecke
entsprechend, bezeugen und es zugleich bekunden, in wie weit sämmt-
liche Mitglieder des Directoriums das Vertrauen erfüllt haben, das
durch ihre Erwählung in sie gesetzt wurde. -- Es ist dieß Directorium
freilich nicht mehr ganz dasselbe, welches zuerst vor einem Jahre ge-
wählt wurde; -- die junge Kraft mußte sich zu prüfen suchen. Von
den sieben ersten Directoren harrten nur wenige aus und die andern,
welche theils ermüdeten, theils gar nicht ihrer übernommenen Ver-
pflichtung nachkamen, mußten geeignet ersetzt, es mußte sogar dem
Directorium das Recht gegeben werden, sich selbst zu ergänzen. Der
zuerst erwählte zweite Secretär entsagte und der ebenfalls zuerst er-
wählte erste Secretär mußte wegen seines, den Vereins=Zwecken feind-
lichen Entgegenwirkens in der August = General = Versammlung ent-
setzt werden.
Die Form der Thätigkeit des Vereins war in dem verflossenen
Jahre dahin bestimmt, daß jeden Tag von 4 -- 6 Uhr Nachmittags
die 24 Mitglieder der Beaufsichtigungs = Commission, von denen je sechs
eine Woche unter dem Vorsitze eines Directors übernahmen, die etwaigen
Beschwerden der Einwanderer, ihre Klagen und Fragen untersuchten
und theils erledigten, theils dem Directorium anzeigten, -- daß das
Directorium jeden Mittwoch Abend seine Sitzungen und der Verein
jeden ersten Donnerstag im Monat seine General=Versammlungen hielt.
Die Sitzungen der Beauftragungs=Commission, -- in den deutschen
Zeitungen hier geeignet annoncirt, -- waren in den ersten fünf Mo-
naten in Greenwich=Str. nahe dem Hudson und dem Platze, wo die
meisten Schiffe, welche mit deutschen Emigranten hier landen, anlegen,
in Mitte aber desjenigen Stadttheiles, wo sich die Kosthäuser und Passage-
Bureaus für Einwanderer befinden und wo die Makler und Runner
mit nicht bedeutender Ausnahme ein Gewerbe führen, deren verächtlicher
Charakter durch die öffentliche Meinung und durch eine Summe bewie-
sener Thatsachen bezeichnet ist So günstig nun das Lokal zur Ueber-
wachung der gekränkten Rechte der Einwanderer war, so sah die Com-
mission sich gezwungen, weil sie beständig von solchen Menschen, denen
sie entgegen zu wirken hatte, belästigt, angefeindet und in ihrer Wirk-
samkeit gestört wurde, die täglichen Sitzungen nach Frankfort No. 8
zu verlegen.
Das Directorium hatte eingesehen, daß es wünschenswerther und
entsprechender sein würde, ein eigenes Bureau für den Volksverin zu
besitzen; die mehrfachen Berathungen darüber ergaben aber, daß dann
auch solche besondere Anordnungen getroffen werden müßten, welche mit
der augenblicklichen Lage des Vereines, mit seinen Kräften und Mitteln
noch nicht im richtigen Verhältnisse stehen würden. Vertrauend dem
gesunden, wahren Rechtsgefühle seiner Mitbürger und deren Theilnahme
und Anschlusse zum Vereine und gestützt ferner auf die Erfahrungen und
Thatsachen, die das erste Jahr des Bestehens dieses Vereines bietet, hofft
das Directorium mit fester Zuversicht, daß schon im nächsten Jahre eine
solche Einrichtung getroffen werden kann, welche nicht allein den Mitteln,
sondern auch der Würde und dem Zwecke des Vereines anpassend sein wird.
Die wöchentlichen Directorial = Sitzungen sind nie gestört, die
General = Versammlung wurde aber im Monate Mai durch eine be-
trächtliche Anzahl von Maklern und solchen Menschen, die sich nicht in
den Grenzen der Ruhe und des Anstandes zu bewegen vermögen, ge-
zwungen, ihre Sitzung aufzuheben und auf acht Tage nach einem andern
Locale zu verlegen. Seitdem hat keine frevelnde Hand wieder in die
äußere Ordnung des Vereines eingegriffen.
Die sämmtlichen vorstehend erwähnten Verhältnisse, welche die for-
melle Gestaltung des Volks = Vereins betreffen und welche sich erst durch
die in das Leben getretene Wirksamkeit des Vereines ergeben konnten,
befahlen zugleich eine Aenderung der Constitution in Betreff der beiden
Paragraphen, welche die Mitgliedschaft und die Wahl der Beamten be-
stimmen. Es mußte dafür gesorgt werden, daß der Verein aus solchen
Mitgliedern gebildet und erhalten wurde, deren Charakter und deren
Geschäft nicht in Rücksicht auf Vereinszwecke entwürdigend und feind-
lich sein konnte; daher wurde unter der gewahrten Form, welche die
Constitution für eine Abänderung bestimmt, festgesetzt:
daß die Namen Derer, welche Mitglieder zu werden wünschen, der
General = Versammlung vorgelesen und in der nächstfolgenden Ge-
neral = Versammlung wieder mitgetheilt werden, und daß, wenn
dann zwischen dieser Zeit kein erheblicher Einspruch gegen die vor-
geschlagenen erhoben ist, diese wirkliche Mitglieder des Vereins
werden und sich dadurch verpflichten, außer dem monatlich zu zah-
lenden Beitrage den Zweck des Vereins möglichst durch die That
zu unterstützen. Nichtzahlung dieses Beitrages während drei Mo-
naten kann, absichtlich widerstrebendes und feindliches Handeln
gegen den Verein muß die Ausschließung eines Mitgliedes zur
Folge haben.
Jn Betreff der Wahl der Beamten hatte die Erfahrung gelehrt,
daß der Verein sorgfältiger wählen, daß er Männer haben müsse,
denen es nicht um die Ehre, sondern um die Pflicht, um eine wahre,
fördernde, ausdauernde Thätigkeit für den Verein zu thun sei. Es
wurde deßhalb beschlossen:
daß sieben Delegaten ernannt und von diesen solche Männer als
Candidaten vorgeschlagen werden sollten, welche es schon bewiesen
hätten, daß sie den Zweck des Vereines in seiner Strenge und
Wahrheit verfolgen würden. Diese Delegaten sollen in der De-
cember = Massen = Versammlung erwählt werden, sie haben in der
Januars = Versammlung Bericht abzustatten und es hat dann je-
des einzelne Mitglied des Vereines im eigentlichen Wahl=Meeting
ein Recht, entweder für das von den Delegaten aufgestellte Ticket
zu gehen, oder es theilweise oder ganz zu ändern.
Möge der Verein durch diese -- vielleicht noch nicht ganz er-
schöpfende, aber in der Wesenheit anbefohlene, weil nothwendige --
Einrichtung im nächsten Jahre ganz das finden, was er mehr oder
weniger im letzten Jahre entbehrt hat; möge dabei die später fol-
gende treue Darstellung seines Wirkungskreises und seiner Errungen-
schaft es zeigen, daß die Beamten und die Mitglieder des Directo-
riums ein ausgezeichnet strenges Rechtsgefühl und eine gänzlich un-
abhängige Stellung besitzen müssen, wenn sie mit wahrem Erfolge
für den Verein wirken sollen.
Die eigentliche, durchgreifende Entwickelung seines Zweckes begann
der Volksverein im Monat April v. J., wo zuerst die Beaufsichtigungs-
Commission gebildet wurde. Von dieser Zeit führte der Verein Namens
eines deutschen Einwanderers, dessen Frau durch den Capitän Tucker,
Schiff Pontiac, mißhandelt war, einen Rechtsanspruch gegen den Letztern.
Der Verein machte bei dieser Klage zuerst die Erfahrung, daß deutsche
Einwanderer sich oft eher bereden, verleiten und gar betrügen lassen,
als dem Recht und der Wahrheit zu folgen, und daß sie oft weder Kraft
noch Ausdauer, noch Aufrichtigkeit genug besitzen, um im Wege des hier
gegebenen Proceßverfahrens eine Entschädigung zu erwarten oder zu er-
halten. -- Der Proceß des ec. Rosch gegen den Capitain Tucker ist,
jedoch nicht ohne Opfer des Volks = Vereins, beendet, und Rosch hat auf
dem Wege des Vergleichs eine solche Geldsumme erhalten, als er selbst
forderte.
Der weite, bedeutsame Wirkungskreis, der seit dem Monate April
dem Volksvereine durch die Beschwerden der Einwanderer gegeben wurde,
und der sich ihm dann durch die gewonnenen Erfahrungen aufdrängte,
umfaßt die Ueberfahrts = Contracte, die in Deutschland oder in den See-
häfen deutsche Einwanderer mit Maklern, Agenten oder Rhedern schlossen,
dann die Ueberfahrt selbst und endlich die Ankunft, d. h. die Hand-
lungsweise mancher Kosthäuser und Passage = Bureaus hier, oder mit
anderen Worten, die Schwindeleien in Europa, die schlechte Behandlung
auf See und die Betrügereien hier. Es würde die Grenzen dieses
Berichtes überschreiten, wenn die große Masse einzelner Fälle, welche vor
das Forum des Volks = Vereins gebracht wurden, einzeln aufgezählt werden
sollten; eine allgemeine Uebersicht wird genügen.
Achtzehn Beschwerden sind wegen Verlust von Koffern und Kisten,
oder Entwendung derselben, vorgekommen; die meisten davon wurden
durch die Bemühungen des Vereins, durch Nachforschungen hier und
durch briefliche Anfragen in Europa erledigt. Bemerkenswerth dabei
ist, daß diejenigen Einwanderer, welche über Rotterdam und London
nach Liverpool und von da hierher kamen, die meisten derartigen Be-
schwerden vorbrachten, und theils in Rotterdam, gewöhnlich in London,
ihre Sachen vermißt oder verloren hatten.
Was die Ueberfahrts = Contracte betrifft, welche deutsche Einwan-
derer mit Schiffsmaklern, Agenten oder Rhedern geschlossen hatten und
darin theils beschwindelt, theils weniger oder mehr durch zu große Ver-
sprechungen hintergangen waren, so haben diese die Aufmerksamkeit und
Sorge des Vereins besonders in Anspruch genommen. Die deshalbigen
Beschwerden, welche theils mündlich, theils schriftlich erhoben wurden
und sich bis zum jetzigen Augenblicke bei dem Volksvereine häuften,
konnten hier eine durchgreifende Erledigung nur selten erringen, weil
der Verein bloß die Beschwerden, aber keine beweisende Anhaltspunkte
empfangen und noch weniger hier die richtigen Beklagten finden konnte.
Die ursprünglichen Contracte, welche die Einwanderer mit Maklern und
Agenten in Deutschland geschlossen haben, werden ihnen in den See-
häfen von Rotterdam, Antwerpen, Havre und Liverpool gegen eine einfache
Schiffskarte und Quittung des Passagepreises abgenommen, und damit
ist ihnen auch der Beweis, daß sie beschwindelt sind, abgeschnitten. Die
nicht gehaltenen Versprechungen in den Contracten, welche den Ein-
wanderern geraubt werden, betreffen meist den Raum, in welchen die
Emigranten beschränkt und die gute, geeignete Beköstigung und Be-
handlung, welche sie oft nur annähernd, in einzelnen Fällen gar nicht
erhalten haben wollen. Auf den Schiffen, wo die Einrichtung getroffen
war, daß die Passagiere sich ihren eigenen Mundvorrath kaufen und
kochen mußten, kamen fast gar keine Beschwerden, höchstens nur die wegen
schlechter Behandlung vor. Gegen Hamburger und auch gegen Bremer
Schiffsmakler sind mehrere ähnliche Beschwerden erhoben; bei näherer
Prüfung derselben ergab es sich, daß gedruckte Empfehlungen der Makler,
die besonders in Süddeutschland umhergestreut werden, eine nicht genau
specificirte Angabe und ein allgemeines Versprechen über gute und hin-
reichende Kost enthielten und daß diese, der Qualität und Quantität
nach, in übereinstimmender Aussage der Passagiere, nicht geliefert war.
Vorzüglich beschwerten sich die Emigranten, daß sie harte, unverdauliche
Hülsenfrüchte und zu wenig Wasser erhalten hätten. Drei Fälle liegen
liegen auch vor, wo behauptet wurde, daß der das Essen und Wasser austhei-
lende Untersteuermann einige Passagiere bevorzugt hätte, um dem Capitän,
der dieß gleichfalls gethan, einen sogenannten Zeitungspuff zu verschaffen. --
Jn die Abtheilung dieser Klagen gehören auch die bei jeder Ankunft
eines französischen Steamers wiederholten Beschwerden der Zwischendecks-
Passagiere, die theils durch die Agenten hintergangen, theils durch die
ganz verfehlte Einrichtung auf diesen Dampfschiffen beeinträchtigt waren. --
Jn allen diesen Fällen, die theils durch Unkunde, Arglosigkeit und Leicht-
gläubigkeit der Einwanderer möglich wurden, ist von dem Vereine, wenn
nicht hier eine Entschädigung zu erlangen war, das geschehen, was ihm
zur Verhinderung künftiger Unbilden und zur Aufhebung derselben nöthig
schien. Es ist an die Behörden, an die Agenten und Schiffsmäkler,
namentlich ist an das deutsche Volk in deutschen Zeitungen berichtet,
es sind jene ernstlich gewarnt, und dieses ist geeignet auf solche Hinter-
gehungen aufmerksam gemacht.
Die in früherer Zeit und bei Entstehung des Volksvereins so
oft vorgekommenen Beschwerden wegen Mißhandlung, welche die Passa-
giere von Schiffscapitänen oder deren Schiffsmannschaft erleiden mußten,
sind seit fast einem halben Jahre bei dem Vereine zu dessen Ruhme
und Ehre nicht wieder erhoben. Der Name des deutschen Volksvereins
und die nachdrückliche Züchtigung, welche solche Capitäne durch das
strenge Wirken des Vereins hier erhielten, die Zahlung sehr bedeuten-
der Entschädigungs = Summen, worin jene verurtheilt und dabei zugleich
vor die Oeffentlichkeit gezogen und gleichsam an den Pranger gestellt
wurden, waren hinreichend, um hier den Zweck des Vereines gänzlich
zu verwirklichen und den Capitänen jene Furcht und jene Achtung
aufzuzwingen, welche dem strengen, unveräußerlichen Rechte gebührt.
Die durchgreifendste und nachhaltigste Wirkung hat der Volks-
verein zur Beschützung der Einwanderer hier in Newyork zu erringen
gesucht. Nirgends sind die unkundigen, nach langer oft gefährlicher
Seefahrt glücklichen und deßhalb leicht zu überredenden Einwanderer
mehr dem Betruge und der Schwindelei ausgesetzt, als an den ame-
rikanischen Seehäfen. Geborne Amerikaner, vorzüglich aber eigene
Landsleute der Einwanderer haben zur Uebervortheilung der Letzteren
Geschäfte errichtet, die fast einem Strandraube gleichkommen. Der
Verein stieß sofort, als seine Thätigkeit begann, mit diesen Leuten,
besonders mit ihren Runnern und Maklern, zusammen, die gemeinsten
wie die schlauesten, die öffentlichsten und geheimsten Hülfsmittel und
Kunstgriffe wurden von den Gegnern des Rechtes benutzt, aber das
ruhige entschiedene Verhalten des Vereines in diesem Kampfe mußte
zum Ziele führen; der Volksverein ist bis jetzt Sieger geblieben, das
sogenannte Maklerthum wird, wie es bestand, aufhören. Es mußte, um ein
solch wirklich ausgezeichnetes Ergebniß mit der Zeit zu gewinnen, dem Ver-
eine daran liegen, der gesetzgebenden Behörde zu zeigen, daß er ohne sie
in diesem Falle durchgreifend wirken könne, daß aber die Einwanderer
in diesen Fällen außer dem gesetzlichen Schutze ständen. Die Sache
ereignete sich bald. Einer von den vielen durch hiesige Passage - Bu-
reaus übervortheilten Emigranten wandte sich in den ersten Tagen der
Wirksamkeit des Vereins an diesen, weil er sich hintergangen und im
Besitze eines falschen Passage=Tickets glaubte. Der Fall wurde der
gerichtlichen Behörde angezeigt und der Verein wachte über dessen ernste
und strenge Verfolgung innerhalb der durch das Gesetz vorgeschrie-
benen Form.
Die Grand=Jury fand gegen den Eigenthümer des Passage=Bu-
reaus, wo jener Emigrant das Ticket erhalten hatte, ein sog. truebill,
die Sache wurde dann vier Tage lang vor der Court of Sessions
verhandelt, es wurden weder Kosten gespart, noch wurde irgend etwas
vernachlässigt, um das klare Recht siegend zu machen, es war einer
der ausgezeichnetsten Anwälte gewonnen, um dem im Rechte klagenden
Volke zur Seite zu stehen; deßungeachtet ging die Sache scheinbar
verloren und die Feinde des Volksvereins triumphirten, sie suchten sogar
einige Beamten des Vereins zur Rechenschaft zu ziehen, forderten ge-
richtlich eine Entschädigung, und es muß hier erwähnt werden, daß
deßhalb noch eine Klage gegen drei Beamte des Vereins vorliegt und
von dem jetzigen Directorium auf das neu zu wählende vererbt werden
muß. So wenig aber diese Klagen zu fürchten und so sehr sie nur
geeignet sind, die Kraft und das Recht des Vereins zu zeigen, so wenig
hat der Volksverein damals eine Klage, die er nicht geführt hat, ver-
loren. Jene Proceßverhandlungen in der Court zeigten das Makler-
thum in seinem ganzen gehässigen Lichte, es zeigte aber auch, daß kein
Gesetz vorhanden war, welches jene dem Rechte entgegenstrebende Men-
schen zur Verantwortung und zur Strafe ziehen konnte. Dieß war
der wesentlichste Zweck des Vereins, und diesen hat er errungen. Die
Aufmerksamkeit des Publikums wurde erregt, die Gesetzgebung in Al-
bany schritt ein, die sorgfältigsten Untersuchungen, wobei der Verein
nach Kräften mitzuwirken suchte, wurden durch eine von der Gesetz-
gebung ernannte Commission in Newyork und Albany vorgenommen,
beschworene und beglaubigte Thatsachen, welche die an Emigranten
verübten Betrügereien klar feststellten, wurden in übergroßer Menge
aufgefunden und die Assembly in Albany erließ am Ende des verflosse-
nen Jahres ein Gesetz, wie es dem Zwecke des Volksvereins entsprechend
ist, wie er es selbst zu erringen gesucht hat. Zwischen der Zeit, wo
jene Untersuchungssache verhandelt war und das Gesetz, das jetzt dem
Senate in Albany zur Annahme vorliegt, erschien, sind eine Summe
ähnlicher Beschwerden bei dem Vereine vorgekommen, sie sind aber alle
auf eine friedliche Weise beendigt, und es liegt kaum ein Fall vor,
wo bei diesen Beschwerden irgend ein Passagebureau, sobald vom deut-
schen Volksverein aus nachgeforscht und eine Entschädigung oder Be-
richtigung gefordert wurde, diese verweigert hätte.
Die zahlreichen Beschwerden, welche von Emigranten gegen hie-
sige Wirthe erhoben wurden, sind durch gütige Vermittlung mit sehr
geringer Ausnahme beseitigt. Gewöhnlich geschahen diese von solchen
Einwanderern, welche kein Geld hatten, und denen der Wirth, um
sich bezahlt zu machen, die Effecten nicht verabfolgen lassen wollte.
Nur einige Male kamen Klagen vor, wo sich Einwanderer direct
übervortheilt glaubten; es wurden diese gütlich geschlichtet.
Eine bedeutende Summe von Beschwerden entstand durch die
Nachlässigkeit und durch die Sprach = Unkunde der Emigranten und
durch Mißverständniß. Die Wirksamkeit des Vereins hat sich bei die-
sen Fällen stets sehr erfreulich geäußert.
Das Vorstehende umgreift in allgemeiner Uebersicht die vom
deutschen Volks = Verein während eines Zeitraums von nur zehn Mo-
naten in Form und Wesenheit entwickelte und bewiesene Thätigkeit;
so schön aber diese für den Verein und so empfehlenswerth sie für
sein kurzes Bestehen ist, so sehr verdient es eine Erwähnung, daß
dieß Ergebniß meist durch die Bemühungen weniger, aber tüchtiger
Mitglieder des Vereins gewonnen wurde. Die Stiftung des Vereins
war, wie anerkannt ist, eine Nothwendigkeit; es muß daher auch
jedes Mitglied durchdrungen sein von dem großen Zwecke, den der
Verein zu verwirklichen hat, es muß sich getrieben fühlen, handelnd
und fördernd einzugreifen und mitzuwirken, um die ganze Hoffnung
und Wahrheit, die sich an den Verein knüpft, zu verwirklichen. Denn
die Aufgabe, die ihm gesetzt ist, wird in dem kommenden Jahre, so-
bald das von der Gesetzgebung in Albany erlassene Gesetz vom Se-
nate genehmigt ist und in Kraft tritt, noch eine höhere und durch-
greifendere Bedeutsamkeit erlangen; er braucht nicht mehr durch seine
moralische Kraft allein zu wirken und zu schützen, er kann im vollen
Sinne den rechten Arm jenes Gesetzes bilden und mit diesem Arme
den überaus zahlreichen deutschen Einwanderern die wahre Bruder-
hand reichen. Das ist es aber, was die Beamten und die Mitglie-
der des Directoriums des Volksvereines zu erstreben gesucht haben,
und damit schließen sie ihren Jahresbericht.
Jm Auftrage des Directoriums
Hermann Bocker, Präsident.