‒ Der Kriegsminister General Lamoriciere leidet am Wechselfieber. Doch hielt ihn dasselbe bisher von den Geschäften nicht ab, obgleich er sehr angegriffen aussieht.
‒ Der preußische Geschäftsträger, Graf von Hatzfeld, und der portugiesische Geschäftsträger, Paiva Pereira, haben dem Minister des Auswärtigen, Bürger Bastide, ihre Akkreditive überreicht.
‒ (Erster Republikanischer Preßprozeß.)
Die Anklagekammer des Pariser Gerichtshofes stellt den Geranten des „Peuple Constituant“ vor die Assissen, weil er in seiner letzten Nummer, 1) einen Artikel enthalten, welcher das Volk zum Hasse und Verachtung der Regierungsgewalt aufgestachelt habe und der mit den Worten endet: Schweig Volk‒ silence au peuple! 2) Weil er in einem zweiten Artikel zu einem Regierungswechsel, mithin zum Bürgerkriege, in derselben Nummer vom 11. Juli aufgefordert habe.
‒ Die großen Möbelfabriken der Faubourg St. Antoine, welche so viele Tischlergesellen (besonders Deutsche) beschäftigten, stehen öde und verlassen. Die Gesellen, sowohl einheimische als fremde, wandern fast alle nach England, von wo ihnen große Versprechungen gemacht werden.
‒ Maubeuge und die umliegenden Hochöfen beschäftigten bisher über 4000 Arbeiter. Alle diese Arbeiter sind jetzt mit einem Male brodlos. Die Inhaber jener Hüttenwerke hatten an die Staatsbauten Ministerien des In- und Auslandes (Frankreichs und Belgiens) geschrieben, und sich angeboten zum Kostenpreise zu arbeiten, um nur die Proletarier vor Verzweiflung zu retten. Allein die Bestellungen blieben dennoch aus und jetzt können diese Unglücklichen sich mit den Almosen der Nationalversammlung begnügen.
‒ Die Baumwollenweber und Spinner des Loirethales (Roanne) haben sich an den Minister des Ackerbaues und Handels gewandt, um die nöthigen Fonds, behufs Gründung von gegenseitigen Assoziationen zu erreichen, ohne welche sie untergehen müssen.
‒ Präfekt Ducoux setzt seine Mauerbülletins zur Beruhigung der Pariser Bevölkerung fort. Das heutige enthält nicht viel Erwähnenswerthes.
‒ Der„Moniteur“ bringt den Text des Klubgesetzes.
‒ Die „Reforme“ erwacht aus ihrer Letargie.
‒ Der „National“ zeigt sich gegen Ungarn, speziell gegen H. Kossuth sehr ergrimmt, weil er 50,000 Mann zur Verfügung Oestreichs nach Italien schicken wolle.
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 2. Aug. Präsident Marrast eröffnet sie um 1 1/2 Uhr. Nach Erledigung einiger Einsprüche gegen das Protokoll und Bewilligung mehrerer Urlaube, unter Anderen an Peter Bonaparte und Adelsward, legt Antony Thouret eine mit zahlreichen Unterschriften bedeckte Bittschrift nieder, welche verlangt: Belgien alles Ernstes zur Zahlung seiner Schuld von 1832 anzuhalten. Dann schritt die Versammlung zur Fortsetzung der Hypothekensteuer-Debatte.
Gouin, Exbankier und Präsident des Finanzausschusses, rechtfertigt den letzteren gegen die ihm gestern vom Finanzminister gemachten Vorwürfe als habe er die Regierung durch Verwerfung ihres Entwurfs in ihren Schritten hemmen wollen. Der Ausschuß trachte ebenso sehr wie der Minister nach Wiederbelebung des Kredits, doch scheine ihm der eingeschlagene Weg nicht dazu geeignet. Er sei ein Uebergang zum Progressivsteuersystem, das den Grundstücken das Bischen Kredit, dessen sie sich noch erfreuten, vollends entzöge.
Gastonde hält den Entwurf ebenfalls gefährlich. Neue Steuern zu schaffen, sei immer höchst gefährlich. Könne sich die Staatskasse nicht anders helfen, so solle sie die existirenden Steuern eher verdoppeln (supplementer) als zu dekretiren. Der Redner bemerkt, daß der Kredit zu Grunde gehe, wenn man die Kapitalisten zu sehr angreife; ihm zufolge würde die Mehrzahl der Hypothekenschulden der Kontrolle entschlüpfen. Zudem sei der Entwurf eine offene Rückkehr zum gestürzten System. Das Kapital zur Grundlage eines Steuersystems zu nehmen, sei grundfalsch, dasselbe sei unsichtbar, man könne es nie erreichen, wenigstens entgehe der Haupttheil desselben und nur das Unbewegliche, ohnedieß schwer belastete werde vollends erdrückt. Der Finanzminister solle ein anderes Mittel ergreifen, um sich die hieraus versprochenen 24 Millionen zu verschaffen.
Tassel kommt dem bedrängten Dekrete zu Hülfe. Die Steuer sei ja nur eine transitorische pro 1848. Er fürchtet deshalb nicht, daß es den Kapitalisten gelingen werde, den Geldpreis von 5 auf 8 bis 9 pCt. zu treiben.
Thiers unter allgemeiner Aufmerksamkeit auf der Tribüne: Ich wollte Anfangs nicht sprechen; aber die gestrige Rede des Finanzministers zwingt mich dazu. Ich that Alles um die Einigkeit zwischen dem Ausschuß und dem Minister zu erhalten, allein sie ist jetzt mächtig gestört und ich nehme das Wort, um sie wo möglich wieder herzustellen. Nach diesem Vorwort beginnt die eigentliche Rede. Hr. Thiers findet die Steuer hart, ungerecht, schlecht. Das Resultat wird den Nachtheilen nicht entsprechen. Hart und ungerecht sei sie, weil sie den kleinen Kapitalisten vom Haus-und Grundbesitze vollends entferne, also den letztern ruinire. Die großen Kapitalisten mögen von Hypotheken nichts wissen, sie wenden sich der Industrie zu. Schlecht sei sie, weil es in der ganzen Finanzwissenschaft als nöthig anerkannt ist, das Kapital, dieses Werkzeug der Produktion, möglichst zu schonen. Beweis: Amerika und England. Das Kapital belasten, heißt den Rohstoff vertheuern. Seit dem Dekret der provis. Reg. sei der Zinsfuß bei den Notaren von 5 auf 7 pCt. gestiegen. Wäre der Grundsatz, das mobile Kapital zu besteuern, wirklich gut, ei, warum generalisirt man ihn denn nicht? Seit der Julirevolution sind ähnliche Anträge: die Rentiers zu besteuern, mannigfach gemacht worden; aber sie verunglückten alle. Ja, hättet Ihr eine Einkommensteuer vorgeschlagen, dann hätte ich Euch unterstützt. Die Steuer sei nur eine vorübergehende, hört man sagen; aber das Expedient sich 20 Millionen zu verschaffen, ist mit zu großen Opfern verknüpft als daß ich dafür stimmen könnte, Hr. Thiers tritt nun in eine Beleuchtung des Büdgets und Defizits, das er auf 300 Millionen anschlägt, in sehr beißender Weise und prophezeit nichts Gutes, wenn man auf dieser Bahn fortwandele. Goudchaux suchte zu erwidern, war aber ungemein matt. Berryer wollte versöhnen.
‒ (Nach 4 Uhr.) Nach Berryer's Rede hielt noch Boulley einen unbedeutenden Vortrag. Die Versammlung schritt zur Abstimmung über § 1 des ersten Artikels, der also lautet: „Es wird hiermit, aber nur für 1848, eine direkte Steuer auf alle Hypotheken-Kapitalien eingeführt, welche vor dem 16. April c. eingeschrieben sind.“
Die Abstimmung geschah durch Aufstehen und Sitzenbleiben und gab nur ein sehr dürres Mehr zu Gunsten des Ministers.
Die Versammlung schritt zu § 2, der also lautet: „Die Preise oder Kaufsummen für Grundstücke, welche inmittelst veräußert worden, sind den Hypotheken-Kapitalien gleich zu stellen.“
Wird mit wenig Aenderung ebenfalls mit schwacher Mehrheit angenommen. Die Versammlung geht zum § 3 des Artikels über: „Ausgenommen von dieser Steuer sind die Darlehen aus laufenden Handelskreditten, die Kapitalien der Kranken-und Waisenhäuser. Ebenso die Kapitalien des Auslandes auf heimische Grundstücke.“ Auch dieser § geht durch.
Präsident Marrast: Ich lasse jetzt über den ganzen Artikel abstimmen.
Larschejaquellein springt auf die Bühne: Der Finanzminister, ruft er durch den Tumult, gab gestern zu verstehen, daß er aus der Annahme der Steuer eine Kabinetsfrage mache. Ich ersuche ihn, um der politischen Stimmfreiheit halber, sich zu erklären, ob er noch eine Kabinetsfrage daraus mache?
Goudchaux: Wenn ich gestern diese Aeußerung fallen ließ, so bezog sie sich weniger auf das vorliegende Gesetz als auf die Gesammtheit meines Finanzsystems.
Ich mache also aus dieser speziellen Steuer keine Kabinetsfrage.
Der Präsident nöthigt alle Deputirte, ihre Plätze einzunehmen. Das Skrutin durch Stimmzettel wird verlangt. Die Saalwärter cirkuliren mit den Urnen. Allgemeine Spannung. Um 6 Uhr theilt Präsident Marrast folgendes Resultat mit:
Zahl der Stimmenden, 717. Absolute Mehrheit, 359. Es stimmen für die Steuer, 378. Gegen dieselbe, 339.
Der erste Artikel ist angenommen.
Die Sitzung wird um 6 Uhr 5 Minuten aufgehoben.
Straßburg, 31. Juli. Der Klub der republikanischen Brüderschaft hat in seiner Sitzung vom Freitag beschlossen, daß seine Sitzungen öffentlich sein werden. Er hat außerdem an die Nationalversammlung folgenden Brief geschrieben, als Protestation gegen den Gesetzentwurf über die Klubs:
„Bürger Repräsentanten! Der Klub der republikanischen Brüderschaft zieht in Betracht:
Daß das Associationsrecht unverjährbar, und daß das Bestehen der Klubs eine praktische Folge davon ist, er betrachtet als einen Angriff auf das Recht jede präventive Maßregel, welche der freien Ausübung der Volksgesellschaften störend in den Weg tritt;
Da gewisse Verfügungen des Dekretentwurfes auf die Polizei der Klubs durch einen gewissen Reaktionsgeist eingeflößt worden zu sein scheinen, der den durch die Februarrevolution proklamirten demokratischen Prinzipien feindlich ist;
Protestirt die republikanische Brüderschaft förmlich gegen alle Tendenzen, und erklärt, daß in ihrer Meinung jedes Dekret gegen die Klubs nur gegen die Mißbräuche gerichtet werden kann, welche aus deren völligem Associationsrecht entstehen könnten.
Gruß und Bruderliebe.
Der Präsident des Klubs, A. Robert. Die Sekretarien, A. Toulgouet, Baltzer.
Straßburg, den 28. Juli. 1848.“
(Rép. Alf.)