HrHerrn Professor Dr. Wilh.Wilhelm Scherer in Berlin
Höchst verehrter Herr,
Verzeihen Sie freundlichst einem mit Arbeit Überbürdeten, wie
er erst heute dazu kom̃t, Ihnen seinen herzlichen Dank auszu-
sprechen für die Güte und das Wohlwollen, womit Sie mir
als der Erste die willkom̃ene Nachricht von dem Auftreten Bis-
marck's in der orthographischen Frage mitgetheilt.
Die Hoffnung, daß, durch dies Vorgehen ermuthigt, der
Reichstag vor Ostern einen die Einführung in die Schulen
werden Beschluss zu Stande bringen würde, hat sich nicht erfüllt
und ich sehe nicht klar, wie sich nach den Ferien diese Frage
dort bei der ganz ungehörigen Verquickung mit politischen
Motiven gestalten wird. Ich habe inzwischen nicht gefeiert; mein
Aufsatz in dem „Berliner Tageblatt“ ist Ihnen zugegangen
und ein anderer im Aprilheft des Westerman'schen Monats-
hefte (wovon ich eben die Korrektur besorgt) wird Ihnen
wohl zu Gesicht kom̃en; aber sonst ist es überall ziem
lich still. Ich wenigstens habe nur ein einziges Schriftchen
bisher gesehen, die „Praktisches Bedenken gegen die Fassung
(nicht
(nicht gegen den materiellen Inhalt) der Regeln ppp.“ von J Lattmann
Gymnas.Gymnasial-Direktor (Clausthal). Werden die preußischen Jahrbücher
Etwas über die Frage bringen und in welchem Sinn?
Namentlich aber; wie wird sich die Angelegenheit im
Reichstage gestalten? und welche Stellung wird Bismarck ferner-
hin in dieser Frage einnehmen? Und wird sich die preußi-
sche Lehranstalt so stillschweigend bei dem ministeriellen
beruhigen?
Sie in dem Mittelpunkte des Reiches sind dort über
Alles gewiss weit besser unterrichtet als ich hier in meiner
litterarischen Abgeschiedenheit. Für jede Mittheilung und nament-
lich für jeden Rath über das, was ich etwa noch in der
Sache thun könnte, werde ich Ihnen zu besonderem Dank
verpflichtet sein.
Ihnen und den Ihrigen ein frohes Fest und alles
Gute wünschend und mich Ihren ferneren Wohlwollen
angelegentlich empfehlend, in vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebenster
Dan. Sanders
Altstrelitz, 26/3 80.