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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung.
3,9. Eisenspat kommt in den älteren Formationen meist in Gängen vor,
selten in Lagern. Sein oft beträchtlicher Mangangehalt macht dieses
Erz besonders geeignet zur Stahlgewinnung. Vor seiner Verschmelzung
wird es gewöhnlich einer Röstung unterworfen, wodurch die Kohlen-
säure ausgetrieben und eine teilweise Oxydation herbeigeführt wird.
Das Röstprodukt ist eine schwarze, zuweilen halbmetallisch glänzende
Oxydverbindung des Eisens, die in ihrer Zusammensetzung dem Magnet-
eisenerz nahe steht. Der Eisenspat erleidet schon beim Liegen an
der Luft eine Zersetzung, wobei seine fast weisse Farbe durch Gelb in
dunkles Braun übergeht. Dabei tauscht sich Kohlensäure gegen Was-
ser aus und das Oxydul nimmt Sauerstoff auf, bis das Endprodukt
Brauneisenerz entsteht. Die berühmtesten Fundplätze dieses Eisen-
spats sind in Steyermark und im Siegerland.

Das kohlensaure Eisenoxydul findet sich ferner in amorphem oder
kryptokrystallinischem Zustand vermengt mit Thon in den thonigen
Sphärosideriten, dem Kohleneisenstein (Blackband) u. s. w.,
Erze, die je nach ihren Beimengungen die verschiedenartigsten Farben
und das verschiedenartigste Ansehen haben. Alle gehen durch Zer-
setzung in Brauneisenstein über.

Die Darstellung des Eisens aus seinen Erzen ist ein leicht
verständlicher Vorgang. Er beruht auf einer einfachen Reduktion
der Oxyde, welche durch Kohle bei hoher Temperatur bewirkt wird.
Das Eisen, welches auf diese Weise gewonnen wird, ist nicht chemisch
rein, sondern enthält stets Kohlenstoff. Durch diese Beimengungen von
Kohlenstoff wird es erst zu technischen Zwecken verwendbar. Be-
kanntlich unterscheidet man drei Hauptmodifikationen des Eisens: Das
Roheisen, den Stahl und das Schmiedeisen. Die Verschieden-
heit dieser Modifikationen, die so gross ist, dass sie sprachlich durch
besondere Worte bezeichnet werden, beruht auf dem verschiedenen
Kohlenstoffgehalt. Das Roheisen enthält am meisten, 3 bis 5,93 Proz.,
das Stabeisen am wenigsten, 0,08 bis 0,6 Proz., der Stahl steht in der
Mitte mit 0,6 bis 2,3 Proz. Kohlenstoff. Es ist bis heute noch nicht mit
Bestimmtheit erwiesen, wie wir uns die chemische Bildung der Eisen-
arten zu erklären haben, ob der Kohlenstoff in den Eisensorten mit
einem Teile des Metalls in bestimmter chemischer Verbindung
oder ob er nur in Auflösung enthalten ist. Nicht nur der ver-
schiedene Gehalt an Kohlenstoff, sondern auch die Art seiner Verbin-
dung bedingen die Verschiedenheit der Eigenarten. Das kohlenstoff-
reichste Roheisen ist am leichtesten schmelzbar, das kohlenstoffärmste
Stabeisen am schwersten. Der Stahl steht, wie im Kohlenstoffgehalt,

Einleitung.
3,9. Eisenspat kommt in den älteren Formationen meist in Gängen vor,
selten in Lagern. Sein oft beträchtlicher Mangangehalt macht dieses
Erz besonders geeignet zur Stahlgewinnung. Vor seiner Verschmelzung
wird es gewöhnlich einer Röstung unterworfen, wodurch die Kohlen-
säure ausgetrieben und eine teilweise Oxydation herbeigeführt wird.
Das Röstprodukt ist eine schwarze, zuweilen halbmetallisch glänzende
Oxydverbindung des Eisens, die in ihrer Zusammensetzung dem Magnet-
eisenerz nahe steht. Der Eisenspat erleidet schon beim Liegen an
der Luft eine Zersetzung, wobei seine fast weiſse Farbe durch Gelb in
dunkles Braun übergeht. Dabei tauscht sich Kohlensäure gegen Was-
ser aus und das Oxydul nimmt Sauerstoff auf, bis das Endprodukt
Brauneisenerz entsteht. Die berühmtesten Fundplätze dieses Eisen-
spats sind in Steyermark und im Siegerland.

Das kohlensaure Eisenoxydul findet sich ferner in amorphem oder
kryptokrystallinischem Zustand vermengt mit Thon in den thonigen
Sphärosideriten, dem Kohleneisenstein (Blackband) u. s. w.,
Erze, die je nach ihren Beimengungen die verschiedenartigsten Farben
und das verschiedenartigste Ansehen haben. Alle gehen durch Zer-
setzung in Brauneisenstein über.

Die Darstellung des Eisens aus seinen Erzen ist ein leicht
verständlicher Vorgang. Er beruht auf einer einfachen Reduktion
der Oxyde, welche durch Kohle bei hoher Temperatur bewirkt wird.
Das Eisen, welches auf diese Weise gewonnen wird, ist nicht chemisch
rein, sondern enthält stets Kohlenstoff. Durch diese Beimengungen von
Kohlenstoff wird es erst zu technischen Zwecken verwendbar. Be-
kanntlich unterscheidet man drei Hauptmodifikationen des Eisens: Das
Roheisen, den Stahl und das Schmiedeisen. Die Verschieden-
heit dieser Modifikationen, die so groſs ist, daſs sie sprachlich durch
besondere Worte bezeichnet werden, beruht auf dem verschiedenen
Kohlenstoffgehalt. Das Roheisen enthält am meisten, 3 bis 5,93 Proz.,
das Stabeisen am wenigsten, 0,08 bis 0,6 Proz., der Stahl steht in der
Mitte mit 0,6 bis 2,3 Proz. Kohlenstoff. Es ist bis heute noch nicht mit
Bestimmtheit erwiesen, wie wir uns die chemische Bildung der Eisen-
arten zu erklären haben, ob der Kohlenstoff in den Eisensorten mit
einem Teile des Metalls in bestimmter chemischer Verbindung
oder ob er nur in Auflösung enthalten ist. Nicht nur der ver-
schiedene Gehalt an Kohlenstoff, sondern auch die Art seiner Verbin-
dung bedingen die Verschiedenheit der Eigenarten. Das kohlenstoff-
reichste Roheisen ist am leichtesten schmelzbar, das kohlenstoffärmste
Stabeisen am schwersten. Der Stahl steht, wie im Kohlenstoffgehalt,

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[11/0033] Einleitung. 3,9. Eisenspat kommt in den älteren Formationen meist in Gängen vor, selten in Lagern. Sein oft beträchtlicher Mangangehalt macht dieses Erz besonders geeignet zur Stahlgewinnung. Vor seiner Verschmelzung wird es gewöhnlich einer Röstung unterworfen, wodurch die Kohlen- säure ausgetrieben und eine teilweise Oxydation herbeigeführt wird. Das Röstprodukt ist eine schwarze, zuweilen halbmetallisch glänzende Oxydverbindung des Eisens, die in ihrer Zusammensetzung dem Magnet- eisenerz nahe steht. Der Eisenspat erleidet schon beim Liegen an der Luft eine Zersetzung, wobei seine fast weiſse Farbe durch Gelb in dunkles Braun übergeht. Dabei tauscht sich Kohlensäure gegen Was- ser aus und das Oxydul nimmt Sauerstoff auf, bis das Endprodukt Brauneisenerz entsteht. Die berühmtesten Fundplätze dieses Eisen- spats sind in Steyermark und im Siegerland. Das kohlensaure Eisenoxydul findet sich ferner in amorphem oder kryptokrystallinischem Zustand vermengt mit Thon in den thonigen Sphärosideriten, dem Kohleneisenstein (Blackband) u. s. w., Erze, die je nach ihren Beimengungen die verschiedenartigsten Farben und das verschiedenartigste Ansehen haben. Alle gehen durch Zer- setzung in Brauneisenstein über. Die Darstellung des Eisens aus seinen Erzen ist ein leicht verständlicher Vorgang. Er beruht auf einer einfachen Reduktion der Oxyde, welche durch Kohle bei hoher Temperatur bewirkt wird. Das Eisen, welches auf diese Weise gewonnen wird, ist nicht chemisch rein, sondern enthält stets Kohlenstoff. Durch diese Beimengungen von Kohlenstoff wird es erst zu technischen Zwecken verwendbar. Be- kanntlich unterscheidet man drei Hauptmodifikationen des Eisens: Das Roheisen, den Stahl und das Schmiedeisen. Die Verschieden- heit dieser Modifikationen, die so groſs ist, daſs sie sprachlich durch besondere Worte bezeichnet werden, beruht auf dem verschiedenen Kohlenstoffgehalt. Das Roheisen enthält am meisten, 3 bis 5,93 Proz., das Stabeisen am wenigsten, 0,08 bis 0,6 Proz., der Stahl steht in der Mitte mit 0,6 bis 2,3 Proz. Kohlenstoff. Es ist bis heute noch nicht mit Bestimmtheit erwiesen, wie wir uns die chemische Bildung der Eisen- arten zu erklären haben, ob der Kohlenstoff in den Eisensorten mit einem Teile des Metalls in bestimmter chemischer Verbindung oder ob er nur in Auflösung enthalten ist. Nicht nur der ver- schiedene Gehalt an Kohlenstoff, sondern auch die Art seiner Verbin- dung bedingen die Verschiedenheit der Eigenarten. Das kohlenstoff- reichste Roheisen ist am leichtesten schmelzbar, das kohlenstoffärmste Stabeisen am schwersten. Der Stahl steht, wie im Kohlenstoffgehalt,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/33>, abgerufen am 19.04.2024.