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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung.
Schmiedbarkeit von einigen englischen Gelehrten wieder angezweifelt,
so von Professor Thorpe, der in einem Vortrag in der Glasgow Philo-
sophical Society 1872 die Schmiedbarkeit des Meteoreisens gänzlich in
Abrede stellte. Dieser Ansicht schloss sich St. John V. Day in seinem
1877 erschienenen Buche "The preshistoric use of iron and steel" voll-
ständig an, indem er zur Bestätigung hinzufügt, Professor Nöggerath
in Bonn habe es vergeblich versucht, Meteoreisen zu schmieden. Solche
misslungene Versuche liessen sich zur Unterstützung dieser Ansicht
noch manche anführen, wie z. B. der schon von Avicenna erzählte des
persischen Königs Torat. Einen ähnlichen, misslungenen Versuch liess
Mahommed Seyd anstellen, der ebenfalls einem Schmied den Auftrag
gab, aus einem vom Himmel gefallenen Klumpen Eisen ein Schwert,
ein Messer und einen Dolch zu fertigen, aber das Eisen flog dem Schmied
unter dem Hammer auseinander. Auch die vergeblichen Versuche, das
Eisen von Bitburg in der Eifel in der Hitze zu verarbeiten, und als
dies nicht gelang, es mit Zusatz von anderem Eisen zu verfrischen,
dürften hier erwähnt werden.

Da die Zweifel über die Schmiedbarkeit auch durch den chemischen
und physikalischen Zustand des Meteoreisens unterstützt werden, in-
dem namentlich ein Nickelgehalt von 6 oder gar 10 Prozent unser
Schmiedeisen zur Verarbeitung untauglich macht, so war es wohl an-
gezeigt, diese Frage einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, um sie
endgültig entscheiden zu können.

Der Verfasser hat den Versuch gemacht dies zu thun, indem er
zunächst alle auf diesen Gegenstand bezüglichen Thatsachen in dem
oben angeführten Aufsatz ausführlich zusammen stellte. Aus dieser Zu-
sammenstellung ergiebt sich, dass unter 70 Eisenmeteoriten, mit denen
Versuche über ihr Verhalten unter dem Hammer angestellt worden
waren, 48 sich als schmiedbar erwiesen, während nur 7 als absolut
unschmiedbar aufgeführt sind.

Die amerikanischen Gelehrten, denen weitaus das grösste Material
zur Verfügung stand, indem von den aufgeführten 153 Fällen nicht
weniger als 105 Amerika angehören, haben sich immer entschieden für
die Schmiedbarkeit des Meteoreisens ausgesprochen. Dana sagt in
seiner Mineralogie (S. 423): "Meteoric iron is perfectly malleable and
may be readily worked into cutting instruments and put to the same
uses as manufactured iron". -- Shepard hat die Schmiedbarkeit zum
Einteilungsprinzip gemacht, indem er die Eisenmeteorite in 1) hämmer-
bar, gleichartige, 2) hämmerbar, ungleichartige und 3) spröde klassi-
fiziert.


Einleitung.
Schmiedbarkeit von einigen englischen Gelehrten wieder angezweifelt,
so von Professor Thorpe, der in einem Vortrag in der Glasgow Philo-
sophical Society 1872 die Schmiedbarkeit des Meteoreisens gänzlich in
Abrede stellte. Dieser Ansicht schloſs sich St. John V. Day in seinem
1877 erschienenen Buche „The preshistoric use of iron and steel“ voll-
ständig an, indem er zur Bestätigung hinzufügt, Professor Nöggerath
in Bonn habe es vergeblich versucht, Meteoreisen zu schmieden. Solche
miſslungene Versuche lieſsen sich zur Unterstützung dieser Ansicht
noch manche anführen, wie z. B. der schon von Avicenna erzählte des
persischen Königs Torat. Einen ähnlichen, miſslungenen Versuch lieſs
Mahommed Seyd anstellen, der ebenfalls einem Schmied den Auftrag
gab, aus einem vom Himmel gefallenen Klumpen Eisen ein Schwert,
ein Messer und einen Dolch zu fertigen, aber das Eisen flog dem Schmied
unter dem Hammer auseinander. Auch die vergeblichen Versuche, das
Eisen von Bitburg in der Eifel in der Hitze zu verarbeiten, und als
dies nicht gelang, es mit Zusatz von anderem Eisen zu verfrischen,
dürften hier erwähnt werden.

Da die Zweifel über die Schmiedbarkeit auch durch den chemischen
und physikalischen Zustand des Meteoreisens unterstützt werden, in-
dem namentlich ein Nickelgehalt von 6 oder gar 10 Prozent unser
Schmiedeisen zur Verarbeitung untauglich macht, so war es wohl an-
gezeigt, diese Frage einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, um sie
endgültig entscheiden zu können.

Der Verfasser hat den Versuch gemacht dies zu thun, indem er
zunächst alle auf diesen Gegenstand bezüglichen Thatsachen in dem
oben angeführten Aufsatz ausführlich zusammen stellte. Aus dieser Zu-
sammenstellung ergiebt sich, daſs unter 70 Eisenmeteoriten, mit denen
Versuche über ihr Verhalten unter dem Hammer angestellt worden
waren, 48 sich als schmiedbar erwiesen, während nur 7 als absolut
unschmiedbar aufgeführt sind.

Die amerikanischen Gelehrten, denen weitaus das gröſste Material
zur Verfügung stand, indem von den aufgeführten 153 Fällen nicht
weniger als 105 Amerika angehören, haben sich immer entschieden für
die Schmiedbarkeit des Meteoreisens ausgesprochen. Dana sagt in
seiner Mineralogie (S. 423): „Meteoric iron is perfectly malleable and
may be readily worked into cutting instruments and put to the same
uses as manufactured iron“. — Shepard hat die Schmiedbarkeit zum
Einteilungsprinzip gemacht, indem er die Eisenmeteorite in 1) hämmer-
bar, gleichartige, 2) hämmerbar, ungleichartige und 3) spröde klassi-
fiziert.


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[26/0048] Einleitung. Schmiedbarkeit von einigen englischen Gelehrten wieder angezweifelt, so von Professor Thorpe, der in einem Vortrag in der Glasgow Philo- sophical Society 1872 die Schmiedbarkeit des Meteoreisens gänzlich in Abrede stellte. Dieser Ansicht schloſs sich St. John V. Day in seinem 1877 erschienenen Buche „The preshistoric use of iron and steel“ voll- ständig an, indem er zur Bestätigung hinzufügt, Professor Nöggerath in Bonn habe es vergeblich versucht, Meteoreisen zu schmieden. Solche miſslungene Versuche lieſsen sich zur Unterstützung dieser Ansicht noch manche anführen, wie z. B. der schon von Avicenna erzählte des persischen Königs Torat. Einen ähnlichen, miſslungenen Versuch lieſs Mahommed Seyd anstellen, der ebenfalls einem Schmied den Auftrag gab, aus einem vom Himmel gefallenen Klumpen Eisen ein Schwert, ein Messer und einen Dolch zu fertigen, aber das Eisen flog dem Schmied unter dem Hammer auseinander. Auch die vergeblichen Versuche, das Eisen von Bitburg in der Eifel in der Hitze zu verarbeiten, und als dies nicht gelang, es mit Zusatz von anderem Eisen zu verfrischen, dürften hier erwähnt werden. Da die Zweifel über die Schmiedbarkeit auch durch den chemischen und physikalischen Zustand des Meteoreisens unterstützt werden, in- dem namentlich ein Nickelgehalt von 6 oder gar 10 Prozent unser Schmiedeisen zur Verarbeitung untauglich macht, so war es wohl an- gezeigt, diese Frage einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, um sie endgültig entscheiden zu können. Der Verfasser hat den Versuch gemacht dies zu thun, indem er zunächst alle auf diesen Gegenstand bezüglichen Thatsachen in dem oben angeführten Aufsatz ausführlich zusammen stellte. Aus dieser Zu- sammenstellung ergiebt sich, daſs unter 70 Eisenmeteoriten, mit denen Versuche über ihr Verhalten unter dem Hammer angestellt worden waren, 48 sich als schmiedbar erwiesen, während nur 7 als absolut unschmiedbar aufgeführt sind. Die amerikanischen Gelehrten, denen weitaus das gröſste Material zur Verfügung stand, indem von den aufgeführten 153 Fällen nicht weniger als 105 Amerika angehören, haben sich immer entschieden für die Schmiedbarkeit des Meteoreisens ausgesprochen. Dana sagt in seiner Mineralogie (S. 423): „Meteoric iron is perfectly malleable and may be readily worked into cutting instruments and put to the same uses as manufactured iron“. — Shepard hat die Schmiedbarkeit zum Einteilungsprinzip gemacht, indem er die Eisenmeteorite in 1) hämmer- bar, gleichartige, 2) hämmerbar, ungleichartige und 3) spröde klassi- fiziert.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/48>, abgerufen am 23.04.2024.