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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803.

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fasser. Aber die Sprache gehört der
Nation, und mit dieser darf man
nicht umspringen, wie man will."

Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses
der Nation gehörige Eigenthum, hahe ich
auch bey den deutschen Nahmen her Naturalien
beobachtet, und mich daher immer der allge-
mein angenommenen und allgemein verständ-
lichen, nicht aber etwa der Solöcismen einer
einzelnen Provinz bedient. Darum brauche
ich z. B. nicht das hier zu lande gewöhnliche
Wort Molle, sondern das allgemein angenom-
mene Molch: eben so nicht das im Erzgebirge
gebräuchliche Wort Kobelt, sondern das längst
allgemein adoptirte und selbst in andere le-
bende und todte Sprachen aufgenommene
Kobalt u. s. w.

Anders ist der Fall mit den in der Natur-
beschreibung von unsern neuen Systematikern
zur Bezeichnung der Geschlechter und ihrer
Gattungen selbsterfundenen Kunst- und
Trivial-Nahmen. So billig und vernünftig
es freylich ist, auch hierin so viel als möglich
die einmahl ziemlich allgemein angenommenen
Benennungen beyzubehalten, so können doch
Fälle eintreten, wo es noch billiger und ver-
nünftiger ist, einen vorher gewählten Nah-

fasser. Aber die Sprache gehört der
Nation, und mit dieser darf man
nicht umspringen, wie man will.“

Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses
der Nation gehörige Eigenthum, hahe ich
auch bey den deutschen Nahmen her Naturalien
beobachtet, und mich daher immer der allge-
mein angenommenen und allgemein verständ-
lichen, nicht aber etwa der Solöcismen einer
einzelnen Provinz bedient. Darum brauche
ich z. B. nicht das hier zu lande gewöhnliche
Wort Molle, sondern das allgemein angenom-
mene Molch: eben so nicht das im Erzgebirge
gebräuchliche Wort Kobelt, sondern das längst
allgemein adoptirte und selbst in andere le-
bende und todte Sprachen aufgenommene
Kobalt u. s. w.

Anders ist der Fall mit den in der Natur-
beschreibung von unsern neuen Systematikern
zur Bezeichnung der Geschlechter und ihrer
Gattungen selbsterfundenen Kunst- und
Trivial-Nahmen. So billig und vernünftig
es freylich ist, auch hierin so viel als möglich
die einmahl ziemlich allgemein angenommenen
Benennungen beyzubehalten, so können doch
Fälle eintreten, wo es noch billiger und ver-
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[XI/0015] fasser. Aber die Sprache gehört der Nation, und mit dieser darf man nicht umspringen, wie man will.“ Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses der Nation gehörige Eigenthum, hahe ich auch bey den deutschen Nahmen her Naturalien beobachtet, und mich daher immer der allge- mein angenommenen und allgemein verständ- lichen, nicht aber etwa der Solöcismen einer einzelnen Provinz bedient. Darum brauche ich z. B. nicht das hier zu lande gewöhnliche Wort Molle, sondern das allgemein angenom- mene Molch: eben so nicht das im Erzgebirge gebräuchliche Wort Kobelt, sondern das längst allgemein adoptirte und selbst in andere le- bende und todte Sprachen aufgenommene Kobalt u. s. w. Anders ist der Fall mit den in der Natur- beschreibung von unsern neuen Systematikern zur Bezeichnung der Geschlechter und ihrer Gattungen selbsterfundenen Kunst- und Trivial-Nahmen. So billig und vernünftig es freylich ist, auch hierin so viel als möglich die einmahl ziemlich allgemein angenommenen Benennungen beyzubehalten, so können doch Fälle eintreten, wo es noch billiger und ver- nünftiger ist, einen vorher gewählten Nah-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803/15>, abgerufen am 16.04.2024.