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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803.

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ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von
Thieren oder Gewächsen einander befruchten, so
entstehen Bastarde, die eben so viel von der
väterlichen als von der mütterlichen Gestaltung
an sich haben.

Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen:
und dem zufolge gestehen dann die Evolutionisten
dem männlichen Samen, auf er seiner erwecken-
den, nun auch Nro. 2. in sofern eine bildende
Kraft zu, daß er den bey der Matter präformirt
gelegenen Keim, wohl in etwas zur väterlichen
Gestaltung umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im
männlichen Samen; 1) die erweckende und
2) doch auch eine bildende -

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere
Generationen hindurch immer wiederholten, künst-
lichen Bastardzeugung endlich die eine Gattung
von organisirten Körpern gänzlich in die andere
umwandeln. - So hat man z. B. aus der künst-
lichen Befruchtung der einen Pflanzengattung
mittelst des männlichen Standes von eine an-
dern, Samen gezogen, welcher fecundable Ba-
stardpflanzen gegeben; d. h. die sich zur Blühe-
zeit abermals mit männlichem Stand von jener
andern Gattung befruchten lassen, und wiederum
fecundable Bastarde der zweyten Generation
hervorgebracht. Jene Bastarde von der ersten
Generation dielten gleichsam das Mittel zwischen
beyden verschiedenen Stamm-Aeltern von väter-
licher und mütterlicher Seite. Die von der zwey-
ten hingegen ähnelten schar weit mehr der väter-
lichen, als der mütterlichen und nachdem die
gleiche künstliche Befruchtung noch fernerweit
durch zwey folgende Generationen eben so wie-
derholt worden, so entstanden endlich Pflanzen,
an welchen die ursprüngliche mütterliche Gestal-
tung so zu sagen ganz verwischt, und in die
väterliche umgewandelt worden. (- s. Köl-
reuter's dritte Fortsetzung der Nachrich von eini-
gen das Geschlecht der Pflanzen betreffender Ver-
suchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift: "Gänz-

ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von
Thieren oder Gewächsen einander befruchten, so
entstehen Bastarde, die eben so viel von der
väterlichen als von der mütterlichen Gestaltung
an sich haben.

Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen:
und dem zufolge gestehen dann die Evolutionisten
dem männlichen Samen, auf er seiner erwecken-
den, nun auch Nro. 2. in sofern eine bildende
Kraft zu, daß er den bey der Matter präformirt
gelegenen Keim, wohl in etwas zur väterlichen
Gestaltung umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im
männlichen Samen; 1) die erweckende und
2) doch auch eine bildende –

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere
Generationen hindurch immer wiederholten, künst-
lichen Bastardzeugung endlich die eine Gattung
von organisirten Körpern gänzlich in die andere
umwandeln. – So hat man z. B. aus der künst-
lichen Befruchtung der einen Pflanzengattung
mittelst des männlichen Standes von eine an-
dern, Samen gezogen, welcher fecundable Ba-
stardpflanzen gegeben; d. h. die sich zur Blühe-
zeit abermals mit männlichem Stand von jener
andern Gattung befruchten lassen, und wiederum
fecundable Bastarde der zweyten Generation
hervorgebracht. Jene Bastarde von der ersten
Generation dielten gleichsam das Mittel zwischen
beyden verschiedenen Stamm-Aeltern von väter-
licher und mütterlicher Seite. Die von der zwey-
ten hingegen ähnelten schar weit mehr der väter-
lichen, als der mütterlichen und nachdem die
gleiche künstliche Befruchtung noch fernerweit
durch zwey folgende Generationen eben so wie-
derholt worden, so entstanden endlich Pflanzen,
an welchen die ursprüngliche mütterliche Gestal-
tung so zu sagen ganz verwischt, und in die
väterliche umgewandelt worden. (– s. Köl-
reuter's dritte Fortsetzung der Nachrich von eini-
gen das Geschlecht der Pflanzen betreffender Ver-
suchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift: „Gänz-

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[15/0035] ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von Thieren oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als von der mütterlichen Gestaltung an sich haben. Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen: und dem zufolge gestehen dann die Evolutionisten dem männlichen Samen, auf er seiner erwecken- den, nun auch Nro. 2. in sofern eine bildende Kraft zu, daß er den bey der Matter präformirt gelegenen Keim, wohl in etwas zur väterlichen Gestaltung umzuformen vermöge. Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im männlichen Samen; 1) die erweckende und 2) doch auch eine bildende – Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Generationen hindurch immer wiederholten, künst- lichen Bastardzeugung endlich die eine Gattung von organisirten Körpern gänzlich in die andere umwandeln. – So hat man z. B. aus der künst- lichen Befruchtung der einen Pflanzengattung mittelst des männlichen Standes von eine an- dern, Samen gezogen, welcher fecundable Ba- stardpflanzen gegeben; d. h. die sich zur Blühe- zeit abermals mit männlichem Stand von jener andern Gattung befruchten lassen, und wiederum fecundable Bastarde der zweyten Generation hervorgebracht. Jene Bastarde von der ersten Generation dielten gleichsam das Mittel zwischen beyden verschiedenen Stamm-Aeltern von väter- licher und mütterlicher Seite. Die von der zwey- ten hingegen ähnelten schar weit mehr der väter- lichen, als der mütterlichen und nachdem die gleiche künstliche Befruchtung noch fernerweit durch zwey folgende Generationen eben so wie- derholt worden, so entstanden endlich Pflanzen, an welchen die ursprüngliche mütterliche Gestal- tung so zu sagen ganz verwischt, und in die väterliche umgewandelt worden. (– s. Köl- reuter's dritte Fortsetzung der Nachrich von eini- gen das Geschlecht der Pflanzen betreffender Ver- suchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift: „Gänz-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803/35>, abgerufen am 29.03.2024.