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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ach, du bist so gut, so unaussprechlich gut; aber mißdeute mich nicht. Du sollst mir nichts opfern, mir nichts opfern wollen; o Gott! ich könnte mich hassen, wenn du das thätest. Nein -- du hast mich unendlich glücklich gemacht, du hast mich dich lieben gelehrt. Zeuch hin! -- Weiß doch mein Schicksal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der Welt an. Will stolz sein, wenn ich höre: das ist er gewesen, und das war er wieder, und das hat er vollbracht; da haben sie ihn angebetet, und da haben sie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das denke, zürne ich dir, daß du bei einem einfältigen Kinde deiner hohen Schicksale vergessen kannst. -- Zeuch hin, sonst macht der Gedanke mich noch unglücklich, die ich, ach! durch dich so glücklich, so selig bin. -- Hab' ich nicht auch einen Oelzweig und eine Rosenknospe in dein Leben geflochten, wie in den Kranz, den ich dir überreichen durfte? Habe dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte nicht, von mir zu gehen -- werde sterben, ach! so selig, so unaussprechlich selig durch dich." --

Du kannst dir denken, wie mir die Worte durchs Herz schneiden mußten. Ich erklärte ihr, ich sei nicht das, wofür man mich anzusehen schien; ich sei nur ein reicher, aber unendlich elender Mann. Auf mir ruhe ein Fluch, der das einzige Geheimniß zwischen ihr und mir sein solle, weil ich noch nicht ohne Hoffnung sei, daß er gelöst werde. Dies sei das Gift meiner Tage: daß ich sie mit in den Abgrund hin-

Ach, du bist so gut, so unaussprechlich gut; aber mißdeute mich nicht. Du sollst mir nichts opfern, mir nichts opfern wollen; o Gott! ich könnte mich hassen, wenn du das thätest. Nein — du hast mich unendlich glücklich gemacht, du hast mich dich lieben gelehrt. Zeuch hin! — Weiß doch mein Schicksal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der Welt an. Will stolz sein, wenn ich höre: das ist er gewesen, und das war er wieder, und das hat er vollbracht; da haben sie ihn angebetet, und da haben sie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das denke, zürne ich dir, daß du bei einem einfältigen Kinde deiner hohen Schicksale vergessen kannst. — Zeuch hin, sonst macht der Gedanke mich noch unglücklich, die ich, ach! durch dich so glücklich, so selig bin. — Hab' ich nicht auch einen Oelzweig und eine Rosenknospe in dein Leben geflochten, wie in den Kranz, den ich dir überreichen durfte? Habe dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte nicht, von mir zu gehen — werde sterben, ach! so selig, so unaussprechlich selig durch dich.“ —

Du kannst dir denken, wie mir die Worte durchs Herz schneiden mußten. Ich erklärte ihr, ich sei nicht das, wofür man mich anzusehen schien; ich sei nur ein reicher, aber unendlich elender Mann. Auf mir ruhe ein Fluch, der das einzige Geheimniß zwischen ihr und mir sein solle, weil ich noch nicht ohne Hoffnung sei, daß er gelöst werde. Dies sei das Gift meiner Tage: daß ich sie mit in den Abgrund hin-

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[0046] Ach, du bist so gut, so unaussprechlich gut; aber mißdeute mich nicht. Du sollst mir nichts opfern, mir nichts opfern wollen; o Gott! ich könnte mich hassen, wenn du das thätest. Nein — du hast mich unendlich glücklich gemacht, du hast mich dich lieben gelehrt. Zeuch hin! — Weiß doch mein Schicksal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der Welt an. Will stolz sein, wenn ich höre: das ist er gewesen, und das war er wieder, und das hat er vollbracht; da haben sie ihn angebetet, und da haben sie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das denke, zürne ich dir, daß du bei einem einfältigen Kinde deiner hohen Schicksale vergessen kannst. — Zeuch hin, sonst macht der Gedanke mich noch unglücklich, die ich, ach! durch dich so glücklich, so selig bin. — Hab' ich nicht auch einen Oelzweig und eine Rosenknospe in dein Leben geflochten, wie in den Kranz, den ich dir überreichen durfte? Habe dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte nicht, von mir zu gehen — werde sterben, ach! so selig, so unaussprechlich selig durch dich.“ — Du kannst dir denken, wie mir die Worte durchs Herz schneiden mußten. Ich erklärte ihr, ich sei nicht das, wofür man mich anzusehen schien; ich sei nur ein reicher, aber unendlich elender Mann. Auf mir ruhe ein Fluch, der das einzige Geheimniß zwischen ihr und mir sein solle, weil ich noch nicht ohne Hoffnung sei, daß er gelöst werde. Dies sei das Gift meiner Tage: daß ich sie mit in den Abgrund hin-

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:49:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:49:40Z)

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/46>, abgerufen am 29.03.2024.