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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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rität ihrer Frauen, wenn solche vorhanden ist, gewahr
werden, sonst würde es noch mehr unglückliche Ehen
geben, als es ohnedies schon gibt.) Jeder echte
Mann schaudert bei der Vorstellung, daß seine Frau
klüger sein könnte, als er. Eine solche Situation scheint
ihm eine durchaus lächerliche und er sieht sich dabei
im Lichte des unschuldigen Opfers einer Abnormität,
einer Naturverwirrung. Jst er, der Gatte, auch als
Mann etwas dümmerlich, er tröstet sich damit, daß er
wenigstens ein Mann ist, und als solcher ein Riese
an Jntelligenz diesen Frauen gegenüber.

Zwar möchte er gern kluge Söhne haben. Als
Vater aber denkt er: Die Söhne werden schon Deine
geistige Superiorität erben und die Töchter die stille
Art der Mutter. Die Natur läßt sich aber von den
Männern keine Lexionen geben und der Sohn des
klügsten Vaters erbt oft die Eigenschaft, die dem Vater
an der Mutter so schätzenswerth war: die Dummheit.
Ein ideales Weib, sagt der Mann, ist für mich das-
jenige, das mich Carl Müller oder Wilhelm Schulz
anbetet, ohne sich über die Gründe dieser Verehrung
Rechenschaft zu geben; denn er ahnt, daß diese An-
betung nur da sicher von Statten gehen wird, wo
keine kritische Ader die Milch frommer Denkungsart

rität ihrer Frauen, wenn solche vorhanden ist, gewahr
werden, sonst würde es noch mehr unglückliche Ehen
geben, als es ohnedies schon gibt.) Jeder echte
Mann schaudert bei der Vorstellung, daß seine Frau
klüger sein könnte, als er. Eine solche Situation scheint
ihm eine durchaus lächerliche und er sieht sich dabei
im Lichte des unschuldigen Opfers einer Abnormität,
einer Naturverwirrung. Jst er, der Gatte, auch als
Mann etwas dümmerlich, er tröstet sich damit, daß er
wenigstens ein Mann ist, und als solcher ein Riese
an Jntelligenz diesen Frauen gegenüber.

Zwar möchte er gern kluge Söhne haben. Als
Vater aber denkt er: Die Söhne werden schon Deine
geistige Superiorität erben und die Töchter die stille
Art der Mutter. Die Natur läßt sich aber von den
Männern keine Lexionen geben und der Sohn des
klügsten Vaters erbt oft die Eigenschaft, die dem Vater
an der Mutter so schätzenswerth war: die Dummheit.
Ein ideales Weib, sagt der Mann, ist für mich das-
jenige, das mich Carl Müller oder Wilhelm Schulz
anbetet, ohne sich über die Gründe dieser Verehrung
Rechenschaft zu geben; denn er ahnt, daß diese An-
betung nur da sicher von Statten gehen wird, wo
keine kritische Ader die Milch frommer Denkungsart

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[32/0040] rität ihrer Frauen, wenn solche vorhanden ist, gewahr werden, sonst würde es noch mehr unglückliche Ehen geben, als es ohnedies schon gibt.) Jeder echte Mann schaudert bei der Vorstellung, daß seine Frau klüger sein könnte, als er. Eine solche Situation scheint ihm eine durchaus lächerliche und er sieht sich dabei im Lichte des unschuldigen Opfers einer Abnormität, einer Naturverwirrung. Jst er, der Gatte, auch als Mann etwas dümmerlich, er tröstet sich damit, daß er wenigstens ein Mann ist, und als solcher ein Riese an Jntelligenz diesen Frauen gegenüber. Zwar möchte er gern kluge Söhne haben. Als Vater aber denkt er: Die Söhne werden schon Deine geistige Superiorität erben und die Töchter die stille Art der Mutter. Die Natur läßt sich aber von den Männern keine Lexionen geben und der Sohn des klügsten Vaters erbt oft die Eigenschaft, die dem Vater an der Mutter so schätzenswerth war: die Dummheit. Ein ideales Weib, sagt der Mann, ist für mich das- jenige, das mich Carl Müller oder Wilhelm Schulz anbetet, ohne sich über die Gründe dieser Verehrung Rechenschaft zu geben; denn er ahnt, daß diese An- betung nur da sicher von Statten gehen wird, wo keine kritische Ader die Milch frommer Denkungsart  

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/40>, abgerufen am 29.03.2024.