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Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

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sich vorwiegend auf Pastell-Copieen nach englischen Vorbildern, als Zeichenlehrer aber muß er tüchtig gewesen sein, denn er kam zu Beginn des neuen Jahrhunderts an den Hof und wurde mit dem Zeichenunterricht der ältesten königlichen Prinzen betraut. Dies leitete sein Glück ein. Königin Luise wohnte gelegentlich dem Unterrichte der Kinder bei und alsbald an dem gewandten und ein sehr gutes Französisch sprechenden Manne Gefallen findend, nahm sie denselben als Kabinetssekretär in ihren persönlichen Dienst. Vielleicht geschah es auch auf Vorschlag des um jene Zeit überaus einflußreichen Kabinetsraths Lombard, der dabei den Zweck verfolgen mochte, seine auf ein Bündniß mit Frankreich hinarbeitende Politik, durch bei Hofe verkehrende Persönlichkeiten verstärkt zu sehen. Die Gegner waren von dieser Ernennung wenig erbaut und der national gesinnte Gottfried Schadow, damals noch nicht der "alte Schadow," schrieb in sein Tagebuch: "ein Herr Fontane, seines Zeichens Maler, ist Kabinetssekretär der Königin geworden; er malt schlecht, aber er spricht gut französisch." Ob Pierre Barthelemy, mein Großvater, in seiner Stellung Einfluß geübt oder nicht, entzieht sich meiner Kenntniß, jedenfalls, wenn ein solcher Einfluß da war, war er von kurzer Dauer;

sich vorwiegend auf Pastell-Copieen nach englischen Vorbildern, als Zeichenlehrer aber muß er tüchtig gewesen sein, denn er kam zu Beginn des neuen Jahrhunderts an den Hof und wurde mit dem Zeichenunterricht der ältesten königlichen Prinzen betraut. Dies leitete sein Glück ein. Königin Luise wohnte gelegentlich dem Unterrichte der Kinder bei und alsbald an dem gewandten und ein sehr gutes Französisch sprechenden Manne Gefallen findend, nahm sie denselben als Kabinetssekretär in ihren persönlichen Dienst. Vielleicht geschah es auch auf Vorschlag des um jene Zeit überaus einflußreichen Kabinetsraths Lombard, der dabei den Zweck verfolgen mochte, seine auf ein Bündniß mit Frankreich hinarbeitende Politik, durch bei Hofe verkehrende Persönlichkeiten verstärkt zu sehen. Die Gegner waren von dieser Ernennung wenig erbaut und der national gesinnte Gottfried Schadow, damals noch nicht der „alte Schadow,“ schrieb in sein Tagebuch: „ein Herr Fontane, seines Zeichens Maler, ist Kabinetssekretär der Königin geworden; er malt schlecht, aber er spricht gut französisch.“ Ob Pierre Barthélemy, mein Großvater, in seiner Stellung Einfluß geübt oder nicht, entzieht sich meiner Kenntniß, jedenfalls, wenn ein solcher Einfluß da war, war er von kurzer Dauer;

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sich vorwiegend auf Pastell-Copieen nach englischen Vorbildern, als Zeichenlehrer aber muß er tüchtig gewesen sein, denn er kam zu Beginn des neuen Jahrhunderts an den Hof und wurde mit dem Zeichenunterricht der ältesten königlichen Prinzen betraut. Dies leitete sein Glück ein. Königin Luise wohnte gelegentlich dem Unterrichte der Kinder bei und alsbald an dem gewandten und ein sehr gutes Französisch sprechenden Manne Gefallen findend, nahm sie denselben als Kabinetssekretär in ihren persönlichen Dienst. Vielleicht geschah es auch auf Vorschlag des um jene Zeit überaus einflußreichen Kabinetsraths Lombard, der dabei den Zweck verfolgen mochte, seine auf ein Bündniß mit Frankreich hinarbeitende Politik, durch bei Hofe verkehrende Persönlichkeiten verstärkt zu sehen. Die Gegner waren von dieser Ernennung wenig erbaut und der national gesinnte Gottfried Schadow, damals noch nicht der &#x201E;alte Schadow,&#x201C; schrieb in sein Tagebuch: &#x201E;ein Herr Fontane, seines Zeichens Maler, ist Kabinetssekretär der Königin geworden; er malt schlecht, aber er spricht gut französisch.&#x201C; Ob Pierre Barthélemy, mein Großvater, in seiner Stellung Einfluß geübt oder nicht, entzieht sich meiner Kenntniß, jedenfalls, wenn ein solcher Einfluß da war, war er von kurzer Dauer;
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[2/0010] sich vorwiegend auf Pastell-Copieen nach englischen Vorbildern, als Zeichenlehrer aber muß er tüchtig gewesen sein, denn er kam zu Beginn des neuen Jahrhunderts an den Hof und wurde mit dem Zeichenunterricht der ältesten königlichen Prinzen betraut. Dies leitete sein Glück ein. Königin Luise wohnte gelegentlich dem Unterrichte der Kinder bei und alsbald an dem gewandten und ein sehr gutes Französisch sprechenden Manne Gefallen findend, nahm sie denselben als Kabinetssekretär in ihren persönlichen Dienst. Vielleicht geschah es auch auf Vorschlag des um jene Zeit überaus einflußreichen Kabinetsraths Lombard, der dabei den Zweck verfolgen mochte, seine auf ein Bündniß mit Frankreich hinarbeitende Politik, durch bei Hofe verkehrende Persönlichkeiten verstärkt zu sehen. Die Gegner waren von dieser Ernennung wenig erbaut und der national gesinnte Gottfried Schadow, damals noch nicht der „alte Schadow,“ schrieb in sein Tagebuch: „ein Herr Fontane, seines Zeichens Maler, ist Kabinetssekretär der Königin geworden; er malt schlecht, aber er spricht gut französisch.“ Ob Pierre Barthélemy, mein Großvater, in seiner Stellung Einfluß geübt oder nicht, entzieht sich meiner Kenntniß, jedenfalls, wenn ein solcher Einfluß da war, war er von kurzer Dauer;

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/10>, abgerufen am 29.03.2024.