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Goldammer, Leo: Eine Hochzeitsnacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [187]–203. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zusammenklebten wie Zöpfe. Brangwine ist nämlich das aus Kornbranntwein, Honig, Rosinen und Korinthen bereitete Lieblingsgetränk der Lithauer und hält ihnen Leib und Seele zusammen. Endlich hatten die Alten ihre Sitze bei Tische verlassen, und die Platzmeister fingen an auszuräumen für den Tanz. Da entwand sich auch Christoph den Armen seiner Braut, gab ihr einen derben Schmatz und sagte: Nun plaudere, Herzliebste, mit den Muhmen und Basen. Bis zum Tanz hoffe ich wieder zurück zu sein. Ich habe etwas vor, das uns Glück bringen soll. Damit gab er ihr noch einen Kuß und überließ sie dem Gespräch mit den Verwandten. Er war mit einem Satze aus der Stube heraus und über die schneebedeckte, im Mondlichte flimmernde Straße hinweg in das Haus seiner Eltern hinein. Dort angelangt, zog er in aller Eile ein Paar Hosen von Schaffell, eine lange Weste aus eben solchem Stoff, eine eben solche Jacke und noch einen Pelz von demselben Thiere über seine Staatskleidung, so daß ihm das Pelzwerk auf den Beinen einfach, auf den Armen zweifach, auf der Brust sogar dreifach zu liegen kam. Gut gegen den Frost, wenn man im Schnee liegen muß, sagte er dabei, setzte sich eine Mütze von Fuchsfell auf den Kopf und nahm seine Büchse von der Wand. Einen Fuchs am Hochzeittage geschossen, so hörte ich in Flandern, das bringt Glück, sagte er für sich; ich muß doch zusehen, daß ich's erjage! Damit hatte er den Ladestock in die Büchse gestoßen, um zu prüfen, ob sie geladen, und als

zusammenklebten wie Zöpfe. Brangwine ist nämlich das aus Kornbranntwein, Honig, Rosinen und Korinthen bereitete Lieblingsgetränk der Lithauer und hält ihnen Leib und Seele zusammen. Endlich hatten die Alten ihre Sitze bei Tische verlassen, und die Platzmeister fingen an auszuräumen für den Tanz. Da entwand sich auch Christoph den Armen seiner Braut, gab ihr einen derben Schmatz und sagte: Nun plaudere, Herzliebste, mit den Muhmen und Basen. Bis zum Tanz hoffe ich wieder zurück zu sein. Ich habe etwas vor, das uns Glück bringen soll. Damit gab er ihr noch einen Kuß und überließ sie dem Gespräch mit den Verwandten. Er war mit einem Satze aus der Stube heraus und über die schneebedeckte, im Mondlichte flimmernde Straße hinweg in das Haus seiner Eltern hinein. Dort angelangt, zog er in aller Eile ein Paar Hosen von Schaffell, eine lange Weste aus eben solchem Stoff, eine eben solche Jacke und noch einen Pelz von demselben Thiere über seine Staatskleidung, so daß ihm das Pelzwerk auf den Beinen einfach, auf den Armen zweifach, auf der Brust sogar dreifach zu liegen kam. Gut gegen den Frost, wenn man im Schnee liegen muß, sagte er dabei, setzte sich eine Mütze von Fuchsfell auf den Kopf und nahm seine Büchse von der Wand. Einen Fuchs am Hochzeittage geschossen, so hörte ich in Flandern, das bringt Glück, sagte er für sich; ich muß doch zusehen, daß ich's erjage! Damit hatte er den Ladestock in die Büchse gestoßen, um zu prüfen, ob sie geladen, und als

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:53:03Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:53:03Z)

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Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Eine Hochzeitsnacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [187]–203. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_hochzeitsnacht_1910/11>, abgerufen am 23.04.2024.