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Goldammer, Leo: Eine Hochzeitsnacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [187]–203. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nur die Wirkung, daß nun dessen Tatzen seine Schultern wie mit Hämmern bearbeiteten. So stramm der Mann auf seinen Beinen stand, bei jedem Schlage fühlte er sich wie in die Erde eingerammt. Die Krallen des Thieres rissen den Schafpelz in Fetzen, endlich mußten sie das Fleisch treffen. Jedem Schlag folgt ein kurzer Ruck, den Schützen in des Thieres Umschlingung zu bringen, jedem Ruck mußten sich die Sehnen seiner Arme blitzschnell entgegensteifen -- und dazu die rollenden, glühenden Äugen im dunkeln Gesichte des Thieres, sein heißer Athem und der weiße Tod auf den zolllangen Zähnen; er schien unserm Christoph zu tanzen von einer Reihe des Gebisses zur andern, und grins'te ihn an, und es wurden ihrer bald mehr, immer mehr, und wirbelten sich zuletzt ein ganzes Schock vor seinen Augen, daß ihm der Angstschweiß von der Stirn lief und die Sinne vergingen. Da war's ihm noch, als fahre ein Feuerstrom seinen Augen vorüber, als erfülle ein Donner sein Ohr -- seine Arme erschlafften -- seine Kniee brachen zusammen, er lag ohne Leben am Boden.

Im Brautvaterhause lockten die Musikanten indeß unverdrossen zum Tanz und vergeblich. Die Braut schaute nach ihrem Bräutigam aus und ebenso vergeblich. Ihr wurde gar bänglich ums Herz; zuletzt fragte sie ihren Schwieger nach seinem Sohne.

Der hatte sich eben zu den Karten gesetzt und machte den Trumpf; es war Treffbube. Das fuhr dem alten Manne gar sonderbar in die Krone. Treffbube ist Trumpf!

nur die Wirkung, daß nun dessen Tatzen seine Schultern wie mit Hämmern bearbeiteten. So stramm der Mann auf seinen Beinen stand, bei jedem Schlage fühlte er sich wie in die Erde eingerammt. Die Krallen des Thieres rissen den Schafpelz in Fetzen, endlich mußten sie das Fleisch treffen. Jedem Schlag folgt ein kurzer Ruck, den Schützen in des Thieres Umschlingung zu bringen, jedem Ruck mußten sich die Sehnen seiner Arme blitzschnell entgegensteifen — und dazu die rollenden, glühenden Äugen im dunkeln Gesichte des Thieres, sein heißer Athem und der weiße Tod auf den zolllangen Zähnen; er schien unserm Christoph zu tanzen von einer Reihe des Gebisses zur andern, und grins’te ihn an, und es wurden ihrer bald mehr, immer mehr, und wirbelten sich zuletzt ein ganzes Schock vor seinen Augen, daß ihm der Angstschweiß von der Stirn lief und die Sinne vergingen. Da war's ihm noch, als fahre ein Feuerstrom seinen Augen vorüber, als erfülle ein Donner sein Ohr — seine Arme erschlafften — seine Kniee brachen zusammen, er lag ohne Leben am Boden.

Im Brautvaterhause lockten die Musikanten indeß unverdrossen zum Tanz und vergeblich. Die Braut schaute nach ihrem Bräutigam aus und ebenso vergeblich. Ihr wurde gar bänglich ums Herz; zuletzt fragte sie ihren Schwieger nach seinem Sohne.

Der hatte sich eben zu den Karten gesetzt und machte den Trumpf; es war Treffbube. Das fuhr dem alten Manne gar sonderbar in die Krone. Treffbube ist Trumpf!

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:53:03Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:53:03Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Eine Hochzeitsnacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [187]–203. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_hochzeitsnacht_1910/16>, abgerufen am 25.04.2024.