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Humboldt, Alexander von: Bemerkungen [...] zu Semenow's Schreiben über den Thian Schan. [...] Mitgetheilt von Carl Ritter. In: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Bd. 3 (1857), S. 481-483.

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XVIII.
Bemerkungen A. v. Humboldt's zu Semenow's
Schreiben über den Thian Schan.

(Aus einem Briefe von A. v. Humboldt an Prof. C. Ritter.)
Mitgetheilt von Carl Ritter.



Die Nachrichten, welche Ihnen von Herrn Semenow über die
Resultate seiner Expedition aus Semipalatinsk eingetroffen sind, haben
in höchstem Grade meine Neugierde gespannt. Sie zeichnen sich durch
grosse Klarheit und bescheidene Einfachheit der Erzählung aus. Klap-
roth und ich, die wir beide, aber zu sehr verschiedenen Zeiten, von
dem südöstlichen Theile des Altai-Gebirges über Semipalatinsk, Ustka-
menogorsk und Buchtarminsk in der chinesischen Dsungarei nahe dem
Dsaisang-See gewesen waren, wir haben immer behauptet, dass in
südwestlicher Richtung über den Tarbagatai und Guldja am Iliflusse
hin man am leichtesten zu der vulcanischen Gebirgskette des Thian
Schan oder Himmelsgebirges vordringen werde. Fedorow's vortreff-
liche astronomische Bestimmungen zur Aufnahme des See's Tenghiz
oder Balkasch, von denen ein grosser Theil leider noch nicht gedruckt
ist, haben viel zur geographischen Kenntniss dieser bisher so wenig
erforschten Gegend beigetragen.

Um das schon Errungene zu sichern, hat die russische Regierung
eine Reihe kleiner Kreposte (Fortins) am unteren Ili östlich vom Bal-
kasch-See angelegt, unter denen Kopalsk das wichtigste und gewerb-
samste ist. Am meisten gegen Süden vorgeschoben, südlich vom Ili,
liegt das Fort Wjernoje, auch Stadt Keskelen genannt, das Herr Se-
menow (Zeitschr. N. F. Bd. II, S. 466) als die am weitesten in Central-
Asien vorgeschobene russische Colonie bezeichnet. Von da aus erreicht
man den Alpensee Issikul, der am nördlichen Abfalle des Thian Schan
in 4000 Fuss Höhe liegt, also 500 Fuss höher als der Gipfel des
Brocken. Sehr merkwürdig ist es, dass der See Issikul schon auf
der berühmten catalanischen Karte von 1374 als Issicol zu erken-
nen ist.

Der Thian Schan und der Kuenlün sind den Chinesen als "zwei
meist parallele, aber von einander unabhängige Ketten" seit dem An-

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. III. 31
im östlichen Honduras.
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XVIII.
Bemerkungen A. v. Humboldt's zu Semenow's
Schreiben über den Thian Schan.

(Aus einem Briefe von A. v. Humboldt an Prof. C. Ritter.)
Mitgetheilt von Carl Ritter.



Die Nachrichten, welche Ihnen von Herrn Semenow über die
Resultate seiner Expedition aus Semipalatinsk eingetroffen sind, haben
in höchstem Grade meine Neugierde gespannt. Sie zeichnen sich durch
groſse Klarheit und bescheidene Einfachheit der Erzählung aus. Klap-
roth und ich, die wir beide, aber zu sehr verschiedenen Zeiten, von
dem südöstlichen Theile des Altai-Gebirges über Semipalatinsk, Ustka-
menogorsk und Buchtarminsk in der chinesischen Dsungarei nahe dem
Dsaisang-See gewesen waren, wir haben immer behauptet, daſs in
südwestlicher Richtung über den Tarbagatai und Guldja am Iliflusse
hin man am leichtesten zu der vulcanischen Gebirgskette des Thian
Schan oder Himmelsgebirges vordringen werde. Fedorow's vortreff-
liche astronomische Bestimmungen zur Aufnahme des See's Tenghiz
oder Balkasch, von denen ein groſser Theil leider noch nicht gedruckt
ist, haben viel zur geographischen Kenntniſs dieser bisher so wenig
erforschten Gegend beigetragen.

Um das schon Errungene zu sichern, hat die russische Regierung
eine Reihe kleiner Kreposte (Fortins) am unteren Ili östlich vom Bal-
kasch-See angelegt, unter denen Kopalsk das wichtigste und gewerb-
samste ist. Am meisten gegen Süden vorgeschoben, südlich vom Ili,
liegt das Fort Wjernoje, auch Stadt Keskelen genannt, das Herr Se-
menow (Zeitschr. N. F. Bd. II, S. 466) als die am weitesten in Central-
Asien vorgeschobene russische Colonie bezeichnet. Von da aus erreicht
man den Alpensee Issikul, der am nördlichen Abfalle des Thian Schan
in 4000 Fuss Höhe liegt, also 500 Fuſs höher als der Gipfel des
Brocken. Sehr merkwürdig ist es, daſs der See Issikul schon auf
der berühmten catalanischen Karte von 1374 als Issicol zu erken-
nen ist.

Der Thian Schan und der Kuenlün sind den Chinesen als „zwei
meist parallele, aber von einander unabhängige Ketten“ seit dem An-

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[481/0002] im östlichen Honduras. __ XVIII. Bemerkungen A. v. Humboldt's zu Semenow's Schreiben über den Thian Schan. (Aus einem Briefe von A. v. Humboldt an Prof. C. Ritter.) Mitgetheilt von Carl Ritter. Die Nachrichten, welche Ihnen von Herrn Semenow über die Resultate seiner Expedition aus Semipalatinsk eingetroffen sind, haben in höchstem Grade meine Neugierde gespannt. Sie zeichnen sich durch groſse Klarheit und bescheidene Einfachheit der Erzählung aus. Klap- roth und ich, die wir beide, aber zu sehr verschiedenen Zeiten, von dem südöstlichen Theile des Altai-Gebirges über Semipalatinsk, Ustka- menogorsk und Buchtarminsk in der chinesischen Dsungarei nahe dem Dsaisang-See gewesen waren, wir haben immer behauptet, daſs in südwestlicher Richtung über den Tarbagatai und Guldja am Iliflusse hin man am leichtesten zu der vulcanischen Gebirgskette des Thian Schan oder Himmelsgebirges vordringen werde. Fedorow's vortreff- liche astronomische Bestimmungen zur Aufnahme des See's Tenghiz oder Balkasch, von denen ein groſser Theil leider noch nicht gedruckt ist, haben viel zur geographischen Kenntniſs dieser bisher so wenig erforschten Gegend beigetragen. Um das schon Errungene zu sichern, hat die russische Regierung eine Reihe kleiner Kreposte (Fortins) am unteren Ili östlich vom Bal- kasch-See angelegt, unter denen Kopalsk das wichtigste und gewerb- samste ist. Am meisten gegen Süden vorgeschoben, südlich vom Ili, liegt das Fort Wjernoje, auch Stadt Keskelen genannt, das Herr Se- menow (Zeitschr. N. F. Bd. II, S. 466) als die am weitesten in Central- Asien vorgeschobene russische Colonie bezeichnet. Von da aus erreicht man den Alpensee Issikul, der am nördlichen Abfalle des Thian Schan in 4000 Fuss Höhe liegt, also 500 Fuſs höher als der Gipfel des Brocken. Sehr merkwürdig ist es, daſs der See Issikul schon auf der berühmten catalanischen Karte von 1374 als Issicol zu erken- nen ist. Der Thian Schan und der Kuenlün sind den Chinesen als „zwei meist parallele, aber von einander unabhängige Ketten“ seit dem An- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. III. 31

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Bemerkungen [...] zu Semenow's Schreiben über den Thian Schan. [...] Mitgetheilt von Carl Ritter. In: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Bd. 3 (1857), S. 481-483, hier S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schan_1857/2>, abgerufen am 28.03.2024.