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Humboldt, Alexander von: [Rezension zu:] Widenmann's Handbuch des oryktognostischen Theils der Mineralogie. In: Allgemeine Literatur-Zeitung, Bd. 2, Nr. 124 (1795), Sp. 225-229.

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Numero 124.



ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG





[Spaltenumbruch]
NATURGESCHICHTE.
LEIPZIG, b. Crusius: Widemann's Handbuch des oryk-
tognostischen Theils der Mineralogie
. (Mit einer Far-
bentabelle und einer Kupfertafel.) 1794. 1040 S. 8.

Wenn das zunehmende Interesse des Publicums et-
was für die Güte eines wissenschaftlichen Systems
beweisen kann; so wird Hn. Werner's Umarbeitung
der Mineralogie schon dadurch empfohlen, dass man
so vielfache und gleichzeitige Bemühungen bemerkt,
dieselbe gemeinnütziger zu machen. Hr. W. liefert uns
hier ein neues, überaus reichhaltiges und gutgeschrie-
benes, Handbuch, welches (wie das Lenzische und Em-
merlingische) nach Hn. Werners Grundsätzen abgefasst
ist. Der Vf. äussert sich selbst über seine Arbeit mit ei-
ner Bescheidenheit, welche unseren neuen, immer
kampfrüstigen mineralogischen Schriftstellern nicht ge-
nugsam zu empfehlen ist. "Ich bin mir bewusst, (heisst
es in der Vorrede,) "dass ich wenig oder nichts neues
"werde vortragen können. Wenn diesem Handbuche
"irgend ein Verdienst zugeschrieben werden sollte, so
"fällt es ganz auf den Hn. B. Commissionsrath Werner
"in Freyberg zurück, dem ich auch niemals mit dieser
"Arbeit vorgegriffen haben würde, wenn mich nicht
"meine Lehrstelle dazu genöthigt hätte, und wenn
"mich nicht die veränderte Lage des Hn. Werners,
"wodurch er noch mehr, als vorher, mit Geschäften
"überhäuft worden ist, befürchten liesse, dass es viel-
"leicht noch eine geraume Zeit anstehen möchte, bis
"er den Wunsch des Publicums durch Herausgabe sei-
"nes oryktognostischen Lehrbuchs befriedigen wird."
Eine solche Aeusserung entwaffnet selbst die strengste
Kritik. Rec. kann sich die Verlegenheit lebhaft vor-
stellen, in der sich der Herausgeber eines mineralogi-
schen Lehrbuchs befindet, wenn seine eigenen Ideen
sich zu den Ideen seines Lehrers mischen, und er doch
gewissenhaft nur sein Eigenthum liefern will. Bey Hn.
W's. gänzlichem Stillschweigen fügen wir bloss die
Frage hinzu, ob die Vf. jener neuen Oryktognosien
nicht jeder Verlegenheit entgangen wären, wenn sie ih-
ren Schriften den Titel: Werners Handbuch der Orykto-
gnosie, mit Zusätzen vermehrt, herausgegeben von ***

vorgesetzt hätten. So erscheinen noch jetzt Natursyste-
me und Pflanzengattungen unter Linne's Namen, bey
denen Gmelins sammelnder Fleiss und Schrebers philo-
sophischer Scharfblick der Aufmerksamkeit der Natur-
forscher nicht entgehen. -- Das Handbuch des Hn.
W. zerfällt nach der bekannten Wernerschen Form in
den präparativen und praktischen Theil der Orykto-
gnosie. Dem ersteren ist eine Einleitung, über Natura-
[Spaltenumbruch]
lien im Allgemeinen, vorausgeschickt, meist nach Blu-
menbachs Handbuch der Naturgeschichte. Die Wer-
nerschen Atmosphärilien begreift der Vf. in ein viertes
Naturreich zusammen. Von den Kennzeichen der Fos-
silien überhaupt. (Prüfung des relativen Werths die-
ser Kennzeichen S. 12. überaus lehrreich und wohl aus-
gearbeitet.) Von den äussern, allgemeinen und be-
sondern Kennzeichen S. 19 -- 201., von den chemischen
bis S. 206., von den physikalischen bis S. 209., von
den empirischen S. 210. Wir heben bloss den Abschnitt
von den Farben aus, welche Hr. W. mit grosser Voll-
st[ä]ndigkeit und rühmlichem Fleisse behandelt hat. Der
angehängten Farbentabelle des Hn. Hofr. Kerners wird
niemand, der die Schwierigkeit solcher Unternehmun-
gen kennt, seinen Beyfall versagen. Auf einen kleinen
Raum liess sich wohl nicht mehr zusammendrängen,
und der Vf. urtheilt sehr richtig, wenn er sagt, "die
"Ausführung wird schon dadurch erschwert, dass man
"Glanz, Durchsichtigkeit und Bruch nicht ausdrücken
"kann, auch selten an den Stuffen so grosse Lichtmas-
"sen und ebene Flächen zu sehen bekommt, als die
"Tabelle zeigt." Prange und Schäfer sind überall kri-
tisch citirt. Rec. glaubt, dass die stete Farbe gewisser
Pflanzentheile noch ein sehr gutes Mittel an die Hand
geben würde, die mineralogischen Benennungen der
Farben gleichsam zu fixiren. Doch käme es dabey auf
vorsichtige Auswahl nicht variirender Theile an, als
Blüthe des Tropacol. majus, morgenroth; Zweige des
Lich. floridus, berggrün; Früchte des Lich. subfuscus,
ziegelroth u. s. w. Bey den regelmässigen Gestalten
vermissen wir in einem so treflichen Lehrbuche ungern
die wichtige Theorie des Hn. Haüy. (s. unter andern
Theorie sur la structure des cristaux in Annal. de Che-
mie 1793 Juin p. 225. und mit den analytischen For-
meln des Hn. Gillot in Rozier J. de Phys. 1793. Juillet.
p. 103.) Dagegen ist der Abschnitt von den fremdarti-
gen ausseren Gestalten oder Versteinerungen S. 134.
nach Blumenbachs Ideen, desto fruchtbarer bearbeitet.
Der Behauptung, dass die Originale zu den versteinerten
Thierknochen meistens schwer zu bestimmen wären,
wenn nicht Schädel, Zähne oder Hörner mit gefunden
werden, kann Rec. nicht beytreten. Auch blosse Pha-
langen, ossa innominata, peluis und Schenkelknochen
sind charakteristisch. S. 155. wird an dem Daseyn ver-
steinter Blumen gezweifelt, aber im Oeninger Schiefer
kommen wirklich Corollen von Ranuuculus vor, und
die Aechtheit der Phalaris bulbosa in den Frankenber-
ger Versteinerungen mögen wir nicht mit dem Vf. ab-
läugnen. -- Praktischer Theil S. 213. Von der Classi-
fication der Fossilien. Von den Erdarten nimmt der Vf.
nur 7 auf. Das merkwürdige Verhalten der Strontian-

erde
A. L. Z. 1795. Zweyter Band.
F f

Numero 124.



ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG





[Spaltenumbruch]
NATURGESCHICHTE.
LEIPZIG, b. Cruſius: Widemann's Handbuch des oryk-
tognoſtiſchen Theils der Mineralogie
. (Mit einer Far-
bentabelle und einer Kupfertafel.) 1794. 1040 S. 8.

Wenn das zunehmende Intereſſe des Publicums et-
was für die Güte eines wiſſenſchaftlichen Syſtems
beweiſen kann; ſo wird Hn. Werner's Umarbeitung
der Mineralogie ſchon dadurch empfohlen, daſs man
ſo vielfache und gleichzeitige Bemühungen bemerkt,
dieſelbe gemeinnütziger zu machen. Hr. W. liefert uns
hier ein neues, überaus reichhaltiges und gutgeſchrie-
benes, Handbuch, welches (wie das Lenziſche und Em-
merlingiſche) nach Hn. Werners Grundſätzen abgefaſst
iſt. Der Vf. äuſsert ſich ſelbſt über ſeine Arbeit mit ei-
ner Beſcheidenheit, welche unſeren neuen, immer
kampfrüſtigen mineralogiſchen Schriftſtellern nicht ge-
nugſam zu empfehlen iſt. „Ich bin mir bewuſst, (heiſst
es in der Vorrede,) „daſs ich wenig oder nichts neues
„werde vortragen können. Wenn dieſem Handbuche
„irgend ein Verdienſt zugeſchrieben werden ſollte, ſo
„fällt es ganz auf den Hn. B. Commiſſionsrath Werner
„in Freyberg zurück, dem ich auch niemals mit dieſer
„Arbeit vorgegriffen haben würde, wenn mich nicht
„meine Lehrſtelle dazu genöthigt hätte, und wenn
„mich nicht die veränderte Lage des Hn. Werners,
„wodurch er noch mehr, als vorher, mit Geſchäften
„überhäuft worden iſt, befürchten lieſse, daſs es viel-
„leicht noch eine geraume Zeit anſtehen möchte, bis
„er den Wunſch des Publicums durch Herausgabe ſei-
„nes oryktognoſtiſchen Lehrbuchs befriedigen wird.“
Eine ſolche Aeuſserung entwaffnet ſelbſt die ſtrengſte
Kritik. Rec. kann ſich die Verlegenheit lebhaft vor-
ſtellen, in der ſich der Herausgeber eines mineralogi-
ſchen Lehrbuchs befindet, wenn ſeine eigenen Ideen
ſich zu den Ideen ſeines Lehrers miſchen, und er doch
gewiſſenhaft nur ſein Eigenthum liefern will. Bey Hn.
W's. gänzlichem Stillſchweigen fügen wir bloſs die
Frage hinzu, ob die Vf. jener neuen Oryktognoſien
nicht jeder Verlegenheit entgangen wären, wenn ſie ih-
ren Schriften den Titel: Werners Handbuch der Orykto-
gnoſie, mit Zuſätzen vermehrt, herausgegeben von ***

vorgeſetzt hätten. So erſcheinen noch jetzt Naturſyſte-
me und Pflanzengattungen unter Linné's Namen, bey
denen Gmelins ſammelnder Fleiſs und Schrebers philo-
ſophiſcher Scharfblick der Aufmerkſamkeit der Natur-
forſcher nicht entgehen. — Das Handbuch des Hn.
W. zerfällt nach der bekannten Wernerſchen Form in
den präparativen und praktiſchen Theil der Orykto-
gnoſie. Dem erſteren iſt eine Einleitung, über Natura-
[Spaltenumbruch]
lien im Allgemeinen, vorausgeſchickt, meiſt nach Blu-
menbachs Handbuch der Naturgeſchichte. Die Wer-
nerſchen Atmoſphärilien begreift der Vf. in ein viertes
Naturreich zuſammen. Von den Kennzeichen der Foſ-
ſilien überhaupt. (Prüfung des relativen Werths die-
ſer Kennzeichen S. 12. überaus lehrreich und wohl aus-
gearbeitet.) Von den äuſsern, allgemeinen und be-
ſondern Kennzeichen S. 19 — 201., von den chemiſchen
bis S. 206., von den phyſikaliſchen bis S. 209., von
den empiriſchen S. 210. Wir heben bloſs den Abſchnitt
von den Farben aus, welche Hr. W. mit groſser Voll-
ſt[ä]ndigkeit und rühmlichem Fleiſse behandelt hat. Der
angehängten Farbentabelle des Hn. Hofr. Kerners wird
niemand, der die Schwierigkeit ſolcher Unternehmun-
gen kennt, ſeinen Beyfall verſagen. Auf einen kleinen
Raum lieſs ſich wohl nicht mehr zuſammendrängen,
und der Vf. urtheilt ſehr richtig, wenn er ſagt, „die
„Ausführung wird ſchon dadurch erſchwert, daſs man
„Glanz, Durchſichtigkeit und Bruch nicht ausdrücken
„kann, auch ſelten an den Stuffen ſo groſse Lichtmaſ-
„ſen und ebene Flächen zu ſehen bekommt, als die
„Tabelle zeigt.“ Prange und Schäfer ſind überall kri-
tiſch citirt. Rec. glaubt, daſs die ſtete Farbe gewiſſer
Pflanzentheile noch ein ſehr gutes Mittel an die Hand
geben würde, die mineralogiſchen Benennungen der
Farben gleichſam zu fixiren. Doch käme es dabey auf
vorſichtige Auswahl nicht variirender Theile an, als
Blüthe des Tropacol. majus, morgenroth; Zweige des
Lich. floridus, berggrün; Früchte des Lich. ſubfuscus,
ziegelroth u. ſ. w. Bey den regelmäſsigen Geſtalten
vermiſſen wir in einem ſo treflichen Lehrbuche ungern
die wichtige Theorie des Hn. Haüy. (ſ. unter andern
Theorie ſur la ſtructure des criſtaux in Annal. de Che-
mie 1793 Juin p. 225. und mit den analytiſchen For-
meln des Hn. Gillot in Rozier J. de Phyſ. 1793. Juillet.
p. 103.) Dagegen iſt der Abſchnitt von den fremdarti-
gen auſseren Geſtalten oder Verſteinerungen S. 134.
nach Blumenbachs Ideen, deſto fruchtbarer bearbeitet.
Der Behauptung, daſs die Originale zu den verſteinerten
Thierknochen meiſtens ſchwer zu beſtimmen wären,
wenn nicht Schädel, Zähne oder Hörner mit gefunden
werden, kann Rec. nicht beytreten. Auch bloſse Pha-
langen, oſſa innominata, peluis und Schenkelknochen
ſind charakteriſtiſch. S. 155. wird an dem Daſeyn ver-
ſteinter Blumen gezweifelt, aber im Oeninger Schiefer
kommen wirklich Corollen von Ranuuculus vor, und
die Aechtheit der Phalaris bulboſa in den Frankenber-
ger Verſteinerungen mögen wir nicht mit dem Vf. ab-
läugnen. — Praktiſcher Theil S. 213. Von der Claſſi-
fication der Foſſilien. Von den Erdarten nimmt der Vf.
nur 7 auf. Das merkwürdige Verhalten der Strontian-

erde
A. L. Z. 1795. Zweyter Band.
F f
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Der Vf. äuſsert ſich ſelbſt über ſeine Arbeit mit ei- ner Beſcheidenheit, welche unſeren neuen, immer kampfrüſtigen mineralogiſchen Schriftſtellern nicht ge- nugſam zu empfehlen iſt. „Ich bin mir bewuſst, (heiſst es in der Vorrede,) „daſs ich wenig oder nichts neues „werde vortragen können. Wenn dieſem Handbuche „irgend ein Verdienſt zugeſchrieben werden ſollte, ſo „fällt es ganz auf den Hn. B. Commiſſionsrath Werner „in Freyberg zurück, dem ich auch niemals mit dieſer „Arbeit vorgegriffen haben würde, wenn mich nicht „meine Lehrſtelle dazu genöthigt hätte, und wenn „mich nicht die veränderte Lage des Hn. Werners, „wodurch er noch mehr, als vorher, mit Geſchäften „überhäuft worden iſt, befürchten lieſse, daſs es viel- „leicht noch eine geraume Zeit anſtehen möchte, bis „er den Wunſch des Publicums durch Herausgabe ſei- „nes oryktognoſtiſchen Lehrbuchs befriedigen wird.“ Eine ſolche Aeuſserung entwaffnet ſelbſt die ſtrengſte Kritik. Rec. kann ſich die Verlegenheit lebhaft vor- ſtellen, in der ſich der Herausgeber eines mineralogi- ſchen Lehrbuchs befindet, wenn ſeine eigenen Ideen ſich zu den Ideen ſeines Lehrers miſchen, und er doch gewiſſenhaft nur ſein Eigenthum liefern will. Bey Hn. W's. gänzlichem Stillſchweigen fügen wir bloſs die Frage hinzu, ob die Vf. jener neuen Oryktognoſien nicht jeder Verlegenheit entgangen wären, wenn ſie ih- ren Schriften den Titel: Werners Handbuch der Orykto- gnoſie, mit Zuſätzen vermehrt, herausgegeben von *** vorgeſetzt hätten. So erſcheinen noch jetzt Naturſyſte- me und Pflanzengattungen unter Linné's Namen, bey denen Gmelins ſammelnder Fleiſs und Schrebers philo- ſophiſcher Scharfblick der Aufmerkſamkeit der Natur- forſcher nicht entgehen. — Das Handbuch des Hn. W. zerfällt nach der bekannten Wernerſchen Form in den präparativen und praktiſchen Theil der Orykto- gnoſie. Dem erſteren iſt eine Einleitung, über Natura- lien im Allgemeinen, vorausgeſchickt, meiſt nach Blu- menbachs Handbuch der Naturgeſchichte. Die Wer- nerſchen Atmoſphärilien begreift der Vf. in ein viertes Naturreich zuſammen. Von den Kennzeichen der Foſ- ſilien überhaupt. (Prüfung des relativen Werths die- ſer Kennzeichen S. 12. überaus lehrreich und wohl aus- gearbeitet.) Von den äuſsern, allgemeinen und be- ſondern Kennzeichen S. 19 — 201., von den chemiſchen bis S. 206., von den phyſikaliſchen bis S. 209., von den empiriſchen S. 210. Wir heben bloſs den Abſchnitt von den Farben aus, welche Hr. W. mit groſser Voll- ſtändigkeit und rühmlichem Fleiſse behandelt hat. Der angehängten Farbentabelle des Hn. Hofr. Kerners wird niemand, der die Schwierigkeit ſolcher Unternehmun- gen kennt, ſeinen Beyfall verſagen. Auf einen kleinen Raum lieſs ſich wohl nicht mehr zuſammendrängen, und der Vf. urtheilt ſehr richtig, wenn er ſagt, „die „Ausführung wird ſchon dadurch erſchwert, daſs man „Glanz, Durchſichtigkeit und Bruch nicht ausdrücken „kann, auch ſelten an den Stuffen ſo groſse Lichtmaſ- „ſen und ebene Flächen zu ſehen bekommt, als die „Tabelle zeigt.“ Prange und Schäfer ſind überall kri- tiſch citirt. Rec. glaubt, daſs die ſtete Farbe gewiſſer Pflanzentheile noch ein ſehr gutes Mittel an die Hand geben würde, die mineralogiſchen Benennungen der Farben gleichſam zu fixiren. Doch käme es dabey auf vorſichtige Auswahl nicht variirender Theile an, als Blüthe des Tropacol. majus, morgenroth; Zweige des Lich. floridus, berggrün; Früchte des Lich. ſubfuscus, ziegelroth u. ſ. w. Bey den regelmäſsigen Geſtalten vermiſſen wir in einem ſo treflichen Lehrbuche ungern die wichtige Theorie des Hn. Haüy. (ſ. unter andern Theorie ſur la ſtructure des criſtaux in Annal. de Che- mie 1793 Juin p. 225. und mit den analytiſchen For- meln des Hn. Gillot in Rozier J. de Phyſ. 1793. Juillet. p. 103.) Dagegen iſt der Abſchnitt von den fremdarti- gen auſseren Geſtalten oder Verſteinerungen S. 134. nach Blumenbachs Ideen, deſto fruchtbarer bearbeitet. Der Behauptung, daſs die Originale zu den verſteinerten Thierknochen meiſtens ſchwer zu beſtimmen wären, wenn nicht Schädel, Zähne oder Hörner mit gefunden werden, kann Rec. nicht beytreten. Auch bloſse Pha- langen, oſſa innominata, peluis und Schenkelknochen ſind charakteriſtiſch. S. 155. wird an dem Daſeyn ver- ſteinter Blumen gezweifelt, aber im Oeninger Schiefer kommen wirklich Corollen von Ranuuculus vor, und die Aechtheit der Phalaris bulboſa in den Frankenber- ger Verſteinerungen mögen wir nicht mit dem Vf. ab- läugnen. — Praktiſcher Theil S. 213. Von der Claſſi- fication der Foſſilien. Von den Erdarten nimmt der Vf. nur 7 auf. Das merkwürdige Verhalten der Strontian- erde A. L. Z. 1795. Zweyter Band. F f

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Rezension zu:] Widenmann's Handbuch des oryktognostischen Theils der Mineralogie. In: Allgemeine Literatur-Zeitung, Bd. 2, Nr. 124 (1795), Sp. 225-229, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_widemann_1795/2>, abgerufen am 29.03.2024.