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Langemann, Ludwig: Das Frauenstimmrecht und seine Bekämpfung. Berlin, [1913] (= Schriften des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Bd. 4).

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Recht gefürchtete Demokratisierung unseres politischen Lebens mit
einem Schlage zur Wirklichkeit machen würde, und daß es be-
kanntlich ein "Zurück" auf diesem Wege zum Abgrund nicht gibt.
- Wie soll dieses Ziel erreicht werden? - Die radikale Frauen-
bewegung kann nur mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden.
Wir müssen in ausdauernder, geduldiger Arbeit die Presse und die
öffentliche Meinung zurückgewinnen. Wir dürfen dessen gewiß
sein, daß wir die Sache der Vernunft und der nationalen Wohl-
fahrt verfechten. Tun wir unsere Schuldigkeit, dann wird sich
der alte treue deutsche Familien- und Volksgeist, dessen Jdeale
wir verfechten, auf unsere Seite stellen und uns den Sieg er-
ringen.

Als Wähler haben wir den Parteiführern und Abgeordneten,
die aus Parteiegoismus, ohne zu wissen, was sie tun, das frevle
Spiel mit den Frauenrechtlerinnen begonnen haben, zu der Ein-
sicht zu verhelfen, daß jede bürgerliche Partei, welche
die sozialdemokratische Frauenstimmrechts-
forderung vertritt, damit ihr eigenes Grab
gräbt
, weil sie sich dadurch mit der Mehrzahl der eigenen
Wähler in Widerspruch setzt und damit Uneinigkeit und Er-
bitterung in den eigenen Reihen schafft und den internationalen
Feinden der nationalen Entwicklung neues Wasser auf ihre
Mühlen trägt. Die Parteihäupter müssen erkennen, daß die
Frauenstimmrechtsforderung die giftigste Blüte am Baume des
Demokratismus ist, und daß alle bürgerlichen Parteien in ihrem
eigensten Jnteresse wohl daran tun, die Frucht, an der sie zu
Grunde gehen müßten, nicht zur Reife kommen zu lassen.

Die Regierungen müssen die Gefahren erkennen, welche die
zunehmende Politisierung der Frau für den Staat heraufbeschwört,
und sich denselben bewußt und konsequent entgegenstemmen. -
Es ist hier mit aller Energie darauf hinzuweisen, daß man nicht
ein Freund der Emanzipation und ein Gegner der Politisierung
der Frau sein kann. Die vollzogene Emanzipation hat als not-
wendige Konsequenz die Politisierung. Darum dürfen wir nicht,
wie in Norwegen, den Frauen sämtliche Studien, Examina und
Staatsämter freigeben, sondern müssen sie nach wie vor auf die
innerhalb der weiblichen Sphäre liegenden Berufsarten ver-
weisen, zu denen ich auch die der Oberlehrerin und Aerztin rechne.
Ausgeschlossen bleibe die Frau von allen Aemtern, die ihr staat-
liche Hoheitsrechte, ein Recht der Herrschaft und Disziplinar-
gewalt über den Mann verleihen würden. - Nachdem man in
England weibliche Bürgermeister zugelassen hat, wird man dort
dem politischen Frauenstimmrecht schwerlich entgehen.

Recht gefürchtete Demokratisierung unseres politischen Lebens mit
einem Schlage zur Wirklichkeit machen würde, und daß es be-
kanntlich ein „Zurück“ auf diesem Wege zum Abgrund nicht gibt.
– Wie soll dieses Ziel erreicht werden? – Die radikale Frauen-
bewegung kann nur mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden.
Wir müssen in ausdauernder, geduldiger Arbeit die Presse und die
öffentliche Meinung zurückgewinnen. Wir dürfen dessen gewiß
sein, daß wir die Sache der Vernunft und der nationalen Wohl-
fahrt verfechten. Tun wir unsere Schuldigkeit, dann wird sich
der alte treue deutsche Familien- und Volksgeist, dessen Jdeale
wir verfechten, auf unsere Seite stellen und uns den Sieg er-
ringen.

Als Wähler haben wir den Parteiführern und Abgeordneten,
die aus Parteiegoismus, ohne zu wissen, was sie tun, das frevle
Spiel mit den Frauenrechtlerinnen begonnen haben, zu der Ein-
sicht zu verhelfen, daß jede bürgerliche Partei, welche
die sozialdemokratische Frauenstimmrechts-
forderung vertritt, damit ihr eigenes Grab
gräbt
, weil sie sich dadurch mit der Mehrzahl der eigenen
Wähler in Widerspruch setzt und damit Uneinigkeit und Er-
bitterung in den eigenen Reihen schafft und den internationalen
Feinden der nationalen Entwicklung neues Wasser auf ihre
Mühlen trägt. Die Parteihäupter müssen erkennen, daß die
Frauenstimmrechtsforderung die giftigste Blüte am Baume des
Demokratismus ist, und daß alle bürgerlichen Parteien in ihrem
eigensten Jnteresse wohl daran tun, die Frucht, an der sie zu
Grunde gehen müßten, nicht zur Reife kommen zu lassen.

Die Regierungen müssen die Gefahren erkennen, welche die
zunehmende Politisierung der Frau für den Staat heraufbeschwört,
und sich denselben bewußt und konsequent entgegenstemmen. –
Es ist hier mit aller Energie darauf hinzuweisen, daß man nicht
ein Freund der Emanzipation und ein Gegner der Politisierung
der Frau sein kann. Die vollzogene Emanzipation hat als not-
wendige Konsequenz die Politisierung. Darum dürfen wir nicht,
wie in Norwegen, den Frauen sämtliche Studien, Examina und
Staatsämter freigeben, sondern müssen sie nach wie vor auf die
innerhalb der weiblichen Sphäre liegenden Berufsarten ver-
weisen, zu denen ich auch die der Oberlehrerin und Aerztin rechne.
Ausgeschlossen bleibe die Frau von allen Aemtern, die ihr staat-
liche Hoheitsrechte, ein Recht der Herrschaft und Disziplinar-
gewalt über den Mann verleihen würden. – Nachdem man in
England weibliche Bürgermeister zugelassen hat, wird man dort
dem politischen Frauenstimmrecht schwerlich entgehen.

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[25/0025] Recht gefürchtete Demokratisierung unseres politischen Lebens mit einem Schlage zur Wirklichkeit machen würde, und daß es be- kanntlich ein „Zurück“ auf diesem Wege zum Abgrund nicht gibt. – Wie soll dieses Ziel erreicht werden? – Die radikale Frauen- bewegung kann nur mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden. Wir müssen in ausdauernder, geduldiger Arbeit die Presse und die öffentliche Meinung zurückgewinnen. Wir dürfen dessen gewiß sein, daß wir die Sache der Vernunft und der nationalen Wohl- fahrt verfechten. Tun wir unsere Schuldigkeit, dann wird sich der alte treue deutsche Familien- und Volksgeist, dessen Jdeale wir verfechten, auf unsere Seite stellen und uns den Sieg er- ringen. Als Wähler haben wir den Parteiführern und Abgeordneten, die aus Parteiegoismus, ohne zu wissen, was sie tun, das frevle Spiel mit den Frauenrechtlerinnen begonnen haben, zu der Ein- sicht zu verhelfen, daß jede bürgerliche Partei, welche die sozialdemokratische Frauenstimmrechts- forderung vertritt, damit ihr eigenes Grab gräbt, weil sie sich dadurch mit der Mehrzahl der eigenen Wähler in Widerspruch setzt und damit Uneinigkeit und Er- bitterung in den eigenen Reihen schafft und den internationalen Feinden der nationalen Entwicklung neues Wasser auf ihre Mühlen trägt. Die Parteihäupter müssen erkennen, daß die Frauenstimmrechtsforderung die giftigste Blüte am Baume des Demokratismus ist, und daß alle bürgerlichen Parteien in ihrem eigensten Jnteresse wohl daran tun, die Frucht, an der sie zu Grunde gehen müßten, nicht zur Reife kommen zu lassen. Die Regierungen müssen die Gefahren erkennen, welche die zunehmende Politisierung der Frau für den Staat heraufbeschwört, und sich denselben bewußt und konsequent entgegenstemmen. – Es ist hier mit aller Energie darauf hinzuweisen, daß man nicht ein Freund der Emanzipation und ein Gegner der Politisierung der Frau sein kann. Die vollzogene Emanzipation hat als not- wendige Konsequenz die Politisierung. Darum dürfen wir nicht, wie in Norwegen, den Frauen sämtliche Studien, Examina und Staatsämter freigeben, sondern müssen sie nach wie vor auf die innerhalb der weiblichen Sphäre liegenden Berufsarten ver- weisen, zu denen ich auch die der Oberlehrerin und Aerztin rechne. Ausgeschlossen bleibe die Frau von allen Aemtern, die ihr staat- liche Hoheitsrechte, ein Recht der Herrschaft und Disziplinar- gewalt über den Mann verleihen würden. – Nachdem man in England weibliche Bürgermeister zugelassen hat, wird man dort dem politischen Frauenstimmrecht schwerlich entgehen.

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig: Das Frauenstimmrecht und seine Bekämpfung. Berlin, [1913] (= Schriften des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Bd. 4), S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1913/25>, abgerufen am 25.04.2024.