Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

dieselbe wieder jäh zurück. Eine helle Röthe schlug ihr über das Gesicht und heftig warf sie den Kopf über die rechte Schulter herum, um nun eben so starr nach dieser, wie der junge Mann nach jener Seite auszusehen.

Was geht es mich an? sagte sie in sich hinein und schnippte mit dem Finger in die Aehren -- -- nichtsdestoweniger tanzte der abgerissene Knopf, mit allerlei wunderlichem Gedankenkram vermischt, noch eine gute Weile vor ihr her.

Die Begegnung, so kurz sie war, und an welch abgelegenem Orte sie auch stattfand, hatte doch Zuschauer gehabt, von denen freilich die Betreffenden, Dank ihrer beiderseitigen Erregung, nichts gemerkt. Aus dem mit hohem Graswuchs und Gebüsch besetzten Feldrande, der sich am Ufer des Baches hinzog, tauchten zwei Köpfe und denselben folgend zwei Gestalten auf, von denen sich die eine halb, die andere ganz in die Höhe richtete -- friedliche Wegelagerer, wenn auch bewaffnet und zwar mit schneidigen Sicheln.

Ach, Bärbele! sagte das eine der grasenden Mädchen, indem sie die Hand zum Auge hob, um den Beiden auf dem Fahrweg besser nachzusehen, sollt' man's denn meinen, Bärbele! daß Die da drunten -- Mann und Frau --

Gewesen sind -- ergänzte Bärbele, von heute an, da wird es richtig werden. Die Klage ist schon aufgesetzt drin im Gericht, und heute -- hat der Schulz gesagt -- ist der Termin zur Scheidung.

dieselbe wieder jäh zurück. Eine helle Röthe schlug ihr über das Gesicht und heftig warf sie den Kopf über die rechte Schulter herum, um nun eben so starr nach dieser, wie der junge Mann nach jener Seite auszusehen.

Was geht es mich an? sagte sie in sich hinein und schnippte mit dem Finger in die Aehren — — nichtsdestoweniger tanzte der abgerissene Knopf, mit allerlei wunderlichem Gedankenkram vermischt, noch eine gute Weile vor ihr her.

Die Begegnung, so kurz sie war, und an welch abgelegenem Orte sie auch stattfand, hatte doch Zuschauer gehabt, von denen freilich die Betreffenden, Dank ihrer beiderseitigen Erregung, nichts gemerkt. Aus dem mit hohem Graswuchs und Gebüsch besetzten Feldrande, der sich am Ufer des Baches hinzog, tauchten zwei Köpfe und denselben folgend zwei Gestalten auf, von denen sich die eine halb, die andere ganz in die Höhe richtete — friedliche Wegelagerer, wenn auch bewaffnet und zwar mit schneidigen Sicheln.

Ach, Bärbele! sagte das eine der grasenden Mädchen, indem sie die Hand zum Auge hob, um den Beiden auf dem Fahrweg besser nachzusehen, sollt' man's denn meinen, Bärbele! daß Die da drunten — Mann und Frau —

Gewesen sind — ergänzte Bärbele, von heute an, da wird es richtig werden. Die Klage ist schon aufgesetzt drin im Gericht, und heute — hat der Schulz gesagt — ist der Termin zur Scheidung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="0">
        <p><pb facs="#f0014"/>
dieselbe wieder jäh zurück. Eine helle Röthe schlug ihr über das Gesicht und heftig warf      sie den Kopf über die rechte Schulter herum, um nun eben so starr nach dieser, wie der junge      Mann nach jener Seite auszusehen.</p><lb/>
        <p>Was geht es mich an? sagte sie in sich hinein und schnippte mit dem Finger in die Aehren &#x2014; &#x2014;      nichtsdestoweniger tanzte der abgerissene Knopf, mit allerlei wunderlichem Gedankenkram      vermischt, noch eine gute Weile vor ihr her.</p><lb/>
        <p>Die Begegnung, so kurz sie war, und an welch abgelegenem Orte sie auch stattfand, hatte doch      Zuschauer gehabt, von denen freilich die Betreffenden, Dank ihrer beiderseitigen Erregung,      nichts gemerkt. Aus dem mit hohem Graswuchs und Gebüsch besetzten Feldrande, der sich am Ufer      des Baches hinzog, tauchten zwei Köpfe und denselben folgend zwei Gestalten auf, von denen sich      die eine halb, die andere ganz in die Höhe richtete &#x2014; friedliche Wegelagerer, wenn auch      bewaffnet und zwar mit schneidigen Sicheln.</p><lb/>
        <p>Ach, Bärbele! sagte das eine der grasenden Mädchen, indem sie die Hand zum Auge hob, um den      Beiden auf dem Fahrweg besser nachzusehen, sollt' man's denn meinen, Bärbele! daß Die da      drunten &#x2014; Mann und Frau &#x2014;</p><lb/>
        <p>Gewesen sind &#x2014; ergänzte Bärbele, von heute an, da wird es richtig werden. Die Klage ist schon      aufgesetzt drin im Gericht, und heute &#x2014; hat der Schulz gesagt &#x2014; ist der Termin zur      Scheidung.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0014] dieselbe wieder jäh zurück. Eine helle Röthe schlug ihr über das Gesicht und heftig warf sie den Kopf über die rechte Schulter herum, um nun eben so starr nach dieser, wie der junge Mann nach jener Seite auszusehen. Was geht es mich an? sagte sie in sich hinein und schnippte mit dem Finger in die Aehren — — nichtsdestoweniger tanzte der abgerissene Knopf, mit allerlei wunderlichem Gedankenkram vermischt, noch eine gute Weile vor ihr her. Die Begegnung, so kurz sie war, und an welch abgelegenem Orte sie auch stattfand, hatte doch Zuschauer gehabt, von denen freilich die Betreffenden, Dank ihrer beiderseitigen Erregung, nichts gemerkt. Aus dem mit hohem Graswuchs und Gebüsch besetzten Feldrande, der sich am Ufer des Baches hinzog, tauchten zwei Köpfe und denselben folgend zwei Gestalten auf, von denen sich die eine halb, die andere ganz in die Höhe richtete — friedliche Wegelagerer, wenn auch bewaffnet und zwar mit schneidigen Sicheln. Ach, Bärbele! sagte das eine der grasenden Mädchen, indem sie die Hand zum Auge hob, um den Beiden auf dem Fahrweg besser nachzusehen, sollt' man's denn meinen, Bärbele! daß Die da drunten — Mann und Frau — Gewesen sind — ergänzte Bärbele, von heute an, da wird es richtig werden. Die Klage ist schon aufgesetzt drin im Gericht, und heute — hat der Schulz gesagt — ist der Termin zur Scheidung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:36:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:36:23Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910/14
Zitationshilfe: Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910/14>, abgerufen am 28.03.2024.