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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Erster Gesang.
Asthoreth [Spaltenumbruch] o), von den Phöniciern auch Astarte genennet,
Die Monarchin des Himmels mit halben Hörnern. Bey Mondschein
430Weihten vor ihrem stralenden Bild die Sidonischen Jungfraun
Jhr Gesäng' und Gelübde. Sie blieb auch selbst nicht in Sion
Ohne Lieder; daselbst stand auf dem sündlichen Berge
Jhr ein Tempel erbaut von jenem buhlrischen König,
Dessen so großes Herz, durch die reizenden Abgötterinnen
435Ueberlistigt, zum schändlichen Dienste der Götzen herabfiel.
Nach ihr folgete Thammuz; p) durch seine jährlichen Wunden,
Wurden Syriens Töchter auf Libanons Höhen versammlet,
Da in verliebten Liedern sein unglückseeliges Schicksal
Einen Sommertag lang zu beweinen; der sanfte Adonis
440Floß indeß von den Klippen, worauf er entsprungen, zum Meere
Purpurfarbig, und so wie sie glaubten, gefärbt von dem Blute
Jhres jährlich verwundeten Thammuz. Die Liebesgeschichte
Hatte die Töchter Sions mit gleichen Flammen entzündet.
Jhre schäumende Wollust sah in dem heiligen Vorhof
445Ehmals Ezechiel, als durch erhabne Gesichte geleitet
Er die Abgötterey des abtrünnigen Juda gesehen.
Einer kam drauf, der im Ernste getraurt, als im eigenen Tempel

Die
o) Astarte, war die Göttinn
der Phönicier. Der Mond ward un-
ter diesem Namen angebetet. N.
p) Der Gott der Syrier. Er ist
mit dem Adonis einerley. Man fa-
belte von ihm, daß er auf dem Berge
Libanon von einem Eber getödtet
worden. Der Fluß Adonis entspringt
[Spaltenumbruch] auf diesem Berge, und wenn er, wie
alle Jahr zu einer gewissen Zeit zu ge-
schehn pflegt, eine rothe Farbe bekam,
so ward das Fest des Adonis gefeyert,
indem die Weiber ein lautes Wehkla-
gen seinetwegen erhuben, und glaub-
ten, der Strom sey von seinem Blute
gefärbt. N.
D

Erſter Geſang.
Aſthoreth [Spaltenumbruch] o), von den Phoͤniciern auch Aſtarte genennet,
Die Monarchin des Himmels mit halben Hoͤrnern. Bey Mondſchein
430Weihten vor ihrem ſtralenden Bild die Sidoniſchen Jungfraun
Jhr Geſaͤng’ und Geluͤbde. Sie blieb auch ſelbſt nicht in Sion
Ohne Lieder; daſelbſt ſtand auf dem ſuͤndlichen Berge
Jhr ein Tempel erbaut von jenem buhlriſchen Koͤnig,
Deſſen ſo großes Herz, durch die reizenden Abgoͤtterinnen
435Ueberliſtigt, zum ſchaͤndlichen Dienſte der Goͤtzen herabfiel.
Nach ihr folgete Thammuz; p) durch ſeine jaͤhrlichen Wunden,
Wurden Syriens Toͤchter auf Libanons Hoͤhen verſammlet,
Da in verliebten Liedern ſein ungluͤckſeeliges Schickſal
Einen Sommertag lang zu beweinen; der ſanfte Adonis
440Floß indeß von den Klippen, worauf er entſprungen, zum Meere
Purpurfarbig, und ſo wie ſie glaubten, gefaͤrbt von dem Blute
Jhres jaͤhrlich verwundeten Thammuz. Die Liebesgeſchichte
Hatte die Toͤchter Sions mit gleichen Flammen entzuͤndet.
Jhre ſchaͤumende Wolluſt ſah in dem heiligen Vorhof
445Ehmals Ezechiel, als durch erhabne Geſichte geleitet
Er die Abgoͤtterey des abtruͤnnigen Juda geſehen.
Einer kam drauf, der im Ernſte getraurt, als im eigenen Tempel

Die
o) Aſtarte, war die Goͤttinn
der Phoͤnicier. Der Mond ward un-
ter dieſem Namen angebetet. N.
p) Der Gott der Syrier. Er iſt
mit dem Adonis einerley. Man fa-
belte von ihm, daß er auf dem Berge
Libanon von einem Eber getoͤdtet
worden. Der Fluß Adonis entſpringt
[Spaltenumbruch] auf dieſem Berge, und wenn er, wie
alle Jahr zu einer gewiſſen Zeit zu ge-
ſchehn pflegt, eine rothe Farbe bekam,
ſo ward das Feſt des Adonis gefeyert,
indem die Weiber ein lautes Wehkla-
gen ſeinetwegen erhuben, und glaub-
ten, der Strom ſey von ſeinem Blute
gefaͤrbt. N.
D
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[25/0039] Erſter Geſang. Aſthoreth o), von den Phoͤniciern auch Aſtarte genennet, Die Monarchin des Himmels mit halben Hoͤrnern. Bey Mondſchein Weihten vor ihrem ſtralenden Bild die Sidoniſchen Jungfraun Jhr Geſaͤng’ und Geluͤbde. Sie blieb auch ſelbſt nicht in Sion Ohne Lieder; daſelbſt ſtand auf dem ſuͤndlichen Berge Jhr ein Tempel erbaut von jenem buhlriſchen Koͤnig, Deſſen ſo großes Herz, durch die reizenden Abgoͤtterinnen Ueberliſtigt, zum ſchaͤndlichen Dienſte der Goͤtzen herabfiel. Nach ihr folgete Thammuz; p) durch ſeine jaͤhrlichen Wunden, Wurden Syriens Toͤchter auf Libanons Hoͤhen verſammlet, Da in verliebten Liedern ſein ungluͤckſeeliges Schickſal Einen Sommertag lang zu beweinen; der ſanfte Adonis Floß indeß von den Klippen, worauf er entſprungen, zum Meere Purpurfarbig, und ſo wie ſie glaubten, gefaͤrbt von dem Blute Jhres jaͤhrlich verwundeten Thammuz. Die Liebesgeſchichte Hatte die Toͤchter Sions mit gleichen Flammen entzuͤndet. Jhre ſchaͤumende Wolluſt ſah in dem heiligen Vorhof Ehmals Ezechiel, als durch erhabne Geſichte geleitet Er die Abgoͤtterey des abtruͤnnigen Juda geſehen. Einer kam drauf, der im Ernſte getraurt, als im eigenen Tempel Die o) Aſtarte, war die Goͤttinn der Phoͤnicier. Der Mond ward un- ter dieſem Namen angebetet. N. p) Der Gott der Syrier. Er iſt mit dem Adonis einerley. Man fa- belte von ihm, daß er auf dem Berge Libanon von einem Eber getoͤdtet worden. Der Fluß Adonis entſpringt auf dieſem Berge, und wenn er, wie alle Jahr zu einer gewiſſen Zeit zu ge- ſchehn pflegt, eine rothe Farbe bekam, ſo ward das Feſt des Adonis gefeyert, indem die Weiber ein lautes Wehkla- gen ſeinetwegen erhuben, und glaub- ten, der Strom ſey von ſeinem Blute gefaͤrbt. N. D

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/39>, abgerufen am 28.03.2024.