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Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

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in seinem Buche nichts finden können, daß sich ein deutsches Frauenzimmer in ihn vergafft hätte, und es scheinet, daß er sich deswegen auch so bald wieder aus unserm Vaterlande fortgemacht hat, weil er darinne nicht sein Conto gefunden. Indessen ist es doch ein Wunder, daß seine Geschichte bei unserm Frauenzimmer so vielen Beifall gefunden hat, da man weder das Original noch die Kopie nach Würden schätzet. Ich vermuthe daher ganz sicher, daß wenn ich bei dem Fräulein v. W. und ihrer Mutter, meinen Liebesantrag nach deutschem Gout gemacht, und die Gespenstererscheinung und dergleichen Possen weggelassen hätte: so würde ich bei der Mutter und Tochter weit eher zum Zweck kommen seyn, denn was den Vater betrifft, der würde zufrieden gewesen seyn, wann ich auch auf türkische Manier um seine Tochter geworben hätte. Deswegen habe ich den Vorsatz gefaßt, ob gleich Lampert sehr darwider eifert, meinen Kopf einmal aufzusetzen, und wie es Sitte ist in unserm Lande,

in seinem Buche nichts finden können, daß sich ein deutsches Frauenzimmer in ihn vergafft hätte, und es scheinet, daß er sich deswegen auch so bald wieder aus unserm Vaterlande fortgemacht hat, weil er darinne nicht sein Conto gefunden. Indessen ist es doch ein Wunder, daß seine Geschichte bei unserm Frauenzimmer so vielen Beifall gefunden hat, da man weder das Original noch die Kopie nach Würden schätzet. Ich vermuthe daher ganz sicher, daß wenn ich bei dem Fräulein v. W. und ihrer Mutter, meinen Liebesantrag nach deutschem Gout gemacht, und die Gespenstererscheinung und dergleichen Possen weggelassen hätte: so würde ich bei der Mutter und Tochter weit eher zum Zweck kommen seyn, denn was den Vater betrifft, der würde zufrieden gewesen seyn, wann ich auch auf türkische Manier um seine Tochter geworben hätte. Deswegen habe ich den Vorsatz gefaßt, ob gleich Lampert sehr darwider eifert, meinen Kopf einmal aufzusetzen, und wie es Sitte ist in unserm Lande,

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[29/0031] in seinem Buche nichts finden können, daß sich ein deutsches Frauenzimmer in ihn vergafft hätte, und es scheinet, daß er sich deswegen auch so bald wieder aus unserm Vaterlande fortgemacht hat, weil er darinne nicht sein Conto gefunden. Indessen ist es doch ein Wunder, daß seine Geschichte bei unserm Frauenzimmer so vielen Beifall gefunden hat, da man weder das Original noch die Kopie nach Würden schätzet. Ich vermuthe daher ganz sicher, daß wenn ich bei dem Fräulein v. W. und ihrer Mutter, meinen Liebesantrag nach deutschem Gout gemacht, und die Gespenstererscheinung und dergleichen Possen weggelassen hätte: so würde ich bei der Mutter und Tochter weit eher zum Zweck kommen seyn, denn was den Vater betrifft, der würde zufrieden gewesen seyn, wann ich auch auf türkische Manier um seine Tochter geworben hätte. Deswegen habe ich den Vorsatz gefaßt, ob gleich Lampert sehr darwider eifert, meinen Kopf einmal aufzusetzen, und wie es Sitte ist in unserm Lande,

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/31>, abgerufen am 20.04.2024.