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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 1. Rudolstadt, 3. Januar 1846.

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Allgemeine Auswanderungs = Zeitung.

[Beginn Spaltensatz]
Organ
für
Kunde aus deutschen Ansiedlungen,
für Rath und That
zu Gunsten der fortziehenden Brüder,
sowie für
Oeffentlichkeit in Auswanderungs-
sachen überhaupt.

BREMEN:
C. Schünemann's Sortiments = Buchhandlung.
[Spaltenumbruch] [Abbildung]
[Spaltenumbruch]
Mit
statistischen Uebersichten, Karten
und Plänen,

sowie mit einem
Jntelligenzblatte
für Bekanntmachungen von
Behörden u. Privaten.
NEW-YORK: bei William Radde,
Broadway 322.
[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Pränumerationspreis des halben Jahrgangs bei allen
Buchhandlungen und Fürstl. Thurn und Taxischen
Postanstalten 1 1 / 6 Rl. == 2 fl 6 Xr.

[Spaltenumbruch]
Nro 1.
Montag, 3. Januar 1848.
[Spaltenumbruch]
[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Rückblick.

Die stets im Wachsen begriffenen Auswanderungen aus Deutsch-
land haben zunächst die Frage nach den Ursachen und Wir-
kungen
derselben hervorgerufen; eine Frage, welche in No. 36
u. f. unseres Blattes eine umfassende und gründliche Beantwortung
fand. *) Eine zweite, mit dieser eng zusammenhängende Frage ist
die, ob der Auswanderung aus Deutschland Einhalt gethan werden
könne und müsse? -- Das Resultat der genauesten Forschungen
mehrerer von uns gebrachten Artikel und in unserer Zeitung be-
sprochenen Werke war übereinstimmend, daß der Auswanderung
kein Einhalt gethan werden könne, so lange das Ausland dem
Vaterlande gegenüber geistige und materielle Vortheile biete.
Würde dem Auswanderungslustigen in der Heimath
Dasjenige geboten, was seiner in der Ferne harrt,
so würde er bald aufhören ein Auswanderungslustiger
zu sein.
Gibt man ihm das nicht, kann man ihm das nicht
geben, so ebne man ihm den Weg in die neue Heimath
dadurch, daß man ihm durch Rath und That auf seiner Reise
und bei seiner Niederlassung beisteht. Die Beförderung des Aus-
wanderers in die Hafenstadt, seine Einschiffung, Ueberfahrt, Lan-
dung und Niederlassung sind also Punkte, welche nicht reiflich
genug erwogen werden können, und denen daher auch verschiedene,
von großer Sachkenntniß und reger Theilnahme an dem Wohl
und Wehe der Scheidenden zeugende Aufsätze der Allg. Ausw.
Zeitung gewidmet waren, ( z. B. drei Artikel unter der Rubrik
"die Schiffsrheder und die deutschen Auswanderer" in No. 10,
13 und 21 ) . Nun aber fragt es sich, ist es besser einzeln oder,
was dasselbe ist, in zwanglosen Gesellschaften, oder in
Vereinen
auszuwandern, deren Mitglieder gewissen Gesellschafts-
statuten unterworfen sind? So oft diese Frage auch schon auf-
[Spaltenumbruch] geworfen und besprochen wurde, stets waren es nur Theoretiker,
welche sich für Auswanderungs = Vereine oder Kolonieen erklärten,
während praktische, erfahrene Männer über jedes derartige Unter-
nehmen den Stab brechen, weil der Zug der Auswanderung sich
fast ausschließlich nach solchen Ländern richtet, deren Gesetze und
Jnstitutionen Freiheit athmen, weil daher der Zwang, welcher
den Kolonisten durch ihre Gesellschaftsstatuten auferlegt ist, dort
doppelt lästig fällt und bald genug unerträglich wird. Die Er-
fahrung hat auch durch eine Menge von Beispielen gezeigt, daß
Kolonieen in freien Ländern kein Bestehen haben.

So wie nun die allgemeinen, die Auswanderung betreffenden
Fragen gründlichen, leidenschaftslosen Forschungen in den Spalten
unserer Zeitung unterworfen wurden und ferner noch unterliegen
werden, so gingen wir auch auf das Speciellere ein, welches, je
nach dem Lande, wohin sich Auswanderer gewendet hatten, oder
wenden wollten, einer ganz besondern Prüfung bedurfte. Um
unsern Lesern einen gedrängten Ueberblick über das hierin Ge-
leistete zu geben, wollen wir jeden Welttheil einzeln betrachten.

Europa.

Jm Jahre 1845 ließen sich viele Süddeutsche und noch mehr
Schlesier durch lockende, von der russischen Regierung ausgehende
Aufforderungen verleiten, sich nach Polen zu wenden, um dort
das verheißene Eldorado zu finden. Beamten = Willkür, Sümpfe
und Haiden brachten die Bethörten bald an den Bettelstab, an
welchem die Meisten in ihr Vaterland zurückkehrten. Diejenigen,
welche dort blieben, leben in einer der Leibeigenschaft gleichkom-
menden Knechtschaft und können mit unermüdlichem Fleiße kaum
das erschwingen, was Regierung und Grundherren von ihnen
fordern. Um dieselbe Zeit zog Siebenbürgen, und ganz be-
sonders derjenige Theil desselben, welcher, der Abstammung seiner
Bewohner wegen, das Sachsenland genannt wird, eine nicht ge-
ringe Anzahl Deutscher, vorzüglich Würtemberger, an sich, von

*) welche auch im Separat=Abdrucke erschienen und zu haben ist.
Allgemeine Auswanderungs = Zeitung.

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Organ
für
Kunde aus deutschen Ansiedlungen,
für Rath und That
zu Gunsten der fortziehenden Brüder,
sowie für
Oeffentlichkeit in Auswanderungs-
sachen überhaupt.

BREMEN:
C. Schünemann's Sortiments = Buchhandlung.
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[Spaltenumbruch]
Mit
statistischen Uebersichten, Karten
und Plänen,

sowie mit einem
Jntelligenzblatte
für Bekanntmachungen von
Behörden u. Privaten.
NEW-YORK: bei William Radde,
Broadway 322.
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Buchhandlungen und Fürstl. Thurn und Taxischen
Postanstalten 1 1 / 6 Rl. == 2 fl 6 Xr.

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Nro 1.
Montag, 3. Januar 1848.
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Rückblick.

Die stets im Wachsen begriffenen Auswanderungen aus Deutsch-
land haben zunächst die Frage nach den Ursachen und Wir-
kungen
derselben hervorgerufen; eine Frage, welche in No. 36
u. f. unseres Blattes eine umfassende und gründliche Beantwortung
fand. *) Eine zweite, mit dieser eng zusammenhängende Frage ist
die, ob der Auswanderung aus Deutschland Einhalt gethan werden
könne und müsse? -- Das Resultat der genauesten Forschungen
mehrerer von uns gebrachten Artikel und in unserer Zeitung be-
sprochenen Werke war übereinstimmend, daß der Auswanderung
kein Einhalt gethan werden könne, so lange das Ausland dem
Vaterlande gegenüber geistige und materielle Vortheile biete.
Würde dem Auswanderungslustigen in der Heimath
Dasjenige geboten, was seiner in der Ferne harrt,
so würde er bald aufhören ein Auswanderungslustiger
zu sein.
Gibt man ihm das nicht, kann man ihm das nicht
geben, so ebne man ihm den Weg in die neue Heimath
dadurch, daß man ihm durch Rath und That auf seiner Reise
und bei seiner Niederlassung beisteht. Die Beförderung des Aus-
wanderers in die Hafenstadt, seine Einschiffung, Ueberfahrt, Lan-
dung und Niederlassung sind also Punkte, welche nicht reiflich
genug erwogen werden können, und denen daher auch verschiedene,
von großer Sachkenntniß und reger Theilnahme an dem Wohl
und Wehe der Scheidenden zeugende Aufsätze der Allg. Ausw.
Zeitung gewidmet waren, ( z. B. drei Artikel unter der Rubrik
„die Schiffsrheder und die deutschen Auswanderer“ in No. 10,
13 und 21 ) . Nun aber fragt es sich, ist es besser einzeln oder,
was dasselbe ist, in zwanglosen Gesellschaften, oder in
Vereinen
auszuwandern, deren Mitglieder gewissen Gesellschafts-
statuten unterworfen sind? So oft diese Frage auch schon auf-
[Spaltenumbruch] geworfen und besprochen wurde, stets waren es nur Theoretiker,
welche sich für Auswanderungs = Vereine oder Kolonieen erklärten,
während praktische, erfahrene Männer über jedes derartige Unter-
nehmen den Stab brechen, weil der Zug der Auswanderung sich
fast ausschließlich nach solchen Ländern richtet, deren Gesetze und
Jnstitutionen Freiheit athmen, weil daher der Zwang, welcher
den Kolonisten durch ihre Gesellschaftsstatuten auferlegt ist, dort
doppelt lästig fällt und bald genug unerträglich wird. Die Er-
fahrung hat auch durch eine Menge von Beispielen gezeigt, daß
Kolonieen in freien Ländern kein Bestehen haben.

So wie nun die allgemeinen, die Auswanderung betreffenden
Fragen gründlichen, leidenschaftslosen Forschungen in den Spalten
unserer Zeitung unterworfen wurden und ferner noch unterliegen
werden, so gingen wir auch auf das Speciellere ein, welches, je
nach dem Lande, wohin sich Auswanderer gewendet hatten, oder
wenden wollten, einer ganz besondern Prüfung bedurfte. Um
unsern Lesern einen gedrängten Ueberblick über das hierin Ge-
leistete zu geben, wollen wir jeden Welttheil einzeln betrachten.

Europa.

Jm Jahre 1845 ließen sich viele Süddeutsche und noch mehr
Schlesier durch lockende, von der russischen Regierung ausgehende
Aufforderungen verleiten, sich nach Polen zu wenden, um dort
das verheißene Eldorado zu finden. Beamten = Willkür, Sümpfe
und Haiden brachten die Bethörten bald an den Bettelstab, an
welchem die Meisten in ihr Vaterland zurückkehrten. Diejenigen,
welche dort blieben, leben in einer der Leibeigenschaft gleichkom-
menden Knechtschaft und können mit unermüdlichem Fleiße kaum
das erschwingen, was Regierung und Grundherren von ihnen
fordern. Um dieselbe Zeit zog Siebenbürgen, und ganz be-
sonders derjenige Theil desselben, welcher, der Abstammung seiner
Bewohner wegen, das Sachsenland genannt wird, eine nicht ge-
ringe Anzahl Deutscher, vorzüglich Würtemberger, an sich, von

*) welche auch im Separat=Abdrucke erschienen und zu haben ist.
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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 1. Rudolstadt, 3. Januar 1846, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer01_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.