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Mährisches Tagblatt. Nr. 6, Olmütz, 10.01.1887.

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[Spaltenumbruch] Satz in das Programm der deutschen Fractionen
unseres Abgeordnetenhauses aufnehmen zu können
und gegenwärtig sogar in den Regierungsblät-
tern zu lesen.

Und selbst in der letzten Session der Dele-
gationen wies ich bei Besprechung des scheinbar
nicht sehr bundesfreundlichen Verhaltens des deut-
schen Reiches in der bulgarischen Frage darauf
hin, daß diese Wahrnehmung für uns nicht etwa
zu einer Lockerung, sondern vielmehr zu einer
festeren und dauerhaften Grundlegung des dent-
schen Bündnisses den Anlaß geben sollte. (Bravo.)

Wenn ich Ihnen dazu die Versicherung er-
neuere, daß ich auch heute an dem nationalen
Grundsatze der deutschen Führung in Oesterreich
festhalte, und wenn ich mich darauf berufen darf,
daß mir die deutschnationale Wählerschaft von
Iglau -- der zweitgrößten und ältesten deutschen
Stadt des Landes -- ihr Vertrauen unverändert
und in der für mich ehrenvollsten Weise auch ge-
genwärtig bewahrte, so werden Sie einem Manne
der in seiner mehr als zwanzigjährigen politi-
schen Thätigkeit niemals etwas Anderes anstrebte,
als seinem deutschen Volke und seinem österreichi-
schen Vaterlande pflicht- und überzeugungstreu zu
dienen, wohl nicht einen Abfall von der natio-
nalen Richtung zumuthen, weil er an Sie kein
anderes Anliegen hat, als die heiße und drin-
gende Bitte einig zu sein und zu bleiben! (Stür-
mischer, nicht enden wollender Beifall.)

Ja, Einigkeit thut uns noth, nicht nur un-
ter uns, sondern auch mit allen anderen Verthei-
digern des Einheitsstaates, die ja von uns die
Verleugnung unserer deutschnationalen Gesinnung
gar nicht verlangen, sondern vielmehr bereit sind,
vom staatlichen Gesichtspuncte, im Interesse der
Staatseinheit mit uns für die berechtigte Stellung
der Deutschen in Oesterreich einzustehen. (Bravo.)

Nur im Vereine mit diesen Bundesgenossen,
gestützt auf die Existenz-Bedingungen des Staates,
können und werden wir für die Rechte unseres
deutschen Volkes endlich den Sieg erringen.

Und erwägen Sie doch nur die Erfolge,
welche wir Deutsche in Mähren durch die Bun-
desgenossenschaft des verfassungstreuen Großgrund-
besitzes schon zu verzeichnen haben.

Prüfen und würdigen Sie doch insbesondere
die Thätigkeit des von uns Allen hochverehrten
Mannes, welcher als Führer des verfassungtreuen
Großgrundbesitzes uns die Mehrheit im Land-
tage erhielt und die Anerkennung seiner großen
Verdienste um unsere gemeinsame Sache
von den deutschen Wählern der Landeshauptstadt
einstimmig in den Reichsrath entsendet wurde.
(Stürmische Zustimmung.)

Da wir die Freude haben, diesen verehrten
Parteigenossen heute in unserer Mitte zu be-
grüßen, so muß ich meinen ohnehin geringen An-
lagen zur persönlichen Ovatian noch Schranken
setzen: allein Jedem von uns ist es gewiß Be-
dürfniß, in einer Versammlung der Vertrauens-
männer des deutschen Volkes von Mähren dem
Urheber und warmen Verfechter des Staats-
sprachengesetzes, dem beredten Anwalte des "Deut-
schen Hauses" unseren herzlichen und innigen
Dank auszusprechen. (Bravo.)

Dieser hochverehrte Parteigenosse und Führer
erklärte uns bei jeder Gelegenheit, kein Deutsch-
Nationaler zu sein, und doch hal er in richtiger
Würdigung des deutschen Volksstammes in treuer
bundesgenossenschaftlicher Opposition mit uns für
die Deutschen schon mehr gethan, als Manchem
von uns noch je zu thun beschieden sein möchte.

Und wenn wir gerade vom nationalen
Standpuncte jeden Deutschen und selbst den
clericalen Deutschen gern als Mitstreiter auf
nationalem Gebiete begrüßen, wie sollten wir uns
der Verbindung mit Männern entziehen, welche
auch politisch zu unseren liberalen Grundsätzen
sich bekennen und sowohl durch ihre Stellung als
durch ihre Anzahl die Wahrscheinlichkeit des Er-
folges für die deutsche Sache unendlich erhöhen.

Seit ich die Ehre habe, durch das Vertrauen
meiner Gesinnungsgenossen im Vereine mit ebenso
thätigen als tüchtigen Collegen und namentlich
mit unermüdlicher Unterstützung und hingebender
Aufopferung des um das deutsche Volk in Mähren
so hochverdienten Herrn Dr. Adolf Promber zur
Leitung unserer Parteigeschäfte berufen zu sein
-- und das reicht auch schon über ein Decennium
zurück -- haben wir uns weder gegen Erwägun-
gen und Verbesserungen der im Allgemeinen be-
[Spaltenumbruch] währten Partei Organisation gesträubt, noch gegen
weitergehende nationale Richtungen abwehrend
verhalten, denn uns konnte ja überhaupt in der
Vertretung der Rechte des deutschen Volkes gar
nicht leicht Jemand zu weit gehen, insolange nur
die unveräußerlichen Grundsätze der Freiheit und
die unentbehrlichen Erfordernisse des Einheits-
staates nicht beeinträchtigt wurden.

Es liegt mir auch nach so langen und viel-
fachen Erfahrungen jede Empfindlichkeit vollständig
ferne und niemals war ich im Stande, mich ge-
gen selbstständige Meinungen wohlmeinender,
wenngleich weitergehender Parteigenossen zu irgend
einer gereizten oder leidenschaftlichen Stimmung
emporzuschwingen.

Es fällt mir gar nicht bei, mich für unent-
behrlich zu halten, so lange aber meine Partei-
genossen wünschen, daß ich auf diesem oft recht
unbequemen Platze ausharre, muß ich darauf be-
stehen, daß die Einigkeit der Deutschen
in Mähren er halten bleibe und nicht
gestört werde.
(Stürmischer Beifall.)

Sollte endlich die gegenwärtige Parteileitung
ungeachtet der entgegengesetzten fünfzehnjährigen
Erfahrungen jetzt ein Hinderniß der Einigkeit
geworden sein, dann werden wir gerne unsere
Mandate zurücklegen, obwohl dieselben uns und
dem ganzen Centralcomite erst im Jahre 1885
auf vier Jahre ertheilt wurden.

Wir verlangen nichts für uns, aber Alles
für die deutsche Sache, und für diese große und
heilige Sache verlangen wir unbedingt und vor-
behaltlos Ihre unerschütterte Einigkeit! (Bravo.)

Und wenn meine Stimme zu schwach sein
sollte, um dem Rufe nach Einigkeit Gehör zu
verschaffen -- denn ich kann Ihnen eben nichts
Neues mehr bieten, sondern nur oft Gesagtes
wiederholen -- dann bitte ich Sie nochmals, Ihre
Blicke nach Böhmen zu richten, wo die Deutschen
durch eine alle bisherigen nationalen Kränkungen
und Beeinträchtigungen [w]eit übertreffende und
zudem die Staatseinheit neuerlich be ........
Sprachenverordnung zum äußersten Widerstande
und durch die rücksichtslose Niederstimmung ihrer
Anträge zum Austritte aus dem Landtage ge-
zwungen wurden.

In dieser Stunde der Gefahr waren die
deutschen Abgeordneten in Böhmen unter ihrem
bewährten langjährigen Führer Schmeykal voll-
ständig einig, obwol dort früher weit größere
Meinungsverschiedenheiten zu Tage getreten waren,
als jemals in Mähren.

Nicht etwa ausschließlich vom nationalen,
sondern in ersten Linie vom staatlichen Stand-
puncte, als eine Consequenz des ephemeren böh-
mischen Staatsrechtes, bekämpft das Manifest der
deutschen Abgeordneten die neueste Sprachenver-
ordnung und deren Auffassung durch die Landtags-
Majorität, und erhofft den endlichen Sieg de[s]
Deutschen auch nur von ihrer Einigkeit, indem
es mit den Worten schließt: Deutsche in Böhmen,
seid einig und stark!

Und ebenso hat der nationale Abgeordnete
Professor Knoll, welcher, wie ich die Trennung
der deutschen Abgeordneten in zwei Gruppen be-
dauerte, seine Karlsbader Wähler zur Einigkeit
gemahnt und erklärt: "Eine mit Ueberlegung be-
triebene nationale Politik, Eintracht, die
offen bekannt und ehrlich gehalten
wird,
dann aber auch eine stramme Parteidis-
ciplin -- das ist's, was uns noththut". (Bravo)

Der verdienstvolle Obmann des Deutschen
Schulvereines endlich, der Abgeordnete Weit-
lof,
welcher die Gefahren der Trennung in dieser
Eigenschaft gleichfalls empfindet, hat unlängst im
niederösterreichischen Landtage gesagt: "Wenn wir
nicht einig bleiben, dann ist unser Schicksal be-
siegelt. Wir hoffen aber, die Einigkeit zu erhalten,
und werden Alle, die uns daran hindern, nieder-
zuhalten wissen."

Wenn nun auch der verehrte Abgeordnete
Plener bei Begründung seines Antrages wegen
Aufhebung der Sprachenverordnungen im böh-
mischen Landtage die für uns erfreuliche Aeuße-
rung machte, daß die Deutschen in Böhmen nur
dieselbe Stellung verlangen, welche die Regierung
den Deutschen in Mähren einräumte, so wissen
wir wohl, daß die Regierung und namentlich
unser geehrter Landsmann-Justizminister uns das
gleiche ... zugedacht haben, wie den Deutschen
in Böhmen, und daß die Verwirklichung dieser
guten Absicht nur durch Verhältnisse aufgehalten wird,
welche derzeit noch stärker sind, als die Regierung.


[Spaltenumbruch]

Der Ausblick nach Böhmen muß uns viel-
mehr die Gefahren klarlegen, welchen wir täglich
die Spitze zu bieten haben und nur in ungebro-
chener, ungetrübter Einigkeit aller Deutschen und
Verfassungstreuen mit Erfolg begegnen können.

Seien wir daher, verehrte Freunde, duld-
sam im Innern, streiten wir nicht über das na-
tionale Glaubensbekenntniß des Einzelnen, aber
halten wir um so fester zusammen nach Außen,
lassen wir nicht ab von unserer durch prüfungs-
reiche Jahre bewahrten und bewährten Einigkeit,
von unseren gemeinsamen Zielen der Wiederge-
winnung der berechtigten Stellung der Deutschen
und der Sicherung der Staatseinheit in Oester-
reich, und weichen wir niemals von unserm in
allen Kämpfen als Wahlspruch der Deutschen in
Mähren hochgehaltenen und angelobten Grundsatze:

Einer für Alle, Alle für Einen!

Nachdem sich der Beifallssturm gelegt hatte,
den Dr. Sturms Rede entfesselte, begründete der
Bürgermeister von Olmütz Herr Josef v. Engel
in glänzender Weise folgende

Resolution:

Die am 4. Jänner 1887 in Brünn versam-
melten deutschen Reichsraths- und Landtagsabgeord-
neten der Städte, Handelskammern und Landgemein-
den, Bürgermeister, Gemeindevertreter, Vereins-Ob-
männer und Mitglieder des Landes-Wahl-Comites
haben sich als Vertrauensmänner der Deutschen in
Mähren zu nachstehenden Beschlüssen geeignet:

1. Es erscheint als nationale und staatliche
Pflicht der Deutschen in Mähren, in ungebroche-
ner Einigkeit, und in Verbindung mit allen ver-
fassungstreuen Vertheidigern des österreichischen
Einheitsstaates zum Schutze und zur Wiederher-
stellung der von dessen Existenzbedingungen un-
zertrennlichen berechtigten Stellung der Deutschen
in Oesterreich auszuharren.

2. Der an das Prager Oberlandesgericht
ergangene Sprachenerlaß des Leiters des Justiz-
ministeriums vom 23. September 1886 begrün-
det eine weitere empfindliche Beeinträchtigung der
Deutschen in Oesterreich, eine mit der Staatsein-
heit und den bestehenden Gesetzen nicht vereinbare
Beschränkung der inneren Dienstsprache, und eine
bedenkliche Gefährdung der Bedingungen einer un-
befangenen und gründlichen Rechtspflege. Die Auf-
hebung dieses Erlasses ist daher mit allen gesetz-
lichen Mitteln anzustreben.

3. Die Versammlung der deutschen Ver-
trauensmänner Mährens beklagt jene rücksichtslo-
sen Vorgänge, welche die Abgeordneten des deut-
schen Volkes in Böhmen zum Verlassen des Land-
tages zwangen und widmet dem entschiedenen,
einheitlichen und maßvollen Vorgehen dieser wacke-
ren Stammes- und Gesinnungsgenossen die wärm-
sten Sympathien.

4. Es wird den Einberufern der heutigen
Versammlung anheimgestellt, nach ihrem eigenen
Ermessen den nächsten deutsch-mährischen Partei-
tag im geeigneten Zeitpuncte einzuberufen.

Die Begründung des Herrn Bürgermeisters
v. Engel, insbesondere jene der letzten Resolution
fand außerordentlichen Beifall. Bezüglich des
Parteitages wies v. Engel darauf hin, daß jede
ehrliche deutsche Meinung von der Parteileitung
gehört werde, daß aber jeder Deutschösterreicher
die Erkenntniß haben müsse, daß wir neben der na-
tionalen auch eine politische Aufgabe haben und daß
die nationale Aufgabe nur durch die politische gelöst
werden könne, denn die nationalen sind mit den
staatlichen Interessen der Deutschen in Oesterreich
unlöslich verknüpft. Dr. Pollak aus Mähr.-
Schönberg spricht den Wunsch aus, daß der
deutsch-mährische Parteitag in späterer Zeit ein-
berufen werden möge, nämlich erst dann, wenn
man den Zeitpunct hiefür gekommen erachte. Abg.
Dr. Wenzlicke sagt, daß bei allen Versamm-
lungen, die in Nordmähren abgehalten wurden,
das Moment der Einigkeit der Deut-
schen in der Bekämpfung unserer
Widersacher stärkstens betont wurde.
Die Einigkeit ist von uns niegestört
worden.
Es wurde aber auch von Dr. Sturm
betont, sagt Abg. Dr. Wenzliczke, daß man Duld-
samkeit walten lassen möge. Er wünsche, daß
letztere stets geübt werde. Abg. Auspitz erklärt
gegenüber einer Bemerkung, die Dr. Pollak gemacht
hatte, daß die Tschechen nicht durch die Betonung des
nationalen Standpunctes allein, sondern vielmehr
dadurch zur Macht gelangten, daß sie sich ihren
Führern unterordneten.


[Spaltenumbruch] Satz in das Programm der deutſchen Fractionen
unſeres Abgeordnetenhauſes aufnehmen zu können
und gegenwärtig ſogar in den Regierungsblät-
tern zu leſen.

Und ſelbſt in der letzten Seſſion der Dele-
gationen wies ich bei Beſprechung des ſcheinbar
nicht ſehr bundesfreundlichen Verhaltens des deut-
ſchen Reiches in der bulgariſchen Frage darauf
hin, daß dieſe Wahrnehmung für uns nicht etwa
zu einer Lockerung, ſondern vielmehr zu einer
feſteren und dauerhaften Grundlegung des dent-
ſchen Bündniſſes den Anlaß geben ſollte. (Bravo.)

Wenn ich Ihnen dazu die Verſicherung er-
neuere, daß ich auch heute an dem nationalen
Grundſatze der deutſchen Führung in Oeſterreich
feſthalte, und wenn ich mich darauf berufen darf,
daß mir die deutſchnationale Wählerſchaft von
Iglau — der zweitgrößten und älteſten deutſchen
Stadt des Landes — ihr Vertrauen unverändert
und in der für mich ehrenvollſten Weiſe auch ge-
genwärtig bewahrte, ſo werden Sie einem Manne
der in ſeiner mehr als zwanzigjährigen politi-
ſchen Thätigkeit niemals etwas Anderes anſtrebte,
als ſeinem deutſchen Volke und ſeinem öſterreichi-
ſchen Vaterlande pflicht- und überzeugungstreu zu
dienen, wohl nicht einen Abfall von der natio-
nalen Richtung zumuthen, weil er an Sie kein
anderes Anliegen hat, als die heiße und drin-
gende Bitte einig zu ſein und zu bleiben! (Stür-
miſcher, nicht enden wollender Beifall.)

Ja, Einigkeit thut uns noth, nicht nur un-
ter uns, ſondern auch mit allen anderen Verthei-
digern des Einheitsſtaates, die ja von uns die
Verleugnung unſerer deutſchnationalen Geſinnung
gar nicht verlangen, ſondern vielmehr bereit ſind,
vom ſtaatlichen Geſichtspuncte, im Intereſſe der
Staatseinheit mit uns für die berechtigte Stellung
der Deutſchen in Oeſterreich einzuſtehen. (Bravo.)

Nur im Vereine mit dieſen Bundesgenoſſen,
geſtützt auf die Exiſtenz-Bedingungen des Staates,
können und werden wir für die Rechte unſeres
deutſchen Volkes endlich den Sieg erringen.

Und erwägen Sie doch nur die Erfolge,
welche wir Deutſche in Mähren durch die Bun-
desgenoſſenſchaft des verfaſſungstreuen Großgrund-
beſitzes ſchon zu verzeichnen haben.

Prüfen und würdigen Sie doch insbeſondere
die Thätigkeit des von uns Allen hochverehrten
Mannes, welcher als Führer des verfaſſungtreuen
Großgrundbeſitzes uns die Mehrheit im Land-
tage erhielt und die Anerkennung ſeiner großen
Verdienſte um unſere gemeinſame Sache
von den deutſchen Wählern der Landeshauptſtadt
einſtimmig in den Reichsrath entſendet wurde.
(Stürmiſche Zuſtimmung.)

Da wir die Freude haben, dieſen verehrten
Parteigenoſſen heute in unſerer Mitte zu be-
grüßen, ſo muß ich meinen ohnehin geringen An-
lagen zur perſönlichen Ovatian noch Schranken
ſetzen: allein Jedem von uns iſt es gewiß Be-
dürfniß, in einer Verſammlung der Vertrauens-
männer des deutſchen Volkes von Mähren dem
Urheber und warmen Verfechter des Staats-
ſprachengeſetzes, dem beredten Anwalte des „Deut-
ſchen Hauſes“ unſeren herzlichen und innigen
Dank auszuſprechen. (Bravo.)

Dieſer hochverehrte Parteigenoſſe und Führer
erklärte uns bei jeder Gelegenheit, kein Deutſch-
Nationaler zu ſein, und doch hal er in richtiger
Würdigung des deutſchen Volksſtammes in treuer
bundesgenoſſenſchaftlicher Oppoſition mit uns für
die Deutſchen ſchon mehr gethan, als Manchem
von uns noch je zu thun beſchieden ſein möchte.

Und wenn wir gerade vom nationalen
Standpuncte jeden Deutſchen und ſelbſt den
clericalen Deutſchen gern als Mitſtreiter auf
nationalem Gebiete begrüßen, wie ſollten wir uns
der Verbindung mit Männern entziehen, welche
auch politiſch zu unſeren liberalen Grundſätzen
ſich bekennen und ſowohl durch ihre Stellung als
durch ihre Anzahl die Wahrſcheinlichkeit des Er-
folges für die deutſche Sache unendlich erhöhen.

Seit ich die Ehre habe, durch das Vertrauen
meiner Geſinnungsgenoſſen im Vereine mit ebenſo
thätigen als tüchtigen Collegen und namentlich
mit unermüdlicher Unterſtützung und hingebender
Aufopferung des um das deutſche Volk in Mähren
ſo hochverdienten Herrn Dr. Adolf Promber zur
Leitung unſerer Parteigeſchäfte berufen zu ſein
— und das reicht auch ſchon über ein Decennium
zurück — haben wir uns weder gegen Erwägun-
gen und Verbeſſerungen der im Allgemeinen be-
[Spaltenumbruch] währten Partei Organiſation geſträubt, noch gegen
weitergehende nationale Richtungen abwehrend
verhalten, denn uns konnte ja überhaupt in der
Vertretung der Rechte des deutſchen Volkes gar
nicht leicht Jemand zu weit gehen, inſolange nur
die unveräußerlichen Grundſätze der Freiheit und
die unentbehrlichen Erforderniſſe des Einheits-
ſtaates nicht beeinträchtigt wurden.

Es liegt mir auch nach ſo langen und viel-
fachen Erfahrungen jede Empfindlichkeit vollſtändig
ferne und niemals war ich im Stande, mich ge-
gen ſelbſtſtändige Meinungen wohlmeinender,
wenngleich weitergehender Parteigenoſſen zu irgend
einer gereizten oder leidenſchaftlichen Stimmung
emporzuſchwingen.

Es fällt mir gar nicht bei, mich für unent-
behrlich zu halten, ſo lange aber meine Partei-
genoſſen wünſchen, daß ich auf dieſem oft recht
unbequemen Platze ausharre, muß ich darauf be-
ſtehen, daß die Einigkeit der Deutſchen
in Mähren er halten bleibe und nicht
geſtört werde.
(Stürmiſcher Beifall.)

Sollte endlich die gegenwärtige Parteileitung
ungeachtet der entgegengeſetzten fünfzehnjährigen
Erfahrungen jetzt ein Hinderniß der Einigkeit
geworden ſein, dann werden wir gerne unſere
Mandate zurücklegen, obwohl dieſelben uns und
dem ganzen Centralcomité erſt im Jahre 1885
auf vier Jahre ertheilt wurden.

Wir verlangen nichts für uns, aber Alles
für die deutſche Sache, und für dieſe große und
heilige Sache verlangen wir unbedingt und vor-
behaltlos Ihre unerſchütterte Einigkeit! (Bravo.)

Und wenn meine Stimme zu ſchwach ſein
ſollte, um dem Rufe nach Einigkeit Gehör zu
verſchaffen — denn ich kann Ihnen eben nichts
Neues mehr bieten, ſondern nur oft Geſagtes
wiederholen — dann bitte ich Sie nochmals, Ihre
Blicke nach Böhmen zu richten, wo die Deutſchen
durch eine alle bisherigen nationalen Kränkungen
und Beeinträchtigungen [w]eit übertreffende und
zudem die Staatseinheit neuerlich be ........
Sprachenverordnung zum äußerſten Widerſtande
und durch die rückſichtsloſe Niederſtimmung ihrer
Anträge zum Austritte aus dem Landtage ge-
zwungen wurden.

In dieſer Stunde der Gefahr waren die
deutſchen Abgeordneten in Böhmen unter ihrem
bewährten langjährigen Führer Schmeykal voll-
ſtändig einig, obwol dort früher weit größere
Meinungsverſchiedenheiten zu Tage getreten waren,
als jemals in Mähren.

Nicht etwa ausſchließlich vom nationalen,
ſondern in erſten Linie vom ſtaatlichen Stand-
puncte, als eine Conſequenz des ephemeren böh-
miſchen Staatsrechtes, bekämpft das Manifeſt der
deutſchen Abgeordneten die neueſte Sprachenver-
ordnung und deren Auffaſſung durch die Landtags-
Majorität, und erhofft den endlichen Sieg de[s]
Deutſchen auch nur von ihrer Einigkeit, indem
es mit den Worten ſchließt: Deutſche in Böhmen,
ſeid einig und ſtark!

Und ebenſo hat der nationale Abgeordnete
Profeſſor Knoll, welcher, wie ich die Trennung
der deutſchen Abgeordneten in zwei Gruppen be-
dauerte, ſeine Karlsbader Wähler zur Einigkeit
gemahnt und erklärt: „Eine mit Ueberlegung be-
triebene nationale Politik, Eintracht, die
offen bekannt und ehrlich gehalten
wird,
dann aber auch eine ſtramme Parteidis-
ciplin — das iſt’s, was uns noththut“. (Bravo)

Der verdienſtvolle Obmann des Deutſchen
Schulvereines endlich, der Abgeordnete Weit-
lof,
welcher die Gefahren der Trennung in dieſer
Eigenſchaft gleichfalls empfindet, hat unlängſt im
niederöſterreichiſchen Landtage geſagt: „Wenn wir
nicht einig bleiben, dann iſt unſer Schickſal be-
ſiegelt. Wir hoffen aber, die Einigkeit zu erhalten,
und werden Alle, die uns daran hindern, nieder-
zuhalten wiſſen.“

Wenn nun auch der verehrte Abgeordnete
Plener bei Begründung ſeines Antrages wegen
Aufhebung der Sprachenverordnungen im böh-
miſchen Landtage die für uns erfreuliche Aeuße-
rung machte, daß die Deutſchen in Böhmen nur
dieſelbe Stellung verlangen, welche die Regierung
den Deutſchen in Mähren einräumte, ſo wiſſen
wir wohl, daß die Regierung und namentlich
unſer geehrter Landsmann-Juſtizminiſter uns das
gleiche ... zugedacht haben, wie den Deutſchen
in Böhmen, und daß die Verwirklichung dieſer
guten Abſicht nur durch Verhältniſſe aufgehalten wird,
welche derzeit noch ſtärker ſind, als die Regierung.


[Spaltenumbruch]

Der Ausblick nach Böhmen muß uns viel-
mehr die Gefahren klarlegen, welchen wir täglich
die Spitze zu bieten haben und nur in ungebro-
chener, ungetrübter Einigkeit aller Deutſchen und
Verfaſſungstreuen mit Erfolg begegnen können.

Seien wir daher, verehrte Freunde, duld-
ſam im Innern, ſtreiten wir nicht über das na-
tionale Glaubensbekenntniß des Einzelnen, aber
halten wir um ſo feſter zuſammen nach Außen,
laſſen wir nicht ab von unſerer durch prüfungs-
reiche Jahre bewahrten und bewährten Einigkeit,
von unſeren gemeinſamen Zielen der Wiederge-
winnung der berechtigten Stellung der Deutſchen
und der Sicherung der Staatseinheit in Oeſter-
reich, und weichen wir niemals von unſerm in
allen Kämpfen als Wahlſpruch der Deutſchen in
Mähren hochgehaltenen und angelobten Grundſatze:

Einer für Alle, Alle für Einen!

Nachdem ſich der Beifallsſturm gelegt hatte,
den Dr. Sturms Rede entfeſſelte, begründete der
Bürgermeiſter von Olmütz Herr Joſef v. Engel
in glänzender Weiſe folgende

Reſolution:

Die am 4. Jänner 1887 in Brünn verſam-
melten deutſchen Reichsraths- und Landtagsabgeord-
neten der Städte, Handelskammern und Landgemein-
den, Bürgermeiſter, Gemeindevertreter, Vereins-Ob-
männer und Mitglieder des Landes-Wahl-Comités
haben ſich als Vertrauensmänner der Deutſchen in
Mähren zu nachſtehenden Beſchlüſſen geeignet:

1. Es erſcheint als nationale und ſtaatliche
Pflicht der Deutſchen in Mähren, in ungebroche-
ner Einigkeit, und in Verbindung mit allen ver-
faſſungstreuen Vertheidigern des öſterreichiſchen
Einheitsſtaates zum Schutze und zur Wiederher-
ſtellung der von deſſen Exiſtenzbedingungen un-
zertrennlichen berechtigten Stellung der Deutſchen
in Oeſterreich auszuharren.

2. Der an das Prager Oberlandesgericht
ergangene Sprachenerlaß des Leiters des Juſtiz-
miniſteriums vom 23. September 1886 begrün-
det eine weitere empfindliche Beeinträchtigung der
Deutſchen in Oeſterreich, eine mit der Staatsein-
heit und den beſtehenden Geſetzen nicht vereinbare
Beſchränkung der inneren Dienſtſprache, und eine
bedenkliche Gefährdung der Bedingungen einer un-
befangenen und gründlichen Rechtspflege. Die Auf-
hebung dieſes Erlaſſes iſt daher mit allen geſetz-
lichen Mitteln anzuſtreben.

3. Die Verſammlung der deutſchen Ver-
trauensmänner Mährens beklagt jene rückſichtslo-
ſen Vorgänge, welche die Abgeordneten des deut-
ſchen Volkes in Böhmen zum Verlaſſen des Land-
tages zwangen und widmet dem entſchiedenen,
einheitlichen und maßvollen Vorgehen dieſer wacke-
ren Stammes- und Geſinnungsgenoſſen die wärm-
ſten Sympathien.

4. Es wird den Einberufern der heutigen
Verſammlung anheimgeſtellt, nach ihrem eigenen
Ermeſſen den nächſten deutſch-mähriſchen Partei-
tag im geeigneten Zeitpuncte einzuberufen.

Die Begründung des Herrn Bürgermeiſters
v. Engel, insbeſondere jene der letzten Reſolution
fand außerordentlichen Beifall. Bezüglich des
Parteitages wies v. Engel darauf hin, daß jede
ehrliche deutſche Meinung von der Parteileitung
gehört werde, daß aber jeder Deutſchöſterreicher
die Erkenntniß haben müſſe, daß wir neben der na-
tionalen auch eine politiſche Aufgabe haben und daß
die nationale Aufgabe nur durch die politiſche gelöſt
werden könne, denn die nationalen ſind mit den
ſtaatlichen Intereſſen der Deutſchen in Oeſterreich
unlöslich verknüpft. Dr. Pollak aus Mähr.-
Schönberg ſpricht den Wunſch aus, daß der
deutſch-mähriſche Parteitag in ſpäterer Zeit ein-
berufen werden möge, nämlich erſt dann, wenn
man den Zeitpunct hiefür gekommen erachte. Abg.
Dr. Wenzlicke ſagt, daß bei allen Verſamm-
lungen, die in Nordmähren abgehalten wurden,
das Moment der Einigkeit der Deut-
ſchen in der Bekämpfung unſerer
Widerſacher ſtärkſtens betont wurde.
Die Einigkeit iſt von uns niegeſtört
worden.
Es wurde aber auch von Dr. Sturm
betont, ſagt Abg. Dr. Wenzliczke, daß man Duld-
ſamkeit walten laſſen möge. Er wünſche, daß
letztere ſtets geübt werde. Abg. Auſpitz erklärt
gegenüber einer Bemerkung, die Dr. Pollak gemacht
hatte, daß die Tſchechen nicht durch die Betonung des
nationalen Standpunctes allein, ſondern vielmehr
dadurch zur Macht gelangten, daß ſie ſich ihren
Führern unterordneten.


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[[3]/0003] Satz in das Programm der deutſchen Fractionen unſeres Abgeordnetenhauſes aufnehmen zu können und gegenwärtig ſogar in den Regierungsblät- tern zu leſen. Und ſelbſt in der letzten Seſſion der Dele- gationen wies ich bei Beſprechung des ſcheinbar nicht ſehr bundesfreundlichen Verhaltens des deut- ſchen Reiches in der bulgariſchen Frage darauf hin, daß dieſe Wahrnehmung für uns nicht etwa zu einer Lockerung, ſondern vielmehr zu einer feſteren und dauerhaften Grundlegung des dent- ſchen Bündniſſes den Anlaß geben ſollte. (Bravo.) Wenn ich Ihnen dazu die Verſicherung er- neuere, daß ich auch heute an dem nationalen Grundſatze der deutſchen Führung in Oeſterreich feſthalte, und wenn ich mich darauf berufen darf, daß mir die deutſchnationale Wählerſchaft von Iglau — der zweitgrößten und älteſten deutſchen Stadt des Landes — ihr Vertrauen unverändert und in der für mich ehrenvollſten Weiſe auch ge- genwärtig bewahrte, ſo werden Sie einem Manne der in ſeiner mehr als zwanzigjährigen politi- ſchen Thätigkeit niemals etwas Anderes anſtrebte, als ſeinem deutſchen Volke und ſeinem öſterreichi- ſchen Vaterlande pflicht- und überzeugungstreu zu dienen, wohl nicht einen Abfall von der natio- nalen Richtung zumuthen, weil er an Sie kein anderes Anliegen hat, als die heiße und drin- gende Bitte einig zu ſein und zu bleiben! (Stür- miſcher, nicht enden wollender Beifall.) Ja, Einigkeit thut uns noth, nicht nur un- ter uns, ſondern auch mit allen anderen Verthei- digern des Einheitsſtaates, die ja von uns die Verleugnung unſerer deutſchnationalen Geſinnung gar nicht verlangen, ſondern vielmehr bereit ſind, vom ſtaatlichen Geſichtspuncte, im Intereſſe der Staatseinheit mit uns für die berechtigte Stellung der Deutſchen in Oeſterreich einzuſtehen. (Bravo.) Nur im Vereine mit dieſen Bundesgenoſſen, geſtützt auf die Exiſtenz-Bedingungen des Staates, können und werden wir für die Rechte unſeres deutſchen Volkes endlich den Sieg erringen. Und erwägen Sie doch nur die Erfolge, welche wir Deutſche in Mähren durch die Bun- desgenoſſenſchaft des verfaſſungstreuen Großgrund- beſitzes ſchon zu verzeichnen haben. Prüfen und würdigen Sie doch insbeſondere die Thätigkeit des von uns Allen hochverehrten Mannes, welcher als Führer des verfaſſungtreuen Großgrundbeſitzes uns die Mehrheit im Land- tage erhielt und die Anerkennung ſeiner großen Verdienſte um unſere gemeinſame Sache von den deutſchen Wählern der Landeshauptſtadt einſtimmig in den Reichsrath entſendet wurde. (Stürmiſche Zuſtimmung.) Da wir die Freude haben, dieſen verehrten Parteigenoſſen heute in unſerer Mitte zu be- grüßen, ſo muß ich meinen ohnehin geringen An- lagen zur perſönlichen Ovatian noch Schranken ſetzen: allein Jedem von uns iſt es gewiß Be- dürfniß, in einer Verſammlung der Vertrauens- männer des deutſchen Volkes von Mähren dem Urheber und warmen Verfechter des Staats- ſprachengeſetzes, dem beredten Anwalte des „Deut- ſchen Hauſes“ unſeren herzlichen und innigen Dank auszuſprechen. (Bravo.) Dieſer hochverehrte Parteigenoſſe und Führer erklärte uns bei jeder Gelegenheit, kein Deutſch- Nationaler zu ſein, und doch hal er in richtiger Würdigung des deutſchen Volksſtammes in treuer bundesgenoſſenſchaftlicher Oppoſition mit uns für die Deutſchen ſchon mehr gethan, als Manchem von uns noch je zu thun beſchieden ſein möchte. Und wenn wir gerade vom nationalen Standpuncte jeden Deutſchen und ſelbſt den clericalen Deutſchen gern als Mitſtreiter auf nationalem Gebiete begrüßen, wie ſollten wir uns der Verbindung mit Männern entziehen, welche auch politiſch zu unſeren liberalen Grundſätzen ſich bekennen und ſowohl durch ihre Stellung als durch ihre Anzahl die Wahrſcheinlichkeit des Er- folges für die deutſche Sache unendlich erhöhen. Seit ich die Ehre habe, durch das Vertrauen meiner Geſinnungsgenoſſen im Vereine mit ebenſo thätigen als tüchtigen Collegen und namentlich mit unermüdlicher Unterſtützung und hingebender Aufopferung des um das deutſche Volk in Mähren ſo hochverdienten Herrn Dr. Adolf Promber zur Leitung unſerer Parteigeſchäfte berufen zu ſein — und das reicht auch ſchon über ein Decennium zurück — haben wir uns weder gegen Erwägun- gen und Verbeſſerungen der im Allgemeinen be- währten Partei Organiſation geſträubt, noch gegen weitergehende nationale Richtungen abwehrend verhalten, denn uns konnte ja überhaupt in der Vertretung der Rechte des deutſchen Volkes gar nicht leicht Jemand zu weit gehen, inſolange nur die unveräußerlichen Grundſätze der Freiheit und die unentbehrlichen Erforderniſſe des Einheits- ſtaates nicht beeinträchtigt wurden. Es liegt mir auch nach ſo langen und viel- fachen Erfahrungen jede Empfindlichkeit vollſtändig ferne und niemals war ich im Stande, mich ge- gen ſelbſtſtändige Meinungen wohlmeinender, wenngleich weitergehender Parteigenoſſen zu irgend einer gereizten oder leidenſchaftlichen Stimmung emporzuſchwingen. Es fällt mir gar nicht bei, mich für unent- behrlich zu halten, ſo lange aber meine Partei- genoſſen wünſchen, daß ich auf dieſem oft recht unbequemen Platze ausharre, muß ich darauf be- ſtehen, daß die Einigkeit der Deutſchen in Mähren er halten bleibe und nicht geſtört werde. (Stürmiſcher Beifall.) Sollte endlich die gegenwärtige Parteileitung ungeachtet der entgegengeſetzten fünfzehnjährigen Erfahrungen jetzt ein Hinderniß der Einigkeit geworden ſein, dann werden wir gerne unſere Mandate zurücklegen, obwohl dieſelben uns und dem ganzen Centralcomité erſt im Jahre 1885 auf vier Jahre ertheilt wurden. Wir verlangen nichts für uns, aber Alles für die deutſche Sache, und für dieſe große und heilige Sache verlangen wir unbedingt und vor- behaltlos Ihre unerſchütterte Einigkeit! (Bravo.) Und wenn meine Stimme zu ſchwach ſein ſollte, um dem Rufe nach Einigkeit Gehör zu verſchaffen — denn ich kann Ihnen eben nichts Neues mehr bieten, ſondern nur oft Geſagtes wiederholen — dann bitte ich Sie nochmals, Ihre Blicke nach Böhmen zu richten, wo die Deutſchen durch eine alle bisherigen nationalen Kränkungen und Beeinträchtigungen weit übertreffende und zudem die Staatseinheit neuerlich be ........ Sprachenverordnung zum äußerſten Widerſtande und durch die rückſichtsloſe Niederſtimmung ihrer Anträge zum Austritte aus dem Landtage ge- zwungen wurden. In dieſer Stunde der Gefahr waren die deutſchen Abgeordneten in Böhmen unter ihrem bewährten langjährigen Führer Schmeykal voll- ſtändig einig, obwol dort früher weit größere Meinungsverſchiedenheiten zu Tage getreten waren, als jemals in Mähren. Nicht etwa ausſchließlich vom nationalen, ſondern in erſten Linie vom ſtaatlichen Stand- puncte, als eine Conſequenz des ephemeren böh- miſchen Staatsrechtes, bekämpft das Manifeſt der deutſchen Abgeordneten die neueſte Sprachenver- ordnung und deren Auffaſſung durch die Landtags- Majorität, und erhofft den endlichen Sieg des Deutſchen auch nur von ihrer Einigkeit, indem es mit den Worten ſchließt: Deutſche in Böhmen, ſeid einig und ſtark! Und ebenſo hat der nationale Abgeordnete Profeſſor Knoll, welcher, wie ich die Trennung der deutſchen Abgeordneten in zwei Gruppen be- dauerte, ſeine Karlsbader Wähler zur Einigkeit gemahnt und erklärt: „Eine mit Ueberlegung be- triebene nationale Politik, Eintracht, die offen bekannt und ehrlich gehalten wird, dann aber auch eine ſtramme Parteidis- ciplin — das iſt’s, was uns noththut“. (Bravo) Der verdienſtvolle Obmann des Deutſchen Schulvereines endlich, der Abgeordnete Weit- lof, welcher die Gefahren der Trennung in dieſer Eigenſchaft gleichfalls empfindet, hat unlängſt im niederöſterreichiſchen Landtage geſagt: „Wenn wir nicht einig bleiben, dann iſt unſer Schickſal be- ſiegelt. Wir hoffen aber, die Einigkeit zu erhalten, und werden Alle, die uns daran hindern, nieder- zuhalten wiſſen.“ Wenn nun auch der verehrte Abgeordnete Plener bei Begründung ſeines Antrages wegen Aufhebung der Sprachenverordnungen im böh- miſchen Landtage die für uns erfreuliche Aeuße- rung machte, daß die Deutſchen in Böhmen nur dieſelbe Stellung verlangen, welche die Regierung den Deutſchen in Mähren einräumte, ſo wiſſen wir wohl, daß die Regierung und namentlich unſer geehrter Landsmann-Juſtizminiſter uns das gleiche ... zugedacht haben, wie den Deutſchen in Böhmen, und daß die Verwirklichung dieſer guten Abſicht nur durch Verhältniſſe aufgehalten wird, welche derzeit noch ſtärker ſind, als die Regierung. Der Ausblick nach Böhmen muß uns viel- mehr die Gefahren klarlegen, welchen wir täglich die Spitze zu bieten haben und nur in ungebro- chener, ungetrübter Einigkeit aller Deutſchen und Verfaſſungstreuen mit Erfolg begegnen können. Seien wir daher, verehrte Freunde, duld- ſam im Innern, ſtreiten wir nicht über das na- tionale Glaubensbekenntniß des Einzelnen, aber halten wir um ſo feſter zuſammen nach Außen, laſſen wir nicht ab von unſerer durch prüfungs- reiche Jahre bewahrten und bewährten Einigkeit, von unſeren gemeinſamen Zielen der Wiederge- winnung der berechtigten Stellung der Deutſchen und der Sicherung der Staatseinheit in Oeſter- reich, und weichen wir niemals von unſerm in allen Kämpfen als Wahlſpruch der Deutſchen in Mähren hochgehaltenen und angelobten Grundſatze: Einer für Alle, Alle für Einen! Nachdem ſich der Beifallsſturm gelegt hatte, den Dr. Sturms Rede entfeſſelte, begründete der Bürgermeiſter von Olmütz Herr Joſef v. Engel in glänzender Weiſe folgende Reſolution: Die am 4. Jänner 1887 in Brünn verſam- melten deutſchen Reichsraths- und Landtagsabgeord- neten der Städte, Handelskammern und Landgemein- den, Bürgermeiſter, Gemeindevertreter, Vereins-Ob- männer und Mitglieder des Landes-Wahl-Comités haben ſich als Vertrauensmänner der Deutſchen in Mähren zu nachſtehenden Beſchlüſſen geeignet: 1. Es erſcheint als nationale und ſtaatliche Pflicht der Deutſchen in Mähren, in ungebroche- ner Einigkeit, und in Verbindung mit allen ver- faſſungstreuen Vertheidigern des öſterreichiſchen Einheitsſtaates zum Schutze und zur Wiederher- ſtellung der von deſſen Exiſtenzbedingungen un- zertrennlichen berechtigten Stellung der Deutſchen in Oeſterreich auszuharren. 2. Der an das Prager Oberlandesgericht ergangene Sprachenerlaß des Leiters des Juſtiz- miniſteriums vom 23. September 1886 begrün- det eine weitere empfindliche Beeinträchtigung der Deutſchen in Oeſterreich, eine mit der Staatsein- heit und den beſtehenden Geſetzen nicht vereinbare Beſchränkung der inneren Dienſtſprache, und eine bedenkliche Gefährdung der Bedingungen einer un- befangenen und gründlichen Rechtspflege. Die Auf- hebung dieſes Erlaſſes iſt daher mit allen geſetz- lichen Mitteln anzuſtreben. 3. Die Verſammlung der deutſchen Ver- trauensmänner Mährens beklagt jene rückſichtslo- ſen Vorgänge, welche die Abgeordneten des deut- ſchen Volkes in Böhmen zum Verlaſſen des Land- tages zwangen und widmet dem entſchiedenen, einheitlichen und maßvollen Vorgehen dieſer wacke- ren Stammes- und Geſinnungsgenoſſen die wärm- ſten Sympathien. 4. Es wird den Einberufern der heutigen Verſammlung anheimgeſtellt, nach ihrem eigenen Ermeſſen den nächſten deutſch-mähriſchen Partei- tag im geeigneten Zeitpuncte einzuberufen. Die Begründung des Herrn Bürgermeiſters v. Engel, insbeſondere jene der letzten Reſolution fand außerordentlichen Beifall. Bezüglich des Parteitages wies v. Engel darauf hin, daß jede ehrliche deutſche Meinung von der Parteileitung gehört werde, daß aber jeder Deutſchöſterreicher die Erkenntniß haben müſſe, daß wir neben der na- tionalen auch eine politiſche Aufgabe haben und daß die nationale Aufgabe nur durch die politiſche gelöſt werden könne, denn die nationalen ſind mit den ſtaatlichen Intereſſen der Deutſchen in Oeſterreich unlöslich verknüpft. Dr. Pollak aus Mähr.- Schönberg ſpricht den Wunſch aus, daß der deutſch-mähriſche Parteitag in ſpäterer Zeit ein- berufen werden möge, nämlich erſt dann, wenn man den Zeitpunct hiefür gekommen erachte. Abg. Dr. Wenzlicke ſagt, daß bei allen Verſamm- lungen, die in Nordmähren abgehalten wurden, das Moment der Einigkeit der Deut- ſchen in der Bekämpfung unſerer Widerſacher ſtärkſtens betont wurde. Die Einigkeit iſt von uns niegeſtört worden. Es wurde aber auch von Dr. Sturm betont, ſagt Abg. Dr. Wenzliczke, daß man Duld- ſamkeit walten laſſen möge. Er wünſche, daß letztere ſtets geübt werde. Abg. Auſpitz erklärt gegenüber einer Bemerkung, die Dr. Pollak gemacht hatte, daß die Tſchechen nicht durch die Betonung des nationalen Standpunctes allein, ſondern vielmehr dadurch zur Macht gelangten, daß ſie ſich ihren Führern unterordneten.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 6, Olmütz, 10.01.1887, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches6_1887/3>, abgerufen am 19.04.2024.