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Marburger Zeitung. Nr. 156, Marburg, 30.12.1909.

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Die Einzelnummer kostet 10 Heller.




Nr. 156 Donnerstag, 30. Dezember 1909 48. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Erpressung!

In welcher Weise die windischen Geldinstitute
in ihrem Kampfe gegen alles Deutsche vorgehen,
das zeigt nachstehende Eingabe, welche der Reichs-
ratsabgeordnete Malik an die Steierm. Advokaten-
kammer richtete. Sie hat folgenden Wortlaut:

Löblicher Disziplinarrat der Steiermärkischen
Advokatenkammer in Graz. Die Errichtung der
deutschen Schule in St. Leonhard W.-B.,
welche einem dringenden, auch wirtschaftlichen Be-
dürfnisse der dortigen Bevölkerung entspricht, ist den
slawischen Hetzern ein Dorn im Auge und es wurde
dagegen mit allen Mitteln angekämpft. Die Tatsache,
daß durch die große Anzahl von Erklärungen der
Eltern der eingeschulten deutschen Kinder nach voll-
ständig abgeschlossenen behördlichen Erhebungen der
deutschen Schule das Öffentlichkeitsrecht zukommt,
bringt eine Anzahl solcher Hetzer vollständig außer
Rand und Band. Dieselben greifen nunmehr zuden
unlautersten Mitteln, deren Anwendung nicht länger
mehr stillschweigend geduldet werden darf. Dies
umso weniger, als die Gefahr droht, daß ein ehren-
werter Stand und zwar der der Rechtsanwälte, in
einer geradezu entwürdigenden Weise hiebei in Mit-
leidenschaft gezogen wird. Der in St. Leonhard
W.-B. seßhafte Advokat Herr Dr. Leschnik ver-
sandte durch seine Kanzlei nachstehende und ähnliche
slowenische Schreiben, wovon eines in Übersetzung
lautet:

"St. Leonhard, 6. Dezember 1909.

Verehrte! Trotz Mahnung sind Sie noch
heute von dem Darlehen des Haupt-Spar- und
Vorschußvereines in W.-B. rückständig laut
Schuldschein vom 30. März 1908 und 1. Okto-
ber 1908. Ich ermahne Sie deshalb, der obge-
nannten Anstalt und zwar zu meinen Händen
das Darlehen per K. 700·-- zu 53/4% vom 1.
Oktober 1908 und 6% Verzugszinsen und meine
[Spaltenumbruch] Kosten per K. 4·96 bis spätestens 15. Dezember
zu bezahlen bei Vermeidung einer Klage. Zu
diesem Beschlusse sieht sich die Anstalt veranlaßt,
weil Sie dadurch, daß Sie Ihre Kinder in
die deutsche Schule schicken,
mithelfen,
die Gemeinden, beziehungsweise die Steuerträger,
unter welchen die obgenannte Anstalt an erster
Stelle steht, zu schädigen (!!) und mithin durch
diese Schule Kosten aufdrängen. Achtungsvoll für
den Advokaten Dr. Leschnik Lovrec."

Das slowenische Original dieser Übersetzung be-
findet sich in den Händen des Herrn Dr. Theobald
Zirngast in St. Leonhard W.-B., dessen gegen-
ständige Einvernahme auch in Bezug auf weitere
ähnliche Fälle ich hiemit erbitte. Ich beehre mich
diese Angelegenheit aus dem Grunde zur Kenntnis
des hohen Disziplinarrates zu bringen, weil meine
Auffassung von der hohen Standesehre des Standes
der Rechtsanwälte dahingeht, es sei vollkommen un-
zulässig, aus nationalem Hasse, wenn auch ver-
schleiert und gedeckt, durch einen angeblichen Be-
schluß der slowenischen Geldanstalt Handlungen zu
tun, welche, wenn auch nicht nach dem klaren Wort-
laute des Strafgesetzes Erpressung bedeuten, so doch
hart daran streifen und in moralischer sowie sub-
jektiver Hinsicht die vollkommen gleiche Wirkung
ausüben. Was hat nun unter diesen Umständen ein
armer Deutscher des dortigen Gerichtssprengels zu
erwarten, dessen exoffo-Vertretung diesem slowenischen
Rechtsanwalte gegeben werden muß. -- Indem ich
hiermit diese Angelegenheit, wie ich glaube, auch im
eigensten Standesinteresse der Rechtsanwälte in die
Hände des hohen Disziplinarrates lege, behalte ich
mir vor, den Fall in einer mir geeignet scheinenden
Weise im Hause der Abgeordneten zu besprechen.
Es zeichnet sich mit dem Ausdrucke seiner vorzüg-
lichsten Hochachtung Reichsratsabgeordneter Malik.
Wien,
am 27. Dezember 1909.




[Spaltenumbruch]
Steirischer Landtag.

Vorgestern trat der steirische Landtag wieder
zu einer kurzen Tagung zusammen.

Das Gesetz betreffend die Einhebung der
Landesbierauflage wurde dem Finanzausschusse zur
beschleunigten Vorberatung zugewiesen.

Abg. Resel blamierte sich dabei nach Noten,
indem er dagegen sprach; er verwechselte augenschein-
lich die bisherige alte Auflage mit der geplanten
neuen, hielt eine große "Rede" und schließlich,
nachdem er die "Rede" beendet hatte, wurde er
vom Landesausschußbeisitzer Dr. Link dahin auf-
geklärt, daß er sich blamiert habe! Ein solches
Malheur passierte Herrn Resel in jener Sitzung
nocheinmal. Bekanntlich ist in der vorigen Tagung
dem "Genossen" Horvatek in Schulangelegen-
heiten ein gleiches Malheur passiert; er verwechselte
ebenfalls gesetzliche Bestimmungen ... Ja, oft ist
es leichter Abgeordneter zu werden als ein Volks-
vertreter zu sein. ...

Der Landtag beschloß sodann, den Landesaus-
schuß zu beauftragen, in der nächsten Session einen
Gesetzentwurf betreffend die Errichtung einer obliga-
torischen Elementarschadensversicherung vorzulegen.

Eine längere Debatte entwickelte sich über den
Bericht des Eisenbahnausschusses betreffend die
Aufnahme einer Eisenbahnlinie von Feldbach nach
Gleichenberg bis Radkersburg in das Eisenbahnbau-
programm und Subventionierung dieser Bahnlinie.
Der Referent verwies auf die Finanzlage des
Landes, welche eine materielle Unterstützung dieses
Bahnprojektes seitens des Landes ausschließe, be-
antragte jedoch behufs moralischer Unterstützung des
Bahnprojektes, der Landtag wolle beschließen, die
Regierung sei aufzufordern, dieses Bahnprojekt in
Fortsetzung der angestrebten Eisenbahnlinie Hartberg--
Gleisdorf in das Eisenbahnbauprogramm als normal-
spurige Lokalbahn aufzunehmen.




[Spaltenumbruch]
Bernhard von der Eiche.

14 (Nachdruck verboten.)

"Ich danke dir."

Es kam sehr gepreßt von ihren Lippen.

"O, bitte sehr."

Das war alles, was er entgegnete. Ein gewisses
Etwas war in ihm wie erstorben. Das, was er
erwartet hatte, war von einem grausamen Raureif
geknickt, und es war doch die Frau, die er so heiß
begehrt, so treu geliebt, die das über ihn brachte.
Ihre weiße Hand hatte den Dolch gezückt, der allen
seinen Hoffnungen auf Glück ein Ende bereitete.

Sie zögerte eine Sekunde.

Es war, als ob sie ihm noch ein letztes gutes
Wort sagen möchte, aber er drängte zum Einsteigen,
die Zeit war verpaßt. Der gellende Pfiff traf das
Ohr des einsamen Mannes. Da stöhnte er auf und
wandte sich seinem Heim zu, das niemals dasjenige
Hertas gewesen war.

Vierzehn Tage später schrieb sie ihm.

"Ich bleibe in München. Ich kann nicht
wieder in die engen Verhältnisse zurückkehren,
in denen ich mich nie wohl fühlte. Ich muß
mich nach meiner Eigenart ausleben; hier
werde ich es. Ich brauche dein Geld nicht, ich habe
von meiner Tante, bei der ich vor der Hochzeit
lebte, die Mittel zum Besuch der Akademie vorge-
[Spaltenumbruch] streckt erhalten. Ich hoffe, mein Können bewährt
sich und bricht mir die Bahn.

Lebe wohl und vergiß mich. Unsere Ehe war
ein Mißgriff für beide Teile.

Herta."

Der Mann, der diese wenigen Zeilen las,
faltete das Briefblatt, und es schimmerte feucht in
seinen Augen, dann schrieb er:

"Ich wünsche dir Glück auf dem selbstgewähl-
ten Weg. Solltest du je enttäuscht und flügellahm
werden, so erwarte ich dich.

Friedrich von Randen."

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

Bernhard von der Eiche trat nach einem heißen
Arbeitstage in seine Wohnung; er sah erhitzt und
müde aus. Seine Kleider, die er auf der Hütte
trug, waren die eines Arbeiters, aus derben Stoffen
angefertigt, man sah ihnen an, daß sie stark in
Gebrauch gewesen waren.

An den Füßen trug der erste Assistent Schuhe
aus starkem Leder, die an der Sohle mit Nägeln
beschlagen waren. Es war dies notwendig, da ein
feines Schuhwerk leicht durchgebrannt wäre; die
glühenden Schlacken spritzten aus den Hochöfen und
oft trugen die Kleider der Arbeiter Löcher davon.
Meist arbeiteten die Leute bis zum Gürtel nackt,
denn die Hitze war schier unerträglich.

Bernhard war verstimmt. Da war wieder einer
der Arbeiter durch eigene Unvorsichtigkeit zu Scha-
den gekommen. Es war ein junger Bursche, der
Ernährer seiner alten Mutter. Er hatte böse Brand-
[Spaltenumbruch] wunden davongetragen, man mußte ihn ins Kran-
kenhaus der Hütte bringen. Viele Wochen würde
es dauern, bis er wieder gesund würde. Solche
Fälle kamen oft vor, aber jedesmal gingen sie dem
Assistenten der H.'schen Hochöfen nahe, denn er hatte
ein warmes Herz für seine Arbeiter und besaß ihre
Liebe und ihr Vertrauen in nicht geringem Maße.

Nachdem Bernhard die Kleider gewechselt und
sich vom Staub der Hütte gereinigt hatte, trat er
in sein Schreibzimmer. ein Brief lag auf dem Tisch;
er trug am Kopf die Überschrift der Generaldirektion
der Rößlinger Hochöfen-Aktiengesellschaft. Rößlingen
lag im Luxemburgischen und hatte ein riesiges Hoch-
ofenwerk, aber es war eine verfahrene Geschichte.
Die Erz- und Kohlenverhältnisse lagen ungünstig,
das Volk war unangenehm und aufsässig. kurz,
Rößlingen wechselte fortwährend seine Angestellten.
Bernhard war genau orientiert. Er wußte, daß es
eine Herkulesarbeit war, das Werk hochzubringen
und daß es bisher noch keinem geglückt war.

Was wollte der Generaldirektor Müller von
ihm? Wohl irgend eine Auskunft, eine Frage ge-
schäftlicher Art?

"Sehr geehrter Herr Baron", so hieß es in
dem Brief, "würden Sie geneigt sein, die Stelle des
Hochofenchefs in Rößlingen anzutreten und zwar
schon in nächster Zeit? Es dürfte Ihnen nicht un-
bekannt sein, daß das Werk eines der größten ist.
Wir haben acht Hochöfen, es werden noch zwei
gebaut werden. Auch daß Rößlingen ein Aktien-
unternehmen ist, wird Ihnen nicht fremd sein. Nun,


Marburger Zeitung.



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Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.

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Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends
.

Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.

Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)


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Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.

Schluß für Einſchaltungen:
Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.




Nr. 156 Donnerstag, 30. Dezember 1909 48. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Erpreſſung!

In welcher Weiſe die windiſchen Geldinſtitute
in ihrem Kampfe gegen alles Deutſche vorgehen,
das zeigt nachſtehende Eingabe, welche der Reichs-
ratsabgeordnete Malik an die Steierm. Advokaten-
kammer richtete. Sie hat folgenden Wortlaut:

Löblicher Disziplinarrat der Steiermärkiſchen
Advokatenkammer in Graz. Die Errichtung der
deutſchen Schule in St. Leonhard W.-B.,
welche einem dringenden, auch wirtſchaftlichen Be-
dürfniſſe der dortigen Bevölkerung entſpricht, iſt den
ſlawiſchen Hetzern ein Dorn im Auge und es wurde
dagegen mit allen Mitteln angekämpft. Die Tatſache,
daß durch die große Anzahl von Erklärungen der
Eltern der eingeſchulten deutſchen Kinder nach voll-
ſtändig abgeſchloſſenen behördlichen Erhebungen der
deutſchen Schule das Öffentlichkeitsrecht zukommt,
bringt eine Anzahl ſolcher Hetzer vollſtändig außer
Rand und Band. Dieſelben greifen nunmehr zuden
unlauterſten Mitteln, deren Anwendung nicht länger
mehr ſtillſchweigend geduldet werden darf. Dies
umſo weniger, als die Gefahr droht, daß ein ehren-
werter Stand und zwar der der Rechtsanwälte, in
einer geradezu entwürdigenden Weiſe hiebei in Mit-
leidenſchaft gezogen wird. Der in St. Leonhard
W.-B. ſeßhafte Advokat Herr Dr. Leſchnik ver-
ſandte durch ſeine Kanzlei nachſtehende und ähnliche
ſloweniſche Schreiben, wovon eines in Überſetzung
lautet:

„St. Leonhard, 6. Dezember 1909.

Verehrte! Trotz Mahnung ſind Sie noch
heute von dem Darlehen des Haupt-Spar- und
Vorſchußvereines in W.-B. rückſtändig laut
Schuldſchein vom 30. März 1908 und 1. Okto-
ber 1908. Ich ermahne Sie deshalb, der obge-
nannten Anſtalt und zwar zu meinen Händen
das Darlehen per K. 700·— zu 5¾% vom 1.
Oktober 1908 und 6% Verzugszinſen und meine
[Spaltenumbruch] Koſten per K. 4·96 bis ſpäteſtens 15. Dezember
zu bezahlen bei Vermeidung einer Klage. Zu
dieſem Beſchluſſe ſieht ſich die Anſtalt veranlaßt,
weil Sie dadurch, daß Sie Ihre Kinder in
die deutſche Schule ſchicken,
mithelfen,
die Gemeinden, beziehungsweiſe die Steuerträger,
unter welchen die obgenannte Anſtalt an erſter
Stelle ſteht, zu ſchädigen (!!) und mithin durch
dieſe Schule Koſten aufdrängen. Achtungsvoll für
den Advokaten Dr. Leſchnik Lovrec.“

Das ſloweniſche Original dieſer Überſetzung be-
findet ſich in den Händen des Herrn Dr. Theobald
Zirngaſt in St. Leonhard W.-B., deſſen gegen-
ſtändige Einvernahme auch in Bezug auf weitere
ähnliche Fälle ich hiemit erbitte. Ich beehre mich
dieſe Angelegenheit aus dem Grunde zur Kenntnis
des hohen Disziplinarrates zu bringen, weil meine
Auffaſſung von der hohen Standesehre des Standes
der Rechtsanwälte dahingeht, es ſei vollkommen un-
zuläſſig, aus nationalem Haſſe, wenn auch ver-
ſchleiert und gedeckt, durch einen angeblichen Be-
ſchluß der ſloweniſchen Geldanſtalt Handlungen zu
tun, welche, wenn auch nicht nach dem klaren Wort-
laute des Strafgeſetzes Erpreſſung bedeuten, ſo doch
hart daran ſtreifen und in moraliſcher ſowie ſub-
jektiver Hinſicht die vollkommen gleiche Wirkung
ausüben. Was hat nun unter dieſen Umſtänden ein
armer Deutſcher des dortigen Gerichtsſprengels zu
erwarten, deſſen exoffo-Vertretung dieſem ſloweniſchen
Rechtsanwalte gegeben werden muß. — Indem ich
hiermit dieſe Angelegenheit, wie ich glaube, auch im
eigenſten Standesintereſſe der Rechtsanwälte in die
Hände des hohen Disziplinarrates lege, behalte ich
mir vor, den Fall in einer mir geeignet ſcheinenden
Weiſe im Hauſe der Abgeordneten zu beſprechen.
Es zeichnet ſich mit dem Ausdrucke ſeiner vorzüg-
lichſten Hochachtung Reichsratsabgeordneter Malik.
Wien,
am 27. Dezember 1909.




[Spaltenumbruch]
Steirischer Landtag.

Vorgeſtern trat der ſteiriſche Landtag wieder
zu einer kurzen Tagung zuſammen.

Das Geſetz betreffend die Einhebung der
Landesbierauflage wurde dem Finanzausſchuſſe zur
beſchleunigten Vorberatung zugewieſen.

Abg. Reſel blamierte ſich dabei nach Noten,
indem er dagegen ſprach; er verwechſelte augenſchein-
lich die bisherige alte Auflage mit der geplanten
neuen, hielt eine große „Rede“ und ſchließlich,
nachdem er die „Rede“ beendet hatte, wurde er
vom Landesausſchußbeiſitzer Dr. Link dahin auf-
geklärt, daß er ſich blamiert habe! Ein ſolches
Malheur paſſierte Herrn Reſel in jener Sitzung
nocheinmal. Bekanntlich iſt in der vorigen Tagung
dem „Genoſſen“ Horvatek in Schulangelegen-
heiten ein gleiches Malheur paſſiert; er verwechſelte
ebenfalls geſetzliche Beſtimmungen ... Ja, oft iſt
es leichter Abgeordneter zu werden als ein Volks-
vertreter zu ſein. ...

Der Landtag beſchloß ſodann, den Landesaus-
ſchuß zu beauftragen, in der nächſten Seſſion einen
Geſetzentwurf betreffend die Errichtung einer obliga-
toriſchen Elementarſchadensverſicherung vorzulegen.

Eine längere Debatte entwickelte ſich über den
Bericht des Eiſenbahnausſchuſſes betreffend die
Aufnahme einer Eiſenbahnlinie von Feldbach nach
Gleichenberg bis Radkersburg in das Eiſenbahnbau-
programm und Subventionierung dieſer Bahnlinie.
Der Referent verwies auf die Finanzlage des
Landes, welche eine materielle Unterſtützung dieſes
Bahnprojektes ſeitens des Landes ausſchließe, be-
antragte jedoch behufs moraliſcher Unterſtützung des
Bahnprojektes, der Landtag wolle beſchließen, die
Regierung ſei aufzufordern, dieſes Bahnprojekt in
Fortſetzung der angeſtrebten Eiſenbahnlinie Hartberg—
Gleisdorf in das Eiſenbahnbauprogramm als normal-
ſpurige Lokalbahn aufzunehmen.




[Spaltenumbruch]
Bernhard von der Eiche.

14 (Nachdruck verboten.)

„Ich danke dir.“

Es kam ſehr gepreßt von ihren Lippen.

„O, bitte ſehr.“

Das war alles, was er entgegnete. Ein gewiſſes
Etwas war in ihm wie erſtorben. Das, was er
erwartet hatte, war von einem grauſamen Raureif
geknickt, und es war doch die Frau, die er ſo heiß
begehrt, ſo treu geliebt, die das über ihn brachte.
Ihre weiße Hand hatte den Dolch gezückt, der allen
ſeinen Hoffnungen auf Glück ein Ende bereitete.

Sie zögerte eine Sekunde.

Es war, als ob ſie ihm noch ein letztes gutes
Wort ſagen möchte, aber er drängte zum Einſteigen,
die Zeit war verpaßt. Der gellende Pfiff traf das
Ohr des einſamen Mannes. Da ſtöhnte er auf und
wandte ſich ſeinem Heim zu, das niemals dasjenige
Hertas geweſen war.

Vierzehn Tage ſpäter ſchrieb ſie ihm.

„Ich bleibe in München. Ich kann nicht
wieder in die engen Verhältniſſe zurückkehren,
in denen ich mich nie wohl fühlte. Ich muß
mich nach meiner Eigenart ausleben; hier
werde ich es. Ich brauche dein Geld nicht, ich habe
von meiner Tante, bei der ich vor der Hochzeit
lebte, die Mittel zum Beſuch der Akademie vorge-
[Spaltenumbruch] ſtreckt erhalten. Ich hoffe, mein Können bewährt
ſich und bricht mir die Bahn.

Lebe wohl und vergiß mich. Unſere Ehe war
ein Mißgriff für beide Teile.

Herta.“

Der Mann, der dieſe wenigen Zeilen las,
faltete das Briefblatt, und es ſchimmerte feucht in
ſeinen Augen, dann ſchrieb er:

„Ich wünſche dir Glück auf dem ſelbſtgewähl-
ten Weg. Sollteſt du je enttäuſcht und flügellahm
werden, ſo erwarte ich dich.

Friedrich von Randen.“

— — — — — — — — — — — — — —

Bernhard von der Eiche trat nach einem heißen
Arbeitstage in ſeine Wohnung; er ſah erhitzt und
müde aus. Seine Kleider, die er auf der Hütte
trug, waren die eines Arbeiters, aus derben Stoffen
angefertigt, man ſah ihnen an, daß ſie ſtark in
Gebrauch geweſen waren.

An den Füßen trug der erſte Aſſiſtent Schuhe
aus ſtarkem Leder, die an der Sohle mit Nägeln
beſchlagen waren. Es war dies notwendig, da ein
feines Schuhwerk leicht durchgebrannt wäre; die
glühenden Schlacken ſpritzten aus den Hochöfen und
oft trugen die Kleider der Arbeiter Löcher davon.
Meiſt arbeiteten die Leute bis zum Gürtel nackt,
denn die Hitze war ſchier unerträglich.

Bernhard war verſtimmt. Da war wieder einer
der Arbeiter durch eigene Unvorſichtigkeit zu Scha-
den gekommen. Es war ein junger Burſche, der
Ernährer ſeiner alten Mutter. Er hatte böſe Brand-
[Spaltenumbruch] wunden davongetragen, man mußte ihn ins Kran-
kenhaus der Hütte bringen. Viele Wochen würde
es dauern, bis er wieder geſund würde. Solche
Fälle kamen oft vor, aber jedesmal gingen ſie dem
Aſſiſtenten der H.’ſchen Hochöfen nahe, denn er hatte
ein warmes Herz für ſeine Arbeiter und beſaß ihre
Liebe und ihr Vertrauen in nicht geringem Maße.

Nachdem Bernhard die Kleider gewechſelt und
ſich vom Staub der Hütte gereinigt hatte, trat er
in ſein Schreibzimmer. ein Brief lag auf dem Tiſch;
er trug am Kopf die Überſchrift der Generaldirektion
der Rößlinger Hochöfen-Aktiengeſellſchaft. Rößlingen
lag im Luxemburgiſchen und hatte ein rieſiges Hoch-
ofenwerk, aber es war eine verfahrene Geſchichte.
Die Erz- und Kohlenverhältniſſe lagen ungünſtig,
das Volk war unangenehm und aufſäſſig. kurz,
Rößlingen wechſelte fortwährend ſeine Angeſtellten.
Bernhard war genau orientiert. Er wußte, daß es
eine Herkulesarbeit war, das Werk hochzubringen
und daß es bisher noch keinem geglückt war.

Was wollte der Generaldirektor Müller von
ihm? Wohl irgend eine Auskunft, eine Frage ge-
ſchäftlicher Art?

„Sehr geehrter Herr Baron“, ſo hieß es in
dem Brief, „würden Sie geneigt ſein, die Stelle des
Hochofenchefs in Rößlingen anzutreten und zwar
ſchon in nächſter Zeit? Es dürfte Ihnen nicht un-
bekannt ſein, daß das Werk eines der größten iſt.
Wir haben acht Hochöfen, es werden noch zwei
gebaut werden. Auch daß Rößlingen ein Aktien-
unternehmen iſt, wird Ihnen nicht fremd ſein. Nun,


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[[1]/0001] Marburger Zeitung. Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat- lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr. Mit Poſtverſendung: Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h. Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung. Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag abends. Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von 11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4. Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.) Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h. Schluß für Einſchaltungen: Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags. Die Einzelnummer koſtet 10 Heller. Nr. 156 Donnerstag, 30. Dezember 1909 48. Jahrgang. Erpreſſung! In welcher Weiſe die windiſchen Geldinſtitute in ihrem Kampfe gegen alles Deutſche vorgehen, das zeigt nachſtehende Eingabe, welche der Reichs- ratsabgeordnete Malik an die Steierm. Advokaten- kammer richtete. Sie hat folgenden Wortlaut: Löblicher Disziplinarrat der Steiermärkiſchen Advokatenkammer in Graz. Die Errichtung der deutſchen Schule in St. Leonhard W.-B., welche einem dringenden, auch wirtſchaftlichen Be- dürfniſſe der dortigen Bevölkerung entſpricht, iſt den ſlawiſchen Hetzern ein Dorn im Auge und es wurde dagegen mit allen Mitteln angekämpft. Die Tatſache, daß durch die große Anzahl von Erklärungen der Eltern der eingeſchulten deutſchen Kinder nach voll- ſtändig abgeſchloſſenen behördlichen Erhebungen der deutſchen Schule das Öffentlichkeitsrecht zukommt, bringt eine Anzahl ſolcher Hetzer vollſtändig außer Rand und Band. Dieſelben greifen nunmehr zuden unlauterſten Mitteln, deren Anwendung nicht länger mehr ſtillſchweigend geduldet werden darf. Dies umſo weniger, als die Gefahr droht, daß ein ehren- werter Stand und zwar der der Rechtsanwälte, in einer geradezu entwürdigenden Weiſe hiebei in Mit- leidenſchaft gezogen wird. Der in St. Leonhard W.-B. ſeßhafte Advokat Herr Dr. Leſchnik ver- ſandte durch ſeine Kanzlei nachſtehende und ähnliche ſloweniſche Schreiben, wovon eines in Überſetzung lautet: „St. Leonhard, 6. Dezember 1909. Verehrte! Trotz Mahnung ſind Sie noch heute von dem Darlehen des Haupt-Spar- und Vorſchußvereines in W.-B. rückſtändig laut Schuldſchein vom 30. März 1908 und 1. Okto- ber 1908. Ich ermahne Sie deshalb, der obge- nannten Anſtalt und zwar zu meinen Händen das Darlehen per K. 700·— zu 5¾% vom 1. Oktober 1908 und 6% Verzugszinſen und meine Koſten per K. 4·96 bis ſpäteſtens 15. Dezember zu bezahlen bei Vermeidung einer Klage. Zu dieſem Beſchluſſe ſieht ſich die Anſtalt veranlaßt, weil Sie dadurch, daß Sie Ihre Kinder in die deutſche Schule ſchicken, mithelfen, die Gemeinden, beziehungsweiſe die Steuerträger, unter welchen die obgenannte Anſtalt an erſter Stelle ſteht, zu ſchädigen (!!) und mithin durch dieſe Schule Koſten aufdrängen. Achtungsvoll für den Advokaten Dr. Leſchnik Lovrec.“ Das ſloweniſche Original dieſer Überſetzung be- findet ſich in den Händen des Herrn Dr. Theobald Zirngaſt in St. Leonhard W.-B., deſſen gegen- ſtändige Einvernahme auch in Bezug auf weitere ähnliche Fälle ich hiemit erbitte. Ich beehre mich dieſe Angelegenheit aus dem Grunde zur Kenntnis des hohen Disziplinarrates zu bringen, weil meine Auffaſſung von der hohen Standesehre des Standes der Rechtsanwälte dahingeht, es ſei vollkommen un- zuläſſig, aus nationalem Haſſe, wenn auch ver- ſchleiert und gedeckt, durch einen angeblichen Be- ſchluß der ſloweniſchen Geldanſtalt Handlungen zu tun, welche, wenn auch nicht nach dem klaren Wort- laute des Strafgeſetzes Erpreſſung bedeuten, ſo doch hart daran ſtreifen und in moraliſcher ſowie ſub- jektiver Hinſicht die vollkommen gleiche Wirkung ausüben. Was hat nun unter dieſen Umſtänden ein armer Deutſcher des dortigen Gerichtsſprengels zu erwarten, deſſen exoffo-Vertretung dieſem ſloweniſchen Rechtsanwalte gegeben werden muß. — Indem ich hiermit dieſe Angelegenheit, wie ich glaube, auch im eigenſten Standesintereſſe der Rechtsanwälte in die Hände des hohen Disziplinarrates lege, behalte ich mir vor, den Fall in einer mir geeignet ſcheinenden Weiſe im Hauſe der Abgeordneten zu beſprechen. Es zeichnet ſich mit dem Ausdrucke ſeiner vorzüg- lichſten Hochachtung Reichsratsabgeordneter Malik. Wien, am 27. Dezember 1909. Steirischer Landtag. Vorgeſtern trat der ſteiriſche Landtag wieder zu einer kurzen Tagung zuſammen. Das Geſetz betreffend die Einhebung der Landesbierauflage wurde dem Finanzausſchuſſe zur beſchleunigten Vorberatung zugewieſen. Abg. Reſel blamierte ſich dabei nach Noten, indem er dagegen ſprach; er verwechſelte augenſchein- lich die bisherige alte Auflage mit der geplanten neuen, hielt eine große „Rede“ und ſchließlich, nachdem er die „Rede“ beendet hatte, wurde er vom Landesausſchußbeiſitzer Dr. Link dahin auf- geklärt, daß er ſich blamiert habe! Ein ſolches Malheur paſſierte Herrn Reſel in jener Sitzung nocheinmal. Bekanntlich iſt in der vorigen Tagung dem „Genoſſen“ Horvatek in Schulangelegen- heiten ein gleiches Malheur paſſiert; er verwechſelte ebenfalls geſetzliche Beſtimmungen ... Ja, oft iſt es leichter Abgeordneter zu werden als ein Volks- vertreter zu ſein. ... Der Landtag beſchloß ſodann, den Landesaus- ſchuß zu beauftragen, in der nächſten Seſſion einen Geſetzentwurf betreffend die Errichtung einer obliga- toriſchen Elementarſchadensverſicherung vorzulegen. Eine längere Debatte entwickelte ſich über den Bericht des Eiſenbahnausſchuſſes betreffend die Aufnahme einer Eiſenbahnlinie von Feldbach nach Gleichenberg bis Radkersburg in das Eiſenbahnbau- programm und Subventionierung dieſer Bahnlinie. Der Referent verwies auf die Finanzlage des Landes, welche eine materielle Unterſtützung dieſes Bahnprojektes ſeitens des Landes ausſchließe, be- antragte jedoch behufs moraliſcher Unterſtützung des Bahnprojektes, der Landtag wolle beſchließen, die Regierung ſei aufzufordern, dieſes Bahnprojekt in Fortſetzung der angeſtrebten Eiſenbahnlinie Hartberg— Gleisdorf in das Eiſenbahnbauprogramm als normal- ſpurige Lokalbahn aufzunehmen. Bernhard von der Eiche. Roman von Baronin Gabriele von Schlippenbach. 14 (Nachdruck verboten.) „Ich danke dir.“ Es kam ſehr gepreßt von ihren Lippen. „O, bitte ſehr.“ Das war alles, was er entgegnete. Ein gewiſſes Etwas war in ihm wie erſtorben. Das, was er erwartet hatte, war von einem grauſamen Raureif geknickt, und es war doch die Frau, die er ſo heiß begehrt, ſo treu geliebt, die das über ihn brachte. Ihre weiße Hand hatte den Dolch gezückt, der allen ſeinen Hoffnungen auf Glück ein Ende bereitete. Sie zögerte eine Sekunde. Es war, als ob ſie ihm noch ein letztes gutes Wort ſagen möchte, aber er drängte zum Einſteigen, die Zeit war verpaßt. Der gellende Pfiff traf das Ohr des einſamen Mannes. Da ſtöhnte er auf und wandte ſich ſeinem Heim zu, das niemals dasjenige Hertas geweſen war. Vierzehn Tage ſpäter ſchrieb ſie ihm. „Ich bleibe in München. Ich kann nicht wieder in die engen Verhältniſſe zurückkehren, in denen ich mich nie wohl fühlte. Ich muß mich nach meiner Eigenart ausleben; hier werde ich es. Ich brauche dein Geld nicht, ich habe von meiner Tante, bei der ich vor der Hochzeit lebte, die Mittel zum Beſuch der Akademie vorge- ſtreckt erhalten. Ich hoffe, mein Können bewährt ſich und bricht mir die Bahn. Lebe wohl und vergiß mich. Unſere Ehe war ein Mißgriff für beide Teile. Herta.“ Der Mann, der dieſe wenigen Zeilen las, faltete das Briefblatt, und es ſchimmerte feucht in ſeinen Augen, dann ſchrieb er: „Ich wünſche dir Glück auf dem ſelbſtgewähl- ten Weg. Sollteſt du je enttäuſcht und flügellahm werden, ſo erwarte ich dich. Friedrich von Randen.“ — — — — — — — — — — — — — — Bernhard von der Eiche trat nach einem heißen Arbeitstage in ſeine Wohnung; er ſah erhitzt und müde aus. Seine Kleider, die er auf der Hütte trug, waren die eines Arbeiters, aus derben Stoffen angefertigt, man ſah ihnen an, daß ſie ſtark in Gebrauch geweſen waren. An den Füßen trug der erſte Aſſiſtent Schuhe aus ſtarkem Leder, die an der Sohle mit Nägeln beſchlagen waren. Es war dies notwendig, da ein feines Schuhwerk leicht durchgebrannt wäre; die glühenden Schlacken ſpritzten aus den Hochöfen und oft trugen die Kleider der Arbeiter Löcher davon. Meiſt arbeiteten die Leute bis zum Gürtel nackt, denn die Hitze war ſchier unerträglich. Bernhard war verſtimmt. Da war wieder einer der Arbeiter durch eigene Unvorſichtigkeit zu Scha- den gekommen. Es war ein junger Burſche, der Ernährer ſeiner alten Mutter. Er hatte böſe Brand- wunden davongetragen, man mußte ihn ins Kran- kenhaus der Hütte bringen. Viele Wochen würde es dauern, bis er wieder geſund würde. Solche Fälle kamen oft vor, aber jedesmal gingen ſie dem Aſſiſtenten der H.’ſchen Hochöfen nahe, denn er hatte ein warmes Herz für ſeine Arbeiter und beſaß ihre Liebe und ihr Vertrauen in nicht geringem Maße. Nachdem Bernhard die Kleider gewechſelt und ſich vom Staub der Hütte gereinigt hatte, trat er in ſein Schreibzimmer. ein Brief lag auf dem Tiſch; er trug am Kopf die Überſchrift der Generaldirektion der Rößlinger Hochöfen-Aktiengeſellſchaft. Rößlingen lag im Luxemburgiſchen und hatte ein rieſiges Hoch- ofenwerk, aber es war eine verfahrene Geſchichte. Die Erz- und Kohlenverhältniſſe lagen ungünſtig, das Volk war unangenehm und aufſäſſig. kurz, Rößlingen wechſelte fortwährend ſeine Angeſtellten. Bernhard war genau orientiert. Er wußte, daß es eine Herkulesarbeit war, das Werk hochzubringen und daß es bisher noch keinem geglückt war. Was wollte der Generaldirektor Müller von ihm? Wohl irgend eine Auskunft, eine Frage ge- ſchäftlicher Art? „Sehr geehrter Herr Baron“, ſo hieß es in dem Brief, „würden Sie geneigt ſein, die Stelle des Hochofenchefs in Rößlingen anzutreten und zwar ſchon in nächſter Zeit? Es dürfte Ihnen nicht un- bekannt ſein, daß das Werk eines der größten iſt. Wir haben acht Hochöfen, es werden noch zwei gebaut werden. Auch daß Rößlingen ein Aktien- unternehmen iſt, wird Ihnen nicht fremd ſein. Nun,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 156, Marburg, 30.12.1909, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger156_1909/1>, abgerufen am 28.03.2024.