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Marburger Zeitung. Nr. 48, Marburg, 22.04.1913.

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Nr. 48 Dienstag, 22. April 1913 52. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Die Pragmatische Sanktion.
(19. April 1713--1913.)

Ein denkwürdiges politisches Ereignis jährte
sich am 19. d. zum zweihundertstenmal. Am 19.
April 1713 hat der letzte Habsburgerkaiser Karl VI.
der keine männlichen Nachkommen hatte, die Prag-
matische Sanktion verkündet, womit er die Unteil-
barkeit der Erbländer des Hauses Habsburg fest-
gelegt und die Thronfolge für alle Zeiten geregelt
hat. Diese Proklamation erfolgte bereits ein Jahr
nach seinem Regierungsantritte. Der Sicherung und
Durchführung des vollzogenen Staatsaktes widmete
der Kaiser sodann sein ganzes Leben. Die Festsetzung
der Unteilbarkeit und Zusammengehörigkeit der öster-
reichischen und ungarischen Erbländer entsprach
den Prinzipien eines neuen Erbganges, den schon
Kaiser Karl V. in der Goldenen Bulle als
deutsches Fürstenrecht anerkannt hatte. Nun wurde
dieses Prinzip auch auf die Länder des Hauses
Habsburg angewendet und damit die Grundlage
für ein künftiges Reich geschaffen. Für die Verwirk-
lichung dieses Gedankens war eine feste Regelung
der Thronfolge unentbehrlich. Als Karl VI. deshalb
die in der Pragmatischen Sanktion enthaltene neue
Erbordnung erließ, die die bestehende Thronfolge-
regelung seit Kaiser Leopold I. nicht anzutasten
schien, war der letzte Habsburger, obwohl schon
sechs Jahre vermählt, noch ohne leibliche Nachkommen.
Erst als ihm vier Jahre nach Erlassung der Prag-
matischen Sanktion, die bestimmte, daß bei Nicht-
vorhandensein eines männlichen Anerben die
Töchter des "regierenden" Kaisers jenen seines
[Spaltenumbruch] Vorgängers in der Thronfolge voranzugehen
hätten, Töchter geboren wurden, kam der Staats-
akt Karls in Widerspruch mit dem Hausgesetze
Kaiser Leopold I.

Obwohl das Recht des Kaisers Karl, kraft
seiner kaiserlichen Machtvollkommenheit die Gesetze
seiner Vorgänger abzuändern, unanfechtbar war,
fühlte der Schöpfer der Pragmatischen Sanktion
doch, daß sein Werk in der Folge angegriffen
werden könnte. Er suchte es deshalb nach innen
und außen durch Verträge zu sichern. Er nahm
Zuflucht zu einer Vertragspolitik, die, soweit sie
das Ausland betraf, die erwarteten Vorteile nicht
gebracht hat, während die Vertragspolitik, durch
die er die Interessen der seinem Hause gehörenden
Königreiche und Länder mit dem dynastischen
Interesse verknüpfte, auf die Entwicklung des neuen
Österreich von Einfluß war. Die unter den größten
Opfern erkauften "Gewährleistungen" der Prag-
matischen Sanktion durch die europäischen Staaten
und Höfe mußten sich als hinfällig erweisen,
denn es liegt nicht im Wesen der äußeren Politik,
daß Übereinkünfte, selbst wenn sie sich bis zu einem
feierlichen Vertrage erheben, auch dann gehalten
werden, wenn aus dem Vertragsbruch für einen
der Vertragschließenden ein Vorteil erwachsen kann.
Dagegen trug die Vertragspolitik in den Erbländern
selbst Früchte.

Die bestehenden Rechte und Privilegien der
einzelnen Länder erfuhren eine neuerliche Bestätigung,
was besonders in der Folge für das ungarische und
kroatische Staatsrecht von höchster Wichtigkeit
wurde. Am kaiserlichen Hof fehlte es nicht an
[Spaltenumbruch] Bemühungen, zielbewußt an der Erziehung der
Volkskräfte zu einheitlicher Staatsliebe zu arbeiten.
Die nächsten Vollstrecker der Pragmatischen Sanktion
huldigten einem absolutistischen Zentralismus, dem
der glänzendste Vertreter dieses Prinzips Kaiser
Josef II. mit den Worten Ausdruck gab: "Alle
Provinzen der Monarchie sollen nur ein Ganzes
ausmachen, in allen die Kräfte des Volkes auf ein
gemeinsames Ziel -- Österreichs Macht -- gerichtet
sein". Die versuchte Verwirklichung dieser Grund-
sätze weckte aber allmählich den Widerstand in ein-
zelnen Provinzen. Im Kanonendonner der napo-
leonischen Kriege wurde auf Grundlage der Prag-
matischen Sanktion von dem Urenkel ihres Schöpfers,
Kaiser Franz, das Kaisertum Österreich ausgerufen,
um dessen Einrichtungen im 19. Jahrhundert die
politischen und nationalen Kämpfe in den beiden
Staaten des Hauses Habsburg entbrannten, die bis
heute noch keinen Abschluß gefunden haben.

Durch die in der Pragmatischen Sanktion aus-
gesprochene Unteilbarkeit und Unzertrennbarkeit wurde
das freie Spiel der Kräfte der Länder untereinander
nicht beeinf[l]ußt. Der Dualismus konnte ins Leben
gerufen werden. Die Kroaten durften ihr Staatsrecht
verkünden. An das dualistische Gefüge der Mon-
archie wurden Bosnien und Herzegowina angepaßt.
Der Ausgleich Ungarns mit Kroatien schuf eine
neue Staatenverbindung, die "staatliche Gemein-
schaft". Anderseits konnte das Verfassungsleben, ja
die Individualität einzelner Länder aufgehoben
werden, wie dies mit Siebenbürgen der Fall war.
Menschenwerk ist aber nie für die Ewigkeit; was
wird nach wieder 200 Jahren sein?




[Spaltenumbruch]
Aus dem Lande der slowenisch-
klerikalen Sehnsucht.

An der Spitze jener gewissenlosen Leute, welche
angesichts des gelungenen Massenüberfalles auf
die militärisch unvorbereitete Türkei die slowenische
Bevölkerung "serbisch" verhetzen, steht unsere
slowenisch-katholische Geistlichkeit, die sich
nach "serbischer Kultur" sehnt und -- trotz Ortho-
doxie -- diese Sehnsucht auf die armen, ihrer
"seelsorglichen" Fürsorge überantworteten Schäflein
zu übertragen sucht. Dieser für Serbien schwärmenden
und gegen die Deutschen und den Staat in sinn-
losem Haß hetzenden Geistlichkeit, die in ihrer
Verleumdungssucht österreichische Provinzen zu
"türkischen Wilajets" stempeln wollte, sei einmal
aus einem streng katholischen Blatte (der
Wochenschrift für homiletische Wissenschaft und
Praxis) ein "Kulturbild" aus dem Wilajet
Serbien
vorgehalten. Das, wie gesagt, katholische
mit "oberhirtlicher Genehmigung und Empfehlung"
erscheinende Blatt beschäftigt sich über eine Anfrage
aus Leserkreisen mit den "serbischen Priester-
verhältnissen"
und beleuchtet diese grell durch
folgende biographische Mitteilung über die serbischen
Bischöfe:

1. Demetrius, Metropolit und Erzbischaf
von Belgrad. Er ist 60 Jahre alt. Er hat
vier Gymnasialklassen absolviert und Theologie
studiert, war Pope in Lapovo und soll dort seine
[Spaltenumbruch] Frau so geschlagen haben, daß sie eine Frühgeburt
zur Welt brachte und daran starb. Demetrius
ging dann ins Kloster und ist nun der Metropolit
Serbiens.

2. Nikanor, Bischof von Nisch. Zählte
62 Jahre, war Dorfpope in Pocerina, und zwar
ein sehr schlechter Pope. Seine Pfarrkinder er-
tappten ihn beim Ehebruch, banden ihn an Händen
und Füßen und warfen ihn in ein Kukuruzfeld,
wo ihn der Pope Stefan befreite. Er ging nach
Rußland, vollendete die geistliche Akademie und
ist jetzt Bischof (Vladika). Eine Volksversammlung
klagte ihn wegen häßlicher Taten an.

3. Kornelius, der 1887 verstorbene Bischof
von Caca, war zu Szombor geboren und Finanzer
in der Bacska, ging dann nach Serbien und
wurde Iguman (Oberer) des Klosters Ravanica.
Er zahlte dem Kreisvorsteher Bogic 400 Dukaten
und wurde so im Jahre 1883 Bischof. Er hat
weder auf dem Gymnasium, noch Theologie studiert.
Als Bischof hatte er seine noch lebende Frau in
Sz. Lambor.

4. Melentius, Bischof von Krajna-Timok.
Er ist 49 Jahre alt, hat kein Gymnasium ge-
macht; war Schustergeselle in Valjevo, dann
Kutscher in Obrenovac und ist bekannt aus dem
skandalösen Buche "Pvrusent ideali" (Zerstörte
Ideale). Er wurde Mönch, bestahl das Kloster
Rakovica und floh mit dem Metropoliten Michael
nach Rußland. Als "Benevolus" vollendete er
[Spaltenumbruch] die geistliche Akademie, wurde Rektor der Theologie
in Prizren und ist jetzt Bischof.

5. Svana, Recanaz genannt, Bischof von
Cacak. Er zählt jetzt 73. Jahre und folgte
als Vladika dem Kornelius (s. 3.). Er ist des
Schreibens unkundig, unterzeichnet zur Not seinen
Namen, unterschreibt aber Sava, Sova, Sosa, Seva,
jedesmal anders. Als Mönch von Decan ging er
als Analphabet nach Rußland und vollendete als
"Benevolus" die geistliche Akademie.

6. Sergius, Bischof von Sacac. Ist 42
Jahre alt, vollendete in Rußland das Seminar und
die geistliche Akademie. Gymnasialbildung fehlt ihm.
Er war Religionslehrer an der Realschule, versuchte
als Supplent dreimal die Prüfung als Katechet
abzulegen, fiel aber jedesmal durch. Vom Supplenten
wurde er durch Protektion des Metropoliten De-
metrius im Jahre 1905 Bischof. Im Jahre 1908
verurteilte aber der Metropolit Demetrius seinen
Schützling zu sechs Monaten Kerker. Seines Amtes
enthoben, erduldete er die Strafe zum Ruhme Ser-
biens. Sergius ist des Lesens unkundig. Nach rus-
sischem Zeugnis ist er tauglich für den Orient.

7. Nikifor, Bischof von Rasa-Prizren. ein
Kollege des Bischofs Melentius. Er ist 49 Jahre
alt, Analphabet und besuchte weder ein Gymnasium,
noch eine Volksschule. Ist des Lesens und Schrei-
bens unkundig. Geboren ist er in Baranda im Banat.
Als Klosterknecht wurde er Mönch, ging nach Chal-
[ce]don und vollendete als "Benevolus" die Theologie.
Nachdem er Griechisch sprechen geler[n]t, wurde er


Marburger Zeitung.



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Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.

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11—12 Uhr und von 5—6 Uhr Edmund Schmidgaſſe 4.

Verwaltung: Edmund Schmidgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)


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und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h

Schluß für Einſchaltungen
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Die Einzelnummer koſtet 10 Heller




Nr. 48 Dienstag, 22. April 1913 52. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Die Pragmatiſche Sanktion.
(19. April 1713—1913.)

Ein denkwürdiges politiſches Ereignis jährte
ſich am 19. d. zum zweihundertſtenmal. Am 19.
April 1713 hat der letzte Habsburgerkaiſer Karl VI.
der keine männlichen Nachkommen hatte, die Prag-
matiſche Sanktion verkündet, womit er die Unteil-
barkeit der Erbländer des Hauſes Habsburg feſt-
gelegt und die Thronfolge für alle Zeiten geregelt
hat. Dieſe Proklamation erfolgte bereits ein Jahr
nach ſeinem Regierungsantritte. Der Sicherung und
Durchführung des vollzogenen Staatsaktes widmete
der Kaiſer ſodann ſein ganzes Leben. Die Feſtſetzung
der Unteilbarkeit und Zuſammengehörigkeit der öſter-
reichiſchen und ungariſchen Erbländer entſprach
den Prinzipien eines neuen Erbganges, den ſchon
Kaiſer Karl V. in der Goldenen Bulle als
deutſches Fürſtenrecht anerkannt hatte. Nun wurde
dieſes Prinzip auch auf die Länder des Hauſes
Habsburg angewendet und damit die Grundlage
für ein künftiges Reich geſchaffen. Für die Verwirk-
lichung dieſes Gedankens war eine feſte Regelung
der Thronfolge unentbehrlich. Als Karl VI. deshalb
die in der Pragmatiſchen Sanktion enthaltene neue
Erbordnung erließ, die die beſtehende Thronfolge-
regelung ſeit Kaiſer Leopold I. nicht anzutaſten
ſchien, war der letzte Habsburger, obwohl ſchon
ſechs Jahre vermählt, noch ohne leibliche Nachkommen.
Erſt als ihm vier Jahre nach Erlaſſung der Prag-
matiſchen Sanktion, die beſtimmte, daß bei Nicht-
vorhandenſein eines männlichen Anerben die
Töchter des „regierenden“ Kaiſers jenen ſeines
[Spaltenumbruch] Vorgängers in der Thronfolge voranzugehen
hätten, Töchter geboren wurden, kam der Staats-
akt Karls in Widerſpruch mit dem Hausgeſetze
Kaiſer Leopold I.

Obwohl das Recht des Kaiſers Karl, kraft
ſeiner kaiſerlichen Machtvollkommenheit die Geſetze
ſeiner Vorgänger abzuändern, unanfechtbar war,
fühlte der Schöpfer der Pragmatiſchen Sanktion
doch, daß ſein Werk in der Folge angegriffen
werden könnte. Er ſuchte es deshalb nach innen
und außen durch Verträge zu ſichern. Er nahm
Zuflucht zu einer Vertragspolitik, die, ſoweit ſie
das Ausland betraf, die erwarteten Vorteile nicht
gebracht hat, während die Vertragspolitik, durch
die er die Intereſſen der ſeinem Hauſe gehörenden
Königreiche und Länder mit dem dynaſtiſchen
Intereſſe verknüpfte, auf die Entwicklung des neuen
Öſterreich von Einfluß war. Die unter den größten
Opfern erkauften „Gewährleiſtungen“ der Prag-
matiſchen Sanktion durch die europäiſchen Staaten
und Höfe mußten ſich als hinfällig erweiſen,
denn es liegt nicht im Weſen der äußeren Politik,
daß Übereinkünfte, ſelbſt wenn ſie ſich bis zu einem
feierlichen Vertrage erheben, auch dann gehalten
werden, wenn aus dem Vertragsbruch für einen
der Vertragſchließenden ein Vorteil erwachſen kann.
Dagegen trug die Vertragspolitik in den Erbländern
ſelbſt Früchte.

Die beſtehenden Rechte und Privilegien der
einzelnen Länder erfuhren eine neuerliche Beſtätigung,
was beſonders in der Folge für das ungariſche und
kroatiſche Staatsrecht von höchſter Wichtigkeit
wurde. Am kaiſerlichen Hof fehlte es nicht an
[Spaltenumbruch] Bemühungen, zielbewußt an der Erziehung der
Volkskräfte zu einheitlicher Staatsliebe zu arbeiten.
Die nächſten Vollſtrecker der Pragmatiſchen Sanktion
huldigten einem abſolutiſtiſchen Zentralismus, dem
der glänzendſte Vertreter dieſes Prinzips Kaiſer
Joſef II. mit den Worten Ausdruck gab: „Alle
Provinzen der Monarchie ſollen nur ein Ganzes
ausmachen, in allen die Kräfte des Volkes auf ein
gemeinſames Ziel — Öſterreichs Macht — gerichtet
ſein“. Die verſuchte Verwirklichung dieſer Grund-
ſätze weckte aber allmählich den Widerſtand in ein-
zelnen Provinzen. Im Kanonendonner der napo-
leoniſchen Kriege wurde auf Grundlage der Prag-
matiſchen Sanktion von dem Urenkel ihres Schöpfers,
Kaiſer Franz, das Kaiſertum Öſterreich ausgerufen,
um deſſen Einrichtungen im 19. Jahrhundert die
politiſchen und nationalen Kämpfe in den beiden
Staaten des Hauſes Habsburg entbrannten, die bis
heute noch keinen Abſchluß gefunden haben.

Durch die in der Pragmatiſchen Sanktion aus-
geſprochene Unteilbarkeit und Unzertrennbarkeit wurde
das freie Spiel der Kräfte der Länder untereinander
nicht beeinf[l]ußt. Der Dualismus konnte ins Leben
gerufen werden. Die Kroaten durften ihr Staatsrecht
verkünden. An das dualiſtiſche Gefüge der Mon-
archie wurden Bosnien und Herzegowina angepaßt.
Der Ausgleich Ungarns mit Kroatien ſchuf eine
neue Staatenverbindung, die „ſtaatliche Gemein-
ſchaft“. Anderſeits konnte das Verfaſſungsleben, ja
die Individualität einzelner Länder aufgehoben
werden, wie dies mit Siebenbürgen der Fall war.
Menſchenwerk iſt aber nie für die Ewigkeit; was
wird nach wieder 200 Jahren ſein?




[Spaltenumbruch]
Aus dem Lande der ſloweniſch-
klerikalen Sehnſucht.

An der Spitze jener gewiſſenloſen Leute, welche
angeſichts des gelungenen Maſſenüberfalles auf
die militäriſch unvorbereitete Türkei die ſloweniſche
Bevölkerung „ſerbiſch“ verhetzen, ſteht unſere
ſloweniſch-katholiſche Geiſtlichkeit, die ſich
nach „ſerbiſcher Kultur“ ſehnt und — trotz Ortho-
doxie — dieſe Sehnſucht auf die armen, ihrer
„ſeelſorglichen“ Fürſorge überantworteten Schäflein
zu übertragen ſucht. Dieſer für Serbien ſchwärmenden
und gegen die Deutſchen und den Staat in ſinn-
loſem Haß hetzenden Geiſtlichkeit, die in ihrer
Verleumdungsſucht öſterreichiſche Provinzen zu
„türkiſchen Wilajets“ ſtempeln wollte, ſei einmal
aus einem ſtreng katholiſchen Blatte (der
Wochenſchrift für homiletiſche Wiſſenſchaft und
Praxis) ein „Kulturbild“ aus dem Wilajet
Serbien
vorgehalten. Das, wie geſagt, katholiſche
mit „oberhirtlicher Genehmigung und Empfehlung“
erſcheinende Blatt beſchäftigt ſich über eine Anfrage
aus Leſerkreiſen mit den „ſerbiſchen Prieſter-
verhältniſſen“
und beleuchtet dieſe grell durch
folgende biographiſche Mitteilung über die ſerbiſchen
Biſchöfe:

1. Demetrius, Metropolit und Erzbiſchaf
von Belgrad. Er iſt 60 Jahre alt. Er hat
vier Gymnaſialklaſſen abſolviert und Theologie
ſtudiert, war Pope in Lapovo und ſoll dort ſeine
[Spaltenumbruch] Frau ſo geſchlagen haben, daß ſie eine Frühgeburt
zur Welt brachte und daran ſtarb. Demetrius
ging dann ins Kloſter und iſt nun der Metropolit
Serbiens.

2. Nikanor, Biſchof von Niſch. Zählte
62 Jahre, war Dorfpope in Pocerina, und zwar
ein ſehr ſchlechter Pope. Seine Pfarrkinder er-
tappten ihn beim Ehebruch, banden ihn an Händen
und Füßen und warfen ihn in ein Kukuruzfeld,
wo ihn der Pope Stefan befreite. Er ging nach
Rußland, vollendete die geiſtliche Akademie und
iſt jetzt Biſchof (Vladika). Eine Volksverſammlung
klagte ihn wegen häßlicher Taten an.

3. Kornelius, der 1887 verſtorbene Biſchof
von Caca, war zu Szombor geboren und Finanzer
in der Bacska, ging dann nach Serbien und
wurde Iguman (Oberer) des Kloſters Ravanica.
Er zahlte dem Kreisvorſteher Bogic 400 Dukaten
und wurde ſo im Jahre 1883 Biſchof. Er hat
weder auf dem Gymnaſium, noch Theologie ſtudiert.
Als Biſchof hatte er ſeine noch lebende Frau in
Sz. Lambor.

4. Melentius, Biſchof von Krajna-Timok.
Er iſt 49 Jahre alt, hat kein Gymnaſium ge-
macht; war Schuſtergeſelle in Valjevo, dann
Kutſcher in Obrenovac und iſt bekannt aus dem
ſkandalöſen Buche „Pvruſent ideali“ (Zerſtörte
Ideale). Er wurde Mönch, beſtahl das Kloſter
Rakovica und floh mit dem Metropoliten Michael
nach Rußland. Als „Benevolus“ vollendete er
[Spaltenumbruch] die geiſtliche Akademie, wurde Rektor der Theologie
in Prizren und iſt jetzt Biſchof.

5. Svana, Recanaz genannt, Biſchof von
Cacak. Er zählt jetzt 73. Jahre und folgte
als Vladika dem Kornelius (ſ. 3.). Er iſt des
Schreibens unkundig, unterzeichnet zur Not ſeinen
Namen, unterſchreibt aber Sava, Sova, Soſa, Seva,
jedesmal anders. Als Mönch von Decan ging er
als Analphabet nach Rußland und vollendete als
„Benevolus“ die geiſtliche Akademie.

6. Sergius, Biſchof von Sacac. Iſt 42
Jahre alt, vollendete in Rußland das Seminar und
die geiſtliche Akademie. Gymnaſialbildung fehlt ihm.
Er war Religionslehrer an der Realſchule, verſuchte
als Supplent dreimal die Prüfung als Katechet
abzulegen, fiel aber jedesmal durch. Vom Supplenten
wurde er durch Protektion des Metropoliten De-
metrius im Jahre 1905 Biſchof. Im Jahre 1908
verurteilte aber der Metropolit Demetrius ſeinen
Schützling zu ſechs Monaten Kerker. Seines Amtes
enthoben, erduldete er die Strafe zum Ruhme Ser-
biens. Sergius iſt des Leſens unkundig. Nach ruſ-
ſiſchem Zeugnis iſt er tauglich für den Orient.

7. Nikifor, Biſchof von Raſa-Prizren. ein
Kollege des Biſchofs Melentius. Er iſt 49 Jahre
alt, Analphabet und beſuchte weder ein Gymnaſium,
noch eine Volksſchule. Iſt des Leſens und Schrei-
bens unkundig. Geboren iſt er in Baranda im Banat.
Als Kloſterknecht wurde er Mönch, ging nach Chal-
[ce]don und vollendete als „Benevolus“ die Theologie.
Nachdem er Griechiſch ſprechen geler[n]t, wurde er


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Im Kanonendonner der napo- leoniſchen Kriege wurde auf Grundlage der Prag- matiſchen Sanktion von dem Urenkel ihres Schöpfers, Kaiſer Franz, das Kaiſertum Öſterreich ausgerufen, um deſſen Einrichtungen im 19. Jahrhundert die politiſchen und nationalen Kämpfe in den beiden Staaten des Hauſes Habsburg entbrannten, die bis heute noch keinen Abſchluß gefunden haben. Durch die in der Pragmatiſchen Sanktion aus- geſprochene Unteilbarkeit und Unzertrennbarkeit wurde das freie Spiel der Kräfte der Länder untereinander nicht beeinflußt. Der Dualismus konnte ins Leben gerufen werden. Die Kroaten durften ihr Staatsrecht verkünden. An das dualiſtiſche Gefüge der Mon- archie wurden Bosnien und Herzegowina angepaßt. Der Ausgleich Ungarns mit Kroatien ſchuf eine neue Staatenverbindung, die „ſtaatliche Gemein- ſchaft“. Anderſeits konnte das Verfaſſungsleben, ja die Individualität einzelner Länder aufgehoben werden, wie dies mit Siebenbürgen der Fall war. 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Er iſt des Schreibens unkundig, unterzeichnet zur Not ſeinen Namen, unterſchreibt aber Sava, Sova, Soſa, Seva, jedesmal anders. Als Mönch von Decan ging er als Analphabet nach Rußland und vollendete als „Benevolus“ die geiſtliche Akademie. 6. Sergius, Biſchof von Sacac. Iſt 42 Jahre alt, vollendete in Rußland das Seminar und die geiſtliche Akademie. Gymnaſialbildung fehlt ihm. Er war Religionslehrer an der Realſchule, verſuchte als Supplent dreimal die Prüfung als Katechet abzulegen, fiel aber jedesmal durch. Vom Supplenten wurde er durch Protektion des Metropoliten De- metrius im Jahre 1905 Biſchof. Im Jahre 1908 verurteilte aber der Metropolit Demetrius ſeinen Schützling zu ſechs Monaten Kerker. Seines Amtes enthoben, erduldete er die Strafe zum Ruhme Ser- biens. Sergius iſt des Leſens unkundig. Nach ruſ- ſiſchem Zeugnis iſt er tauglich für den Orient. 7. Nikifor, Biſchof von Raſa-Prizren. ein Kollege des Biſchofs Melentius. Er iſt 49 Jahre alt, Analphabet und beſuchte weder ein Gymnaſium, noch eine Volksſchule. Iſt des Leſens und Schrei- bens unkundig. Geboren iſt er in Baranda im Banat. Als Kloſterknecht wurde er Mönch, ging nach Chal- cedon und vollendete als „Benevolus“ die Theologie. Nachdem er Griechiſch ſprechen gelernt, wurde er

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 48, Marburg, 22.04.1913, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger48_1913/1>, abgerufen am 28.03.2024.