Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 175. Köln, 22. Dezember 1848.

Bild:
erste Seite
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 175. Köln, Freitag den 22. Dezember. 1848.

Bestellungen auf die "Neue Rheinische Zeitung" für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die "N. Rh. Ztg." ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.

Die Gerantur der "Neuen Rheinischen Zeitung."

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Prozeß gegen Gottschalk und Genossen. -- Drigalski's Prozeß gegen die "N. Rh. Z.") Wesel. (Ein "schwarzweißes" Fest.) Aus dem Kreise Grevenbroich. (Hetzjagd auf Demokraten.) Meschede. (Gierse) Aus dem westphälischen Sauerlande. (Demokratenhetze.) Berlin. (Dr. Berend. -- Preuß. Reichstruppen nach Hamburg. -- Brandenburg-Manteuffel'sche Pläne in Betreff der Bürgerwehr. -- Verwendung von Staatsgeldern für Don Carlos. -- Kriminaluntersuchung gegen Temme. -- Ein Buchhändler von Konstablern gemißhandelt.) Wien. (Galgenstrafe -- Gefangene ohne Untersuchung. -- Lügen wegen Preßburg. -- Russen unter den Kroaten. -- Krieg zwischen Ministerium und Bank. -- Nichtbeeidigung des Militärs. -- Die Kniffe mit den Nationalitäten. -- Die ruthenische Nationalität. -- Von der ungarischen Gränze. -- Zwei Verurtheilungen. -- Krziwan's Hinrichtung. -- Militärisches. -- Kroaten-Einbruch.) Olmütz. (Die alten Künste Metternich's. -- Seine Kreaturen und Verbindungen.) Krakau. (Angeblicher Sieg über ein ungarisches Corps.) Prenzlau. (Ein pommersches Landwehrbataillon.) Frankfurt. (Die Prüfungs-Commission für den östreichisch-Gagern'schen Vorschlag. -- Gesetz-Entwurf über die Wahlen zum Volkshause. -- National-Versammlung).

Italien. Rom. (Provisorische Regierung. -- Absetzung des Papstes. -- Zucchi geflüchtet.) Turin. (Neues Ministerium.) Parma. (Oestreichische Schiffsbrücke über den Po.) Neapel. (Unterredung zwischen Temple und dem "gottbegnadeten" Ferdinand).

Französische Republik. Paris. (Vermischtes. -- National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Der britische Winterschlaf. -- Verurtheilung in Liverpool. -- Der franz. Ex-König als Kläger vor'm Polizeigericht.) Dublin. (Prozeß gegen Duffy).

Asien. Ostindien und China. (Die britischen Streitkräfte im Pendschab. -- Multan. -- Mulradsch -- Handelsnachrichten).

Aegypten. Alexandrien. (Abbas Pascha. -- Firman des türkischen Sultans. -- Einladung. -- Besuch bei Mehemet Ali. -- Die Beduinen in Suez. -- Regierungspläne. -- Baumwoll-Manufakturen. -- Handel).

Deutschland.
* Köln, 21. Dez.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Aus den Memoiren Caussidiere's.

Vom Monat April an funktionirte die Polizeipräfektur so ziemlich regelmäßig, ungeachtet der Uebelstände, welche mit ihrer neuen Stellung verbunden waren. Denn die Polizeipräfektur war auch eine geworden; auch sie war aus der Februar-Revolution hervorgegangen. Die Geschäfte wurden pünktlich und schnell expedirt, und zum Beweise führe ich nur an, daß innerhalb 3 Wochen über 8000 Naturalisationsgesuche bewilligt wurden, in Uebereinstimmung mit dem Dekrete über die allgemeinen Wahlen. Meine Agenten wandten mit großem Erfolge die Versöhnungsmittel an, die um so wirksamer sich zeigten, als ich die Mittel in Händen hatte, Strenge eintreten zu lassen, wo erstere nicht ausreichen sollten. Die Polizeikommissäre waren die einzigen, die sich nicht so ganz in das neue Regime zu fügen schienen, weniger aus gutem Willen, als aus Aengstlichkeit. Ich berief sie daher insgesammt zu mir; es war so gegen Ende April; von 48 stellten sich 45 ein.

Ich sprach mit ihnen in einer ruhigen Weise, wie das Genie der Republik es es mir eingab. Ich stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, eine unausgesetzte Wachsamkeit auszuüben, um das Volk vor den Aufreizungen seiner Feinde zu schützen. Ich zeigte ihnen, wie alle die Vernichtungs- und Verbrennungs-Pläne, welche die Bourgeoisie in beständiger Unruhe' erhielten, gar nicht im Sinne der Arbeiter lägen, und daß wir vor allen Dingen die Vormünder, nicht aber die Unterdrücker des Volkes sein müßten. Ich lud sie ferner ein, die Bourgeoisie darauf aufmerksam zu machen, daß sie ja vorsichtig und mäßig sein möchten in ihrer Sprache und ihren Manieren gegenüber dem Arbeiter. Ueberhaupt hatte meine Rede an die Polizeikommissäre keinen andern Zweck, als die Anwendung von Versöhnungsmitteln anzurathen, um die Gemüther der Tausende zu beruhigen, die das Jahre lange Unglück erbittert hatte gegen die privilegirte Klasse.

Von allen Seiten kamen mir Briefe zu, welche mich von der Wirksamkeit meiner Ermahnungen im Einzelnen überzeugten, ungeachtet aller geheimen Intriguen von Seiten des tugendhaften Odilon-Barrot, Bouchard's und Consorten. Was soll ich weiter sagen? Wen Odilon-Barrot treffen wollte, das war der Republikaner: wird dieser Mann es wagen können, noch fernerhin an die Volksgnade zu appelliren?

Der seit dem 25. Februar neu organisirte Dienst in der Polizeipräfektur hatte im Personal wenig Veränderungen erlitten; das Kabinet des Präfekten ist allein mit neuen Beamten besetzt worden. Dem Herrn Allard, der wegen seiner Geschicklichkeit in ganz Frankreich bekannt ist, wollte ich ein Kommissariat übertragen, wenn ich länger in der Präfektur geblieben wäre. Denn in diesen schwierigen Momenten hatte er die ganze Thatkraft seiner schönsten Tage wieder erlangt. Die Nützlichkeit seiner Sicherheits-Brigade kann nicht in Abrede gestellt werden. Vor dem Februar bestand diese Brigade, welche immer auf gewagte und für sie gefährliche Operationen ausging, aus höchstens 45 Personen; bei meinem Austritte aus meinen Funktionen als Polizeipräfekt belief sie sich auf das Doppelte dieser Zahl. Mit 100 thätigen Polizeiagenten und der nöthigen aus der Erfahrung hergeleiteten Polizei-Wissenschaft, ist es ein Leichtes, für die vollkommene Ruhe einer Stadt, wie Paris, zu sorgen.

Die Agenten der Sicherheits-Brigade müssen vor allen Dingen schlaue, gewandte Männer sein, die sich in alle mögliche Verkleidungen und Vermummungen zu schicken wissen. Ich habe Agenten unter mir gehabt, welche die Kunst des Verkleidens so weit zu treiben wußten, daß selbst ihre nächsten Verwandten sie nicht wieder zu erkennen im Stande waren. In Folge der beständigen Ausübung ihrer Funktionen, erlangen sie eine solche Geschicklichkeit, daß sie ihr Wild, wie die Spürhunde, wittern bei der bloßen Annäherung. Mit der Zeit macht ihnen eine mit Gefahr verbundene Arrestation eben so viel Spaß, als Andern eine Landpartie. Ihr Handwerk ist eben so sehr zu entschuldigen, als das des politischen Mouchard's verächtlich ist. Die Archive sind angefüllt von Berichten, die sie beständig bringen, und dabei einem die Hand so fest drücken, daß man versucht wäre, die ihrige einzuzwängen, wie in einem Schraubstocke.

Die politischen Agenten besuchen am fleißigsten den Saal der "pas perdus" in der Nationalversammlung. Einige unter ihnen sind dekorirt. Sie suchen beständig anzubinden mit den republikanischen Volksvertretern und sammeln sorgfältig die hingeworfenen Worte, welche für oder gegen die Regierung gesprochen werden. Sie drängten sich an mich heran mit der größten Unverschämtheit. Der unverschämteste von Allen aber war ein gewisser Carl Marchand, der bei Gelegenheit der Kammer-Invasion vom 15. Mai arretirt worden war und sich bei dieser Gelegenheit geradezu zu Herrn Cremieux führen ließ, der ihn natürlich wieder in Freiheit setzte, sobald er sich als Mouchard legitimirt hatte. Sein Tummelplatz war eben der Saal "des pas perdus", wo er sich in Unterredung einließ mit den Deputirten.

Eines Tages hielt er auch mich an. "Ah, ah, sagte ich ihm auf der Stelle, Sie sind Carl Marchand." -- "Ja wohl," erwiederte er mit der größten Ruhe.

"Sie haben die Nummer 580 (die Mouchards nämlich sind alle numerirt.) Machen Sie, daß Sie aus meinen Augen kommen."

Eines Tages wollte er sich auch an den Herrn Larochejaquelin heranmachen, um ihn auszuspioniren. Ich beeilte mich, Larochejaquelin vor dieser gefährlichen Bekanntschaft zu warnen. Unter Louis Philipp hatte Marchand seine Dienste dem damaligen Polizeipräfekten Delessert angeboten; er verlangte eine Million, um den Herzog von Bordeaux umzubringen. "Ich habe Erziehung genossen," schrieb er, "und habe etwas in meinem Wesen und Um-

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 175. Köln, Freitag den 22. Dezember. 1848.

Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.

Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Prozeß gegen Gottschalk und Genossen. — Drigalski's Prozeß gegen die „N. Rh. Z.“) Wesel. (Ein „schwarzweißes“ Fest.) Aus dem Kreise Grevenbroich. (Hetzjagd auf Demokraten.) Meschede. (Gierse) Aus dem westphälischen Sauerlande. (Demokratenhetze.) Berlin. (Dr. Berend. — Preuß. Reichstruppen nach Hamburg. — Brandenburg-Manteuffel'sche Pläne in Betreff der Bürgerwehr. — Verwendung von Staatsgeldern für Don Carlos. — Kriminaluntersuchung gegen Temme. — Ein Buchhändler von Konstablern gemißhandelt.) Wien. (Galgenstrafe — Gefangene ohne Untersuchung. — Lügen wegen Preßburg. — Russen unter den Kroaten. — Krieg zwischen Ministerium und Bank. — Nichtbeeidigung des Militärs. — Die Kniffe mit den Nationalitäten. — Die ruthenische Nationalität. — Von der ungarischen Gränze. — Zwei Verurtheilungen. — Krziwan's Hinrichtung. — Militärisches. — Kroaten-Einbruch.) Olmütz. (Die alten Künste Metternich's. — Seine Kreaturen und Verbindungen.) Krakau. (Angeblicher Sieg über ein ungarisches Corps.) Prenzlau. (Ein pommersches Landwehrbataillon.) Frankfurt. (Die Prüfungs-Commission für den östreichisch-Gagern'schen Vorschlag. — Gesetz-Entwurf über die Wahlen zum Volkshause. — National-Versammlung).

Italien. Rom. (Provisorische Regierung. — Absetzung des Papstes. — Zucchi geflüchtet.) Turin. (Neues Ministerium.) Parma. (Oestreichische Schiffsbrücke über den Po.) Neapel. (Unterredung zwischen Temple und dem „gottbegnadeten“ Ferdinand).

Französische Republik. Paris. (Vermischtes. — National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Der britische Winterschlaf. — Verurtheilung in Liverpool. — Der franz. Ex-König als Kläger vor'm Polizeigericht.) Dublin. (Prozeß gegen Duffy).

Asien. Ostindien und China. (Die britischen Streitkräfte im Pendschab. — Multan. — Mulradsch — Handelsnachrichten).

Aegypten. Alexandrien. (Abbas Pascha. — Firman des türkischen Sultans. — Einladung. — Besuch bei Mehemet Ali. — Die Beduinen in Suez. — Regierungspläne. — Baumwoll-Manufakturen. — Handel).

Deutschland.
* Köln, 21. Dez.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Aus den Memoiren Caussidiere's.

Vom Monat April an funktionirte die Polizeipräfektur so ziemlich regelmäßig, ungeachtet der Uebelstände, welche mit ihrer neuen Stellung verbunden waren. Denn die Polizeipräfektur war auch eine geworden; auch sie war aus der Februar-Revolution hervorgegangen. Die Geschäfte wurden pünktlich und schnell expedirt, und zum Beweise führe ich nur an, daß innerhalb 3 Wochen über 8000 Naturalisationsgesuche bewilligt wurden, in Uebereinstimmung mit dem Dekrete über die allgemeinen Wahlen. Meine Agenten wandten mit großem Erfolge die Versöhnungsmittel an, die um so wirksamer sich zeigten, als ich die Mittel in Händen hatte, Strenge eintreten zu lassen, wo erstere nicht ausreichen sollten. Die Polizeikommissäre waren die einzigen, die sich nicht so ganz in das neue Regime zu fügen schienen, weniger aus gutem Willen, als aus Aengstlichkeit. Ich berief sie daher insgesammt zu mir; es war so gegen Ende April; von 48 stellten sich 45 ein.

Ich sprach mit ihnen in einer ruhigen Weise, wie das Genie der Republik es es mir eingab. Ich stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, eine unausgesetzte Wachsamkeit auszuüben, um das Volk vor den Aufreizungen seiner Feinde zu schützen. Ich zeigte ihnen, wie alle die Vernichtungs- und Verbrennungs-Pläne, welche die Bourgeoisie in beständiger Unruhe' erhielten, gar nicht im Sinne der Arbeiter lägen, und daß wir vor allen Dingen die Vormünder, nicht aber die Unterdrücker des Volkes sein müßten. Ich lud sie ferner ein, die Bourgeoisie darauf aufmerksam zu machen, daß sie ja vorsichtig und mäßig sein möchten in ihrer Sprache und ihren Manieren gegenüber dem Arbeiter. Ueberhaupt hatte meine Rede an die Polizeikommissäre keinen andern Zweck, als die Anwendung von Versöhnungsmitteln anzurathen, um die Gemüther der Tausende zu beruhigen, die das Jahre lange Unglück erbittert hatte gegen die privilegirte Klasse.

Von allen Seiten kamen mir Briefe zu, welche mich von der Wirksamkeit meiner Ermahnungen im Einzelnen überzeugten, ungeachtet aller geheimen Intriguen von Seiten des tugendhaften Odilon-Barrot, Bouchard's und Consorten. Was soll ich weiter sagen? Wen Odilon-Barrot treffen wollte, das war der Republikaner: wird dieser Mann es wagen können, noch fernerhin an die Volksgnade zu appelliren?

Der seit dem 25. Februar neu organisirte Dienst in der Polizeipräfektur hatte im Personal wenig Veränderungen erlitten; das Kabinet des Präfekten ist allein mit neuen Beamten besetzt worden. Dem Herrn Allard, der wegen seiner Geschicklichkeit in ganz Frankreich bekannt ist, wollte ich ein Kommissariat übertragen, wenn ich länger in der Präfektur geblieben wäre. Denn in diesen schwierigen Momenten hatte er die ganze Thatkraft seiner schönsten Tage wieder erlangt. Die Nützlichkeit seiner Sicherheits-Brigade kann nicht in Abrede gestellt werden. Vor dem Februar bestand diese Brigade, welche immer auf gewagte und für sie gefährliche Operationen ausging, aus höchstens 45 Personen; bei meinem Austritte aus meinen Funktionen als Polizeipräfekt belief sie sich auf das Doppelte dieser Zahl. Mit 100 thätigen Polizeiagenten und der nöthigen aus der Erfahrung hergeleiteten Polizei-Wissenschaft, ist es ein Leichtes, für die vollkommene Ruhe einer Stadt, wie Paris, zu sorgen.

Die Agenten der Sicherheits-Brigade müssen vor allen Dingen schlaue, gewandte Männer sein, die sich in alle mögliche Verkleidungen und Vermummungen zu schicken wissen. Ich habe Agenten unter mir gehabt, welche die Kunst des Verkleidens so weit zu treiben wußten, daß selbst ihre nächsten Verwandten sie nicht wieder zu erkennen im Stande waren. In Folge der beständigen Ausübung ihrer Funktionen, erlangen sie eine solche Geschicklichkeit, daß sie ihr Wild, wie die Spürhunde, wittern bei der bloßen Annäherung. Mit der Zeit macht ihnen eine mit Gefahr verbundene Arrestation eben so viel Spaß, als Andern eine Landpartie. Ihr Handwerk ist eben so sehr zu entschuldigen, als das des politischen Mouchard's verächtlich ist. Die Archive sind angefüllt von Berichten, die sie beständig bringen, und dabei einem die Hand so fest drücken, daß man versucht wäre, die ihrige einzuzwängen, wie in einem Schraubstocke.

Die politischen Agenten besuchen am fleißigsten den Saal der „pas perdus“ in der Nationalversammlung. Einige unter ihnen sind dekorirt. Sie suchen beständig anzubinden mit den republikanischen Volksvertretern und sammeln sorgfältig die hingeworfenen Worte, welche für oder gegen die Regierung gesprochen werden. Sie drängten sich an mich heran mit der größten Unverschämtheit. Der unverschämteste von Allen aber war ein gewisser Carl Marchand, der bei Gelegenheit der Kammer-Invasion vom 15. Mai arretirt worden war und sich bei dieser Gelegenheit geradezu zu Herrn Cremieux führen ließ, der ihn natürlich wieder in Freiheit setzte, sobald er sich als Mouchard legitimirt hatte. Sein Tummelplatz war eben der Saal „des pas perdus“, wo er sich in Unterredung einließ mit den Deputirten.

Eines Tages hielt er auch mich an. „Ah, ah, sagte ich ihm auf der Stelle, Sie sind Carl Marchand.“ — „Ja wohl,“ erwiederte er mit der größten Ruhe.

„Sie haben die Nummer 580 (die Mouchards nämlich sind alle numerirt.) Machen Sie, daß Sie aus meinen Augen kommen.“

Eines Tages wollte er sich auch an den Herrn Larochejaquelin heranmachen, um ihn auszuspioniren. Ich beeilte mich, Larochejaquelin vor dieser gefährlichen Bekanntschaft zu warnen. Unter Louis Philipp hatte Marchand seine Dienste dem damaligen Polizeipräfekten Delessert angeboten; er verlangte eine Million, um den Herzog von Bordeaux umzubringen. „Ich habe Erziehung genossen,“ schrieb er, „und habe etwas in meinem Wesen und Um-

<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="0941"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>No 175. Köln, Freitag den 22. Dezember. 1848.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div type="jExpedition">
        <p>Bestellungen auf die &#x201E;Neue Rheinische Zeitung&#x201C; für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in <hi rendition="#b">Köln</hi> bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), <hi rendition="#b">auswärts</hi> bei allen Postanstalten Deutschlands.</p>
        <p>Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. <hi rendition="#g">Alexandre</hi>, Nr. 28 Brandgasse in <hi rendition="#g">Straßburg</hi>, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in <hi rendition="#g">Paris</hi>, so wie das k. Oberpostamt in <hi rendition="#g">Aachen</hi>; für England die HH. J. J. <hi rendition="#g">Ewer</hi> u. Comp., 72, Newgate Street in <hi rendition="#g">London</hi>; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in <hi rendition="#g">Lüttich</hi>.</p>
        <p>Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für <hi rendition="#g">Köln</hi> <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">7</hi> <hi rendition="#g">Sgr</hi>. <hi rendition="#b">6</hi> <hi rendition="#g">Pf</hi>., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">17</hi> Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.</p>
        <p>Die Redaktion bleibt unverändert.</p>
        <p> <hi rendition="#b">Die bisherigen Monatsgänge der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die &#x201E;N. Rh. Ztg.&#x201C; ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.</hi> </p>
        <p><hi rendition="#g">Inserate</hi>: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p>
        <p>Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.</p>
        <p> <hi rendition="#b">Die Gerantur der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung.&#x201C;</hi> </p>
      </div>
      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Prozeß gegen Gottschalk und Genossen. &#x2014; Drigalski's Prozeß gegen die &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C;) Wesel. (Ein &#x201E;schwarzweißes&#x201C; Fest.) Aus dem Kreise Grevenbroich. (Hetzjagd auf Demokraten.) Meschede. (Gierse) Aus dem westphälischen Sauerlande. (Demokratenhetze.) Berlin. (Dr. Berend. &#x2014; Preuß. Reichstruppen nach Hamburg. &#x2014; Brandenburg-Manteuffel'sche Pläne in Betreff der Bürgerwehr. &#x2014; Verwendung von Staatsgeldern für Don Carlos. &#x2014; Kriminaluntersuchung gegen Temme. &#x2014; Ein Buchhändler von Konstablern gemißhandelt.) Wien. (Galgenstrafe &#x2014; Gefangene ohne Untersuchung. &#x2014; Lügen wegen Preßburg. &#x2014; Russen unter den Kroaten. &#x2014; Krieg zwischen Ministerium und Bank. &#x2014; Nichtbeeidigung des Militärs. &#x2014; Die Kniffe mit den Nationalitäten. &#x2014; Die ruthenische Nationalität. &#x2014; Von der ungarischen Gränze. &#x2014; Zwei Verurtheilungen. &#x2014; Krziwan's Hinrichtung. &#x2014; Militärisches. &#x2014; Kroaten-Einbruch.) Olmütz. (Die alten Künste Metternich's. &#x2014; Seine Kreaturen und Verbindungen.) Krakau. (Angeblicher Sieg über ein ungarisches Corps.) Prenzlau. (Ein pommersches Landwehrbataillon.) Frankfurt. (Die Prüfungs-Commission für den östreichisch-Gagern'schen Vorschlag. &#x2014; Gesetz-Entwurf über die Wahlen zum Volkshause. &#x2014; <hi rendition="#g">National</hi>-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. (Provisorische Regierung. &#x2014; Absetzung des Papstes. &#x2014; Zucchi geflüchtet.) Turin. (Neues Ministerium.) Parma. (Oestreichische Schiffsbrücke über den Po.) Neapel. (Unterredung zwischen Temple und dem &#x201E;gottbegnadeten&#x201C; Ferdinand).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Paris. (Vermischtes. &#x2014; National-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Der britische Winterschlaf. &#x2014; Verurtheilung in Liverpool. &#x2014; Der franz. Ex-König als Kläger vor'm Polizeigericht.) Dublin. (Prozeß gegen Duffy).</p>
        <p><hi rendition="#g">Asien</hi>. Ostindien und China. (Die britischen Streitkräfte im Pendschab. &#x2014; Multan. &#x2014; Mulradsch &#x2014; Handelsnachrichten).</p>
        <p><hi rendition="#g">Aegypten</hi>. Alexandrien. (Abbas Pascha. &#x2014; Firman des türkischen Sultans. &#x2014; Einladung. &#x2014; Besuch bei Mehemet Ali. &#x2014; Die Beduinen in Suez. &#x2014; Regierungspläne. &#x2014; Baumwoll-Manufakturen. &#x2014; Handel).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar175_001_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Prozeß gegen Gottschalk und Genossen, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 21. Dez.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <div xml:id="ar175_002" type="jArticle">
          <head>Aus den Memoiren Caussidiere's.</head>
          <p>Vom Monat April an funktionirte die Polizeipräfektur so ziemlich regelmäßig, ungeachtet der Uebelstände, welche mit ihrer neuen Stellung verbunden waren. Denn die Polizeipräfektur war auch eine geworden; auch sie war aus der Februar-Revolution hervorgegangen. Die Geschäfte wurden pünktlich und schnell expedirt, und zum Beweise führe ich nur an, daß innerhalb 3 Wochen über 8000 Naturalisationsgesuche bewilligt wurden, in Uebereinstimmung mit dem Dekrete über die allgemeinen Wahlen. Meine Agenten wandten mit großem Erfolge die Versöhnungsmittel an, die um so wirksamer sich zeigten, als ich die Mittel in Händen hatte, Strenge eintreten zu lassen, wo erstere nicht ausreichen sollten. Die Polizeikommissäre waren die einzigen, die sich nicht so ganz in das neue Regime zu fügen schienen, weniger aus gutem Willen, als aus Aengstlichkeit. Ich berief sie daher insgesammt zu mir; es war so gegen Ende April; von 48 stellten sich 45 ein.</p>
          <p>Ich sprach mit ihnen in einer ruhigen Weise, wie das Genie der Republik es es mir eingab. Ich stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, eine unausgesetzte Wachsamkeit auszuüben, um das Volk vor den Aufreizungen seiner Feinde zu schützen. Ich zeigte ihnen, wie alle die Vernichtungs- und Verbrennungs-Pläne, welche die Bourgeoisie in beständiger Unruhe' erhielten, gar nicht im Sinne der Arbeiter lägen, und daß wir vor allen Dingen die Vormünder, nicht aber die Unterdrücker des Volkes sein müßten. Ich lud sie ferner ein, die Bourgeoisie darauf aufmerksam zu machen, daß sie ja vorsichtig und mäßig sein möchten in ihrer Sprache und ihren Manieren gegenüber dem Arbeiter. Ueberhaupt hatte meine Rede an die Polizeikommissäre keinen andern Zweck, als die Anwendung von Versöhnungsmitteln anzurathen, um die Gemüther der Tausende zu beruhigen, die das Jahre lange Unglück erbittert hatte gegen die privilegirte Klasse.</p>
          <p>Von allen Seiten kamen mir Briefe zu, welche mich von der Wirksamkeit meiner Ermahnungen im Einzelnen überzeugten, ungeachtet aller geheimen Intriguen von Seiten des tugendhaften Odilon-Barrot, Bouchard's und Consorten. Was soll ich weiter sagen? Wen Odilon-Barrot treffen wollte, das war der <hi rendition="#g">Republikaner</hi>: wird dieser Mann es wagen können, noch fernerhin an die Volksgnade zu appelliren?</p>
          <p>Der seit dem 25. Februar neu organisirte Dienst in der Polizeipräfektur hatte im Personal wenig Veränderungen erlitten; das Kabinet des Präfekten ist allein mit neuen Beamten besetzt worden. Dem Herrn Allard, der wegen seiner Geschicklichkeit in ganz Frankreich bekannt ist, wollte ich ein Kommissariat übertragen, wenn ich länger in der Präfektur geblieben wäre. Denn in diesen schwierigen Momenten hatte er die ganze Thatkraft seiner schönsten Tage wieder erlangt. Die Nützlichkeit seiner Sicherheits-Brigade kann nicht in Abrede gestellt werden. Vor dem Februar bestand diese Brigade, welche immer auf gewagte und für sie gefährliche Operationen ausging, aus höchstens 45 Personen; bei meinem Austritte aus meinen Funktionen als Polizeipräfekt belief sie sich auf das Doppelte dieser Zahl. Mit 100 thätigen Polizeiagenten und der nöthigen aus der Erfahrung hergeleiteten Polizei-Wissenschaft, ist es ein Leichtes, für die vollkommene Ruhe einer Stadt, wie Paris, zu sorgen.</p>
          <p>Die Agenten der Sicherheits-Brigade müssen vor allen Dingen schlaue, gewandte Männer sein, die sich in alle mögliche Verkleidungen und Vermummungen zu schicken wissen. Ich habe Agenten unter mir gehabt, welche die Kunst des Verkleidens so weit zu treiben wußten, daß selbst ihre nächsten Verwandten sie nicht wieder zu erkennen im Stande waren. In Folge der beständigen Ausübung ihrer Funktionen, erlangen sie eine solche Geschicklichkeit, daß sie ihr Wild, wie die Spürhunde, wittern bei der bloßen Annäherung. Mit der Zeit macht ihnen eine mit Gefahr verbundene Arrestation eben so viel Spaß, als Andern eine Landpartie. Ihr Handwerk ist eben so sehr zu entschuldigen, als das des politischen Mouchard's verächtlich ist. Die Archive sind angefüllt von Berichten, die sie beständig bringen, und dabei einem die Hand so fest drücken, daß man versucht wäre, die ihrige einzuzwängen, wie in einem Schraubstocke.</p>
          <p>Die politischen Agenten besuchen am fleißigsten den Saal der &#x201E;pas perdus&#x201C; in der Nationalversammlung. Einige unter ihnen sind dekorirt. Sie suchen beständig anzubinden mit den republikanischen Volksvertretern und sammeln sorgfältig die hingeworfenen Worte, welche für oder gegen die Regierung gesprochen werden. Sie drängten sich an mich heran mit der größten Unverschämtheit. Der unverschämteste von Allen aber war ein gewisser Carl Marchand, der bei Gelegenheit der Kammer-Invasion vom 15. Mai arretirt worden war und sich bei dieser Gelegenheit geradezu zu Herrn Cremieux führen ließ, der ihn natürlich wieder in Freiheit setzte, sobald er sich als Mouchard legitimirt hatte. Sein Tummelplatz war eben der Saal &#x201E;des pas perdus&#x201C;, wo er sich in Unterredung einließ mit den Deputirten.</p>
          <p>Eines Tages hielt er auch mich an. &#x201E;Ah, ah, sagte ich ihm auf der Stelle, Sie sind Carl Marchand.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja wohl,&#x201C; erwiederte er mit der größten Ruhe.</p>
          <p>&#x201E;Sie haben die Nummer 580 (die Mouchards nämlich sind alle numerirt.) Machen Sie, daß Sie aus meinen Augen kommen.&#x201C;</p>
          <p>Eines Tages wollte er sich auch an den Herrn Larochejaquelin heranmachen, um ihn auszuspioniren. Ich beeilte mich, Larochejaquelin vor dieser gefährlichen Bekanntschaft zu warnen. Unter Louis Philipp hatte Marchand seine Dienste dem damaligen Polizeipräfekten Delessert angeboten; er verlangte eine Million, um den Herzog von Bordeaux umzubringen. &#x201E;Ich habe Erziehung genossen,&#x201C; schrieb er, &#x201E;und habe etwas in meinem Wesen und Um-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0941/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 175. Köln, Freitag den 22. Dezember. 1848. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Prozeß gegen Gottschalk und Genossen. — Drigalski's Prozeß gegen die „N. Rh. Z.“) Wesel. (Ein „schwarzweißes“ Fest.) Aus dem Kreise Grevenbroich. (Hetzjagd auf Demokraten.) Meschede. (Gierse) Aus dem westphälischen Sauerlande. (Demokratenhetze.) Berlin. (Dr. Berend. — Preuß. Reichstruppen nach Hamburg. — Brandenburg-Manteuffel'sche Pläne in Betreff der Bürgerwehr. — Verwendung von Staatsgeldern für Don Carlos. — Kriminaluntersuchung gegen Temme. — Ein Buchhändler von Konstablern gemißhandelt.) Wien. (Galgenstrafe — Gefangene ohne Untersuchung. — Lügen wegen Preßburg. — Russen unter den Kroaten. — Krieg zwischen Ministerium und Bank. — Nichtbeeidigung des Militärs. — Die Kniffe mit den Nationalitäten. — Die ruthenische Nationalität. — Von der ungarischen Gränze. — Zwei Verurtheilungen. — Krziwan's Hinrichtung. — Militärisches. — Kroaten-Einbruch.) Olmütz. (Die alten Künste Metternich's. — Seine Kreaturen und Verbindungen.) Krakau. (Angeblicher Sieg über ein ungarisches Corps.) Prenzlau. (Ein pommersches Landwehrbataillon.) Frankfurt. (Die Prüfungs-Commission für den östreichisch-Gagern'schen Vorschlag. — Gesetz-Entwurf über die Wahlen zum Volkshause. — National-Versammlung). Italien. Rom. (Provisorische Regierung. — Absetzung des Papstes. — Zucchi geflüchtet.) Turin. (Neues Ministerium.) Parma. (Oestreichische Schiffsbrücke über den Po.) Neapel. (Unterredung zwischen Temple und dem „gottbegnadeten“ Ferdinand). Französische Republik. Paris. (Vermischtes. — National-Versammlung). Großbritannien. London. (Der britische Winterschlaf. — Verurtheilung in Liverpool. — Der franz. Ex-König als Kläger vor'm Polizeigericht.) Dublin. (Prozeß gegen Duffy). Asien. Ostindien und China. (Die britischen Streitkräfte im Pendschab. — Multan. — Mulradsch — Handelsnachrichten). Aegypten. Alexandrien. (Abbas Pascha. — Firman des türkischen Sultans. — Einladung. — Besuch bei Mehemet Ali. — Die Beduinen in Suez. — Regierungspläne. — Baumwoll-Manufakturen. — Handel). Deutschland. * Köln, 21. Dez. _ Aus den Memoiren Caussidiere's. Vom Monat April an funktionirte die Polizeipräfektur so ziemlich regelmäßig, ungeachtet der Uebelstände, welche mit ihrer neuen Stellung verbunden waren. Denn die Polizeipräfektur war auch eine geworden; auch sie war aus der Februar-Revolution hervorgegangen. Die Geschäfte wurden pünktlich und schnell expedirt, und zum Beweise führe ich nur an, daß innerhalb 3 Wochen über 8000 Naturalisationsgesuche bewilligt wurden, in Uebereinstimmung mit dem Dekrete über die allgemeinen Wahlen. Meine Agenten wandten mit großem Erfolge die Versöhnungsmittel an, die um so wirksamer sich zeigten, als ich die Mittel in Händen hatte, Strenge eintreten zu lassen, wo erstere nicht ausreichen sollten. Die Polizeikommissäre waren die einzigen, die sich nicht so ganz in das neue Regime zu fügen schienen, weniger aus gutem Willen, als aus Aengstlichkeit. Ich berief sie daher insgesammt zu mir; es war so gegen Ende April; von 48 stellten sich 45 ein. Ich sprach mit ihnen in einer ruhigen Weise, wie das Genie der Republik es es mir eingab. Ich stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, eine unausgesetzte Wachsamkeit auszuüben, um das Volk vor den Aufreizungen seiner Feinde zu schützen. Ich zeigte ihnen, wie alle die Vernichtungs- und Verbrennungs-Pläne, welche die Bourgeoisie in beständiger Unruhe' erhielten, gar nicht im Sinne der Arbeiter lägen, und daß wir vor allen Dingen die Vormünder, nicht aber die Unterdrücker des Volkes sein müßten. Ich lud sie ferner ein, die Bourgeoisie darauf aufmerksam zu machen, daß sie ja vorsichtig und mäßig sein möchten in ihrer Sprache und ihren Manieren gegenüber dem Arbeiter. Ueberhaupt hatte meine Rede an die Polizeikommissäre keinen andern Zweck, als die Anwendung von Versöhnungsmitteln anzurathen, um die Gemüther der Tausende zu beruhigen, die das Jahre lange Unglück erbittert hatte gegen die privilegirte Klasse. Von allen Seiten kamen mir Briefe zu, welche mich von der Wirksamkeit meiner Ermahnungen im Einzelnen überzeugten, ungeachtet aller geheimen Intriguen von Seiten des tugendhaften Odilon-Barrot, Bouchard's und Consorten. Was soll ich weiter sagen? Wen Odilon-Barrot treffen wollte, das war der Republikaner: wird dieser Mann es wagen können, noch fernerhin an die Volksgnade zu appelliren? Der seit dem 25. Februar neu organisirte Dienst in der Polizeipräfektur hatte im Personal wenig Veränderungen erlitten; das Kabinet des Präfekten ist allein mit neuen Beamten besetzt worden. Dem Herrn Allard, der wegen seiner Geschicklichkeit in ganz Frankreich bekannt ist, wollte ich ein Kommissariat übertragen, wenn ich länger in der Präfektur geblieben wäre. Denn in diesen schwierigen Momenten hatte er die ganze Thatkraft seiner schönsten Tage wieder erlangt. Die Nützlichkeit seiner Sicherheits-Brigade kann nicht in Abrede gestellt werden. Vor dem Februar bestand diese Brigade, welche immer auf gewagte und für sie gefährliche Operationen ausging, aus höchstens 45 Personen; bei meinem Austritte aus meinen Funktionen als Polizeipräfekt belief sie sich auf das Doppelte dieser Zahl. Mit 100 thätigen Polizeiagenten und der nöthigen aus der Erfahrung hergeleiteten Polizei-Wissenschaft, ist es ein Leichtes, für die vollkommene Ruhe einer Stadt, wie Paris, zu sorgen. Die Agenten der Sicherheits-Brigade müssen vor allen Dingen schlaue, gewandte Männer sein, die sich in alle mögliche Verkleidungen und Vermummungen zu schicken wissen. Ich habe Agenten unter mir gehabt, welche die Kunst des Verkleidens so weit zu treiben wußten, daß selbst ihre nächsten Verwandten sie nicht wieder zu erkennen im Stande waren. In Folge der beständigen Ausübung ihrer Funktionen, erlangen sie eine solche Geschicklichkeit, daß sie ihr Wild, wie die Spürhunde, wittern bei der bloßen Annäherung. Mit der Zeit macht ihnen eine mit Gefahr verbundene Arrestation eben so viel Spaß, als Andern eine Landpartie. Ihr Handwerk ist eben so sehr zu entschuldigen, als das des politischen Mouchard's verächtlich ist. Die Archive sind angefüllt von Berichten, die sie beständig bringen, und dabei einem die Hand so fest drücken, daß man versucht wäre, die ihrige einzuzwängen, wie in einem Schraubstocke. Die politischen Agenten besuchen am fleißigsten den Saal der „pas perdus“ in der Nationalversammlung. Einige unter ihnen sind dekorirt. Sie suchen beständig anzubinden mit den republikanischen Volksvertretern und sammeln sorgfältig die hingeworfenen Worte, welche für oder gegen die Regierung gesprochen werden. Sie drängten sich an mich heran mit der größten Unverschämtheit. Der unverschämteste von Allen aber war ein gewisser Carl Marchand, der bei Gelegenheit der Kammer-Invasion vom 15. Mai arretirt worden war und sich bei dieser Gelegenheit geradezu zu Herrn Cremieux führen ließ, der ihn natürlich wieder in Freiheit setzte, sobald er sich als Mouchard legitimirt hatte. Sein Tummelplatz war eben der Saal „des pas perdus“, wo er sich in Unterredung einließ mit den Deputirten. Eines Tages hielt er auch mich an. „Ah, ah, sagte ich ihm auf der Stelle, Sie sind Carl Marchand.“ — „Ja wohl,“ erwiederte er mit der größten Ruhe. „Sie haben die Nummer 580 (die Mouchards nämlich sind alle numerirt.) Machen Sie, daß Sie aus meinen Augen kommen.“ Eines Tages wollte er sich auch an den Herrn Larochejaquelin heranmachen, um ihn auszuspioniren. Ich beeilte mich, Larochejaquelin vor dieser gefährlichen Bekanntschaft zu warnen. Unter Louis Philipp hatte Marchand seine Dienste dem damaligen Polizeipräfekten Delessert angeboten; er verlangte eine Million, um den Herzog von Bordeaux umzubringen. „Ich habe Erziehung genossen,“ schrieb er, „und habe etwas in meinem Wesen und Um-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz175_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz175_1848/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 175. Köln, 22. Dezember 1848, S. 0941. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz175_1848/1>, abgerufen am 19.03.2024.