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Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

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der sich veredlen und vervollkommnen sollte, und der dazu in sich die herrlichsten Anlagen hat.

Man bedenke nächstdem, das Unkeuschheit mit der unvermeidlichen Zerrüttung der Gesundheit und folglich mit dem Verluste des größten Theils irdischer Freuden verbunden ist. Die Ausnahmen, die manchem hie und da bekannt seyn mögen, sind nur scheinbar; denn einmal läßt sichs aus der Einrichtung des menschlichen Körpers beweisen, daß die bei der unmäßigen Befriedigung des Wollusttriebes verschwendeten edleren Säfte nächst der Bestimmung, die sie in Hinsicht der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts haben, auch dazu dienen, die Stärke und Munterkeit des Körpers zu erhalten. Raubt man sie der Natur gewaltsam und im Uebermaaße, so stört man diese in der sorgfältigen Zubereitung derselben. Sie verrichtet ihr Geschäft unvollkommen, und dies zieht den Verfall das ganzen Gebäudes nach sich. Hingegen läßt es sich zweitens nicht beweisen, daß hie und da ein unmäßiger Wollüstling das Maaß an Gesundheit und Lebensdauer erreicht haben sollte, das er durch Enthaltsamkeit und Mäßigkeit erlangt haben würde. Freilich rächt sich Unkeuschheit nicht an allen in gleichem Maaße. Die

der sich veredlen und vervollkommnen sollte, und der dazu in sich die herrlichsten Anlagen hat.

Man bedenke nächstdem, das Unkeuschheit mit der unvermeidlichen Zerrüttung der Gesundheit und folglich mit dem Verluste des größten Theils irdischer Freuden verbunden ist. Die Ausnahmen, die manchem hie und da bekannt seyn mögen, sind nur scheinbar; denn einmal läßt sichs aus der Einrichtung des menschlichen Körpers beweisen, daß die bei der unmäßigen Befriedigung des Wollusttriebes verschwendeten edleren Säfte nächst der Bestimmung, die sie in Hinsicht der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts haben, auch dazu dienen, die Stärke und Munterkeit des Körpers zu erhalten. Raubt man sie der Natur gewaltsam und im Uebermaaße, so stört man diese in der sorgfältigen Zubereitung derselben. Sie verrichtet ihr Geschäft unvollkommen, und dies zieht den Verfall das ganzen Gebäudes nach sich. Hingegen läßt es sich zweitens nicht beweisen, daß hie und da ein unmäßiger Wollüstling das Maaß an Gesundheit und Lebensdauer erreicht haben sollte, das er durch Enthaltsamkeit und Mäßigkeit erlangt haben würde. Freilich rächt sich Unkeuschheit nicht an allen in gleichem Maaße. Die

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[20/0019] der sich veredlen und vervollkommnen sollte, und der dazu in sich die herrlichsten Anlagen hat. Man bedenke nächstdem, das Unkeuschheit mit der unvermeidlichen Zerrüttung der Gesundheit und folglich mit dem Verluste des größten Theils irdischer Freuden verbunden ist. Die Ausnahmen, die manchem hie und da bekannt seyn mögen, sind nur scheinbar; denn einmal läßt sichs aus der Einrichtung des menschlichen Körpers beweisen, daß die bei der unmäßigen Befriedigung des Wollusttriebes verschwendeten edleren Säfte nächst der Bestimmung, die sie in Hinsicht der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts haben, auch dazu dienen, die Stärke und Munterkeit des Körpers zu erhalten. Raubt man sie der Natur gewaltsam und im Uebermaaße, so stört man diese in der sorgfältigen Zubereitung derselben. Sie verrichtet ihr Geschäft unvollkommen, und dies zieht den Verfall das ganzen Gebäudes nach sich. Hingegen läßt es sich zweitens nicht beweisen, daß hie und da ein unmäßiger Wollüstling das Maaß an Gesundheit und Lebensdauer erreicht haben sollte, das er durch Enthaltsamkeit und Mäßigkeit erlangt haben würde. Freilich rächt sich Unkeuschheit nicht an allen in gleichem Maaße. Die

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Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/19>, abgerufen am 29.03.2024.