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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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15. Zykel.

Die gutherzige Albine hatte den ganzen
Tag vor dem Ehegemahl allen brennenden
Stoff (da die Vitriolnaphta seines Nervengei¬
stes schon von weitem Zornfeuer fieng) wegge¬
räumt, damit nichts ihre Lustschlösser in Brand¬
stätten der Freude umkehrte -- ja als Vorstadt
des abendlichen himmlischen Jerusalems hatte
Rabette ein vorbeiziehendes Orchester aus
Bergknappen ins Kabinet der Tafelstube ver¬
steckt -- und für Albano hatte Albine schon
eine heraldische Tracht ausgesonnen, worin er
ihm die Vokazion der Landschaft überreichen
sollte -- ach was hatte aber die Frau davon
als Flammen, die der eintretende Wehrfriz
auswarf, indeß er wie ein Kameel in seinem
Magen noch einen kalten langen Wasserstrahl
für das Anspritzen des Magisters aufhob? --

Albine, die wie die meisten Weiber, das
männliche Steinigen mit Gallensteinen für die
50 Pfd. Passirsteine nahm, die einem Passa¬
gier auf der Ehepost frei passiren, gab ihm
anfangs, wie immer, heiter Recht und verbarg
jede Zähre des Unmuths, weil kaltes Bespren¬

15. Zykel.

Die gutherzige Albine hatte den ganzen
Tag vor dem Ehegemahl allen brennenden
Stoff (da die Vitriolnaphta ſeines Nervengei¬
ſtes ſchon von weitem Zornfeuer fieng) wegge¬
räumt, damit nichts ihre Luſtſchlöſſer in Brand¬
ſtätten der Freude umkehrte — ja als Vorſtadt
des abendlichen himmliſchen Jeruſalems hatte
Rabette ein vorbeiziehendes Orcheſter aus
Bergknappen ins Kabinet der Tafelſtube ver¬
ſteckt — und für Albano hatte Albine ſchon
eine heraldiſche Tracht ausgeſonnen, worin er
ihm die Vokazion der Landſchaft überreichen
ſollte — ach was hatte aber die Frau davon
als Flammen, die der eintretende Wehrfriz
auswarf, indeß er wie ein Kameel in ſeinem
Magen noch einen kalten langen Waſſerſtrahl
für das Anſpritzen des Magiſters aufhob? —

Albine, die wie die meiſten Weiber, das
männliche Steinigen mit Gallenſteinen für die
50 Pfd. Paſſirſteine nahm, die einem Paſſa¬
gier auf der Ehepoſt frei paſſiren, gab ihm
anfangs, wie immer, heiter Recht und verbarg
jede Zähre des Unmuths, weil kaltes Beſpren¬

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[155/0175] 15. Zykel. Die gutherzige Albine hatte den ganzen Tag vor dem Ehegemahl allen brennenden Stoff (da die Vitriolnaphta ſeines Nervengei¬ ſtes ſchon von weitem Zornfeuer fieng) wegge¬ räumt, damit nichts ihre Luſtſchlöſſer in Brand¬ ſtätten der Freude umkehrte — ja als Vorſtadt des abendlichen himmliſchen Jeruſalems hatte Rabette ein vorbeiziehendes Orcheſter aus Bergknappen ins Kabinet der Tafelſtube ver¬ ſteckt — und für Albano hatte Albine ſchon eine heraldiſche Tracht ausgeſonnen, worin er ihm die Vokazion der Landſchaft überreichen ſollte — ach was hatte aber die Frau davon als Flammen, die der eintretende Wehrfriz auswarf, indeß er wie ein Kameel in ſeinem Magen noch einen kalten langen Waſſerſtrahl für das Anſpritzen des Magiſters aufhob? — Albine, die wie die meiſten Weiber, das männliche Steinigen mit Gallenſteinen für die 50 Pfd. Paſſirſteine nahm, die einem Paſſa¬ gier auf der Ehepoſt frei paſſiren, gab ihm anfangs, wie immer, heiter Recht und verbarg jede Zähre des Unmuths, weil kaltes Beſpren¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/175>, abgerufen am 28.03.2024.