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Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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fleißig horchen auf das, was lch dir jetzt sagen werde. -- Ich horch' schon!

Sag mir, Trude, wen hältst du für das nichtsnutzigste Wesen unter Gottes Sonne? -- Trude besann sich. -- Ich weiß nicht! sagte sie lächelnd. -- Ich werde dir's sagen: es ist ein Geizhals! er kömmt mir vor wie eine dicke Wand, welche die Sonne aufhält, daß sie gute Leute nicht erwärmen kann und selbst doch kalt bleibt! Der Sommer ist's! -- Trude schwieg. Martin maß noch immer mit gewaltigen Schritten die Stube. Dann blieb er wieder vor Truden stehen, welche ihm ängstlich mit den Blicken folgte. Hast du ihn gern, willst ihn heuern? -- Wen? -- Nun wen? den Sommer! -- Nein! lieber stürz' ich mich ins Wasser! -- Du wirst ihn aber doch heuern! Siehst du, Mädel, ich hab' gar nichts! Ich bin ein blutarmer Kerl, ich kann dich nicht heuern! -- Truden war das Weinen sehr nahe, aber sie bezwang es. Siehst du, wie schön das Leben wär', wenn wir reich wären! Wir kauften uns eine Wirthschaft und arbeiteten zusammen und wären glücklich, wenn's auch in Amerika wäre! Trude seufzte: Ja, wenn wir reich wären! -- Ich sag' dir aber, wir könnten reich werden! -- Wie denn? -- Wenn du nur wolltest! -- Ich? -- Ja, du! aber du mußt mir nicht mit deinem Gewissen kommen, das ist Altweibergerede! Wer gegen den Feind einmal gefeuert hat und zweimal sein Hab' und Gut geplündert -- der spricht anders. Hast du den Sommer gern? -- Nein, weil er mich

fleißig horchen auf das, was lch dir jetzt sagen werde. — Ich horch' schon!

Sag mir, Trude, wen hältst du für das nichtsnutzigste Wesen unter Gottes Sonne? — Trude besann sich. — Ich weiß nicht! sagte sie lächelnd. — Ich werde dir's sagen: es ist ein Geizhals! er kömmt mir vor wie eine dicke Wand, welche die Sonne aufhält, daß sie gute Leute nicht erwärmen kann und selbst doch kalt bleibt! Der Sommer ist's! — Trude schwieg. Martin maß noch immer mit gewaltigen Schritten die Stube. Dann blieb er wieder vor Truden stehen, welche ihm ängstlich mit den Blicken folgte. Hast du ihn gern, willst ihn heuern? — Wen? — Nun wen? den Sommer! — Nein! lieber stürz' ich mich ins Wasser! — Du wirst ihn aber doch heuern! Siehst du, Mädel, ich hab' gar nichts! Ich bin ein blutarmer Kerl, ich kann dich nicht heuern! — Truden war das Weinen sehr nahe, aber sie bezwang es. Siehst du, wie schön das Leben wär', wenn wir reich wären! Wir kauften uns eine Wirthschaft und arbeiteten zusammen und wären glücklich, wenn's auch in Amerika wäre! Trude seufzte: Ja, wenn wir reich wären! — Ich sag' dir aber, wir könnten reich werden! — Wie denn? — Wenn du nur wolltest! — Ich? — Ja, du! aber du mußt mir nicht mit deinem Gewissen kommen, das ist Altweibergerede! Wer gegen den Feind einmal gefeuert hat und zweimal sein Hab' und Gut geplündert — der spricht anders. Hast du den Sommer gern? — Nein, weil er mich

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[0041] fleißig horchen auf das, was lch dir jetzt sagen werde. — Ich horch' schon! Sag mir, Trude, wen hältst du für das nichtsnutzigste Wesen unter Gottes Sonne? — Trude besann sich. — Ich weiß nicht! sagte sie lächelnd. — Ich werde dir's sagen: es ist ein Geizhals! er kömmt mir vor wie eine dicke Wand, welche die Sonne aufhält, daß sie gute Leute nicht erwärmen kann und selbst doch kalt bleibt! Der Sommer ist's! — Trude schwieg. Martin maß noch immer mit gewaltigen Schritten die Stube. Dann blieb er wieder vor Truden stehen, welche ihm ängstlich mit den Blicken folgte. Hast du ihn gern, willst ihn heuern? — Wen? — Nun wen? den Sommer! — Nein! lieber stürz' ich mich ins Wasser! — Du wirst ihn aber doch heuern! Siehst du, Mädel, ich hab' gar nichts! Ich bin ein blutarmer Kerl, ich kann dich nicht heuern! — Truden war das Weinen sehr nahe, aber sie bezwang es. Siehst du, wie schön das Leben wär', wenn wir reich wären! Wir kauften uns eine Wirthschaft und arbeiteten zusammen und wären glücklich, wenn's auch in Amerika wäre! Trude seufzte: Ja, wenn wir reich wären! — Ich sag' dir aber, wir könnten reich werden! — Wie denn? — Wenn du nur wolltest! — Ich? — Ja, du! aber du mußt mir nicht mit deinem Gewissen kommen, das ist Altweibergerede! Wer gegen den Feind einmal gefeuert hat und zweimal sein Hab' und Gut geplündert — der spricht anders. Hast du den Sommer gern? — Nein, weil er mich

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:03:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:03:58Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reich_mammon_1910/41>, abgerufen am 18.04.2024.