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Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Es sind reiche Leute, und wir waren ebenso -- wir hatten unser Auskommen. -- Da stecke ich beide Hände in die Tasche und spreche: Das ist nicht schön, Pana Nikolaja, daß Sie so lachen. Mein Vater hat mir Nichts gegeben als den Zwanziger für den Jahrmarkt, den hab' ich für Sie hingeworfen, wie ein Fürst, wenn er seine zwanzig Dörfer nimmt und Ihnen so hinwirft -- haben Sie die Gnade also. -- Ich konnte nicht weiter -- mir kamen die hellen Thränen. So ein ganzer Tölpel, sag' ich Ihnen. Aber die Pana Nikolaja nimmt meine Sonne so mit beiden Händen an die Brust und sieht mich an. Ihre Augen waren so groß, so weit -- die ganze Welt schien mir nicht so weit -- und so tief! Es zog einen so hinein, und sie bat mich, mit ihren Augen bat sie mich, ihre Lippen zuckten nur so.

Da schrei' ich auf: O! was für ein Tölpel bin ich, Pana Nikolaja! Die Sonne möchte ich jetzt herunterreißen vom Himmel, Gottes wahrhaftige, lichte Sonne, und Ihnen zu Füßen legen, lachen Sie mich nur aus, lachen Sie. -- Da kommt ein polnischer Graf gefahren. Sechs Pferde hat er vorgespannt und sitzt auf dem Bock mit der Peitsche, fliegt nur so hin, sag' ich Ihnen, auf seiner Britschka, mitten durch den Jahrmarkt. Ein Unsinn! Fährt da so schnell. Das schreit nur, ein Jude kugelt sich am Boden, meine Senkows ergreifen die Flucht, nur Nikolaja steht starr, hebt nur die Hand gegen die Pferde, ich sie um den Leib und trage sie,

Es sind reiche Leute, und wir waren ebenso — wir hatten unser Auskommen. — Da stecke ich beide Hände in die Tasche und spreche: Das ist nicht schön, Pana Nikolaja, daß Sie so lachen. Mein Vater hat mir Nichts gegeben als den Zwanziger für den Jahrmarkt, den hab' ich für Sie hingeworfen, wie ein Fürst, wenn er seine zwanzig Dörfer nimmt und Ihnen so hinwirft — haben Sie die Gnade also. — Ich konnte nicht weiter — mir kamen die hellen Thränen. So ein ganzer Tölpel, sag' ich Ihnen. Aber die Pana Nikolaja nimmt meine Sonne so mit beiden Händen an die Brust und sieht mich an. Ihre Augen waren so groß, so weit — die ganze Welt schien mir nicht so weit — und so tief! Es zog einen so hinein, und sie bat mich, mit ihren Augen bat sie mich, ihre Lippen zuckten nur so.

Da schrei' ich auf: O! was für ein Tölpel bin ich, Pana Nikolaja! Die Sonne möchte ich jetzt herunterreißen vom Himmel, Gottes wahrhaftige, lichte Sonne, und Ihnen zu Füßen legen, lachen Sie mich nur aus, lachen Sie. — Da kommt ein polnischer Graf gefahren. Sechs Pferde hat er vorgespannt und sitzt auf dem Bock mit der Peitsche, fliegt nur so hin, sag' ich Ihnen, auf seiner Britschka, mitten durch den Jahrmarkt. Ein Unsinn! Fährt da so schnell. Das schreit nur, ein Jude kugelt sich am Boden, meine Senkows ergreifen die Flucht, nur Nikolaja steht starr, hebt nur die Hand gegen die Pferde, ich sie um den Leib und trage sie,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

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Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/33>, abgerufen am 16.04.2024.