Eine neue Volta'sche Säule von ungewöhnlicher Kraft.
*✝ Basel, 28 Dec. Bei dem immer wachsenden Interesse, welches in wissenschaftlichen und industriellen Kreisen an Allem dem gewonnen wird, was dahin zielt, die Volta'sche Elektricität für technische Zwecke, chemischer Art sowohl als mechanischer, in Anwendung zu bringen, dürfte es vielleicht passend und nützlich seyn, durch das Medium Ihres weit verbreiteten Blattes einige Notizen bekannt zu machen über eine neue Volta'sche Säule, welche ihrer außerordentlichen chemischen und magnetischen Wirkungen wegen von praktischer Wichtigkeit zu werden verspricht.
Die interessanteste Mittheilung, welche bei der dießjährigen Versammlung der brittischen Naturforscher in Birmingham (der chemischen Section) gemacht wurde, rührte von meinem Freunde Hrn. Grove aus Wordsworth her. Derselbe zeigte einen Volta'schen Apparat vor, der, obwohl nur einen Raum von wenigen Kubikzollen einschließend und aus vier kleinen Plattenpaaren von Platinzink bestehend, dennoch eine ungewöhnliche chemische Wirksamkeit besaß. Während meines neulichen Aufenthalts in London ließ ich mir bei dem bekannten Mechaniker Watkins in Charing-Croß eine Volta'sche Säule nach dem Grove'schen Princip construiren, in etwas größern Dimensionen jedoch, als sie die von mir in Birmingham gesehene Vorrichtung hatte. Mein Apparat ist zusammengesetzt aus fünf Plattenpaaren, jedes aus einem dünnen Platinblech von 8'' Länge und 2'' Breite, und aus einem amalgamirten Zinkstreifen von 14'' Länge und 2'' 9''' Breite bestehend. Diese Plattenpaare werden, wenn man die Säule in Thätigkeit setzen will, in einen kleinen Trog gestellt, in der Weise, daß jede Platinplatte in eine porose, mit gewöhnlicher Salpetersäure gefüllte Thonzelle von parallelipipedischer Form eintaucht. Jede dieser Zellen steht in einem eigenen im Trog befindlichen, ebenfalls zellenförmigen und mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure angefüllten Raum, und ist von einem Zinkstreifen umgeben, welcher mit der Platinplatte einer benachbarten Thonzelle communicirt. Der wirksame Theil des Apparats nimmt kaum 80 Kubikzoll, die ganze Vorrichtung nicht völlig einen Viertelkubikfuß ein – ein Volumen, das man sicherlich nicht groß nennen kann, und das sich noch leicht um die Hälfte vermindern ließe, ohne dadurch der Wirksamkeit der Vorrichtung Eintrag zu thun. Eine so beschaffene Säule nun liefert einen Strom, welcher, wenn durch schwefelsäurehaltiges Wasser von 1,3 spec. Gew. geleitet, in einer Stunde 900 Kubikzoll gemischten Gases (Knallgases) an den Elektrodon liefert, oder in jeder Minute 15 Zoll. Meines Wissens ist bis jetzt noch kein Apparat construirt worden, welcher selbst bei vielmal größern Dimensionen an chemischer Wirksamkeit dem in Rede stehenden gleich käme; ich zweifle sogar daran, ob die so berühmt gewordene Riesensäule der Royal Institution in London, welche bekanntlich aus 2000 Plattenpaaren bestand, die chemische Energie der meinigen besaß. Was aber die fragliche Vorrichtung noch besonders werthvoll für den Physiker macht, ist der Umstand, daß sie einen Strom von constanter Stärke liefert. Man war früher der Meinung, daß eine Säule von großer chemischer Wirksamkeit auch bedeutende physiologische Effecte hervorbringen müsse. Diese Ansicht wird durch meinen Apparat keineswegs bestätigt, denn wenn man denselben durch die Hände schließt, so wird auch nicht die geringste Erschütterung empfunden; während Säulen, die aus vielen Plattenpaaren bestehen und kaum einen Zoll Knallgas in der Minute entwickeln, heftige Schläge zu ertheilen vermögen. Was die Wärme-Effecte meines Apparats betrifft, so habe ich noch nicht Zeit gehabt, die Größe derselben genau zu bestimmen; allein aus dem Umstande, daß mittelst desselben Platindräthe von der Dicke einer gewöhnlichen Stricknadel in wenigen Secunden geschmolzen werden, daß in Kohlenstücken, die als Schließungsmittel dienen, ein für das Auge kaum erträglicher Lichtglanz hervorgebracht wird, muß ich schließen, daß die Wärmewirkungen meiner Säule ebenfalls ungewöhnlich groß sind.
Das Maximum des elektro-magnetischen Vermögens, das mein Apparat besitzt, habe ich ebenfalls noch nicht genau ermittelt, daß es aber von Bedeutung sey, erhellt aus dem Resultat eines einzigen Versuchs, den ich vor wenigen Tagen angestellt. Ein Stück weichen Eisens von 2' Länge und 5/4'' Dicke, in Hufeisenform gebogen und mit einer Spirale von Kupferdrath umgeben, trug 3 1/2 Centner, als ich durch letztere den Strom meiner Säule kreisen ließ. Dieses Gewicht drückt aber keineswegs das Maximum der Tragkraft des fraglichen Elektromagneten aus, denn letzterer hätte mit einer noch viel größern Last beschwert werden können, ehe der Anker abgerissen wäre; es fehlte mir aber im Augenblick des Versuchs weiteres Gewicht, um die Gränze des Ziehvermögens genau zu bestimmen.
Vergleicht man die Dimensionen meiner Säule mit den von ihr hervorgebrachten Wirkungen, so müssen letztere als außerordentlich groß erscheinen, und wird man die Ueberzeugung gewinnen, daß Volta'sche Apparate, nach der Grove'schen Weise construirt, allen andern vorzuziehen sind, sobald es sich nämlich darum handelt, in einem möglichst kleinen Raum eine möglichst große Kraft zu erzeugen.
Die bedeutende und constante Wirksamkeit des in Rede stehenden Apparats eröffnet überdieß die Aussicht, daß die Stärke des Elektromagnetismus bis zu jedem beliebigen Grade gesteigert, und somit derselbe als Bewegkraft im Großen angewendet werden könne. Was letztern Punkt betrifft, so ist freilich noch eine wichtige Frage zu entscheiden, nämlich diejenige der Oekonomie; denn alle über diesen Gegenstand bekannt gewordenen Daten sind noch zu vag und unzuverlässig, als daß darauf hin eine sichere Kostenvergleichung zwischen Dampf- und elektromagnetischer Kraft (für eine gegebene Oertlichkeit gültig) angestellt werden könnte.
Ohne Zweifel werden wir aber bald von einem Manne, der schon seit Jahren mit der Auflösung des Problems: die Volta'sche Elektricität der Mechanik dienstbar zu machen, mit so vielem Eifer sich beschäftigt, und welcher dieser wichtigen Aufgabe um so mehr gewachsen ist, als demselben durch kaiserliche Munificenz alle nur wünschbaren Mittel zur Verfügung gestellt sind – wir werden, sage ich, von dem scharfsinnigen und unermüdlichen Jacobi in St. Petersburg bald Aufschlüsse über die zweifache Frage erhalten: gestatten physikalische und ökonomische Gründe die Anwendung des Elektromagnetismus als Bewegkraft für technische Zwecke?
C. F. Schönbein.
Khiwa.
(Journal des Débats.) Neuere Ereignisse haben die öffentliche Aufmerksamkeit den Centralregionen des asiatischen Continents zugewendet, wo es Rußland gelungen, nach
zwei Jahrhunderten einer bewundernswürdigen Beharrlichkeit, seine Herrschaft über den größten Theil der dort umherziehenden Nomadenvölker festzustellen. Diese Völker, welche die ungeheure Ausdehnung ihrer Steppen und Wüsten sowohl, als die Umwälzungen der Zeiten mit einer Menge verschiedener Nationalitäten und Civilisationen in Berührung brachten, stammen sämmtlich von einer und derselben Race ab, obwohl sie nach den verschiedenen Wohnplätzen und in verschiedenen Zeiten auch verschiedene Namen tragen, als: Mongolen, Tataren, Kirgisen, Turkomanen, Usbeken. Vor Zeiten schreckten sie mehr als einmal die Welt durch den Glanz ihrer Eroberungen und blutigen Siege. China wurde zu wiederholtenmalen durch ihre Heere erobert, und aus dem Innersten ihrer Steppen stürzten sich Dschenghis-Khan, Timur und die Türken auf die Welt. Wie sehr aber haben jene Zeiten sich geändert! Samarkand, einst die Hauptstadt des Welteroberers Timur, ist jetzt nur noch die zweite Stadt des kleinen Reichs Bukhara. In Kaschgar, Yarkand und Khokhand herrschen die Chinesen. Von den Stämmen der großen Kirgisenhorde ist die Minderzahl noch unabhängig, die meisten aber wurden allmählich gezwungen, die Suzeränetät China's oder Rußlands anzuerkennen. Die Stämme der mittlern und die der kleinern Horde stehen fast alle unter dem Protectorat des St. Petersburger Cabinets, und jetzt hat Rußland, nicht nur um Insulten zu rächen, die leider nur zu wahr sind, sondern auch um „in jenem Theil von Asien den legitimen Einfluß zu befestigen, auf den es ein Recht hat“ die Stämme der Kirgisen gegen die von Khiwa bewaffnet; denn es scheint uns außer Zweifel, daß die ungeheure Mehrzahl des vom General Perowski befehligten Armeecorps aus kirgisischen Reitern besteht.
Das Khanat Khiwa ist, obwohl unfern von Persien und Europa gelegen, eines der wenigst bekannten Länder Asiens. Außer O'Connolly, welcher etwa hundert Meilen an der Küste des kaspischen Meeres hinreiste, kennen wir nur Murawieff und einige russische Agenten, welche in dieses Land eingedrungen sind; auch wissen wir von ihrer Reise nichts, als höchstens einige allgemeine Resultate. Selbst die Gränzen dieses Staates, der von Wüsten und unaufhörlich ihre Wohnplätze ändernden Nomadenvölkern umgeben ist, sind sehr schwer festzustellen. Gegen Norden stößt derselbe an das Südende des Isthmus, welcher den Aralsee vom kaspischen Meer trennt, und an die Wohnplätze der Kirgisenstämme, von denen einige seine Suzeränetät anerkennen. Im Osten ist Khiwa von der Bucharei durch Wüsten getrennt, welche der Oxus durchströmt. Am Süden liegt die Kette des Attok, dessen Hirtenstämme theils unabhängig, theils dem Khan von Khiwa oder dem Schah von Persien unterworfen sind. Im Westen bildet das kaspische Meer die deutlichste Gränze des Khanats Khiwa.
Ueberall gewahrt man in diesem Land unvertilgbare Spuren furchtbarer Revolutionen der Natur, und besonders eines langen Verweilens der Gewässer des Meeres. Ein Theil besteht aus ganz sterilem Sandboden, welcher so sehr mit Seesalz geschwängert ist, daß er die Ausdünstungen der Erde ganz einsaugt, so daß die Atmosphäre in den Sommernächten unerfrischt bleibt. An andern Punkten bringt die Wüste Kräuter hervor, die aber so herb sind, daß nur Kamele sich damit nähren können. Das Wasser von sehr vielen Quellen und Brunnen ist salzig und nicht trinkbar. Gebirge scheint es im Innern des Landes nicht zu geben. Die Kirgisen im Norden nennen es die „Niederebene,“ um es von dem Ust-Urt (dem Hochland), welches den Aral- und den kaspischen See trennt, zu unterscheiden. Der südliche Rand dieses Hochlands, welchen die Eingebornen Tschink nennen, zeigt zwischen den beiden Seen an der Nordgränze von Khiwa eine äußerst seltsame Form. Er gleicht einer ungeheuren Terrasse, welche an manchen Stellen sich 500 Fuß über der Ebene erhebt, ein langer Felsengürtel, den einst die Wogen des Meeres peitschten und so schroff abschliffen, daß nach dem Bericht des Generalmajors Berg, welcher im Jahr 1825 den topographischen Plan jenes Isthmus entwarf, ein Fußgänger nicht ohne die größten Gefahren hinabsteigen kann. Ueberdieß sind die Pässe, durch welche man Pferde und Kamele führen kann, dort sehr selten, vielleicht sind sie vor alten Zeiten durch Menschenhand gebahnt worden. Am Fuße dieser Terrasse findet man auffallenderweise eine Menge Süßwasserquellen. Die Kirgisen sagen, daß im Süden des Tschink während des Sommers eine unerträgliche Hitze herrsche, obwohl auch in ihrem Land der Thermometer in den Monaten Julius und August auf 50° Réaumur in der Sonne und auf 34° im Schatten steigt. Ueber die Temperatur Khiwa's während des Winters fehlen uns Nachrichten, wir wissen nur, daß der Aralsee fast jeden Winter zugefriert, und daß auf dem Hochland Ust-Urt der Thermometer manchmal auf 30° Réaumur unter Null fällt.
Khiwa hätte weder Städte noch Ackerland, wenn es nicht auf seiner Ostseite von dem Amu-Deria (dem Oxus der Alten) durchströmt wäre, dessen Bett eine Naturrevolution nach dem Aralsee leitete, während er früher in das kaspische Meer sich ergoß. Die äußerst fruchtbaren Ufer dieses Stroms werden von Tadschiks, einer Bevölkerung von Besiegten und Sklaven, welche die Nomaden allen ihren Nachbarn abnehmen, cultivirt, und beleben den Handel einiger Städte, die auf der großen Straße von Bukhara nach Europa liegen. Urghendi, die bedeutendste dieser Städte, wo nur Handelsleute, Bukharen, Afghanen und sogar, wie es heißt, Hindus und Armenier wohnen, soll eine Bevölkerung von 12,000 Seelen haben. Man darf daher nicht glauben, daß die Besitznahme der Ufer des Oxus und der dortigen Städte nothwendigerweise die Unterwerfung des Landes nach sich ziehen müsse; es wäre jene Besetzung ein für die kriegerische Bevölkerung der Wüste kaum fühlbarer Schlag, und eine solche Eroberung würde keine größern Resultate gewähren, als die Einnahme Maskara's in Algerien. Die Gesammtbevölkerung dieses von der Natur wenig begünstigten Landes ist sehr unbedeutend; der berühmte englische Reisende Alexander Burnes schätzt sie auf nicht mehr als 200,000 Seelen, welche über einen Flächenraum von wenigstens 1200 Quadratlieues verbreitet sind.
Man wird begreifen, daß eine Nomadenbevölkerung, welche in kleinen Abtheilungen von einigen Familien über einen so bedeutenden Flächenraum zerstreut wohnt, stets unter vielen Häuptlingen leben mußte, welche die Herrschsucht und der erbliche Haß, der in diesen Hirtenfamilien sich durch alle Generationen fortzeugt, zu ewigen Feinden untereinander macht. Die Perser gaben den turkomanischen Stämmen, um ihren anarchischen Zustand zu bezeichnen, den Namen Yuz-Begs (die hundert Beys oder Häuptlinge), den wir in „Usbeken“ verdorben haben. Neben der Viehzucht ist Krieg und Raub die Hauptbeschäftigung der Khiwaer Stämme, wie der Nomadenvölker Afrika's, Arabiens und Centralasiens. Doch muß man gestehen, daß die Turkomanen sich auf den Namen Räuber ein ganz besonderes Vorrecht erworben haben. Mit den Kirgisen, welche sie als Ungläubige behandeln, weil sie Rußlands Suzeränetät anerkannt haben, führen sie beständigen Krieg, machen Einfälle (Tschippaos) auf ihr Gebiet, verbrennen die Zelte, plündern die Heerden, schleppen Männer und
Frauen mit fort, welche sie entweder zu Sklaven machen oder an die Bukharen und Perser verkaufen, trotz der Verträge, welche Rußland mit den Regierungen dieser Staaten eingegangen, um den Verkauf russischer Unterthanen zu hindern. Die Perser haben mehr noch als die Russen von den Räubereien ihrer gefährlichen Nachbarn zu leiden. Als Schiiten werden die Perser von den sunnitischen Turkomanen verachtet und gehaßt; häufig brennen die Turkomanen persische Dörfer nieder, schleppen die Familien fort und verschwinden mit ihrer Beute, ehe man Zeit hat, sie zu verfolgen. In den stürmischen Jahren, welche der Thronbesteigung der Dynastie Kadschar vorangingen, dehnten die Turkomanen ihre Raubzüge bis in die Gegend von Ispahan aus. Bei diesen abenteuerlichen Zügen begünstigt sie eine Pferderace, welche, was das Ertragen der Beschwerden, des Hungers und Durstes anbelangt, die trefflichste der Welt ist. Um ein Begriff zu geben von dem, was sich mit diesen Thieren anfangen läßt, führen wir nur die Bemerkung von Burnes an, der sich nicht scheut zu versichern, daß turkomanische Pferde 600 englische Meilen innerhalb sechs Tagen zurücklegten und dabei noch die nöthigen Lebensmittel für sich und ihre Reiter trugen.
Rußlands Beschwerden gegen diese Völker, welche nun der Krieg rächen soll, sind gewiß sehr gegründet. Da aber der Anlaß zu diesen Beschwerden schon seit langer Zeit besteht, ohne daß Rußland zum Krieg schritt, so darf man annehmen, daß unter dieser jetzt begonnenen Expedition sich politische Motive bergen. Wir unsererseits glauben, daß die Absicht des St. Petersburger Cabinets bei diesem Krieg ist, dem moralischen Einfluß, welchen England der Einzug seiner siegreichen Armee in Kabul gab, das Gegengewicht zu halten. Letzteres Ereigniß wurde von der persischen Regierung so sehr gefürchtet, daß Hr. Fraser, welcher 1834 sich in Khorasan in Abbas Mirza's Lager befand, damals auf das bloße Gerücht des Uebergangs einer englischen Armee über den Indus, um Schah Schudscha wieder auf den Thron von Afghanistan zu setzen, beinahe als Kriegsgefangener zurückgehalten worden wäre. In Rußlands Interesse liegt es nun, seinerseits einen Beweis seiner Stärke zu geben, wenn es den Einfluß, dessen es in Teheran genießt, nicht geschwächt sehen will. Gewiß wäre die Niederlage der so gefürchteten Stämme von Khiwa ein Ereigniß, welches in der Meinung der Perser und Bucharen Rußlands Macht bedeutend erhöhen würde.
Kann aber Rußland in Khiwa einen nachdrücklichen Krieg führen? Dieß ist noch eine Frage. Im Jahr 1819 landete Hr. Murawieff, der mit einer Botschaft an den Khan von Khiwa beauftragt war, an den Ufern des kaspischen Meeres mit einer Colonne von etwa 1500 Mann, welche bei seiner Rückkehr durch Hunger, Durst und Krankheiten auf fast ein Viertheil sich vermindert sahen, ohne daß sie auf ernste Feindseligkeiten gestoßen waren. Diese Straße ist also nicht prakticabel, und die Nachrichten, welche uns den Aufbruch des Generals Perowski von Orenburg meldeten, sagen wenigstens, daß die Expedition einen andern Weg verfolgen wird. Wir wollen hier nicht in eine Untersuchung der äußerst bedeutenden Schwierigkeiten eingehen, welche die Expedition bereits von der russischen Gränze, nämlich von Orenburg an bis zur Nordgränze von Khiwa erwarten. Wir verweisen die, welche für diesen Gegenstand sich interessiren, auf das Werk des Barons von Meyendorff, der bekanntlich eine russische Mission nach Bukhara vollzog, und auf das kostbare, aus dem Russischen übersetzte Werk, welches Hr. Charrière in diesem Augenblick herausgibt unter dem Titel: „Beschreibung der Kirgis-Kaisaken.“ Den deutschen Journalen, welche anzeigten, der Abmarsch der vom General Perowski befehligten Truppen habe im December stattgefunden, bemerken wir, daß um diese Zeit die ganze Region, welche die Expeditionsarmee zu durchziehen hatte, unter einer mehrere Fuß tiefen Schneedecke begraben seyn mußte. Den Blättern, welche diesen Zwangsmarsch der Nothwendigkeit zuschreiben, daß die Russen in Khiwa eintreffen müßten, ehe die Engländer dorthin Truppen schicken könnten, bemerken wir, daß die Engländer in Kabul dreihundert (?) Lieues von Khiwa entfernt und durch die Engpässe des Paropamisus und Hindu-Kusch, durch Wüsten, Ströme und Gebirge getrennt sind. Es ist gar nicht wahrscheinlich, daß sich die Russen in einen solchen Zug im Winter einlassen werden nach der traurigen Erfahrung, die ihnen gelehrt hat, wie theuer dergleichen abenteuerliche Expeditionen selbst während der schönen Jahreszeit zu stehen kommen. Wir warten also weitere Nachrichten ab, ehe wir an ernste Bewegungen glauben. Das Journal des Débats ist hier mehrfach im Irrthum. Nicht die deutschen, sondern die St. Petersburger officiellen Blätter meldeten unterm 27 Dec. den am 1 Dec. erfolgten Abmarsch des Generals Perowski von Orenburg aus. Spätere Berichte sagten ausdrücklich, daß die Expedition schon vier Tagmärsche in der Kirgisensteppe zurückgelegt habe.
Emigrationscommittee in London.
** London, 1 Jan. Die Colonialangelegenheiten nehmen mehr und mehr den Rang ein, den ihnen ihre Wichtigkeit längst hätte anweisen sollen, und daß Lord Russell dieses Ministerium annahm, war schon ein deutliches Zeichen, daß sich die Wahrheit darüber auch dem Ministerium aufgedrängt hat. Die große Theuerung, welche gegenwärtig herrscht, hat das Ihrige dazu beigetragen, und die zahllosen Emigrationsgesellschaften, welche sich in allen Theilen von Großbritannien gebildet haben, sind ein zu deutliches Zeichen der Zeit, als daß es hätte vernachlässigt werden können. Das alle Erwartung übersteigende Gelingen des Versuchs, eine Colonie durch den bloßen Verkauf der Kronländereien zu stiften, der in Südaustralien gemacht worden ist, das Bedürfniß von Arbeitern in Westindien und Guiana, die Nothwendigkeit, das englische Interesse in Canada durch zunehmende Emigration zu befestigen, und der Andrang von Auswanderern nach Neuseeland, verbunden mit dem Preis der Arbeit in England, welcher unter alle natürlichen Gränzen gefallen ist – Alles zusammen zeigt unwiderstehlich an, daß der Instinct der Nation das Hülfsmittel gefunden hat, das sie von ihrer Noth befreien wird. Die vom Parlament eingesetzte Commission für Colonisation von Südaustralien ist aufgelöst, und eine allgemeine Emigrationscommittee von drei Mitgliedern ernannt worden, welche den Verkauf von Kronländereien und die mit dem Ertrag zu bewerkstelligende Emigration von Arbeitern in allen englischen Colonien in Ausführung zu bringen hat. Alle bisherigen Systeme von unentgeltlicher Anweisung von Kronländereien, von ihrer Vergebung anstatt Militärpensionen, von Versteigerung derselben, von Verkauf an Landcompagnien u. s. w. sind aufgegeben, und die neue Committee hat das Wakefield'sche Princip von Verkauf zu einem fixen und unveränderlichen Preis überall und gleichförmig anzuwenden, wie es bis jetzt nur in Südaustralien angewendet worden ist. Die Resultate, die es dort hervorgebracht hat, sind bewundernswerth: in weniger als dritthalb Jahren haben sich auf der wüsten Küste dort über 9000 Personen niedergelassen, eine Hauptstadt mit über 1000 Häusern und zwei Häfen gebaut, über 100,000 Schafe und gegen 10,000 Stück
Hornvieh eingeführt; in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres sind 99 Schiffe im Hafen Adelaide eingelaufen und während derselben Zeit 132,000 Pf. St. an den Emigrationsfond in London bezahlt worden, welche zum Transport von 6000 neuen Emigranten dienen werden. Das englische Capital, das in der Colonie seine Anwendung gefunden hat, übersteigt 1 Million Pf. St., und die Schiffe, welche Emigranten und Waaren dorthin bringen, fangen an, Ladungen von Wolle und Wallfischöl zurückzubringen. Man hatte gefürchtet, daß das ungeheure Steigen der Preise des Landes in der Stadt Adelaide und in den Häfen, verbunden mit der großen Theuerung der Lebensmittel und der Handarbeit, eine Reaction nach sich bringen werde, welche plötzlich den Zufluß weiteren Capitals hemmen und somit die Colonie plötzlich ruiniren würde. Aber bis jetzt zeigt sich keine Spur davon, und der Andrang ist noch immer im Zunehmen, während die Zunahme der Heerden, der Bau von Häusern, die Urbarmachung des Landes einen realen Reichthum creirt, welcher dem eingeführten Capital zur Hypothek dient. Der Einfluß, welchen die gleichförmige Anwendung desselben Princips in allen englischen Colonien auf diese und auf den Mutterstaat ausüben muß, ist unberechenbar. Es ist noch ungewiß, ob der Verkauf der Kronländereien auf Westindien angewendet werden soll, wo er eine größere und plötzlichere Revolution hervorbringen würde, als vielleicht so bald nach der Emancipation der Sklaven zulässig seyn mag, indem jeder Neger, sobald er ein Pf. St. erworben hätte, die Pflanzung, auf der er arbeitet, sogleich verlassen und sich einen Morgen Landes kaufen würde, was der großen Cultur fast plötzlich ein Ende machen dürfte. Diese Operation ist zwar schon jetzt im Gang, denn in allen westindischen Colonien kaufen die Neger, wo sie können, die Güter der ärmeren Pflanzer im Detail und zu sehr hohen Preisen an, um sich den Resten der Tyrannei ihrer ehemaligen Herren zu entziehen. Aber Canada, Honduras, das Cap, Australien und Neuseeland bieten jedenfalls der Auswanderung unerschöpfliche Hülfsmittel, der überfließenden Bevölkerung von Eng and Boden und seinem stockenden Capital reiche Zinsen an. Nach Sir W. Hortons Berechnung kann England leicht jährlich 200,000 Emigranten liefern, welche 1000 Transportschiffe beschäftigten, ein Capital von 20 Millionen Pf. St. erforderten und die Ausfuhr englischer Producte um etwa 1 1/2 Mill. Pf. St. jährlich vermehrten. Hätte England seit 1824 seinen Capitalien und seiner Energie diesen Ausweg eröffnet, anstatt sie in fremde Anlehen für bankerotte Staaten, in amerikanische Bergwerke u. s. w. zu werfen, wobei es seine überflüssige Bevölkerung zu Haus hielt, während es die Mittel, sie zu beschäftigen, verschwendete, so würde es heute ganz anders stehen. Die Millionen Emigranten, die es ausgesendet hätte, würden andere Millionen von Arbeitern zu Hause nähren, und man würde nichts von Chartisten und von irischer Agitation hören. Zum Gelingen dieser großen Maaßregel gehört freilich die strengste Aufsicht darauf, daß weder die Colonien selbst noch das Ministerium der Colonien irgend einen Theil des Ertrags des Verkaufs der Kronländereien zu einem andern Zweck, als zur Emigration, verwenden, und nicht, wie Neusüdwallis gegenwärtig, diese Summen zu ihrem gewöhnlichen Budget schlagen; aber die Concentration des ganzen Geschäfts in den Händen einer responsabeln Commission muß die Mittel dazu geben, und dieß ist einer der Hauptgründe, warum die Bildung dieser Commission ein Act von großer Wichtigkeit ist.
Niederlande.
✝✝ Haag, 27 Dec. Das Journal von Arlon, unter allen Lügenblättern der belgisch-revolutionären Partei für französisch-propagandistische Interessen das rücksichtsloseste, fährt mit seinem Denunciationssystem gegen die großherzogliche Regierung in Luxemburg fort, und die Blätter des Nachbarstaats von ähnlicher Gesinnung nehmen, was es liefert, bereitwillig in ihre Spalten auf. Eben so werden dem National von Zeit zu Zeit Dinge aus Brüssel geschrieben, welche natürlich wie ein Evangelium geglaubt werden müssen. Ich will mich für heute bloß auf die erneuerten Beschuldigungen wegen Luxemburg beschränken, und da das große Publicum nun schon einmal wegen der Masse von sich drängenden Tagesereignissen ein kurzes Gedächtniß hat, so ist es nothwendig, bereits Gesagtes noch einmal zu wiederholen. Die großherzogliche Regierung in Luxemburg bindet sich streng an den Tractat und verfolgt Niemanden, der, von politischen Ansichten bestimmt, auch noch so schlecht sich betrageu, ja selbst Verbrechen begangen hatte. Daß aber jede Regierung das Recht und die Pflicht habe, Beamte und Angestellte zu entlassen, welche ihr nicht anstehen, und denen sie kein Vertrauen schenken kann, ist eine ausgemachte Sache. Die Luxemburgische Regierung hat jedoch dieß nicht einmal gethan, sondern mit Angestellten der angedeuteten Kategorie bloß Versetzungen vorgenommen, wodurch jene Leute aus ihren früheren, für das Ganze verderblichen Verhältnissen herausgebracht und unter bessere Aufsicht gestellt wurden. Welche vernünftige Regierung wird dieß nicht ebenfalls thun? Das Geschrei über die deutsche Sprache ist eine wahre Ungereimtheit. Das ganze Land, so wie es nun von den wallonischen Elementen geschieden, circumscribirt ist, besitzt keine andere Sprache als die deutsche; sie ist die des gemeinen Volks, der Familien im Innern des Hauses, der Priester auf der Kanzel. Die von Belgien während der Revolutionsperiode eingedrungenen Beamten, welche bloß französisch redeten, hatten fürwahr seit 1831 Zeit genug gehabt, sich in der deutschen Sprache zu üben, und diejenigen, welche derselben wohl kundig, jedoch an der Gallomanie leidend, ihre Cultur vernachlässigten, sich darin zu vervollkommnen. Wer nun in diese Classe fällt, der hat die Schuld sich allein zuzuschreiben, wenn die Ausübung seines Berufes dadurch Hindernisse erfährt. Die Regierung ist aber noch weiter gegangen, als sie zu thun verpflichtet war; sie hat den Gebrauch beider Sprachen für facultativ erklärt, und nur verlangt, daß in der Sprache, in welcher eine Sache einmal angefangen worden, dieselbe auch fortverhandelt und zu Ende gebracht werden soll. Die Gemeinden außerhalb der Hauptstadt hatten freilich in der Regel keinen andern Beamten, als den Secretär, welcher bloß französisch verstand oder zu verstehen sich stellte; dadurch kam der ganze Gemeindehaushalt in die Hände einer Anzahl von Secretären, welche diesen Dienst oft in fünf bis sieben, ja noch mehr Gemeinden zu gleicher Zeit bekleideten. Um einem solchen Mißbrauche zu steuern, verfügte die Regierung, daß es den Gemeinden künftig frei stehen solle, deutsch zu schreiben, was eigentlich von vornherein als allein zulässig sich verstanden hätte. Der Erfolg rechtfertigte die Maaßregel nach mehreren Monaten und die freudige Zustimmung der Bevölkerung ist die beste Apologie für das Praktische und Populäre der Verordnung. – Die großherzogliche Regierung, welcher seit der Gebietstrennung von Niederland es erst recht möglich geworden war, Alles anzuwenden, um das Land, welches seiner ganzen Natur nach deutsch ist, auch den deutschen Interessen zuzuwenden, that aus diesem Grunde bereits mehrere Schritte zum Anschluß an den deutschen Zollverein, als das wichtigste Mittel, das Land durch seine materiellen Interessen mit Deutschland inniger zu verbinden. Es bleibt ihr somit bloß der Wunsch übrig, daß die Vereinsregierungen dieses Bestreben nicht vereiteln mögen. Die großherzogliche Regierung ist von dem ernstlichsten Bestreben erfüllt, das Land deutsch zu erhalten, sie wird aber nimmermehr dahin zu bringen seyn, ihre Selbstständigkeit aufzugeben; sie ist zur Darreichung aller Garantien an den Verein bereitwillig, welche von ihr billigerweise gefordert werden können; allein sie wird sich durchaus nicht zu einer Stellung verstehen, welche Luxemburg Preußen gleichsam incorporirt. Sollte daher diese Macht Dinge verlangen, welche einen Zustand dieser Art herbeizuführen geeignet wären, und sollten die übrigen Regierungen Preußen in den angedeuteten Absichten begünstigen, so würde Luxemburg sich des Anschlusses an den Zollverein enthalten und sich durch seine eigenthümliche Lage bestimmt fühlen, mit Belgien einen Zollvertrag einzugehen, welches, wie aus sichern Quellen mitgetheilt werden kann, zu einer solchen Verbindung sehr geneigt ist. So viel zur nähern Beleuchtung einer Frage, welche bereits, unter allerlei irrigen und entstellenden Voraussetzungen, auf das Gebiet der Publicität gezogen worden ist.
Wien, 28 December 1839. Wie gleichgültig auch sonst erscheint, was in unserer vielschreibenden Zeit Hr. A oder B über theatralische Kunst und ihre Leistungen sagen mögen, da das Publicum, für welches eigentlich jene, meist durch die unwürdigsten Nebenrücksichten entstandenen, Berichte berechnet sind, längst gewöhnt ist, sie nicht zu beachten, so ist dieß doch nicht der Fall bei einem Aufsatze in einer so weit verbreiteten und dabei so geachteten Zeitung, wie die „Allgemeine,“ und zwar um so minder, als er mit Thatsachen prunkend, mit der Keule der Wahrheit gewaffnet, auftritt.
Es ist damit der Aufsatz: „Wien und die Wiener,“ in der Beilage Nr. 347 gemeint, in welchem, bei gefälliger Anerkennung:
daß das k. k. Hofburgtheater seines alten Ruhmes noch würdig erscheine, die Stelle vorkommt:
„Das Repertoire bietet in seinem wesentlichsten Bestandtheile Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen zu Zeiten ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherem Gesichtspunkte der Poesie zuzuzählen wäre, sahen wir im Laufe dieses Jahres kaum mehr als „Imelda“ von Halm, und neuerlichst: „Was Ihr wollt,“ von Shakspeare; hier – man weiß nicht recht warum – „Viola“ genannt.“
Wir können die überflüssige Mühe ersparen, die Verfügungen der k. k. Hoftheater-Direction in Schutz zu nehmen, welche sie bekanntlich durch die glänzendsten, bis nun ohne Beispiel gebliebenen Resultate belohnt sieht; wir haben es hier nur mit der Würdigung von Thatsachen zu thun. Es handelt sich hier nicht um Widerlegung irgend einer unrichtigen Meinung, sondern darum, ob jene Thatsachen der Wahrheit gemäß oder entstellt berichtet wurden, und wir theilen hiemit den Beweis des letztern Vorganges mit.
Der Berichterstatter behauptet, daß das Repertoire der k. k. Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nur Uebersetzungen französischer Vaudevilles bietet, und stellt damit, im Zusammenhange mit dem früher Gesagten, indirect die gegenwärtigen Verhältnisse mit denen zusammen, als Schreyvogel – West einen Einfluß auf das Repertoire ausübte.
Die Behauptung zerfällt in zwei Theile, von denen jeder dergestalt unwahr ist, daß eben das Entgegengesetzte besteht.
Was den ersten Theil der gedachten Behauptung betrifft, so ist Folgendes zu bemerken:
Ohne nur im geringsten die bedeutenden und allgemein anerkannten Verdienste jenes Dramaturgen verkleinern zu wollen, liegt der Beweis vor, daß 1) zu jener Zeit bedeutend weniger classische Vorstellungen gegeben wurden, als es jetzt der Fall ist; 2) daß jetzt weniger französische Uebersetzungen gegeben werden, als es zu jener Zeit der Fall war.
Wir entnehmen jenen Beweis aus den gedruckt vorliegenden Repertoiren der Jahre 1830 und 1831, wo Schreyvogel, der im Jahre 1832 pensionirt wurde, im vollsten Wirken war, und denen der Jahre 1837 und 1838, nach seinem Austritte, wonach sich folgendes Verhältniß herausstellt.
Im Jahre 1830 wurden gegeben: Vorstellungen classischer Stücke an 28 Abenden; Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 81 Abenden.
Dagegen:
Im Jahre 1837, Vorstellungen classischer Stücke an 38, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 80 Abenden.
Im Jahre 1832, Vorstellungen classischer Stücke an 25, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 82 Abenden.
Dagegen:
Im Jahre 1838, Vorstellungen classischer Stücke an 44, Vorstellungen französischer Uebersetzungen an 59 Abenden.
An den übrigen Abenden jedes Jahres wurden deutsche Originalstücke gegeben.
Bei Berücksichtigung des zweiten Theiles der Aeußerung des Berichterstatters erweist sich aus jenen Repertoiren, daß
1stens kein Stück von irgend einer Bedeutung, welches in früherer Zeit auf der Hofbühne war, davon entfernt wurde;
2tens daß kein Stück von irgend einer Bedeutung in früher Zeit vollkommener oder auch nur so vollkommen besetzt war, als gegenwärtig, wobei wir wieder als Beweise nur Fiesco, – Jungfrau von Orleans, – Wallenstein anführen.
3tens daß das Repertoire der Hofbühne in seinem wesentlichsten Bestandtheile nicht, wie behauptet wird, Uebersetzungen französischer Stücke bietet, sondern daß, jener Behauptung gerade entgegen, derlei Uebersetzungen, durch den Mangel an fruchtbaren und wirksamen Original-Dichtern und durch Zeitverhältnisse lange her nothwendig gemacht, in neuerer Zeit nur hauptsächlich dazu gebraucht wurden, um den vorzüglichsten, größtentheils in größeren Werken verwendeten Künstlern der Hofbühne, die sich, wie bekannt, gegenwärtig des bedeutendsten Vereins derselben in ganz Deutschland erfreut, Ruhe zu gönnen und mitunter einige Abwechslung in das Repertoire zu bringen, als dessen Grundlage die Werke der Classiker früherer Zeit, als: Shakspeare, Calderon, Moreto, Lessing, Schiller, Goethe, Molière und die der vorzüglichsten dramatischen Dichter neuer und neuester Zeit, von denen keiner ausgeschlossen blieb, besteht;
4tens daß in den letzten zwei Jahren 18 Originalstücke, darunter Werke der Herzogin Amalie von Sachsen, Grillparzer, Halm, Raupach, Bauernfeld, zur Aufführung gebracht wurden;
5tens daß außerdem in den letzten zwei Jahren von classischen Producten zwei Werke von Shakspeare die Widerspänstige und Viola – (Was Ihr wollt) – neu gegeben und überdieß dessen Lear; von Schiller Jungfrau von Orleans, Wallenstein, Cabale und Liebe und Fiesco; von Goethe Iphigenia auf Tauris und Faust; von Lessing Emilie Galotti neu in die Scene gesetzt worden sind.
Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des in Nro. 347 abgedruckten Aufsatzes: „Wien und die Wiener“ wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn.
[51-52]
Gräflich Johann Baptist Bathyan'sches
4 1/2 proc. Anlehen pr. 600,000 fl. Conv.-Münze,
dd. 29 October 1838.
In der heute stattgehabten 2ten Verloosung sind laut Ziehungs-Protokoll die nachstehenden Nummern von 15 Stück Partial-Obligationen à 500 fl. Conv.-Münze gehoben worden, als:
Nr. 15, 62, 124, 259, 307, 316, 609, 646, 975, 1023, 1067, 1146, 1158, 1176, 1199, wodurch diese Obligationen zur Heimzahlung am 31 März d. J. sowohl bei Unterzeichneten als bei den betreffenden ausländischen Bankiers bestimmt wurden.
Wien, den 2 Januar 1840.
Steiner & Comp.
[53-54]
Gräflich Phil. Ludw. Saint Genois'sches
4proc. Anlehen von 1,000,000 fl. Conv.-Münze,
dd. 23 Julius 1838.
In der heute stattgehabten dritten Verloosung sind laut Ziehungs-Protokoll die nachstehenden Nummern von 25 Stück Partial-Obligationen à 500 fl. Conv.-Münze gehoben worden, als:
Nr. 103, 236, 318, 324, 336, 462, 506, 511, 521, 771, 868, 898, 922, 963, 1203, 1266, 1297, 1465, 1466, 1510, 1614, 1652, 1708, 1715, 1734,
wodurch diese Obligationen zur Heimzahlung am 31 März d. J. sowohl bei den Unterzeichneten als bei den betreffenden ausländischen Bankiers bestimmt werden.
Wien, den 2 Januar 1840.
Steiner & Comp.
[9]
Holzschneider werden gesucht.
Holzschneider, die in der Bewick'schen Manier geübt sind und von ihren Fähigkeiten genügende Proben abzulegen im Stande sind, können Anstellung und Beschäftigung finden. Wo? erfährt man bei der Expedition der Allg. Zeitung unter der Chiffre T. S.
[31]
Verlagsbericht
der Wagner'schen Buchhandlung in Innsbruck.
Denkbuch der Erbhuldigung in Tyrol 1838. Mit Holzschnittinitialen. gr. Lex. Form. br. ordinär. Ausg. 1 Rthlr. 16 gr. oder 3 fl.
Mayr, P. Th. Benitius (Dr. Philos. Servite und Universitäts-Prof. hier) Predigten, gesammelt und herausgegeben von einem seiner Verehrer. 1ster u. 2ter Bd. gr. 8. pr. Band 20 gr. oder 1 fl. 21 kr.
Merkle (Gymnas. Präfect), Vorarlberg. Aus den Papieren des in Bregenz verstorbenen Priesters Hrn. F. J. Weizenegger. 1ster Bd. (3 Bde. werden es) gr. 8. 1 Rthlr. 8 gr. oder 2 fl. 24 kr.
Röck, J. M., Anleitung sich in kürzester Zeit die spanische Sprache eigen zu machen, für jene, welche der französischen oder italienischen Sprache bereits mächtig sind; nebst Beispielen aus spanischen Classikern, und ins Französische, Deutsche und Italienische übersetzt. gr. 8. br. 12 gr. oder 48 kr.
Streiter, Dr. J., die Lehre vom dinglichen Rechte des Grnndpfandes nach dem österr. allgem. bürgerl. Gesetzbuche, mit besonderer Rücksicht für Tyrol. Nach dem Italienischen des Dr. K. Rigotti übersetzt u. vermehrt. gr. 8. 16 gr. od. 1 fl. 12 kr.
Urban, K., k. k. Hauptmann, der Adjutant, ein praktisches Handbuch für diesen Dienst. gr. 8. broschirt 1 Rthlr. 6 gr. oder 2 fl.
[5696]
Ein
Choralbuch
zu dem
Entwurfe des neuen würtembergischen Gesangbuches
und zu
A. Knapps Liederschatz
ist in der Unterzeichneten erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen unter dem Titel:
Stimmen
aus dem
Reiche Gottes.
Eine auserlesene Sammlung alter und neuer
evangelischer Kernlieder
mit beigefügten, vierstimmig gesetzten, für Gesang, Clavier- und Orgelspiel eingerichteten Choralmelodien vom Ursprung des Chorals bis auf die heutige Zeit.
Zum Gebrauch für Kirche, Schule und Haus
herausgegeben
von Conrad Kocher,
Stiftsorganist,
und mit Vorwort
von Albert Knapp,
Archidiakonus an der Stiftskirche in Stuttgart.
46 Bogen. 8. 2 Thlr. 4 gr. oder 3 fl. 30 kr.
auf feinem Velinpapier 2 Thlr. 18 gr. oder 4 fl. 30 kr.
Dieses Gesang- und Choralbuch enthält unter 360 Melodien, bis auf 3 bis 4 Nummern, alle die in dem neuen Gesangbuchs-Entwurfe nöthigen Melodien, und zwar zu den meisten Versarten eine reichliche Auswahl. Es wird daher bis auf Weiteres genügen, hier nur noch die Worte des Hrn. Archidiakonus Knapp, wie er sich in der Vorrede zu dem Choralbuch ausspricht, anzuführen: „Vielfach wurde bisher an den edeln Melodien gekünstelt, und ihr Satz nach den Ansichten Einzelner auf unzählige Weise manirirt; wir entbehrten aber noch eines Choralbuchs, welches dieselben in möglichst einfacher und doch würdiger Gestalt mit rein evangelischem, gediegenem Text dem Volke wiedergäbe. Daher hat mich auch das Unternehmen meines geliebten Freundes, dessen sorgfältig gearbeitetes, aus großem Material selbstständig gesammeltes und mit geistreichen Zugaben verschönertes Werk ich hier bevorwort, von Anfang an herzlich gefreut, mit vielen andern schon allzufreudig erbaut, und ich wüßte nicht, wie ich dieser Arbeit eine andere denn eine gesegnete Wirkung versprechen sollte, da ich ein langjähriger Zeuge seines eifrigen, der Kirche
treulich gewidmeten Fleißes bin, und mich auch meines Theils beflissen habe, seinen Melodien die besten, mir irgend bekannten Lieder unterzulegen.“
Stuttgart
Hallberger'sche Verlagshandlung.
[36-38]
Vademecum auf Redouten.
Ganz neu erschienen und ist zu haben in allen Buchhandlungen:
Terpsichore,
neuer Ball- und Masken-Almanach
für Freunde
des geselligen Vergnügens und der heitern Conversation,
von
Karl v. Frankenstein und Ed. Eichler.
Mit 7 artist. Beilagen, 12 Alpen-Quadrillen und Musik.
Leipzig, 1840. Paul Baumgärtner.
Elegant gebunden in Gold mit Schuber 3 fl. Conventions-Münze.
Sprudelnder Witz, heiterer Humor, treffende Satyre, sinnige Erkennungsgabe und anziehende Zusammenstellung treten ungebunden hier hervor, und verleihen den Bällen, wie durch einen Zauberschlag, einen eigenen neuen Reiz.
1) Hundert verschiedene einzelne Charakter-Masken werden redend eingeführt, und überheben aller Verlegenheiten in gegenseitigen Ansprachen, bezüglichen Antworten etc. von und an Maskirte und Unmaskirte.
2) Ein höchst interessanter Salon von mehreren Maskenzügen, worin 4-20 Masken auf einmal ein imposantes Ganzes bilden können.
3) Ueberraschend und das Lachorgan kräftig erschütternd folgen nun reichlich neue originelle Ideal-Gestalten, figürliche, sinnbildliche Charakter-, Evolutions- und Quodlibet-Masken, deren Herstellung auch wenig kostspielig ist.
4) Gesellschafts-Masken, oder solche, wo mehrere Personen unter einer Hülle oder Maske zugleich wirken; diese neue, eclatanten Effect zaubernde Idee dürfte diesen Fasching in allen größern Städten verwirklicht werden; durch Kunstbeilagen sind solche näher erläutert.
5) Zwölf neue, sehr liebliche Alpen-Quadrillen, zugleich in Musik gesetzt, erfreuen sich sicher allerwärts einer günstigen Aufnahme.
6) Ball-Anekdoten, Scherz- und Sinngedichte, Ball- u. Trinklieder etc. bilden eine recht angenehme aufheiternde Zugabe.
Ueberhaupt wurde Alles aufgeboten, den finstern Unhold,
die quälende Langweile auf Redouten
für immer zu bannen, und so wird jedem Maskenball-Besucher dieser Almanach willkommen, ja fast unentbehrlich seyn.
[5591]
Im Verlags-Bureau zu Adorf sind erschienen:
Militär-Conversations-Lexikon.
VIII. Band 2tes Heft.
Praktische Anleitung
zur
Recognoscirung und Beschreibung
des Terrains
aus dem taktischen Gesichtspunkte.
Für Subalternofficiere aller Waffen bearbeitet und durch Beispiele erläutert
von Pz.
Damen-Conversations-Lexikon.
Neues Abonnement.
I. Band.
Zum Subscriptionspreis vorräthig in allen Buchhandlungen.
[4399-4414]
Der Gasthof
zur Königin von England,
der Schiffbrücke vis-a-vis in Pesth,
erfreut sich seit dessen Eröffnung des Besuches hoher ausgezeichneter Gäste.
Allen resp. Reisenden empfehle ich mein Haus mit der aufrichtigsten Versicherung, daß ich es mir zur strengsten Pflicht mache, mir durch Billigkeit und Zuvorkommen in jeder Hinsicht das Vertrauen, fernern Besuch und weitere Anempfehlung zuzusichern.
Joh. Bartl.
[5695]
In der Buch- und Kunsthandlung von F. C. Eisen in Köln sind so eben neu erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Acta ad librum Achterfeldtii, nunc professoris Bonnensis (Lehrbuch der christkathol. Glaubens- und Sittenlehre) nuper in indicem librorum prohibitorum relatum spectantia. gr. 8. geh. Preis 18 kr.
Beschreibung, neueste, vollständige, des Domes zu Köln. Mit der Uebersetzung ins Französische von F. J. Kiefer und 23 Abbildungen von F. Massau. quer 16. cart Preis 40 kr.
Blümeling, F. A., synchronistisch-ethnographische Tabellen der neuen und neuesten Geschichte. Mit der Handels- und Culturgeschichte. gr. 4. geh. Preis 1 fl. 21 kr.
Düntzer, D. H., die Declination der indogermanischen Sprachen nach Bedeutung und Form entwickelt. gr. 8. geh. Preis 1 fl. 30 kr.
– – die Fragmente der epischen Poesie der Griechen bis zur Zeit Alexanders des Großen. gr. 8. geh. Preis 1 fl. 30 kr.
– – Homer und der pische Kyklos. Darlegung des historisch vorliegenden Thatbestandes zur Verständigung und Entwirrung. Nebst einem Anhange: Fragmente zur Beurtheilung der Einheit der Ilias. gr. 8. geh. Preis 54 kr.
Mannheim, M., Lese- und Lehrbuch für israelitische Elementarschulen. Mit einem Vorworte des Consistorial-Rabbiners Hrn. Dr. Auerbach jun. in Bonn. gr. 8. cart. Preis 36 kr.
– – leichtfaßliche hebräische Sprachlehre für Elementarschulen und zum Selbstunterricht. Nebst einem Uebungsbuche zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Hebräische. gr. 8. cart. Preis 36 kr.
Panorama der Stadt Köln (von der Rheinseite), gezeichnet von A. Dietzler, in Stahl gestochen von Ruf. Quer Fol. Preis 1 fl. 24 kr.; sorgfältig colorirt. Preis 4 fl. 48 kr.
Perronius, theologus Romanus, vapulans. Scripsit Lucius Sincerus. gr. 8. geh. Preis 4 fl. 21 kr.
Triumvirat, das, Benkert, Höninghaus, Perrone und die Kölner Sache; von dem Verfasser des Priester-Seminars. gr. 8. geh. Preis 36 kr.
[5682]
In der Cremer'schen Buchhandlung in Aachen ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Emilie
oder die getrennte Ehe.
Preis 14 gGr. oder 1 fl. rhein.
Der Zweck dieser mit eben so ausgezeichnetem Talent als tiefer Sachkenntniß geschriebenen Erzählung ist, nach der Vorrede, der: „die Wahrheit der katholischen Religion vor unsern getrennten Glaubensbrüdern mit schonender Liebe in ihrem ganzen Lichte zu zeigen.“ Der Inhalt dieser Schrift ist nicht allein höchst anziehend, ja hinreißend, sondern auch in hohem Grade belehrend, daher sich auch mehrere katholische Zeitschriften bereits aufs günstigste für dieselbe ausgesprochen haben. Sie kann als ein Gegenstück zu Brettschneiders Freiherrn v. Sandau angesehen werden.