Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 116.
25 April 1840.
Mexico
(Commerce.) Briefe aus Texas vom 7 März, die man in New-Orleans erhalten, melden, daß die Föderalisten zu Laredo, einer auf dem linken Ufer des Rio-Grande gelegenen Stadt, eine berathende Versammlung gehalten und darin beschlossen haben, das Joch Mexico's abzuschütteln und die Regierung eines neuen Staates, unter dem Namen „Republik Rio-Grande“ zu organisiren.
Spanien.
Bordeaux, 18 April. Aus Alcañiz meldete man unterm 10, daß die Linie der Constitutionellen im Vorrücken begriffen war, und sie den von den Insurgenten besetzten Landstrich immer enger einschloß. Peñaroya und Monroyo bildeten die Basis der Operation. Letzteres war bereits am 7 von General Leon, das Dorf Cellora am selbigen Tage, nach kurzer Vertheidigung, von Puig-Samper besetzt worden, die Rebellen zogen sich auf Peñaroya zurück. 33 Deserteurs stellten sich zu Aguaviva. Nachdem man die nöthigen Anstalten zur Befestigung von Monroyo getroffen, rückte die Division Leon den 10 gegen Peñaroya vor, das der Feind ohne Widerstand räumte (wie Sie bereits durch eine telegraphische Depesche erfahren haben). Man hoffte, daß Morella, dessen Erdwälle durch den Regen theilweise zerstört sind, vor den Colonnen der Generale Leon und Samper, die vereinigt 25,000 Mann zählen, nicht zu halten im Stande seyn werden, um so mehr, als die Niederlage von Pitarque Bestürzung unter die Besatzung gebracht hat, und der Fanatismus der Befehlshaber Forcadell und Polo kein Ersatz für das Feldherrntalent Cabrera's ist, den man allgemein für die Sache der Insurrection verloren glaubt. Die letzten Nachrichten sprechen auch von Uneinigkeit unter der Garnison. Die Chefs seyen genöthigt gewesen, durch das Loos zu entscheiden, welches der Bataillone im Platze bleiben sollte. Das Loos traf ein Bat. Catalanen, das sich aber weigerte zu gehorchen. Man beorderte hierauf ein im Dorfe Horcajo cantonnirendes Bataillon; aber die folgende Nacht desertirte dasselbe in Masse, theils zu den Constitutionellen, theils nach Hause. – Laut Briefen aus Figueras vom 13 soll Segarra mit 6 bis 7000 Mann und 14 Stücken Geschütz, und nachdem er alle Equipirungsstücke unter seine Mannschaft vertheilt hatte, aus Berga hervorgebrochen seyn; man wußte nicht, ob um Solsona zu belagern oder um eine für diesen Platz bestimmte Sendung von Munition und Lebensmitteln aufzufangen; 700 Insurgenten unter Bouquija hielten San Juan de las Abadesas mit 2 St. Geschütz besetzt. – Die Verschwörung in der durch die Convention von Bergara beruhigten Nachbarprovinzen scheint sehr ernstlicher Natur, und der Aufstand auf dem Punkte gewesen zu seyn, loszubrechen. Unter den vorgenommenen Verhaftungen ist die des Pfarrers von Leyza eine der wichtigsten. Derselbe war durch Vermittelung des Pfarrers Etchevarria in fortwährendem thätigen Briefwechsel mit dem Hofe des Prätendenten zu Bourges. Er sitzt nun in der Citadelle von Pampeluna in festem Gewahrsam. Der Tag des Ausbruchs der Verschwörung war noch nicht festgesetzt. Elio war zum Chef der Bewegung, Alzaa zum Commandanten von Alava ausersehen. Zum Glück ist die ganze voluminöse Correspondenz in den Händen der spanischen Behörden, und bei strenger Wachsamkeit ist Hoffnung vorhanden, daß die Ruhe nicht von neuem gestört werden wird.
Großbritannien.
London, 18 April.
Das ministerielle M. Chronicle sagt: „Das Dampfboot Hydra wurde von Sir R. Stopford von Malta nach Neapel gesendet, nicht in Folge von militärischen Bewegungen des neapolitanischen Heers, wie französische Zeitungen angegeben, sondern in Folge der dem Sir R. Stopford von der Admiralität zugefertigten Instructionen, sich mit Hrn. Temple in Communication zu setzen, um zu erfahren, ob der König von Neapel auf Englands Forderungen eingegangen. Die Hydra fand bei ihrer Ankunft vor Neapel, daß dieses nicht geschehen, und kehrte mit dieser Nachricht nach Malta zurück. Darauf, darf man annehmen, wird Sir R. Stopford unmittelbar an die Küsten von Sicilien und Neapel abgesegelt seyn, um Repressalien auszuüben. Repressalien aber sind bekanntlich noch kein Krieg, sondern nur eine präliminare und Vorsichts-Maaßregel, welche, wenn sie gelingt, dem Kriege vorbaut.“ Diese Distinction des officiellen Organs nennt der Courier ein Seitenstück zu Lord Palmerstons berühmten „Communicationen“ mit China, die in der Gestalt von Kanonenkugeln gepflogen werden sollen. Die englische Presse im Allgemeinen verhehlt sich nicht, daß Englands politischer Horizont sich immer mehr umdüstert, wie denn namentlich die neuesten Berichte über den Stand der nordamerikanischen Gränzfrage auch von den Geldleuten, der
City in ernstem Lichte betrachtet werden. „So ist demnach,“ sagt der M. Herald, „trotz aller Versicherungen, daß die Gränzfrage gütlich werde beigelegt werden, Jonathan (das amerikanische Volk) über diesen Punkt so brummig und grob geworden, daß von dieser Seite her wahrscheinlich ein neuer Wind in den Orkan blasen wird, der sich in unserer auswärtigen Politik vorbereitet. Und mit Jonathan dürfte das Spiel nicht so leicht werden, als wir es uns dem Chinesen und dem König der Lazzaroni gegenüber versprechen. Man redet unter solchen Umständen viel von der Absicht der Minister abzudanken, aber mögen sie abdanken, wann sie wollen, ihre Nachfolger werden kein Bett von Rosen finden.“ Der Standard bemerkt: „Der König von Neapel hat, wie es heißt, vorgeschlagen, seinen Streithandel mit England vor ein Schiedsgericht der Höfe von Rußland, Oesterreich und Frankreich zu bringen. Was hat Rußland mit der Sache zu thun, dessen Gesinnung gegen England wohl bekannt ist? Oesterreich hat ein Familien- und ein politisches Interesse, die neapolitanische Regierung zu unterstützen, und Frankreich, abgesehen davon, daß es das Mittelmeer als einen französischen Binnensee anspricht, ist direct dabei betheiligt, das französische Monopol aufrecht zu halten, das die ostensible Ursache des Haders ist. Nicht nach Schiedsrichtern, sondern nach „Bundesgenossen sieht der Hof von Neapel“ sich um, und sie werden ihm nicht fehlen. Bald wird es eine mühsame Aufgabe seyn, alle unsere Kriege und Feinde aufzuzählen. – Dank sey es unserer „Friedens- und Ersparungsadministration.“ Im Osten, Westen, Norden und Süden, von China bis nach den Vereinigten Staaten, von Indien bis Oesterreich (!) und Rußland, rüstet sich Alles zum Angriff auf das brittische Reich. Saumsal hier, Insolenz dort, politische Stümperei überall, hat diesen unheilvollen Stand der Dinge herbeigeführt. Es ist falsch, alle Schuld auf unsern Unstern schieben zu wollen; eine solche Conjunctur von Unglücken würde ein Wunder seyn. – (Hier folgen die üblichen Ausfälle auf das Whigministerium.) Was die Nachrichten aus Amerika betrifft, so lauten sie unbefriedigend, sind aber doch nicht ganz so beunruhigend, als sie auf den ersten Anblick scheinen möchten. Die Sprache der Vereinigten-Staaten-Regierung in ihrer Correspondenz mit Hrn. Fox ist freilich drohend, ja vermessen; das läßt sich erklären, ohne daß man darum sie für so ernstlich gemeint zu halten braucht. Die Hefe des Revolutionsgeistes – jenes Geistes, der eigene Schuld stets durch gemachte Beschwerden zu rechtfertigen sucht, gährt immer stark in jenen Republicanern.“ Der ministerielle Globe gesteht: „Man kann jetzt unmöglich sagen, wie diese Gränzstreitigkeit enden wird; aber drohend genug sieht sie aus, und bliebe es den untergeordneten Behörden des Staates Maine überlassen mit unsern Colonialbeamten fortzuhadern, so könnte das Schlimmste erfolgen. Nur durch thätige Maaßregeln der Generalregierungen in London und in Washington kann die Sache ausgeglichen werden. Sie ist zu lange verabsäumt worden und erheischt alsbaldige Beachtung.“ Die Times sagt: „Wir legen dem angedeuteten Vorschlag Hrn. Forsyths, die Sache nochmals vor ein Schiedsgericht zu verweisen, kein Gewicht bei, da wir aus dem frühern Falle, wo der König von Holland zum Schiedsrichter ernannt war, ersehen, wie wenig darauf zu rechnen ist, daß die Vereinigten Staaten sich einem Schiedsspruche fügen werden, der hinter den übertriebenen Ansprüchen der Washingtoner Regierung zurückbliebe.“ Im Sun endlich liest man: „Das Gerücht geht, das Ultimatum unserer Regierung in der Gränzfrage sey unserm Gesandten in Washington zugefertigt worden, über dessen Inhalt hat aber bis jetzt nichts verlautet. Wie man vermuthet, will England sich seinen Besitzstand wahren, und sich auf der Defensive halten, bis es von den Amerikanern angegriffen wird.“
Im Jerusalem-Kaffeehaus las man heute Morgens folgenden Anschlag: „Der Malabar, Capitän Pollock, ist von Bombay in Plymouth angekommen. Sir Henry Fane, der Oberbefehlshaber in Indien, starb, auf der Rückreise nach England begriffen, an Bord des Malabar am 24 März auf St. Miguel (Azoren). Sir Henry war 62 Jahre alt.“
Die annoch unbefriedigten Ansprüche der verabschiedeten Officiere und Soldaten von der vormaligen brittischen Hülfslegion in Spanien sind bekanntlich mehrfach im Parlament, besonders durch den Marquis v. Londonderry, angeregt worden. „Wie wir hören,“ schreibt jetzt die M. Post, „ist General Evans vor einigen Tagen nach Madrid abgereist, um die Regierung der Königin Isabella dringend an diese so lange verabsäumte Verpflichtung zu erinnern. Die Lage der unglücklichen Soldaten ist die traurigste, die man sich denken kann; viele von ihnen sind im buchstäblichen Sinne vom Hungertode bedroht. Möge Sir de Lacy's Mission von einem günstigen Resultate begleitet seyn.“
(Sun.) Im Hudsonsbay-Haus ist so eben die Nachricht eingetroffen, daß es den HH. Dease und Simpson endlich gelungen ist, das Daseyn einer nordwestlichen Durchfahrt außer Zweifel zu stellen. Diese Reisenden haben das große Problem gelöst, durch Ergänzung des fehlenden Kettenglieds, das die Entdeckungen von Parry und Roß im Osten mit denen von Beechy und Franklin im Westen verknüpft.
London, 18 April. Die letzten Nachrichten von den Vereinigten Staaten scheinen mehr Besorgniß unter dem Publicum erregt zu haben, als bisher alle die bedrohlichen Zeichen in den ägyptisch-türkischen Angelegenheiten, ja selbst als die Meldung, daß die Lösung unsers Streites mit Neapel dem Admiral unserer Flotte übergeben worden, vermocht. Man hatte sich nun einmal überredet, daß es nicht leicht zu einem Kriege kommen könne in Europa, wo ein politisches System dem andern die Wage hält, ein Ehrgeiz vom andern in Schranken gehalten wird, und jeder besondere Staat Lasten und Besorgnisse genug hat, um ihn zur Ruhe zu mahnen. Mit den Vereinigten Staaten aber ists ein Anderes. Freilich haben die Pflanzer im Süden, wie die reichen Kaufleute und Bankiers im Norden Gründe in Menge, im Frieden mit uns zu bleiben. Aber die Massen sind uns feindselig, besonders in den nördlichen Gränzprovinzen, und im Staate Maine mischt sich noch persönliches Interesse darein, der einträglichen Waldungen habhaft zu werden, um deren Besitz es sich jetzt handelt. Sollte es sich nun bewähren, was man aus den genannten Nachrich-richten erkennen will, daß der Präsident und die Partei, die sich eben am Ruder findet, die Nothwendigkeit erkannt hat, dem Staate Maine und der Demokratie überhaupt gefällig zu seyn, so scheint es äußerst schwer den Krieg mit den Staaten zu vermeiden, wenn wir nicht eine schmähliche Nachgiebigkeit zeigen wollen, die nur zu neuen kühnern Forderungen einladen würde. Indessen lauten mehrere Briefe von einsichtsvollen Männern beruhigend. Man meint, die allgemeine Stockung in Handel und Gewerben, welche sich bis auf den gemeinen Taglöhner hinab erstreckt, und eben so sehr vom Getreide- als vom Baumwollenpflanzer empfunden wird, und die allgemein verbreitete Ueberzeugung, daß ein Krieg mit England die Uebel nur vergrößern und vervielfältigen müßte, die Armuth des Schatzes sowohl der allgemeinen als der einzelnen Regierungen; der schwierige Zustand der Negersklaven, die feindselige Stellung der Indianer an der Westgränze, alles
dieß müsse mit in Betrachtung gezogen werden, und zum Frieden stimmen. Ja der umsichtige Correspondent der Times, welcher sich als ein Genfer Reisender unterzeichnet, hält es für wahrscheinlich, daß der brittische Gesandte bloß deßwegen den Notenwechsel mit der amerikanischen Regierung geschlossen, und dieselbe nach London verwiesen habe, um während der Sitzung des Congresses die Gemüther nicht weiter zu erhitzen, und für beide Regierungen Zeit zu gewinnen, den Streit wo möglich vor der Wiederversammlung des Congresses zu schlichten. Ich zweifle nicht, daß dieses ernsthafte Ansehen der Dinge unsere Kirchenpartei noch geneigter machen wird, ihren Streit um ihre Güter in Canada schnell und friedlich zu beendigen. Alle Parteien werden wünschen, den dortigen Provinzen aufs baldigste die Verfassung zu geben, welche geeignet scheint, Ruhe und Zufriedenheit in dieselben zurückzubringen. Auf der andern Seite wird eben diese Schlichtung wieder auf die Rathschläge unserer ländergierigen Nachbarn zurückwirken und sie zur Friedfertigkeit stimmen. Freilich dürfen wir uns nicht verbergen, daß wenn auch unser Parlament seinen Theil mit aller Redlichkeit und mit dem besten Willen gegen die Canadier erfüllt hat, die wahren Schwierigkeiten erst angehen. Denn selbst wenn die weise Nachgiebigkeit des Parlaments die demokratische Partei in Ober-Canada so gänzlich entwaffnen sollte, daß alle Gefahr einer Vereinigung derselben mit den unzufriedenen Franzosen verschwände, so ist um so mehr zu befürchten, daß die Vereinigung aller Siedler angelsächsischer und irischer Race zur Unterdrückung der Franzosen und zu feindseligen Ausbrüchen von Seite der letztern führen dürfte, welche um so gefährlicher werden könnten, weil dießmal die Religion sich darein mischen, und die Priester es mit den Rebellen halten würden. Die dortigen protestantischen Sectirer scheinen nichts so sehr zu verabscheuen als eine privilegirte Kirche, und die Drohungen gegen die katholische Kirche in Unter-Canada, welche man bereits in den Blättern der oberen Provinz liest, lassen in dieser Beziehung ein feindseliges Verfahren befürchten. Das Parlament hat sich bis zum 29 d. M. vertagt. Schon am 9 Mai will Lord J. Russell die weitere Berathung über die canadische Bill vors Unterhaus bringen. Doch ist er und das ganze Ministerium vorher noch mit einem Schlage von Seite der Tories bedroht. Am 30 nämlich will einer eine Motion machen, daß die Weigerung der chinesischen Regierung, unsre Kaufleute für das ihnen gewaltsam abgezwungene Opium zu entschädigen, nicht zu einem Kriege gegen dieselben berechtige. Ich glaube freilich kaum, das Peel und die Hauptmänner seiner Partei in diese Ansicht einstimmen werden, da die Sachen so weit gekommen sind, daß wenn eine brittische Regierung das bisherige Verfahren der chinesischen sich gefallen ließe, wir es uns auch gefallen lassen müßten, auf immer dem einträglichen Handel mit China zu entsagen, und denselben unsern Gegnern, den Yankees, zu überlassen. So sehr nun auch gar manche fromme Leute den Opiumhandel mißbilligen und noch mehr, daß um dessentwillen Blut fließen soll, so möchte ich doch den Tories nicht rathen, ihre Regierung mit einer Unterwürfigkeit gegen eine fremde Macht anzutreten, welche die Welt als Schwäche auslegen, und die zu Mißhandlungen von andern Seiten einladen würde; nicht zu reden von dem unmittelbaren Verluste, welchen die Regierung von dem Aufhören des Handels mit China in ihren Einkünften erfahren, und durch die Anlegung anderer Steuern ersetzen müßte. Es wird also bei diesem Vorschlage nur zur Plänkelei, kaum zu einer Schlacht kommen; und die Minister können auf jeden Fall einer Mehrheit gewiß seyn. Sie haben indessen eben durch den Tod des irischen Unterstaatssecretärs Drummond einen bedeutenden Verlust erlitten. Er war ein tüchtiger Geschäftsmann und in Irland sehr beliebt. – O'Connell zeigt wieder ungemeine Thätigkeit, die liberale Partei zur Bildung eines neuen Nationalvereins aufzuregen, und somit das Parlament zu zwingen, sein Vaterland in jeder Beziehung mit England und Schottland gleich zu stellen, besonders durch Vermehrung seiner Vertreter im Unterhause, die Ausdehnung der Wahlberechtigung und eine durchgreifende Corporationsreform. Nur im Kirchenwesen will er den Unterschied haben, daß während in England und Schottland die Kirche der Mehrheit die Staatskirche bilde, in Irland bloß die anglicanische aufhöre, Staatskirche zu seyn, und deren Einkünfte auf die Verpflegung der Armen, auf Schulen und andere milde Stiftungen verwendet würden; weil die Uebertragung derselben auf die Kirche der Mehrheit (die katholische) ihr nur zum Nachtheil gereichen würde. Gelänge es aber dem Verein nicht, diese Forderungen zu erlangen, so solle die Aufregung (welche jedoch immer auf friedlichem, gesetzlichem Wege fortgeführt werden soll) auf die Auflösung der Union gerichtet werden. Nächste Woche muß sich's zeigen, welche Wirkungen seine Bemühungen haben. Die friedlichen Belehrungen des Paters Mathiew vom Branntwein- und Biertrinken dauern ununterbrochen fort, und die Regierung soll die Wirkung derselben bereits in der Abnahme der Accise empfinden.
Frankreich.
Paris, 20 April.
* In der Sitzung der Pairskammer am 20 April wurde Commissionsbericht über den Gesetzesentwurf, den Tabak betreffend, erstattet, und einige Petitionen kamen zur Discussion.
* In der Deputirtenkammer ward am 20 April die Wahl eines Secretärs an die Stelle des Hrn. Dubois (von der Unterloire) vorgenommen. Die Zahl der Votanten war 294, die Majorität 148. Hr. Boissy d'Anglas erhielt im ersten Scrutin 146, Hr. Huyet Desfontaines 31, Hr. Pierron 30 Stimmen. Verlorne Stimmen 37. Im zweiten Scrutin war die Zahl der Votanten 326. Majorität 164. Hr. Boissy d'Anglas erhielt 192, Hr. Desfontaines 124 Stimmen. Verlorne Stimmen 10. Hr. Boissy d'Anglas ward als Secretär der Kammer ausgerufen. Der Minister des öffentlichen Unterrichts brachte dann einen Gesetzesentwurf ein, worin er einen Zuschußcredit für das Budget des öffentlichen Unterrichts für 1841 verlangt, und zwar von 1500 Fr. für einen Lehrstuhl der slavischen Litteratur bei dem Collège de France, und von 25,000 Fr. zur Errichtung einer Facultät der Medicin in der Stadt Rennes, so wie noch einen weitern Credit für eine Facultät der Wissenschaften in derselben Stadt. Hierauf begann die Erörterung über die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten mit Befugniß der Conversion. Hr. v. Laborde erhielt zuerst das Wort gegen den Entwurf. Er ist der Ansicht, daß die Frage, seitdem man sich damit beschäftigt, noch keinen Schritt gemacht. Lasse man die gerechten Ausnahmen, die gefordert werden würden, zu, so werde die Ersparung auf nichts hinauslaufen, und dennoch ein theilweiser Staatsbankerott stattfinden; lasse man sie aber nicht zu, so werde der Entwurf unmenschlich und geradezu verwerflich seyn. Wie könne es möglich seyn, den Forderungen, welche von Seite der Dotation der Ehrenlegion, der Veteranencasse des Seewesens, der Spitäler, der Gemeinden einkommen würden, ihr Recht nicht widerfahren zu lassen? Der Gesetzesentwurf sey unmoralisch, weil er die Rentiers zu Zufallschancen, zu Gelüsten nach einem Gewinn durch Erschaffung eines Fonds mit zunehmendem Capital verlocke. Durch diesen Entwurf führe man Sorgen in eine Classe von Menschen ein, die bisher ruhig gelassen worden sey. (Abgang der Post.)
Die Commission der Zuschußcredite für Algerien für 1839 und 1840 ist jetzt mit ihrem Bericht fertig. Die Hauptverfügungen desselben sind: 1) die Commission hat sich einstimmig gegen jede Colonisirung in Algier ausgesprochen; sie glaubt, dieses System könne nur einen beständigen Kampf zwischen den Einheimischen und den Arabern unterhalten, und müsse zu einer Vertilgung führen; 2) die Commission hat mit einer Mehrheit von 7 Stimmen gegen 2 eine beschränkte Besetzung Algeriens, das heißt, die Besetzung mehrerer Punkte am Gestade mit einer Herrschaft durch Suzeränetät beschlossen. Die Chefs würden die ihnen durch Frankreich übertragene Staatsgewalt ausüben. Zwei Mitglieder der Majorität haben gegen die Clausel der Herrschaft durch Suzeränetät protestirt; sie wollen eine souveräne Gestadsbesetzung, das heißt, sie wollen im Innern den Arabern die Herrschaft überlassen, Frankreich aber die Herrschaft des Gestades und der See vorbehalten. Eines der zwei Mitglieder der Minorität verlangt die Besetzung der Gestadepunkte mit großen militärischen Mittelpunkten für Handel und Civilisation, das heißt, die Besetzung der Hauptstädte von Algerien, wie Tlemsan, Medeah und Constantine. Das andere verlangt eine absolute Herrschaft Frankreichs in Algerien, so wie sie gegenwärtig besteht; 3) ein Zusatzartikel der Commission soll die Regierung veranlassen, im nächsten Jahre bei Anfang der Session ein definitives System vorzulegen, wodurch die Beschaffenheit und Ausdehnung der französischen Herrschaft in Afrika bezeichnet würde. Der verlangte Credit ward übrigens einstimmig votirt, ohne daß auch nur eine Discussion darüber in der Commission stattgefunden hätte.
Die Reserve-Escadre, welche kürzlich unter dem Commando des Admirals Rosamel von Toulon ausgelaufen; ist auf der Rhede von Portvendres angelangt. Zwei Linienschiffe sollten das 13te leichte Infanterieregiment an Bord nehmen und nach Oran transportiren; von den drei andern Linienschiffen, die im Begriff waren, wieder in die hohe See zu gehen, hieß es, sie würden an der Küste von Neapel kreuzen.
Der Moniteur Algerien gibt unterm 11 April über das zwischen dem Scheik-el-Arab und dem Khalifa Abd-El-Kader's bei Sfelsus gelieferte Treffen ganz dieselben Details, die unser Correspondent in Toulon mitgetheilt hat. Ein anderer General des Emirs, Ben-Amer, war in die Medschana eingedrungen. Die dortigen Stämme weigerten sich aber, ihn zu unterstützen, und er mußte unverrichteter Sache wieder nach Titeri zurückkehren. Das Dampfboot Grondeur brachte nach Algier Ben-Ganahs Trophäen: die Flinten, Fahnen und Kanonen, welche er den Abd-El-Kader'schen Truppen abgenommen hatte.
Ein Schreiben aus Oran erzählt eine interessante Episode des letzten Kampfes zwischen den Arabern Buhamedi's und den Spahis des Obristen Yussuff. Der Lieutenant Lepic wurde in dem Handgemenge von arabischen Reitern umringt, hieb sich aber glücklich durch, nachdem er einen ehemaligen Scheikh des Duairs getödtet und einem andern Gegner den Arm durchstochen hatte. Am folgenden Tage erhielt der Lieutenant von seinem verwundeten Gegner folgendes Schreiben: „Ich werde dich wieder erkennen, Christ, beim ersten Zusammentreffen; ich werde dich nennen bei deinem Namen, und wagst du es, dich allein mit mir zu messen, so fordre ich dich zum Zweikampfe.“ Dieser verwundete Araber war ein Häuptling der Angads, eines wegen seiner Abenteuerlust und seines ritterlichen Sinnes weit und breit berühmten und merkwürdigen Stammes, der die unfruchtbaren Steppen im Süden von Tlemsan bewohnt. Der französische Officier antwortete natürlich, daß er die Ausforderung annehme.
Toulon, 17 April. Ein Tagsbefehl des Generals Galbois, aus Constantine vom 29 März datirt, bestätigt alle Details, welche ich Ihnen gestern über das Treffen zwischen dem Scheik-el-Arab Ben-Ganah und Bu-Asus, einem der Generale Abd-El-Kaders gemeldet habe. In Folge dieses Sieges hat der Scheik-el-Arab Biscara, eine ziemlich wichtige Stadt des Blad-el-Dscherid, welche es bisher mit dem Ex-bey Achmet hielt, besetzt. – Das Dampfboot Castor, welches auf die Gerüchte einer Kriegserklärung Marokko's hin nach Tanger geschickt worden, ist von dort zurückgekehrt und brachte uns Briefe vom 6 April. Man erwartete in Tanger die Ankunft einer französischen Escadre, welche die Schritte des Consuls unterstützen sollte. Letzterer forderte vom Sultan Muley-Abderhaman eine kategorische Erklärung hinsichtlich seiner Verbindungen mit Abd-El-Kader; er bestand darauf, daß der Sultan mit dem Emir förmlich breche, und drohte, daß eine französische Expedition gegen Tanger gerichtet würde, im Falle Muley-Abderhaman diese Forderungen verweigern oder ausweichende Antworten geben würde. Auf dieses Ultimatum des französischen Consuls ist vom Kaiser von Marokko noch keine Antwort eingelaufen. Letzterer fürchtet einerseits, daß, wenn er Abd-El-Kader seine Unterstützung verweigert, dieser die Marokkaner fanatisiren und Aufstände erregen würde; auf der andern Seite fürchtet der Kaiser aber auch eine Blokade seiner Häfen, wodurch ihm ein beträchtlicher Theil seiner Einkünfte entzogen würde. Letztere Rücksicht wird ihn daher wohl bewegen, den Versprechungen, die er Frankreich gegeben, treu zu bleiben. Dieselben Briefe sagen, daß die Gerüchte, als seyen in Tanger Leben und Eigenthum der Fremden gefährdet, grundfalsch gewesen. Die marokkanische Regierung wachte im Gegentheil sehr eifrig für die Sicherheit der Europäer, und namentlich schienen die Franzosen von den Behörden besonders wohlwollend behandelt zu werden. Muley-Abderhaman befindet sich gegenwärtig in Mekines, von wo es den französischen Consuln, wegen der nähern Lage dieser Stadt an der Küste, leichter ist, Mittheilungen zu erhalten, als von den großen Städten Fez und Marokko.
Paris, 19 April. Es schwebt noch immer undurchdringliches Dunkel über den von Frankreich in Bezug auf die äußere Politik zu befolgenden Gang. Auch im Innern herrscht Ungewißheit. Zwei Fragen, die der Rentenconversion und die algierische Besetzung, scheinen das gegenwärtige Ministerium beunruhigen zu müssen: noch mehr als alles Uebrige aber die früher oder später unausbleiblich eintretende Nothwendigkeit sich von dem Parteigeiste zu reinigen, sich frei und unabhängig zu machen von der Unterstützung, die von letzterem der gegenwärtigen Regierung geleistet wird. Hr. Thiers wird sich bald gezwungen sehen, alle enthusiastischen Ideen von natürlichen Gränzen, von der Größe und dem Beruf seines Landes als Stern erster Größe der übrigen Welt vorzuleuchten, mit Einem Wort alles Extreme abzuschwören und sich nicht anf gewisse Fractionen der Kammer, sondern auf die eigentliche Macht des Landes, auf die Macht der materiellen Interessen der Mittelclassen zu stützen, die nichts von Krieg und Eroberungen wissen wollen, nur nach den Vortheilen des Friedens streben. Daher kommt es, daß das neue Ministerium nicht die Besorgnisse im Ausland erweckt, welche man anfangs zu erwarten schien, vielmehr eine Art Sympathie im Auslande erregte, deren seine unmittelbaren Vorgänger sich durchaus nicht zu erfreuen hatten. – Don Carlos beharrt noch immer auf seinen Weigerungen, auch nur das Geringste von Ludwig Philipp anzunehmen, obwohl die Casse des Prätendenten in letzter Zeit bis zu einem Punkte erschöpft war, daß sein gewöhnlicher, äußerst sparsamer
Haushalt ins Stocken zu gerathen drohte. In dieser fast beängstigenden Lage erhielt endlich der Infant vor ein paar Wochen Wechsel von einer östlichen Macht im Betrage von 30,000 Franken, die ihm eine mehr als erwünschte Subvention gewesen seyn mögen. Don Carlos wird, wie man behauptet, binnen kurzem seinen Aufenthalt in Bourges mit jenem zu Blaye vertauschen müssen, wo vor einigen Jahren die Herzogin von Berry detinirt war. Es bleibt daher wenig Hoffnung, daß der Prätendent seine Freiheit sobald wieder erlange. Die Umtriebe, die seine Partei in den baskischen Provinzen sich zu Schuld kommen läßt, scheint die längere und zugleich strengere Haft des Fürsten zu motiviren.
Belgien.
Brüssel, 18 April. Seit gestern haben die ministeriellen Combinationen noch hin und hergeschwankt, bis man endlich bei folgender Einrichtung stehen geblieben, deren Bekanntmachung man durch die nächste Nummer unseres Moniteurs entgegensieht. Statt des Hrn. Rogier übernimmt Hr. Liedts das Innere, wozu dieser sich in jeder Hinsicht besser eignet; Hr. Rogier dagegen übernimmt das Ministerium des Handels und der öffentlichen Bauten, dem er mit mehr Erfolg als dem Departement des Innern wird vorstehen können. Justizminister wird Hr. Leclercq, bisher Generalprocurator des Cassationshofs, ehemals ein ausgezeichnetes Mitglied des National-Congresses und dann der Repräsentantenkammer, bis ihn seine Ernennung beim Cassationshofe nöthigte, seine Stellung als Mitglied dieser Kammer aufzugeben. Lebeau erhält das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, und Hr. Mercier, bisher Director einer Abtheilung des Steuerwesens, das Finanzministerium. Im Ganzen ist dieß eine bessere Combination, als sich noch vor kurzem erwarten ließ, wozu besonders der Zutritt des Hrn. Leclercq beigetragen, den man nur nach vielfältigen Versuchen dazu vermocht, ein Portefeuille anzunehmen.
Brüssel, 18 April. Die Ordonnanzen für die Ministerernennungen werden morgen früh veröffentlicht. Das neue Ministerium gehört eher der liberalen, als der katholischen Partei an. Ich glaube, es wird sich zwischen beide Parteien als Vermittler stellen, und gleich dem Ministerium Thiers in Frankreich ein Ministerium der Transaction, durch Zuziehung der gemäßigten Männer beider Parteien seyn wollen. So wenigstens wird, glaubt man, das Programm dieses Cabinets lauten. Besser freilich ist es, erst seine Handlungen abzuwarten. – Der König reist nächsten Montag nach Paris, um der Trauung des Herzogs von Nemours beizuwohnen.
* Der Moniteur vom 19 April enthält die Ernennungsordonnanzen.
Deutschland.
München, 23 April. Ein diesen Morgen erschienenes Regierungsblatt bringt eine k. Entschließung, den Hagelversicherungsverein für das Königreich Bayern betreffend, dann eine Bekanntmachung über die 12te Verlosung der vierprocentigen Staatsschuld. – Capellmeister Chelard, welcher an Hummels Stelle nach Weimar berufen ist, veranstaltete gestern Abend im großen Odeonsaale ein Abschiedsconcert, in welchem lediglich Werke von hiesigen Componisten zur Production kamen, und den Beweis lieferten, daß München an tüchtigen Tonsetzern nicht arm ist. Der lebhafte Beifall, den namentlich die gelungenen Tonstücke des Concertgebers von der zahlreichen Versammlung erhielten, mögen ihm bethätigen, daß man seine Leistungen zu würdigen weiß, und daß er durch sein Verdienst wie durch sein bescheidenes Benehmen sich ein freundliches Andenken in unsrer Stadt gesichert habe. Die allerhöchsten Herrschaften beehrten dieses Concert mit ihrer Anwesenheit.
Stuttgart, 15 April. Dr. Strauß hat die bis jetzt ausbezahlten Raten seiner Züricher Pension an die Behörden seiner Vaterstadt, Ludwigsburg, überwiesen; die nähere Verfügung darüber behält er sich noch vor. Daß das in Zürich vorgelegte Pensionsgesetz mit seiner gegen alles Recht rückwärts wirkenden Clausel vornehmlich gegen ihn gerichtet ist, bezweifelt Niemand. Diese Rechtswidrigkeit wird wohl die deutschen Gelehrten in der Annahme von Berufungen nach Zürich vorsichtiger machen.
Leipz. A. Z.)
Baden-Baden, 21 April. Wie fast jeglichem Gerücht irgend eine wahre Thatsache zu Grunde zu liegen pflegt, so ist dieß auch der Fall mit der, durch öffentliche Blätter verbreiteten Nachricht „von einer plötzlichen Wegweisung aller hier anwesenden Polen.“ Es verweilten allerdings zwei aus ihrer Heimath verbannte Polen hier, welchen ausnahmsweise aus Rücksichten auf ihre Gesundheit eine temporäre Aufenthaltsbewilligung ertheilt worden war – und nachdem sie mit dem Arzt ihres Vertrauens sich berathen, und die für zweckmäßig erachtete Cur gebraucht, bedurfte es kaum einer leisen Andeutung, daß ihre Zeit abgelaufen, um den einen zur Abreise, den andern zur Bitte um Verlängerung der Frist zu bewegen, welch letztere in Berücksichtigung besonderer Umstände zugestanden ward, und in diesen Tagen erst ihr Ende findet. – Die Vorbereitungen für die Saison werden lebhaft betrieben; das Conversationshaus schmückt sich auch von außen mit neuen Verzierungen und Schildereien, zu deren Ausführung im vorigen Jahre keine Zeit mehr geblieben war, und der große Saal hat einen kostbaren, künstlichgefügten Parketboden von Eichenholz erhalten. – Die Wittwe des kürzlich hingeschiedenen Fürsten Demidoff ist mit ihrem Schwager Anatole Demidoff vor ein paar Tagen angelangt, um einen Theil der Trauerzeit an einem Orte zuzubringen, welchen der Verstorbene während seines Lebens vor vielen andern liebte.
Weimar, 16 April. Dem Andenken der einst hier lebenden großen Dichter hat unsere Frau Großherzogin mehrere Zimmer des hiesigen in vieler Beziehung merkwürdigen Residenzschlosses geweiht. Das „Schiller-Zimmer“ ist vor kurzem fertig geworden. Der von München herbeigerufene Maler Neher hat seine Aufgabe würdig gelöst. Jedes der Hauptfelder, in welche das Zimmer getheilt, nimmt einen bedeutsamen Moment eines Schiller'schen Drama's ein, welchem andere Scenen in kleinern darüber angebrachten Feldern beigegeben sind. Es zeichnen sich diese Frescogemälde durch kräftige Zeichnung, wie durch frische Farbengebung aus. Einzelne derselben sind ergreifend in ihrer Wirkung, bei andern scheint fast das historische Studium der freieren poetischen Auffassung, namentlich im Sinne des Dichters, etwas geschadet zu haben. Die kleineren Bilder aus den Dramen und Gedichten Schillers haben mich ganz besonders angesprochen. Neher wird nun unverzüglich an das „Goethe-Zimmer“ gehen. Preller, ein ausgezeichneter Landschaftsmaler, mit der Ausführung des Wieland bestimmten Zimmers beauftragt, ist mit den Scenen aus Oberon fertig. Kühn und kräftig ist sein Pinsel im Landschaftlichen, während seinen Figuren die grazienhafte Leichtigkeit, die das Gedicht bedingen möchte, fehlt. Besonders interessant erschienen mir die Arabesken, die der Maler Simon zu diesem Zimmer entworfen und in deren Ausführung man eben begriffen. Die liebliche Laune und Schalkhaftigkeit des Gedichts zur Gestaltung bringend, sind sie dabei so sinnig, so bedeutungsvoll, daß sie in ihrer geistvollen Fülle dem Beschauer immer Neues zu denken und zu rathen geben. Frhr. v. Sternberg, in derlei Dingen als Dichter und Maler wohl competent,
hat im Stuttgarter Kunstblatt einige Artikel über sie geliefert, auf die ich verweisen möchte; Hr. v. Schorn hat eine Arabeskenreihe dazu in Kupfer stechen lassen. Von Alex. v. Sternberg haben wir einen neuen Roman zu erwarten, den „Gil Blas des achtzehnten Jahrhunderts,“ den er vor kurzem vollendet, als die komische Fortsetzung seines „St. Sylvan“ angesehen wissen will und mit allen Reizen seiner Laune und lebendigen Darstellungskraft ausgeschmückt hat. Schon arbeitet er an einem neuen Roman, die jetzigen Literaturfragen berührend. – Das Gastspiel des Hrn. Moritz aus Stuttgart hat hier viel Beifall gefunden und viel Anregung gegeben. Ich fühle mich gedrungen es hier mit aufzuführen, da dieser seine Darsteller mit lebhaftestem Interesse Theil nimmt an den jungen sich in der dramatischen Litteratur regenden Kräften, und die Dichter mit solchen Künstlern vereint viel zum Aufschwung unseres Drama's beitragen können.
Der Hamburger Correspondent schreibt aus Stade vom 11 April: „Es hat die Eingabe von 27 hiesigen Bürgern wohl mit dazu beigetragen, daß das k. Cabinet den hiesigen Magistrat bei einer Ordnungsstrafe von 50 Rthlrn. angewiesen hat, binnen acht Tagen das Wahlcollegium der Stadt einzuberufen. Das Resultat ließ sich freilich vorhersagen, denn die Opposition war nicht müßig, sich den Sieg zu verschaffen. Der heutige Tag war zur Wahl eines Abgeordneten angesetzt, und das Resultat war: 1 für – 14 gegen die Wahl.“
Hannover, 16 April. In der vorgestrigen Sitzung der zweiten Kammer kam ein k. Schreiben zur Verlesung, nach welchem der König geruht hatte, den Hofrath Dr. Sermes zum Vicepräsidenten zweiter Kammer, wozu derselbe primo loco präsentirt worden, zu ernennen. Auch kam im Laufe der Sitzung ein zweites k. Schreiben zur Verlesung, durch welches die von den Ständen beantragte Vertagung vom 16 bis 25 d. incl. ausgesprochen ward. (Hann. Z.)
Preußen.
Berlin, 18 April. Seit einigen Tagen befindet sich hier die wegen ihrer großen philanthropischen Wirksamkeit bekannte englische Quäkerin Mistreß Fry (Frey). In ihrer Begleitung sind die Hrn. Allan, der sich bereits der Gunst des Kaisers Alexander wegen seiner Verdienste um das russische Gefängnißwesen zu erfreuen hatte, Gurney und mehrere andere achtbare Mitglieder der brittischen Gesellschaft der Freunde. Unser König hat den Befehl gegeben, diesen Fremden bei ihren Besuchen der preußischen Gefängnisse, der Straf-und Besserungsanstalten, der Arbeitshäuser etc. auf das bereitwilligste entgegenzukommen. Bereits haben sie sowohl hier, als in Spandau und Potsdam, alle diese Anstalten besichtigt und sowohl von ihrer Freigebigkeit gegen schwache und kränkliche Gefangene, als von ihren Kenntnissen und Einsichten, namentlich aber auch von ihrer rührenden Beredsamkeit Beweise gegeben. Mistreß Fry soll ihre besondere Theilnahme und Befriedigung bei ihrem Besuche der von dem wackern Hrn. Kopf geleiteten Institute zur Besserung verwahrloster Kinder ausgesprochen haben, dagegen mit den Berliner Gefängnissen weniger zufrieden seyn. Letztere sind allerdigs schon wegen ihrer mangelhaften Räumlichkeit und fortwährenden Ueberfüllung weniger geordnet, und insbesondere auch weniger nach den neuern Verbesserungsmethoden eingerichtet, als viele ähnliche Institute in der Provinz. – Es bestätigt sich von mehrern Seiten, daß es mit dem russischen Expeditionscorps an der Emba nicht so schlecht bestellt sey, als früher gemeldet wurde. Auch General Molostoff, früherer Adjutant des zu Karlsruhe in Schlesien residirenden Herzogs Eugen von Würtemberg, meldet in seinem letzten (in der Breslauer Zeitung abgedruckten) Privatberichte, daß die Expedition noch nicht die Hoffnung aufgegeben habe, die in Chiwa schmachtenden russischen Mitbrüder aus der Sklaverei zu befreien und den Räubereien des Chans ein Ende zu machen. – Hr. Karl Gutzkow ist seit einigen Tagen hier, um das Einstudiren zweier seiner Dramen auf der königl. Bühne zu fördern und ihrer ersten Aufführung beizuwohnen.
Berlin, April. Eben erscheint der zweite Band der neuern deutschen Kunstgeschichte des Grafen A. Raczynski, aus dem Französischen übersetzt durch F. H. von der Hagen, welcher Band, das südliche und mittlere Deutschland enthaltend, in den Mittelpunkten München, Stuttgart, Karlsruhe, Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Prag, Wien ein selbstständiges Ganzes darstellt, und zugleich durch einen Ausflug über die Alpen anziehende Blicke auf das Kunstleben in Rom, Florenz, Parma, Lucca, Turin, Genua, Mailand, Bergamo, Venedig wirft. Der Kern des gegen 100 Bogen starken Bandes ist allerdings München mit den allseitigen, wahrhaft königlichen Werken – Cornelius mit seiner großen Malerschule und was sich unabhängig Bedeutendes um ihn bewegt. Auch die Bildhauerkunst und Baukunst nehmen darin eine würdige Stelle ein. Das Ganze ist selbst hier in ein großes kunstreiches Gemälde gefaßt, erläutert (oder, wie es jetzt heißt, illustrirt) durch 107 eingedruckte und eingelegte Abbildungen, bedeutsam verzierte Anfangsbuchstaben und einen Atlas von 13 großen Kupferstichen und Steinbrücken in Royal-Folio. Vor allen werden auch hier die Gestalten der Götter und Helden von Cornelius, Allerheiligen von H. Heß, der Nibelungen von Schnorr, die Geisterschlacht und mannichfaltige Lebensbilder von Kaulbach der Anschauung geboten. Alle diese, vornehmlich dem Ruhm des gesammten deutschen Vaterlands gewidmeten Werke, deren Beurtheilung eben so viel Billigkeit und herzliche Anerkennung als gründliche Einsicht und reifen Geschmack bekundet, werden durch eine geschichtliche Uebersicht der deutschen Helden- und Ritterdichtung bis in das Zeitalter der Hohenstaufen, und in diesem durch eine vollständige Darstellung des Nibelungenliedes, des Lebens und der Werke Wolframs von Eschenbach und Walthers von der Vogelweide, demnächst durch die geschichtliche Beleuchtung der Frescogemälde der Arkaden, von dem Verdeutscher dieses auf Kosten des Verfassers mit großen Aufwand ausgeführten Werkes eingeleitet, und führen zu der alle Zeitalter umfassenden Walhalla, der hohen Ruhmeshalle des gesammten Deutschlands, welche vornehmlich auch mehrere große Abbildungen vor Augen stellen.
Oesterreich.
Pesth, 16 April. Da ich in Ihren Blättern das in der Sitzung der Stände vom 24 März beschlossene Nuncium an die Magnatentafel, in Betreff der den Juden in Ungarn zu verleihenden Bürgerrechte, noch nicht lese, so theile ich Ihnen dieses merkwürdige Actenstück in Folgendem mit: „Eine Volksclasse, welche Jahrhunderte hindurch den Druck der Gesetzgebung nicht minder als der Erniedrigung empfunden, eine Classe, welche die Menschlichkeit bisher erfolglos um Erleichterung anflehte, ist nun zu der frohen Erwartung berechtigt, daß die Gesetzgebung ihr auch im öffentlichen Leben, wo bisher nur die Lasten sie trafen, rechtliche Wohlthaten zufließen lasse. Unter dem Drange der dem 34sten Art. von 1790/91 nachfolgenden Ereignisse ist dieses Gesetz verklungen; aber die innere, wie die äußere Ruhe weckt jenes gesetzliche Versprechen wieder, und erinnert die Nation, daß in dieser vorwärts schreitenden
Zeit die Verheißung eines halben Jahrhunderts zu erfüllen sey, auf daß jene einer Gerechtigkeit theilhaftig werden sollen, die weder durch eine Stimme, noch bürgerlich zur Forderung derselben berechtigt sind. Die Juden sind vom Feldbau, von der freien Ausübung von Professionen, vom Erwerb unbeweglichen Besitzthums ausgeschlossen, sie sind noch über die gewöhnlichen Abgaben besteuert, und kämpfen unter diesen Entsagungen auf dem ihnen einzig offen gebliebenen Wege des Handels und des Erwerbs zur Fristung ihrer Existenz; sie sind aus der Reihe der übrigen Bürgerclassen verwiesen; durch diese täglich gedemüthigt, bemühen sie sich daher, die Schätze des Landes, welche sie als ihren einzigen Lebenszweck zu betrachten gezwungen sind, den Händen jener andern Classen zu entreißen. Der Jude ist ein Fremdling unter uns, von allen Bürgerrechten entfernt, belastet mit dem traurigen Andenken jahrtausendelanger Verfolgungen; es ist daher kein Wunder, wenn er durch Fleiß und Thätigkeit für alles das sich wieder zu entschädigen sucht, was die Gewalt an ihm verübte. Der Jude hat durch seinen Fleiß, sein festes Zusammenhalten mit seinen Religionsgenossen nicht nur seine Existenz erhalten, sondern er überwand auch alle Hindernisse und Beschränkungen, und wußte sich über die andern Bürgerclassen sogar ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen. Ist es unter solchen Umständen räthlich, daß der Jude wie bisher so auch fernerhin von dem allgemeinen Verband ausgeschlossen bleibe? Staatsinteressen erfordern es, daß diesem Zustande der Juden ein Ende gemacht werde, die Gerechtigkeit erheischt es, daß die israelitische Bevölkerung mit dem Vaterlande, in welchem sie lebt, versöhnt, und jener Gerechtsame theilhaft werde, welche jeder Bürger genießen soll, der zu den öffentlichen Lasten beiträgt. Dem Juden sollen alle Quellen des Staatsbürgerrechts und jede Bahn der Industrie geöffnet werden, dann wird sich sein Interesse mit dem der übrigen Staatsbürger vereinen, da der Jude dann auch im Gesetz gleichen Schutz findet. Aus dem Gesetzbuche soll die herabwürdigende Benennung, sollen jene erniedrigenden Verordnungen getilgt werden, welche den Juden in Abgeschiedenheit von den übrigen Landeseinwohnern halten; er soll nicht wie ein fremder Eindringling, wie ein feindseliges Glied des Staats, vor dem man sich fürchten müsse, betrachtet werden; alsdann wird der Jude das Gesetz lieben, welches seines bisherigen verlassenen Zustandes eingedenk war, er wird den Staat lieben, der ihn jenem Zustand entriß, ihn mit seinen übrigen Kindern in seine schirmenden Arme aufnahm. Rechte sollen ihm verliehen werden, offen stehen ihm der Weg, durch Wissenschaft und Heldenmuth äußere Auszeichnungen zu erlangen. Die außerordentlichen Abgaben sollen aufhören. Dann wird der Jude freiwillig, nicht gezwungen, sein Blut fürs Vaterland und zur Vertheidigung des Gesetzes opfern, welches ihm neben den Lasten auch Begünstigungen ertheilt, wogegen er jetzt weder ein gleiches Interesse, noch gleiche Gefühle für Vaterland und Gesetz mit den übrigen Staatsbürgern haben kann. Die Ständetafel sieht die im Lande wohnende israelitische Einwohnerschaft nicht für ein fremdes Volk an, sondern betrachtet dieselbe als eine abgesonderte Religionspartei, die, weil sie anderer Religion ist, alle Bürgerrechte entbehren muß. Die Ständetafel ist auch der Meinung, daß der Geist der siegenden Bildung schrittweise bereits jene tiefen Trennungen des geselligen Lebens ausgeglichen hat, und endlich ganz ausfüllen wird, jene Trennungen, die über das verflossene Jahrtausend ausgedehnt, durch eine lange Reihe von Vorurtheilen in die besseren Gefühle der christlichen und jüdischen Bevölkerung gebracht wurden. Aber die Gesetzgebung muß den Grund legen, und das große Wort der Versöhnung aussprechen, welches heißt: Einbürgerung. Die Ständetafel wünscht in dem hierüber abzufassenden Gesetze zwei Verfügungen aufgenommen. 1) Die Toleranztaxe wurde ohne Mitwirken der Reichstände auferlegt, auch wird dieselbe ohne Einfluß der Jurisdictionen erhoben; diese Abgabe ist mit der Constitution überhaupt nicht im Einklang, und führt auch die Erinnerung der Judenverfolgung in frühern Jahrhunderten mit sich; sie steht mit dem Begriff der Besteuerung im Widerspruch, dessen einzige Grundlage das Wohl des Staats ist. Die Ständetafel wünscht also, daß die sogenannte Toleranztaxe abgeschafft werden möge. 2) Der Begriff der Concivilität faßt schon alle jene Rechte in sich, welche nicht privilegirt sind: weniger als diese bewilligen hieße zwar die Fesseln der Intoleranz erleichtern, den materiellen Zustand der Juden verbessern, allein das Ziel, welches die Ständetafel in der Gesetzgebung sich vorgesteckt glaubt, würde bei weitem nicht erreicht seyn, nämlich daß das Interesse der Juden als Mitbürger in jeder Rücksicht mit dem Interesse des Staats vereint werde. Die Ständetafel will also auch aussprechen, daß den Juden alle Rechte der Nichtadeligen ertheilt werden.“ – In derselben Sitzung wurde ein Repräsentationsentwurf in gleichem Sinne und schließlich auch der Gesetzesentwurf darüber folgendermaßen beschlossen: „Hinsichtlich der jüdischen Glaubensgenossen wird verordnet: §. 1. Die Toleranztaxe wird abgeschafft. §. 2. Unter der heiligen Krone Ungarns werden den Juden überall mit den übrigen nichtadeligen Einwohnern gleiche Bürgerrechte ertheilt.“ – Die Modificationen, welche die Magnatentafel in der Sitzung am 31 März beschloß, sind bekannt.
Die Indianer und der Indianerkrieg.
Washington, 21 Febr. Der schaudererregende Vertilgungskampf gegen die Indianer mittelst Bluthunden hat seinen Anfang genommen. Die Gräuelscenen der spanisch-amerikanischen Kriege wiederholen sich auf dem Boden der Freiheit. Die Hunde sind spanische Bluthunde, und es sind ihrer vierzig „unter dem Befehl eines amerikanischen Obristen“ von der Insel Cuba nach Florida gebracht worden. Eine Meile und weiter folgen diese wüthenden Thiere der Spur der Menschen, und bereits sind mehrere Indianer dieser gräßlichen Barbarei zum Opfer gefallen. Was für ein Krieg ist das, werden Sie mich fragen, in welchen man von dem kalten Morden einzelner Menschen wie von gewonnenen Schlachten spricht? und welche Macht ist es, die Millionen und Tausende ihrer tapfersten Krieger auf das kalte Abschlachten einer Handvoll Unglücklichen verwendet, von welchem sie selbst zugesteht, daß sie, vom Meer umgeben, nicht entfliehen können, und sich daher mit dem Muthe der Verzweiflung bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen müssen? Ich will versuchen, diese Frage zu beantworten, denn ich bin dieß der Wahrheit, den ewigen Interessen der Menschheit und der Geschichte schuldig, in deren Schuldbuch das republicanische Amerika schon in Bezug auf die Negerrace hart und binnen der letzten drei Jahre gerechterweise angeklagt steht. Man suchte nämlich während dieser Zeit die Sklaverei nicht, wie früher, mit dem Drang der Umstände, mit der politischen und physischen Unmöglichkeit ihrer los zu werden u. s. w., zu entschuldigen, sondern dieselbe zu einem System zu erheben, auf welchem sich die Prosperität der Weißen auf dem bis nach Südamerika oder wenigstens bis nach der Meerenge von Panama sich zu erstreckenden Territorium der Vereinigten Staaten gründen soll. In Bezug auf die Indianerstämme aber ist das Verfahren unserer Regierung unendlich grausamer und der Menschheit unwürdiger, und das hiedurch dem Verderben zugeführte Geschlecht unendlich hochsinniger und würdiger, als – um Ihnen die lautere Wahrheit zu gestehen – die Anglo-Amerikaner selbst; und dieß hoffe ich Ihnen im Laufe dieses Aufsatzes zu beweisen. Vergebens schreibt Washington Irving seine Tour to the prairies, seine Astoria u. dgl.; die von ihm verhöhnte und verspottete Menschheit wird vor dem Richterstuhle der Geschichte, vor dem ganzen gebildeten Europa als Kläger auftreten gegen die schändliche Falschheit und Oberflächlichkeit seiner Aussagen, und Genugthuung verlangen für die an ihr verübte Missethat. „Pas un soupir pour cette noble race!“ ruft Hr. Nicollet mit Thränen in den Augen, „pas un mot en faveur de l'humanitè, et c'est pourtant le premier poëte américain!“ Mit diesem Hrn. Nicollet will ich Sie sogleich bekannt machen. Es ist ein äußerst liebenswürdiger, mit wissenschaftlichen Kenntnissen vielfach ausgestatteter alter Franzose, welcher sieben Jahre unter den Indianern verlebte, bis in die Nähe der westlichen Felsengebirge vordrang und binnen kurzer Zeit einen ausführlichen Bericht über Sprache, Sitten, Gebräuche, Religion, Moral u. s. w. dieses unglücklichen Volkes dem Kriegsminister der Vereinigten Staaten, Hrn. Poinsett, abstatten wird. Ein größeres Werk über die indianischen Dialekte gedenkt derselbe bald in Paris herauszugeben, und ich kann dem europäischen Publicum hiezu nur Glück wünschen; denn gewiß hat noch kein Mensch, wie er, diesem Gegenstand eine so reine, von keinen egoistischen Beweggründen geleitete Aufmerksamkeit geschenkt und uns von dem Charakter, den Sitten und der Religion dieses unglücklichen Menschenstammes ein vorurtheilfreieres Bild gegeben, als dieser mit allen hiezu nöthigen Vorkenntnissen im reichsten Maaße versehene, mit dem edelsten Herzen und dem feinsten Tact ausgestattete Hr. Nicollet. Was mich aber am meisten erfreute, war das Zeugniß mehrerer Officiere in der Armee, welche bereits mehrere Feldzüge gegen die Indianer mitgemacht, und die Aussagen des Obristen Gardiner, welcher lange Zeit in Florida unter den Indianern gelebt hat, und dessen Pflanzung die erste war, welche von den Seminolen beim Ausbruch der Feindseligkeiten zerstört wurde. Diese stimmen nämlich ganz mit den Resultaten der wissenschaftlichen Nachforschungen des Hrn. Nicollet überein – ein Beweis, daß letzterer vorurtheils- und leidenschaftslos zu Werke ging und seinem wichtigen Gegenstand auch die gehörige Zeit widmete. Dieß war, wie bekannt, bei Washington Irving nicht der Fall, und darum sind auch seine Skizzen der Indianer kalt, verschroben, unwahr und im höchsten Grad einseitig. Die grausamste, unerhörteste Vertilgung eines ganzen Menschengeschlechts preßt dem Dichter auch keine Thräne aus! Pas un soupir pour cette noble race! Es scheint doch als ob Cooper den Indianercharakter besser aufgefaßt hätte, daß seine poetische Natur die Wahrheit wenigstens geahnet hat, während Irving in seiner Astoria den Shop keeper auf Kosten der armen, überall hintergangenen und verrathenen Rothhäute zum Helden stempelt. Mit Recht haben ihm daher auch die englischen Kritiker den Vers aus der Fudge Family vorgeworfen:
„Papa was all the while in the secret 't is clear,
'T is a shop man he meant by a Brandenburgh, Dear!“
Wenn sich je die Hand eines Menschen an Gottes erhabener Schöpfung versündigte, so ist es die des Amerikaners in der unmenschlichen Vertilgung seines von gleicher Freiheitsliebe beseelten rothen Bruders, der vielleicht nur zu edel ist, um das, was man hier zu Land und besonders im Westen Civilisation heißt, sogleich aufnehmen und mit seinen früheren Neigungen und Gewohnheiten vereinigen zu können. Daß der Indianer tapfer ist, können selbst seine Feinde nicht in Zweifel stellen: Muth, Gleichgültigkeit in Gefahren und eine kaum von Griechen und Römern gekannte Todesverachtung sind Tugenden, welche Franzosen, Spanier, Engländer und Amerikaner an ihnen rühmten; aber Ehrlichkeit, Gastfreundschaft, Wahrheitsliebe und Keuschheit, wie sie nur Tacitus bei den alten Germanen fand, haben unsere puritanischen Pelzhändler noch nicht an ihnen bemerkt – wahrscheinlich, weil sie dergleichen Dinge gar nicht suchten, oder, wenn vorhanden, davon keinen Gebrauch machen konnten.
„Gestehen Sie mir aufrichtig“, rief ich dem eben genannten Obristen Gardiner in der Vereinigten-Staaten-Armee zu, indem ich ihn treuherzig bei der Hand nahm und ihn bat, ein Glas Punsch mit mir zu trinken, „wen halten Sie für ehrlicher und offenherziger, die Indianer oder die mit ihnen verkehrenden Amerikaner? “ – „Es gibt Gute und Schlechte auf beiden Seiten“, antwortete er, „wenn ein Indianer einen Weißen überlisten kann, so thut er es, und auf gleiche Weise hintergehen die Amerikaner die Rothhäute.“ – „Keine ausweichende Antwort, Herr Obrist! welche ist die die Gesetze der Rechtschaffenheit und Moralität am meisten verletzende Partei? Beantworten Sie diese Frage nach Recht und Gewissen und auf das Wort eines Officiers.“ – „Nun denn, die Amerikaner
sind die größten Spitzbuben, wie sich dieß auch gar nicht anders erwarten läßt; sind es doch lauter Kerls, die zu Hause schon den Galgen verdient, und die gewiß nicht an die äußerste Gränze des Westens zogen, um dort unter Indianern auf ehrliche Art ihr Brod zu erwerben!“ – „Sie gestehen also zu, daß die Indianer von den Western Settlers – dem von der vorschreitenden Civilisation der atlantischen Staaten nach Westen ausgeworfenen Schaum – betrogen werden?“ – „Allerdings! Unter neun Händeln, welche so eine Rothhaut mit einem unserer scharfsinnigen, gewandten Krämer macht, ist er immer neunmal betrogen, und dieß besonders, wenn er zutraulich ist und sich bereden läßt, von seinem Freunde ein Glas Schnaps anzunehmen, das ihn dann sein Wirth nicht selten mit allen mitgebrachten Thierfellen bezahlen läßt. Gibt es doch kein Gericht, das den Betrüger zu strafen im Stande wäre; denn nicht nur ist die ganze Bevölkerung des westlichen Theils der Vereinigten Staaten beständig auf der Wanderung, sondern hält auch so unter sich zusammen, daß keiner unter ihnen an einem andern zum Verräther wird. In einer Streitsache zwischen einem Indianer und einem Amerikaner finden Sie gewiß auf 60 Meilen in der Runde keine Geschwornen, die dem erstern, selbst im Fall eines begangenen Mordes, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Weißer, lieber Herr, hat eben so wenig Unrecht gegen einen Indianer als gegen einen Neger; fragen Sie hierüber wen sie wollen, vom Cap Florida angefangen bis nach Wisconsin. Wenn dieß nicht so wäre, so lohnte es sich ja kaum der Mühe, mit diesem lumpigen Bettelvolk ihrer Pelze wegen Handel zu treiben und Factoreien zu errichten.“ – „Da ist es freilich begreiflich, daß die Indianer von Zeit zu Zeit Grausamkeiten begehen und sich Verbrechen schuldig machen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten zu ahnden sich gezwungen fühlt.“ – „Und doch vergreift sich eine Rothhaut nicht leicht an einem Weißen, denn die Indianer kennen kein anderes Gesetz als die lex talionis aller rohen Völker. Wenn Sie von den Depredationen dieser Wilden hören, so können Sie sich überzeugt halten, daß eine hinlängliche Herausforderung unsererseits vorausgegangen, von welcher aber natürlich unsere Zeitungen nichts verkünden.“
(Fortsetzung folgt.)
Don Ramon Cabrera.
Bruchstücke aus einer demnächst erscheinenden kleinen Schrift von Baron W. v. Rahden, Brigadegeneral im Geniccorps der Carlistischen Armee.
Im October 1833 verließ ein junger Student der Theologie, von einigen Freunden begleitet, alle mit Stöcken und Jagdflinten bewaffnet, die Hochschule seiner, nahe am Ausflusse des Ebro in Catalonien gelegenen Geburtsstadt Tortosa, und eilte in die nicht fernen Gebirge Aragons, wo einzelne Guerillas sich bereits gesammelt hatten, um die Rechte ihres angestammten Königs zu verfechten. – Derselbe Wunsch beseelte auch unsern Jüngling; glühender Enthusiasmus und ein nicht zu unterdrückender Zug zum neugewählten Berufe machten ihn stark. Die heilige Jungfrau de la Cinta, deren Dienste in einer Ermita bei Tortosa er sich eben gewidmet hatte, leite und schütze ihn bei seinem Unternehmen – so hat er sich damals und später jenen heroischen Entschluß erklärt.
Sechs Jahre sind seitdem verflossen und dieser junge Hochschüler ist jetzt der weltberühmte Don Ramon Cabrera, Graf v. Morella, Feldmarschall und Vicekönig der Krone Aragon, d. i. der Provinzen Aragon, Valencia, Murcia und Catalonien.
Cabrera wurde den 31 August 1810 in Tortosa geboren; der Heilige des Tages seiner Geburt gab ihm den Schutz und Taufnamen. Seine Eltern, aus der Classe des Mittelstandes, führten Handel auf dem nahen Meere; rastlose Thätigkeit machte sie wohlhabend, ächt christlicher Lebenswandel hochgeehrt.
Wir wissen nicht, ob irgend ein besonderes Ereigniß seiner Geburt bedeutsam vorausging oder dieselbe bezeichnete. Nur so viel ist uns bekannt, daß der einzige Sohn schon von frühester Jugend an dem Dienste der Kirche geweiht wurde – vielleicht um ein Gelübde der, ihrer Religion schwärmerisch ergebenen, Mutter zu lösen. Zu diesem Endzwecke besuchte Ramon das Seminarium und die Hochschule seiner Vaterstadt; dabei überließ er sich gleichwohl lieber seinem angebornen Hange zu den Waffen, besuchte Paraden, Exercierplätze und öffentliche Zusammenkünfte, um sich mit den Officieren der Garnison zu unterreden. *)Zufällig hörte ich mehrere dieser frühern Gesellschafter Cabrera's, worunter einige, die sich später gerade nicht dessen Protection erfreuten, da sie in den Christlischen Reihen gegen ihn gefochten hatten. Alle stimmten darin überein, daß der junge Student schon damals, wie später während seiner brillanten Heldenlaufbahn, der generöseste und uneigennützigste Freund gewesen sey. Man durfte ihm nur einige Krieger- und Heldengeschichten erzählen und alsobald öffneten sich Herz und Beutel unsers Cabrera, der deßhalb auch stets Freunde und Erzähler im Ueberfluß fand.
A. d. B.
So versäumte er seine Collegien, und daher geschah es, daß – wahrlich nicht aus Mangel an Talenten – das Examen seines Standes ziemlich mittelmäßig ausfiel. Eine untergeordnete Stellung als Capellan in einer Ermita de nuestra Señora, nahe bei Tortosa, war das nächste Resultat.
Hier war es, wo der Ruf zu den Waffen ihm ertönte; er folgte augenblicklich, verließ seine Clause, und stand in den letzten Monaten des Jahrs 1833 als Guerillaschef, den Knotenstock als Feldherrnstab schwingend, das rothe Tuch in Form eines Turbans um den Kopf gebunden – eines aragonesischen Factiosen ächt bezeichnende Tracht – an der Spitze seiner Armee von 15 Mann, halb mit Stöcken halb mit Jagdflinten armirt. Sein Kriegsschauplatz und Schlachtenterrain waren die undurchdringlichen Wälder und tief eingeschnittenen Engthäler und Schluchten bei Bezeite, Val de robles, Fresneda, Herbes und Vallibona in der himmelhohen Sierra, welche, zwischen Alcañiz und Tortosa, rechts den Ebro begränzt, oder bestimmter gesprochen, auf dem Gebirgsrücken, welcher von dem valencianisch-aragonesischen Hochplateau nördlich ausläuft und die Wasserscheide zwischen dem Ebro und Rio Guadalupe (Nebenfluß des erstern) bildet.
Noch war unser Held unberitten, obgleich sein Name, durch einige glückliche Kämpfe, wo er immer der kühnste und bravste, bereits bekannt geworden, und seine Truppe immer mehr anwuchs. – Da wagte er den ersten Angriff auf einige dreißig Reiter des feindlichen Regiments Bourbon – sie fliehen – er erwählt den stärksten Gegner und das beste Pferd, erreicht es, hält den Gaul beim Schweif im Lauf auf, schlägt mit seinem Stock den Feind zu Boden, und schwingt sich federleicht in dessen Sattel. ...
Carnicer aus Alcañiz, ein gedienter Officier, in den Reihen des spanischen Heeres gebildet, gebot damals Ordnung – wenn dieß Ordnung genannt werden kann – in allen Guerillasbanden des niedern Aragons. Unter ihm befehligten Quilez, Serrador, Tallada, Forcadell, Llagostera (nicht Llangostera
wie gewöhnlich geschrieben wird), Laloba, O'Callaghan u. m. A. meist früher gediente Militärs oder geübte Guerilleros aus den letzten Kriegen. Diesen schloß sich auch Cabrera an; jung, ohne Erfahrung, ohne Geld, ohne Verwandte im niedern Aragon, daher ohne allen und jeden Einfluß, den solche Dinge geben, zeichnete er sich dagegen vor allen durch seine geistige Ueberlegenheit, schnelle Auffassungsgabe, Ordnungsliebe und Superiorität in jeglicher Beziehung aus, so daß ihn Carnicer in seinem ersten, eben organisirten Bataillon zum Capitän einer Eliten-Compagnie (Voltigeurs) ernannte. ... Es war in demselben Jahr 1836, als Mina, damaliger Obergeneral des Feindes, die Gefangensetzung von Cabrera's alter Mutter und seiner drei jüngern Schwestern (aus der zweiten Ehe, sein Vater war schon lange todt) befahl, und da diese, mindestens gesetzlose und empörende Maaßregel durchaus nicht den Fortschritten des Sohnes Einhalt thun konnte, vielmehr Cabrera in fast täglich wiederholten Schlägen die Christinische Macht der gänzlichen Vernichtung immer näher brachte, so ließ der General Nogneras die alte 70jährige Mutter erschießen. Cabrera's Mutter, 72 Jahr alt, blind und gelähmt, lebte mit ihren drei Töchtern in großer Zurückgezogenheit in einer Vorstadt Tortosa's, nur Liebe athmend für ihren Sohn, den sie gewöhnlich el pio General, „den gottesfürchtigen General“ nannte, und für welchen sie nichts mehr thun konnte als beten. Wenn man ihr sagte, wie beneidenswerth sie als Mutter eines solchen Mannes und eines solchen Helden sey, erwiederte sie nach einigen Brustbekreuzigungen, als Zeichen des höchsten Respects für ihren Sohn, und ihres Dankes zum Himmel: „o Gott! wenn man mir mein Ramonchen nur nicht tödtet.“ Folgenden Brief, welchen Cabrera seiner Mutter schrieb und zusandte, und dessen Original dem Berichterstatter vorlag, zeugt ganz von dem kindlichen und liebevollen Herzen des Sohnes zu seiner Mutter; er ist ein treues Bild seines Innern und trägt das Datum vom 17 October 1834.
„Meine liebe Mutter, jede Stunde Zeit, welche ich mir in der Vertheidigung der Rechte unsers Königs Karl V und seiner heiligen Sache ermüßigen kann, möchte ich nur dir widmen. Gestern war ich bei Alcañiz, heute bin ich in Monroyo, und in einer Stunde muß ich schon wieder weiter. Ich habe nicht Ruhe, nicht Rast. O, wie schlägt mir das Herz, wenn ich bedenke, wie nahe ich dir bin, und doch kann ich weder dich noch meine Schwestern umarmen; es möchte mir brechen dieses arme Herz, daß ich all' diesen Freuden entsagen muß, denn morgen bin ich schon wieder weit, weit von hier entfernt. Bald werdet ihr wieder von einer Schlacht hören: betet, daß Gott unsere Waffen beschütze. Ich sage dir nicht, wohin ich gehe, aber ich verspreche dir, binnen heute und vierzehn Tagen Nachricht von mir zu senden. Ach, es ist ein schweres Leben, das ich führe, aber die Hoffnung versüßt es, daß ich so mitwirke, um unsern König auf seinen Thron zu setzen. Wenn dieß große Werk gelingen sollte, so wird mich wohl der König zum Capitän seiner Garde ernennen; ich werde dann nicht mehr so arm seyn als jetzt, und dir, theure Mutter, einen Bedienten, Wagen und Pferde halten können. O, dann werde ich ganz glücklich seyn! Leb wohl. Dein Ramon.
NB. Apropos, behalte André bei dir; er ist noch zu jung und zart, und ich fürchte für seine Gesundheit.“ (André ist ein naher Verwandter.)
Kaum kann man es glauben, daß die Rache des Feindes auf diese schuldlose Familie fallen konnte, auf diese Frauen, verlassen von allem und jedem männlichen Schutz. Kaum ist es möglich, zu glauben, daß drei commandirende Generale des Feindes in Gemeinschaft diesen teuflichen Plan ausbrüteten, und daß es Schriftsteller wagten, die Apologie dieser Schauderthat zu übernehmen.
Bewaffnete Grenadiere rissen die alte Mutter von ihrem Krankenbett und schleppten sie aufs Schaffot. Dort fällt die Arme auf die Knie nieder, und fragt, bittet und beschwört die Krieger, ihr zu sagen, was man wolle und was sie gethan habe, um so schändlich behandelt zu werden. Sie schweigen alle, nur einer unter ihnen – es war der Officier selbst – raunte ihr barsch entgegen: „man wird dich sogleich erschießen, denn dein Sohn ist unser größter Feind!“ – „Gnade, Gnade!“ seufzt die arme alte Frau. Doch unter rauhester Behandlung verbindet man ihr die Augen – unnütze Vorsicht, denn sie war ja blind – und ladet die Gewehre. Jetzt ermannt sich die Mutter des heldenmüthigsten Soldaten, und ihrerseits groß, ruft sie mit starker Stimme: „Nun wohl, Señores, ich bin die Mutter Cabrera's, und ich bin stolz, einen solchen Sohn erzeugt zu haben!“ Sie schlägt das Kreuz auf ihrer Brust, welche im Augenblick von zwölf Kugeln durchbohrt wird.
Nur wie durch Wunder werden die drei Schwestern gerettet, da man sie aus Furcht eines Aufstands der indignirten Zuschauer ins Gefängniß zurückschleppte, um ein andermal das bereits ausgesprochene Todesurtheil zu vollstrecken.
Man mag sich das gebrochene Herz des Sohnes und dessen Leiden denken. Sein erster Schrei war ein Schrei der Verzweiflung; sein erstes Wort Schwur ewiger Rache. Man weiß, wie schrecklich er Wort gehalten.
Dieser Act unerhörter Grausamkeit hatte auf Cabrera's Charakter, Denk- und Handlungsweise den tiefsten, entschiedensten Einfluß. Der junge Spanier, durch die glühende Sonne des Südens erzeugt, gebräunt und gepflegt; der feurige Catalan, dessen Blut kocht, wenn es Rache gilt, und der, wenn er Rache schwor, den Schwur erfüllt oder stirbt; der einzige, vielgeliebte Sohn, der niemals seine Leidenschaften zu zügeln gelernt, da er nie dazu angehalten wurde (denn seine Mutter kannte nur Ein Glück, Eine Wonne, ihren Ramon); der glückliche Soldat und Feldherr, unbesiegt und das Schrecken seiner Feinde, umgeben von Tausenden, die nur für ihn athmen, jeden seiner Wünsche abzulauschen, jeden seiner Befehle, oft nur gar zu rasch, auszuführen sich beeilen – dieser erhält heute die Schreckensbotschaft, und erst Tags zuvor spielte ihm das Kriegsglück eine große Zahl Gefangene in die Hände; er erblickt darin Gottes Finger – er befiehlt, und Alle sinken als blutige Sühnopfer seiner schuldlos gemordeten Mutter!
Tiefes Schaudern erregt dieses Ereigniß. Es fand statt in den Siegesfeldern von Cadrillas, unweit Buñol, im Königreich Valencia. Der Feind, welcher diese Schreckensthat durch die „Ermordung einer alten Mutter, um des Sohnes Fehl zu strafen“, hervorgerufen, läßt ebenfalls so viel Gefangene erschießen, als er besitzt. Beide Theile überbieten sich nun in Grausamkeiten, und Cabrera, dem das Kriegsglück immer neue Gefangene zuführte, opfert sie alle. Er erstürmt Utiel, Requeña, Sueca etc. im Königreich Valencia, eilt nach Aragon, vereint sich mit Serrador, erstürmt Mirambel, Bordon, Orcajo und andere Orte mehr, und alle Gefangenen fallen!
(Weitere Auszüge folgen.)
Die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands.
Aus Mitteldeutschland, April. In Ihrem Blatt vom 4 d. M. haben wir mit wahrer Genugthuung einen gediegenen Artikel aus Wien vom 28 März über die großartigen Leistungen gelesen, welche das gemeinsame deutsche Vaterland
der Vorsorge und Weisheit Oesterreichs verdankt. Diese Correspondenz ward wohl überall mit lebhafter Theilnahme aufgenommen, und nachdem Sie in einer Anmerkung zu jenem Artikel auf die Wünsche des südwestlichen Deutschlands hingedeutet, glauben wir Ihrer Absicht zu entsprechen, wenn wir auf den nämlichen Gegenstand zurückkommen.
Die vierte Bundesfestung sollte wohl eigentlich ein Aufsatz: „Ueber die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands in einem Kriege des deutschen Bundes mit Frankreich,“ bezeichnet seyn, welchen das erste Heft der Deutschen Vierteljahrsschrift für 1840 enthält, denn er beschäftigt sich vorzugsweise mit dem genannten Gegenstande, dessen Bedeutsamkeit Niemand verkennen wird. Wir lassen die sogenannten strategischen Betrachtungen des ungenannten Verfassers ganz unangefochten, oder vielmehr auf sich beruhen, weil uns die Feldherrnwissenschaft fremd ist; da aber die Angelegenheit einmal wieder in Anregung gekommen, und noch eine andere Seite der Auffassung darbietet, so mögen diese Zeilen als ein bescheidener Beitrag zur Erörterung der Frage aufgenommen werden.
Das Historische derselben ist kürzlich Folgendes. Frankreich hatte im zweiten Pariser Frieden unter Anderm die Verpflichtung übernommen, zwanzig Millionen Franken zum Bau einer neuen Festung zum Schutze der deutschen Gränze zu zahlen, und ein anderer Vertrag unter den betheiligten Mächten setzte fest, daß dieser Platz am Oberrhein erbaut werden solle. Die genauere Bestimmung war eine innere Angelegenheit des Bundes, und dabei konnte die deutsche Gründlichkeit sich wieder einmal in vollem Lichte zeigen, denn nach beinahe fünfundzwanzig Jahren sind die Deliberationen noch nicht zu demjenigen Grade der Reife gediehen, welcher baldigen Uebergang zum werkthätigen Handeln gestattete. Es gehört unter die öffentlichen Geheimnisse, daß hinsichtlich der Wahl des zu befestigenden Punktes zwei verschiedene Ansichten einander gegenüber stehen: von einer Seite wird Ulm als unentbehrlicher Hauptwaffenplatz für das südwestliche Deutschland bezeichnet, von der andern ebenso entschieden gegen diesen Entwurf protestirt, und eine große Festung im Rheinthale, namentlich Rastadt, auch wohl Befestigung einiger Sperrpunkte im Schwarzwalde beantragt.
Gewiß sprechen für Ulm sehr triftige Gründe, welche unwiderstehlich seyn würden, wenn ganz Süddeutschland Einen Herrn anerkennte, ja wenn nur Bayern, Würtemberg und Baden Eine Monarchie bildeten, was aber einmal nicht der Fall ist. Die Regierungen der letztgenannten beiden Länder dürften sich dringend veranlaßt fühlen, der vorgeschlagenen Maaßregel ausdauernden Widerspruch entgegenzusetzen, denn das Großherzogthum Baden bliebe schutzlos den Anfällen des Feindes preisgegeben, das Königreich Würtemberg befände sich ziemlich in demselben Fall und hätte zum Ueberfluß die Aussicht, das franzsische Heer ernähren zu müssen, dessen Fortschritte durch Ulm aufgehalten würden.
Ehe wir weiter gehen, wird es zweckmäßig seyn, einige durch Geschichte und Erfahrung gerechtfertigte Vordersätze hinzustellen, deren Bezug zu dem Nachfolgenden keinem Leser entgehen kann, ohne daß es nöthig wäre, immer wieder darauf hinzuweisen.
Bei jedem europäischen Conflicte ist mit beinahe voller Gewißheit auf Feindseligkeiten zwischen Frankreich und Deutschland zu rechnen. Unsere westlichen Nachbarn sind leider durch die letzten Jahrhunderte daran gewöhnt, Vortheile oder Entschädigungen für anderweite Verluste bei uns zu finden, und jetzt hat sich ihrer vollends die Idee der „natürlichen Gränzen“ bemächtigt, welche Hoch und Niedrig klug verschleiert oder in brutaler Offenheit erfüllt; die Adressediscussionen lieferten neuerlich wieder davon Zeugniß; sie können für bedeutsam gelten, nicht, weil die Redner bedeutend waren, sondern weil sie, auf Effect hinarbeitend, recht wohl wußten, daß mit der „Rheingränze“ eine Saite angeschlagen wird, die in der ganzen Masse nachklingt.
Bei jedem Kriege wird eine französische Armee vom Elsaß aus ins südwestliche Deutschland einzudringen suchen, und es liegt ganz in der jenseitigen Kriegspolitik, vom deutschen Bunde – den mit einem Schlage zu sprengen nicht möglich seyn dürfte – so viel abzubröckeln, als die Umstände irgend gestatten wollen; überdieß müssen wir dermalen darauf gefaßt seyn, der „Propaganda“ beim feindlichen Vortrabe zu begegnen. Ohne daß man diesseits genauere Kenntniß davon erhalten könnte, vermag die Regierung hinter dem Vorhange der Vogesen ein Heer zu sammeln, welches nach wenigen Märschen bei Hüningen oder Straßburg erscheint, und die Möglichkeit, in letzterm großen Waffenplatze ganz unbemerkt 30- bis 40,000 Mann zu vereinigen, ist bereits thatsächlich bewiesen.
Das Großherzogthum Baden hat an der Gränze eines turbulenten Nachbars die ungünstigste Lage, welche nur immer gedacht werden mag: bei unverhältnißmäßig geringer Tiefe einige und dreißig Meilen Längenausdehnung, und mehr als zwei Drittheile derselben nur durch den Rhein von Frankreich geschieden. Man vergegenwärtige sich den Augenblick, wo das Bundescontigent zusammengezogen und mobil gemacht werden soll, die einzelnen Abtheilungen ihre Standorte verlassen, um nach dem Sammelplatze zu marschiren, wozu höchst wahrscheinlich die Umgegend von Karlsruhe dienen würde, gleichzeitig Recruten, Pferde etc. nach demselben Punkt in Bewegung. Brechen nur 20,000 Mann aus Straßburg hervor, so ist in unglaublich kurzer Zeit das ganze Netz jener Bewegungen durchschnitten, und am Morgen des dritten Tages können ganz füglich 10,000 Feinde statt des Contingents bei Karlsruhe stehen, sich die dort aufgehäuften Vorräthe aneignend, wodurch die beabsichtigte Mobilmachung wohl ins Stocken gerathen dürfte. Fürwahr, es ist keiner Regierung zu verdenken, wenn sie gegen einen solchen militärischen Skandal geschützt zu werden verlangt.
Diesen bedeutenden Mißständen wäre durch Anlegung eines festen Platzes im Rheinthale zu begegnen. Ob Rastadt, ungeachtet seiner etwas nördlichen Lage, vorzugsweise dazu geeignet, ob es nicht möglich sey, einen eben so brauchbaren Punkt einige Meilen weiter südlich aufzufinden, darüber enthalten wir uns jedes Urtheils, weil neben den allgemeinen Beziehungen örtliche Bewandtnisse ebenfalls wohl ins Auge gefaßt seyn wollen. Allein Eins scheint außer allem Zweifel: daß dabei nicht an einen Waffenplatz in großem Styl – wie hinsichtlich Ulms in Aussicht stand – gedacht werden dürfe, und nicht davon die Rede seyn könne, die vorhandenen 20 Millionen Franken hier ganz oder auch nur zum größeren Theil zu verwenden. Eine solche Festung im Rheinthal erbaut, möchte die damit verknüpften defensiven Zwecke kaum erfüllen, und für offensive schwerlich in Anspruch genommen werden, da große Operationen im Elsaß nicht zu den wahrscheinlichen Dingen gehören, insofern man der Erfahrung früherer Kriege einigen Einfluß zugesteht. Der Hauptzweck bleibt immer, die Kriegsrüstungen, die Existenz des badischen Contingents als Ganzen, zu sichern und das Land, vor Allem die Hauptstadt, gegen die Ueberschwemmung durch entsendete Truppen noch vor dem Beginn der großen Bewegungen
zu schützen – dazu genügt ein Platz von mäßigem Umfang, wenn derselbe nur nicht anders als durch regelmäßigen Angriff zu überwältigen ist.
Was hier in Bezug auf Baden gesagt wurde, findet mehr oder weniger auch Anwendung auf das Königreich Würtemberg, da unter den eben vorausgesetzten Verhältnissen der überraschende Marsch eines feindlichen Corps von Straßburg nach dem ungefähr 20 Meilen entfernten Stuttgart, so wie überhaupt mannichfache Störungen der Kriegsrüstung in Würtemberg, keineswegs zu den unmöglichen, kaum zu den unwahrscheinlichen Dingen gehören. Daran möchten sich dann leicht anderweite Uebelstände knüpfen, welchen im voraus zu begegnen eben so sehr im Interesse der Landesregierung, wie des gesammten Bundes liegt.
Man wird vielleicht entgegnen, daß es sich um eine große, das Allgemeine ins Auge fassende Maaßregel zur Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands handle, hier aber nur eine partielle in Vorschlag gebracht werde, die unter bestimmten Voraussetzungen immer nur das achte Bundesarmeecorps betreffe. Dieß ist bis zu einem gewissen Punkte wahr, obwohl zwei Territorien mit ungefähr drei Millionen Einwohnern schon einen hübschen Theil des südwestlichen Deutschlands bilden, und ihre Regierungen berechtigt sind, vom Bunde, dem sie Opfer bringen, Berücksichtigung und Schutz zu fordern; die Reclamationen derselben können überdieß nicht unbeachtet bleiben, da ohne ihren Beitritt die ursprünglich beabsichtigte Maaßregel schlechthin unausführbar ist, und da es ein schwer zu qualificirendes Verfahren wäre, das als nothwendig Erkannte ungethan zu lassen, weil es nicht nach einem Lieblingsplan geschehen soll.
Ein großer Waffenplatz in jenen Gegenden erscheint nämlich als unabweisliches Bedürfniß, allein daß Ulm es sey, kann wenigstens für keine absolute Nothwendigkeit gelten, wir sind vielmehr der unvorgreiflichen Ansicht, daß dafür zwischen dem Bodensee, dem rechten Ufer der Donau und dem linken der Iller mehr als Ein vollkommen geeigneter Punkt aufzufinden seyn möchte. Ihn genauer zu bezeichnen, kann nicht als Aufgabe dieser Zeilen gelten; nur daran wollen wir erinnern, daß der Hauptübergang des feindlichen Heeres nicht von Straßburg, sondern von der Schweiz aus, zu den Dingen gehört, auf welche man gefaßt seyn muß.
Die wichtige Frage wegen des Kostenpunkts dürfte sich bei den vorhandenen Mitteln ohne allzu große Schwierigkeiten lösen lassen. Sollte der Bau eines Platzes im Rheinthale nicht mit einem Theil der verwendbaren 20 Millionen Franken zu bestreiten seyn? Dann blieben einige Millionen Franken übrig, womit schon viel zu leisten ist, zumal wenn die Ansicht Eingang fände, daß es sich vorzugsweise darum handle, ein Kernwerk von mäßigen Dimensionen zu erhalten, aber umgeben von weit vorgeschobenen Befestigungen, welche dem Ganzen den Charakter eines großartigen verschanzten Lagers mit tüchtigem Reduit verliehen; unter seinem Schutz müßte die Versammlung der süddeutschen Armee erfolgen, oder diese nach einer verlornen Schlacht hier Halt machen, wieder zur Besinnung kommen und sich erholen können. Es wäre unpassend und läge auch außerhalb unseres Kreises, auf irgend ein technisches Detail einzugehen, doch gestatte man die Frage: ob die vortreffliche Erfindung der sogenannten Maximilianischen Thürme auf Linz beschränkt bleiben solle, und ihre Anwendung nicht gerade im vorliegenden Fall höchst angemessen sey.
Was aber immer geschehe, es möge wenigstens bald geschehen! Preußen hat durch seine Anlagen am Mittel- und Niederrhein, Oesterreich durch die in Italien, Tyrol und bei Linz bewiesen, daß sie an keinen ewigen Frieden glauben, Bayern leistete der allgemeinen Sache Deutschlands durch die Werke von Ingolstadt und Germersheim wesentliche Dienste; es fehlt also weder an Einsicht noch an dem guten Willen, und diesen Umständen hat unser Vaterland vermuthlich zu danken, daß die sonderbare Erscheinung eines fast viertelhundertjährigen Besinnens ihm in den Augen Europa's weniger schadete. Allein es wird früher oder später der Tag kommen, wo wir ernsteren Dingen als unwillkommenen Glossen zu begegnen haben, und er darf uns nicht unvorbereitet finden. Das halbe Wunder des beinahe 25jährigen Friedens sollte wohl am wenigsten zu dem Glauben verleiten, daß die Zukunft eben auch nichts Anderes bringen werde; eher ist vielleicht der Gedanke zulässig, daß die bisher mit unerwartetem Glück angewendeten Mittel endlich versagen, und die eigentliche Natur der Dinge gewaltsam hervorbreche. Ueber die Gefahr, welche einem bedeutenden Theil des gemeinsamen Vaterlandes droht, kann kein Zweifel, keine Täuschung stattfinden, eben so wenig darüber, daß der Gegner, dem sie eintretenden Falles zum Vortheil gereichen würde, diese Schwäche genau kennt, vollkommen würdigt und in ihrem ganzen Umfang benützen würde. Die zu befürchtenden Nachtheile sind indeß nicht bloß local – der gesammte Bund müßte darunter mit leiden; ganz Deutschland hat daher ein sehr großes Interesse, daß bald etwas Wesentliches geschehe, und Ihrem Blatte, das so consequent und umsichtig die deutschen Nationalinteressen vertheidigt, bleibt das Verdienst, diesen Gegenstand zuerst öffentlich zur Sprache gebracht zu haben.
Einiges zur Charakteristik des Hrn.Xav. Marmier.
Als ich zuerst in der Revue des deux Mondes und dann auch in der Allg. Zeitung den Aufsatz des Hrn. Marmier las, lachte ich über das darin mich Betreffende als über einen etwas unfertigen Spaß, und hielt es nicht der Mühe der Widerlegung werth, da das Unrichtige und Erdichtete in demselben jedem nur etwas Kundigen bekannt seyn mußte. Jetzt aber, da ich wiederholt an mehreren Orten ernste Hindeutungen darauf sehe, die mitunter einen etwas hämischen Anstrich haben, sey es mir vergönnt, Folgendes mitzutheilen.
Ich habe nie ein Buch über Paris geschrieben; das Werk, dem Hr. Marmier dieß unterschiebt, enthält nichts als Briefe an liebe Freunde in der Heimath, auf einer Reise längs dem Niederrhein über Belgien nach Paris gerichtet, und ist auch nur unter diesem Titel erschienen. Was darin über Paris aus meinem Tagebuche mitgetheilt wird, macht noch nicht den sechsten Theil des Ganzen aus. – Jene erwähnten Visiten habe ich eben so wenig abgestattet, als mich die Ehre erwartet, Consistorialrath zu werden. Außer Victor Hugo, mit dem ich etwas Geschäftliches für einen Dritten zu besprechen hatte, besuchte ich nur Béranger und Cousin, zu denen mich der treffliche Barthèlemy Saint-Hilaire führte, und Sainte-Beuve, mit dem ich schon früher Briefe gewechselt hatte. Daß Hr. Marmier dieß Alles sehr wohl wußte, wird aus Folgendem erhellen.
Ich lernte im Jahre 1832 Hrn. Marmier in Leipzig kennen, wo er sich aufhielt, um deutsch zu lernen, und das Wochenblatt Le Voleur redigirte. Er wurde mir von einem Dritten bei Tische vorgestellt, erbat sich Belehrung über seine deutschen Studien, zeigte großen Eifer für unsere Literatur, und ersuchte mich, in Folge eines langen und lebhaften Gesprächs, mit mir über diesen Gegenstand in Correspondenz treten zu können. Gleich in seinem ersten Briefe schrieb er mir gelegentlich meines damals erschienenen Buches über die schöne Litteratur Europa's im 19ten
Jahrhundert: Croyez que j'ai bien su reconnaitre et admirer tout ce qu'il y a de talent, d'érudition et d'habile conception dans votre livre. C'est un de ces ouvrages qu'il faut venir chercher en Allemagne et à Jéna; en France on s'épouvanterait d'une telle universalité de connaissances. J'espère que lorsque nous aurons quelques jours à passer ensemble, il y aurait de ce livre un exellent parti à tirer pour intéresser mes futiles concitoyens et leur faire tourner les yeux vers cette université de Jéna. – Und weiterhin: Je vous remercie beaucoup du plaisir que vous m'avez fait de traduire une de mes pièces de vers. J'ai comparé quelques-unes des traductions que vous avez mises dans votre volume, et je n'ai de ma vie rien imaginé de plus correct et de mieux senti.
Der Briefwechsel ging so fort, und Marmier benutzte mich in wissenschaftlicher wie in socialer Hinsicht redlich; Bücher aus meiner Sammlung, welche ihm dort der Seltenheit wegen unzugänglich waren, wurden ihm Monate lang willig geliehen, ebenso willig litterarische Nachweisungen auf das ausführlichste gegeben, und er für eine Reise durch Deutschland überallhin mit mehr als gewöhnlichen Empfehlungen an bedeutende Personen, namentlich Litteraten, von mir ausgestattet. Während eines vierzehntägigen Besuches in Jena fand er die Aufnahme eines Familiengliedes in meinem Hause, und konnte ma bonne et franche hospitalité nicht genug rühmen.
Nach Frankreich zurückgekehrt, wurde er allmählich kälter, er brauchte mich nun nicht mehr, und plötzlich las ich in einem französischen Journal einen versteckten und hämischen Angriff auf mich, den kein Anderer als er geschrieben haben konnte. Als ich 1835 Paris und zwar auf längere Zeit, als er vorgibt, besuchte, war mein fester Wille, ihn nicht zu sehen. Sainte-Beuve, der nichts davon wußte, bat mich es einzurichten, daß wir mit Hrn. Marmier zusammen im Palais-Royal speisten. Ich schrieb ihm nun, ob er, nachdem er so gehandelt, noch Lust hätte, mit mir zusammen zu treffen; wäre das der Fall, so möchte er mich an einer bestimmten Stelle im Palais-Royal erwarten. Er kam zu meiner und eines zuverlässigen Freundes, der darum wußte, großer Verwunderung mit den Worten auf mich zugetänzelt: Voilà le plus grand ennemi que j'aie en France, entschuldigte sich leichthin, er habe mich ja gar nicht angreifen und beleidigen wollen, und stellte mich dem zufällig vorübergehenden Amédée Pichot, ohne daß ich ihn darum gebeten, mit folgenden Worten vor: Permettez-moi de vous présenter Mr. Wolff, Docteur en philosophie, Professeur à l'université de Jéna, savant philologue allemand qui connait à fond toutes les littératures de l'Europe et qui parle dix langues. – Das wunderlich verlegene Gesicht, das ich dabei machte, löste sich lächelnd, als er ohne Unterbrechung hinzusetzte: Nous n'avons qu'une seule personne en France qui puisse dignement rivaliser avec Mr. Wolff, c'est Mons. Amédée Pichot. – Uebrigens sah ich ihn nur Einmal kurz vor meiner Abreise wieder, und hatte nun vollkommen genug. Hinsichtlich seiner Aeußerungen über einen andern nun verstorbenen Gelehrten und dessen Familie, dem er nicht minder verpflichtet war für Tausende von Gefälligkeiten, unterlasse ich es, mich nach Gebühr auszudrücken.
Dieß wird zur Charakteristik seines Verhältnisses zu mir und seines Angriffes genügen. Ich könnte noch manches Hübsche hinzufügen, aber wozu? Ich fürchte schon lange genug die Geduld der Leser in Anspruch genommen zu haben. Jener gediegene Freund, der Paris genau kannte, sagte damals zu mir: trauen Sie keinem jungen französischen homme de lettres; er schmeichelt Ihnen auf das gewandteste, so lange er Sie braucht, und braucht er Sie nicht mehr, so thut er als wären Sie gar nicht da, ja wenn es ihm nutzt, so mißhandelt und verhöhnt er Sie sogar. – Den Beweis dafür hat Hr. Marmier redlich geliefert.
Hier noch etwas zur Charakteristik seiner Kenntniß unserer Sprache und Litteratur. – Er hat bekanntlich Kobersteins Grundriß zur Geschichte der deutschen National-Litteratur in das Französische übersetzt mit Weglassung der Anmerkungen als fastidieuses. Dieß Buch ist 1833 in Straßburg und Paris bei Levrault erschienen, und es finden sich folgende Dinge darin. S. 16: Fränkisches Reich, wiedergegeben durch empire français; S. 19: Stiftsschulen établissemens particuliers; S. 32: Umschreibungen, copies; ebendas das hohe Lied, la chanson; S. 65: die Leiche (Versart der Meistersänger) les morts; S. 45: die Rabenschlacht (Ravennaschlacht) la bataille des corbeaux und Adelung (der Sprachforscher) S. 218 la noblesse. – Noch besser ist er aber mit unsern Volksliedern umgegangen: in einem Aufsatze über dieselben in der Revue des deux mondes übersetzt er ein historisches Schweizer-Volkslied, versteht den Schluß aber nicht, und nimmt daher den Schluß eines andern, den er versteht, so zwei ganz verschiedene Schlachten behandelnde Lieder zu Einem verschmelzend. Ich habe den Jahrgang der Revue des deux mondes nicht zur Hand, um genau citiren zu können; wem aber daran liegt, der wird es leicht finden und meine sonst durchaus genaue Angabe bestätigen können.
Und nun nie ein Wort wieder über und von Hrn. Marmier. Wir Deutschen haben wirklich Besseres zu thun, als französische Oberflächlichkeit und Falschheit aufzudecken.
Jena, im April 1840.
O. L. B. Wolff.
[1485]
Preisfrage, das Gewerbewesen betreffend.
Es ist anerkannt, daß in Folge der in der neuern Zeit so sehr gehobenen und verbreiteten Industrie nicht nur die Bedeutsamkeit der Gewerbe-Classen in einem höheren Licht erscheint, sondern auch die an dieselben zu stellenden Anforderungen sich von Tag zu Tage steigern. Vieles ist in den letzten Jahrzehnten für die Bildung dieses Standes einerseits von Regierungen, andrerseits von Privat-Gesellschaften im größern und im kleinern Maaßstabe geschehen, theils durch eigentliche Bildungs-Anstalten (umfassendere polytechnische Institute, specielle Gewerbschulen, allgemein vorbereitende Realschulen), theils durch anderweitige Verbreitung nützlicher Kenntnisse mittelst gemeinfaßlicher Schriften und Journale und eigene für diesen Zweck gegründete Bibliotheken und Sammlungen. Um so mehr dürfte es an der Zeit seyn, eine Revision aller dieser mannichfachen Leistungen und Bestrebungen zu veranlassen, damit es sich herausstelle, welche Maaßregeln nun als bewährt, allgemein zweckmäßig und nachahmungswürdig anzuerkennen sind, und welche dagegen hier und dort der Modification bedürfen, oder als gänzlich unhaltbar erscheinen.
Die Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe, obgleich in ihrer unmittelbaren Thätigkeit auf einen engern Wirkungskreis angewiesen, hat es doch ihrer ursprünglichen, schon in ihrem Namen ausgesprochenen Bestimmung angemessen erachtet, diesem hochwichtigen Gegenstand ihre Aufmerksamkeit zu widmen, und demnach in ihrer Deliberations-Versammlung vom 8 März 1858 die Aufstellung folgender Preisfrage beschlossen.
„Welche Beförderungsmittel für die Bildung des Gewerbestandes haben sich im In- und Ausland als vorzüglich erfolgreich bewährt?“
„Und welche Einrichtungen empfehlen sich in Folge der auf diesem Felde gewonnenen Erfahrungen als besonders anwendbar für deutsche Verhältnisse, bei der vorbereitenden Jugendbildung sowohl, als auch bei der erforderlichen Nachhülfe für Meister und Gesellen, und zwar mit Bezug auf die speciellen Verhältnisse a) der Fabricanten und Techniker, b) der eigentlichen Handwerker?“
Derjenigen Abhandlung, welche von einer durch die Gesellschaft niederzusetzenden Commission als die gelungenste unter den eingesandten und zugleich als eine genügende Lösung der Aufgabe bezeichnet werden wird, soll der Preis von Einhundert Ducaten zuerkannt werden.
Die Gesellschaft erwirbt eben dadurch das Verlagsrecht der gekrönten Preisschrift, und wird deren Herausgabe sofort, für eigene Rechnung, nach genommener Rücksprache mit dem Verfasser besorgen.
Die Abhandlungen sind zu adressiren „an die Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe in Hamburg“ und vor dem 1 September 1840 einzureichen. Jede Abhandlung ist mit einem Motto zu versehen, und dieß Motto auf einem versiegelten Zettel, welcher Namen und Adresse des Verfassers enthält, zu wiederholen.
Das Resultat wird s. Z. in öffentlichen Blättern bekannt gemacht und zugleich bemerkt werden, auf welchem Wege die nicht gekrönten Preisschriften zurückzuerhalten sind.
J. Heinr. Ludolff, d. Z. proponirender Secretär.
[1500]
Married at eleven o'clock on Saturday 25 April, by the Rev. Mr. Roberts – at the residence of His Excellency Lord Erskine, Her British Majesty's Ambassador, Plenipotentiary etc. at the Court of Bavaria – J. S. S. Rothwell Esquire, London, Prof. of English etc. in Munich, to the amiable and accomplished Miss Wilhelmina Holtz, second daughter of Frederic Holtz Esq. Hamburg.
[1502]
An die deutschen Bühnen.
Den verehrlichen Directionen der deutschen Bühnen geben wir hiermit die Nachricht, daß das Manuscript der Letzten Weißen Rose von Kuranda auf rechtmäßigem Wege einzig und allein zu beziehen ist durch die Regie des königl. Hofschauspiels in Stuttgart.
[1436]
Im Verlage von G. J. Manz in Regensburg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Wohlfeilstes Prachtstahlstichwerk.
Silbert, J. P., Conversations-Lexikon des geistlichen Lebens. Mit k. k. österreich. Imprimatur.
Ausgabe in Lieferungen. (Jede zu 4 Bogen Text auf Velinpap. mit 1 Prachtstahlstiche, geziert mit allegorischer Randeinfassung.) 1-25ste Lief. geh. in Umschl. Preis bis Ostern nur à 15 kr. oder 4 gr. Nach Ostern à 20 kr. od. 5 gr. – Ausgabe in II Bänden oder 4 Abtheil.: I. Bd. 1 u. 2te Abthl., und II. Bd. 1ste Abthl. mit 80 Bogen Text und 20 Prachtstahlst. Preis zusammen bis Ostern 5 fl. oder 3 Thlr. 8 gr. Nach Ostern 6 fl. 40 kr. oder 4 Thlr. 8 gr.
Zur Ostermesse d. J. ist das Werk ganz bestimmt vollständig, und dann tritt der bemerkte erhöhte Ladenpreis ein. – Das Ganze umfaßt nicht mehr als 30 Liefer., was hiemit garantiert wird. – Alle Buchhandlungen sind in den Stand gesetzt, den Subscriptionspreis bis zur genannten Zeit einzuhalten.
[1400]
An Verleger kath. theolog. Werke.
Dem in unserm Verlage seit Julius 1838 vierteljährig erscheinenden Katholischen Predigt Magazin, herausgegeben im Vereine mit vielen der berühmtesten kath. Kanzelredner und Gelehrten vom Domprediger Heim dahier (Auflage 2000 Exemplare, erschienen I. 1-2s bis IV. 1s à 20 gGr. oder 1 fl. 20 kr.) wird regelmäßig jedem Hefte ein litterarischer Anzeiger beigegeben, den wir Ihnen zu Inseraten (aus eigener Erfahrung bei unserm kath. theolog. Verlage) bestens empfehlen können. Wir berechnen für die Zeile (bei dem bekannten großen und breiten Formate) nur 6 kr. oder 1 1/2 gGr. – Zur Recension bitten wir an die Redaction aber nur Werke aus dem Fache der kathol. Predigt-Litteratur einzusenden, indem aus keinem andern theolog. Fache Beurtheilungen darin geliefert werden.
Augsburg, den 1 April 1840.
Matth. Rieger'sche Buchhandlung.
[1312-14]
Bei Gustav Heckenast, Buchhändler in Pesth, ist so eben erschienen und in allen soliden Buchhandlungen zu haben:
(Preise in Conv.-Münze.)
Jósika Nikolaus, v.,
die Bóhmen in Ungarn.
Historisches Gemälde aus dem Zeitalter Matthias des Ersten.
Aus dem Ungarischen übersetzt von H. Klein.
gr. 12. Pesth 1840 4 Bände in Umschlag geheftet 5 fl. 20 kr.
Auch unter dem Titel:
Nikolaus Jósika's
sämmtliche Werke.
9ter bis 12ter Band.
Im vorigen Jahre erschienen von demselben Verfasser in obigem Verlage:
sämmtliche Werke 1ster bis 8ter Band und enthalten:
1ster bis 3ter, der letzte Bátori, historischer Roman aus dem Ungarischen übersetzt von V. Schwarz. 4 fl.
4ter, Novellen und Erzählungen, aus dem Ungarischen übersetzt von H. Klein. 1 fl. 20 kr.
5ter bis 6ter, Abafi, aus dem Ungarischen übersetzt von H. Klein. 2 fl. 40 kr.
7ter, die Leichtsinnigen. 2 Theile in 1 Band, aus dem Ungarischen übersetzt von H. Klein. 2 fl.
8ter, Zólyomi, aus dem Ungarischen übersetzt von H. Klein. 1 fl. 20 kr.
[1349-50]
Durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes ist von mir zu beziehen:
Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen mit einer Uebersicht der Lieder außereuropäischer Völkerschaften
von Talvj.
Gr. 8. 3 Thlr. 12 gr.
Die Freunde der Poesie werden diese neue Schrift der Verfasserin, die durch ihre gelungene Uebertragung serbischer Volkslieder und durch andere Schriften schon vortheilhaft bekannt ist, mit dem lebhaftesten Interesse begrüßen.
Leipzig, im März 1840.
F. A. Brockhaus.
[97]
In der Unterzeichneten ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
MILITÆR-KARTE von Deutschland in 25 Blättern, mit Benützung der zuverlässigsten Hülfsmittel entworfen
von Anton Klein.
Blatt Nr. 9. Die darauf vorkommenden Hauptorte sind: Berlin, Küstrin, Brandenburg, Potsdam, Frankfurt a. d. O., Züllichau, Wittenberg, Dessau, Cottbus, Torgau, Leipzig, Bautzen, Dresden, Altenburg, Freiberg, Zittau.
Preis 2 fl. oder 1 Rthlr. 4 gr.
Stuttgart und Tübingen.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[98]
Neue wohlfeile Schul-Ausgabe von Homers Werken.
Im Verlage der Unterzeichneten werden demnächst die Presse verlassen:
Homers Werke,
übersetzt von Joh. Heinrich Voß.
Zwei Theile.
Neue wohlfeile Schul-Ausgabe in Taschenformat.
Mit einer Homerischen Welttafel, zwei Karten und einem Grundriß.
Preis 2 fl. 24 kr. oder 1 Rthlr. 12 gr.
Stuttgart und Tübingen, 1839.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[1477]
Eben ist erschienen und zu haben in den Buchhandlungen von Wien, Prag, Pesth, Grätz, München, Stuttgart etc.:
Jahreszeiten.
Herausgegeben von Oswald Marbach.
Zweiter Jahrgang. Frühling 1840.
Leipzig. 8. geh. J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung. 1 Rthlr. 8 gr.
Diese, der Unterhaltung und Besprechung von Zeitinteressen gewidmete Vierteljahrschrift wird sich fernerhin durch recht künstlerische Darstellungen und gediegene Aufsätze auszuzeichnen und zur tiefern Verständigung über die geistigen Interessen der Gegenwart nicht destruirend, sondern construirend hinzuwirken streben.
[1279-81]
Anzeige.
Die seit dem Monat Junius des Jahres 1839 in meiner Kotton-Druckfabrik im Gange befindliche, in der Fabrik der HH. Breitfeld und A. Gottschalk u. Comp. durch den Mechaniker Hrn. Ewans erbaute Hochdruck-Dampfmaschine von zwölf Pferdekraft entspricht gleich allen andern zum Betriebe der Färberei erforderlichen Einrichtungen so vollkommen ihrem Zweck und meiner Erwartung, daß ich nicht umhin kann, dieses öffentlich lobend anzuerkennen; besonders als diese Dampfmaschine mit ihrer soliden und zugleich eleganten Bauart noch den Vortheil vereinigt, daß zu ihrem Betriebe nur wenig Brennmaterial erforderlich ist.
Prag, am 5 März 1840.
A. B. Przibram, Großhändler und Fabricant.
[1300-1]
Stelle-Gesuch.
Ein in Allem vollkommen ausgebildeter Dessinateur für eine Tapeten-Fabrik, der das Malen der Landschaft-Tapeten, Fenster-Rouletten u. dgl. sehr vortheilhaft zu behandeln versteht, wünscht eine derartige Stelle. Auch wird er die Stelle eines Geschäftsführers annehmen, wo er auch eine Caution leisten kann. Hierauf Reflectirende belieben sich mit frankirten Briefen mit den Buchstaben A. S. an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu wenden.
[1408-10]
Stelle-Gesuch.
Ein junger Mann, welcher in seiner seitherigen Stellung vielfältige Erfahrungen zu sammeln Gelegenheit hatte, und auch außerdem im Besitze der nöthigen Kenntnisse ist, um mit Vortheil in einer Gastwirthschaft oder Weinhandlung wirken zu können, wünscht auf eine seinen Fähigkeiten angemessene Art sich placirt zu sehen.
Hierauf Bezughabendes bittet man an die Expedition dieses Blattes gelangen zu lassen.