[1623]
An
die durch den Erlaß vom 10 Februar allergnädigst berufene Landesversammlung. Ehrerbietigste Rechtsverwahrung und Bitte
von Seite
des Magistrats der Stadt Osnabrück,
betrifft Herstellung des Staatsgrundgesetzes vom 26 Sept. 1833.
Durch das Cabinet Sr. Majestät unsers allergnädigsten Königs und Herrn aufgefordert, eine Wahl zu Ergänzung der gegenwärtig durch den allerhöchsten Erlaß vom 10 Februar berufenen, auf der allerhöchsten Proclamation vom 8 Januar 1838 beruhenden Versammlung vorzunehmen, haben wir mit den zum Wahlcollegium gesetzlich zugezogenen Wahlmännern geglaubt, eine Wahl nicht vornehmen zu dürfen. Wie uns aber vom gesammten Wahlcollegium der Auftrag geworden ist:
bei gegenwärtiger hochansehnlichen Versammlung zur Wahrung der Rechte gegen etwaige von derselben zu fassende Beschlüsse einen Protest einzubringen,
so halten wir uns verbunden, Folgendes ehrerbietigst vorzutragen:
Als durch das allerhöchste Patent vom 1 November 1837 das Staatsgrundgesetz vom 26 September 1833 für erloschen erklärt worden, ist die Vertheidigung aller auf diesem Staatsgrundgesetze beruhenden Rechte diesseits geziemend vorbehalten und allergnädigst zugestanden worden, zum Beweise, wie allerhöchsten Orts nicht angenommen werde, daß eine bloße königliche Erklärung, wäre sie auch so feierlich als die in dem Patente vom 1 November 1837 enthaltene, hinreiche, um erworbene Rechte der Unterthanen zu alteriren.
Nachdem nun ungeachtet der ernstlichsten Nachforschung die Ueberzeugung sich bei uns nur befestigte, daß das Grundgesetz als ungültig nicht betrachtet werden könne, so richteten wir an Se. königliche Majestät die submisseste Bitte, nicht nur:
daß eine dem Staatsgrundgesetze entsprechende Ständeversammlung berufen werden,
sondern namentlich auch:
daß die Entscheidung über den Rechtspunkt in dieser Sache dem durchlauchtigsten deutschen Bunde allerhöchsten Orts übertragen werden möge.
Allein es hatte diese unsere Bitte leider keinen Erfolg, und so waren wir gezwungen, nachdem wir bei dieser hochansehnlichen Versammlung unter dem 17 Februar 1838 die Erklärung abgegeben, aus welchen Gründen es uns unmöglich sey, dieselbe als eine durch Berathungen und Beschlüsse über die Rechte der Unterthanen zu verfügen berechtigte zu betrachten, die gesammten Verhandlungen der hohen deutschen Bundesversammlung zur Entscheidung vorzulegen. Allein auch dieses Mittel, eine unzweifelhafte Rechtsgrundlage für die Feststellung der von Sr. königl. Majestät bestrittenen Theile der Verfassung unsers Vaterlandes zu gewinnen, blieb ohne Erfolg, da die hohe deutsche Bundesversammlung zur Zeit noch einer einzelnen Corporation keine Legitimation zur Beschwerdeführung in solcher Verfassungssache zugestanden hat.
Hierauf ist von sämmtlichen zum Provinciallandtage des Fürstenthums Osnabrück gehörigen Städten unter unserer Mitwirkung am 27 November 1838 das Cabinet Sr. königl. Majestät um die verfassungsmäßig in jedem Jahre erforderliche, allein bereits 1837 verweigerte Berufung des Provinciallandtags um so mehr unterthänigst gebeten, als diesem Provinciallandtage eine Prüfung der auch seine Rechte sehr nahe berührenden Verfügungen zusteht, und eine Versammlung zur Berathung über eine Beschwerde rechtlich nicht versagt werden kann. Es ist aber auch auf dieses Gesuch eine Verfügung nicht erfolgt.
Wir hatten hiermit alles versucht, was uns eine directe Einwirkung auf diese unglückliche Störung des Rechtszustandes sichern konnte, ohne Handlungen vorzunehmen, die als eine Verzichtleistung in irgend einem Sinne gedeutet werden mochten. Wir hatten den Weg der Bitte versucht, und waren ohne Antwort geblieben; wir hatten Beschwerde erhoben, und waren nur wegen mangelnder Legitimation zurückgewiesen; wir hatten gesucht, unsere uralte provincialständische Stellung geltend zu machen, und es war uns stillschweigend die Möglichkeit der Berathung abgeschnitten. Eine wiederholte unterthänigste Bitte um Herstellung des durch verschiedene Rechtsgutachten documentirten Rechtszustandes hatte unter dem 15 Januar 1839 zu unserer tiefen Bekümmerniß die ungnädigsten Aeußerungen zur Folge. Von dem rechtlichen Bestehen des Staatsgrundgesetzes, so wie von der Incompetenz des durch die allerhöchste Proclamation vom 8 Januar 1838 berufenen Versammlung nur noch inniger überzeugt, konnten wir, nach unserm Gewissen, zu deren Berathungen nicht mitwirken.
Aber in Folge des durch die allerhöchste Proclamation vom 15 Februar 1839 aufgestellten Satzes, daß die Verfassung von 1819 in voller Wirksamkeit sich befinde, wurde nunmehr die Mehrheit der damaligen zweiten Kammer um ihrer Erklärung willen, daß sie die Gültigkeit der Verfassung von 1819 nicht anerkennen könne, durch die allerhöchste Bekanntmachung vom 2 März 1839 aus der Versammlung ausgestoßen, und diese dadurch factisch aufgelöset, während man diejenigen Deputirten, die sich der Ansicht des Cabinets Sr. Majestät nicht zuwider erklärt, dessen ungeachtet beibehielt. Es wurden neue Wahlen angeordnet und dabei auf eine Weise verfahren, welche die allgemeinste und schmerzhafteste Aufregung im Lande hervorrief, da man gültig erwählte Deputirte ohne Weiteres zurückwies, und dagegen selbst solche, die gegen den Inhalt der Verordnung vom 22 Febr. 1832 von der Minorität der Wahlmänner ernannt worden, zuließ. Es wurden hierauf die auf solche Weise gesetzwidrig gewählten Deputirten gegen die bis dahin unverrückte Observanz ohne Prüfung der Vollmachten in die Versammlung gebracht, beeidigt und dadurch in den Stand gesetzt, nicht nur über ihre eigene Sache zu entscheiden, sondern auch die sonst nicht vorhandene zur Beschlußfähigkeit erforderliche Hälfte der Versammlung dem Scheine nach herzustellen. Unter solchen Umständen, und im tiefen Schmerze über Maaßregeln dieser Art, die, weit entfernt den Frieden zu befördern, nur dazu dienen konnten, jedes Band des Rechtes und des Vertrauens unsicher zu machen, hielten wir uns verpflichtet, unter dem 24 Mai v. J. abermals dieser hochansehnlichen Versammlung protestirend zu bezeugen:
daß wir deren Beschlüsse als verbindlich für das Land nicht erachten können.
Wie aber inzwischen in der hohen deutschen Bundesversammlung diese Sache von neuem angeregt worden war, so durften wir, wenn auch zu selbstständiger Beschwerde nicht legitimirt, doch keinen Anstand nehmen, dieser höchsten Bundesbehörde von der Sachlage Anzeige zu machen und auch hier dieselbe protestirende Erklärung vorzutragen.
Hierauf ist durch die allerhöchste Proclamation vom 10 Sept. ein Bundesschluß zu öffentlicher Kunde gebracht, welcher erklärt:
daß bei obwaltender Sachlage eine bundesgesetzlich begründete Veranlassung zur Einschreitung in diese innere Landesangelegenheit nicht vorliege, daß aber die Bundes-Versammlung die vertrauensvolle Erwartung hege, daß Se. Majestät der König von Hannover, Allerhöchstihren ausgesprochenen landesväterlichen Absichten gemäß, geneigt seyn werden, baldmöglichst mit den dermaligen Ständen über das Verfassungswerk eine den Rechten der Krone und der Stände entsprechende Vereinbarung zu treffen.
Wir dürfen es nicht verhehlen, daß diese höchste Verfügung uns und viele andere treugesinnte Unterthanen auf das schmerzlichste überrascht hat, da der unverkennbare Aufschub der mit jedem Tage dringlicher werdenden Erledigung dieser unglücklichen Sache nur dahin wirkte, die Gemüther zu erbittern, und jede heilsame Erledigung zu erschweren. Inzwischen verkannten wir nicht, daß in jenem Beschlusse mit dankenswerther Sorgfalt der bundesrechtliche Standpunkt festgehalten, mithin
1) jede directe Einmischung in die Feststellung einer innern Landesangelegenheit abgelehnt und somit die Rechte der Krone wie der Stände in vollem Sinne unverletzt erhalten worden; daß also
2) den dermaligen Ständen eine weitere Befugniß, als denselben von Rechtswegen zustehen möchte, nicht habe beigelegt werden können noch sollen; woraus folgt, daß
3) in jenem höchsten Beschlusse nichts liege, als die dringende Empfehlung eines nochmaligen Versuchs gütlicher Einigung.
Alle getreuen Landesunterthanen sind mit uns der Ueberzeugung, daß eine Vereinbarung zwischen König und Ständen in unserm Lande jederzeit, und selbst jetzt nach beinahe dreijährigem bitterm Zerwürfniß und bei täglich tiefer dringender Aufregung der Gemüther ein Leichtes sey, wenn es nur gelingt, von beiden Seiten Schritte zu bewirken, welche das dem deutschen und zumal unserm Volke eingeborne, jetzt leider im innersten Grunde erschütterte Vertrauen neu beleben könnten. Wir hielten uns, um zu diesem Ziele nach unsern schwachen Kräften hinzuwirken, trotz der unter dem 15 Januar 1839 über uns ausgesprochenen harten Mißbilligung, verpflichtet, die nochmalige unterthänigste Bitte an Se. k. Majestät nicht zu scheuen,
daß Allerhöchstdieselben geruhen mögen, die gegenwärtige Stände-Versammlung aufzulösen, eine neue zu berufen, und dem Lande die huldvolle Versicherung zu geben, daß keinem Gewählten wegen seiner bisher ausgesprochenen Anhänglichkeit an das Staatsgrundgesetz der Eintritt in diese Versammlung versagt werden solle.
Wir glaubten in dieser Bitte das Aeußerste gethan zu haben, was zu Anbahnung einer Vermittlung, wie der hohe deutsche Bund sie zu fordern schien, uns möglich war. Denn nur die Auflösung konnte alle jene Streitfragen beseitigen, welche in der Composition dieser Versammlung liegen, und welche ohne die höchste Gefahr für jede Verfassung, insbesondere aber für jede Einigung, weder beruhen bleiben noch erörtert werden können. Unsere Absicht war auf den Frieden gerichtet, eine anmaßliche Beeinträchtigung der Rechte Sr. k. Majestät lag uns fern. Allein es wurde durch die Bekanntmachung vom 15 October v. J. nur dieser Gesichtspunkt hervorgehoben, und damit unsere Bitte wirkungslos.
Nach dieser Zeit aber hat eine Ausdehnung der Polizeigewalt, wie sie unserm Lande bisher gottlob fremd geblieben, dann die durch die Verordnung vom 16 November v. J. festgestellte und mit noch minderer Schonung auf eine mit den Gesetzen über die Quartierpflicht schwer zu vereinigende Weise ausgeführte Verwendung des Militärs zu Steuerexecutionen; endlich die Verordnung vom 17 Januar 1840 über die unmangelhafte Befolgung der Gesetze, einen Zustand des Zwanges und der rechtlichen Schutzlosigkeit herbeigeführt, welcher die Aussicht auf eine freie, vertrauensvolle, den Rechten der Krone und der Stände entsprechende Vereinbarung gänzlich vernichtet.
Auch jetzt ist ein abermals nach Ablauf der dreijährigen Landtagsperiode von den Städten des Fürstenthums Osnabrück an Se. k. Majestät gerichtetes Gesuch um Berufung der bei der Verfassung, namentlich bei jeder Veränderung der Gesetzgebungsrechte tief betheiligten Provinciallandschaft ohne alle Resolution geblieben.
Unter diesen Umständen ist in Folge des allerhöchsten Erlasses vom 10 Februar auch unsere Stadt zu einer Ergänzungswahl für die bestehende zweite Kammer aufgefordert, und ist uns ferner durch ein hohes Cabinetsrescript vom 29 Februar in Bezugnahme unserer obigen Bitte um Auflösung eröffnet:
daß die gegen einzelne Wahlhandlungen erhobenen Bedenken in der Wahrheit nicht begründet seyen;
daß überall kein genügender Grund vorhanden sey, das Vertrauen der Unterthanen in die dermalen vertagte allgemeine Ständeversammlung in Zweifel zu ziehen;
auch mangle es an jeder Veranlassung, anzunehmen, daß erwählten und übrigens qualificirten Deputirten aus Gründen, welche lediglich von ihren politischen Gesinnungen hergenommen worden, ihre passive Wahlfähigkeit abgesprochen werden solle.
Allein zu unserm tiefen Leidwesen sehen wir uns durch die gedachten Actenstücke gänzlich außer Stand gesetzt, zu einer Wahl zu schreiten. Diejenigen Thatumstände, die uns im Jahre 1838 von der Wahl zurückhielten, und die uns im Jahre 1839 zu Erhebung eines Protestes nöthigten, sind unverändert dieselben. Es kann
1) jetzt so wenig, wie zu irgend einer Zeit nach Publication des Staatsgrundgesetzes einer andern Versammlung, als der diesem Gesetz entsprechenden, ein ständischer Charakter beigelegt werden. Hierin ist
2) durch den Bundesbeschluß, welchen die allerhöchste Proclamation vom 10 September v. J. zu allgemeiner Kenntniß gebracht hat, nichts geändert, vielmehr nur ein Vergleichsversuch angerathen, unter ausdrücklichem Vorbehalt aller Rechte, wodurch der gegenwärtigen Versammlung keine weitere Befugniß beigelegt wird, als sie ohnehin besitzt. Es kann mithin
3) die gegenwärtige Versammlung schon, weil sie dem Grundgesetze widerspricht, zu verbindlichen Beschlüssen berechtigt nicht gehalten werden. Wäre aber auch möglich, eine Versammlung nach dem Patente vom 7 December 1819 als rechtlich bestehend und zu einer Vereinigung genügend zu betrachten, so würde dennoch die gegenwärtige Versammlung daher keinen Gewinn ziehen können; denn es fehlt
a) derselben der wesentliche Bestandtheil des Schatzcollegiums, und ebenso beruht
b) die Vertretung des wichtigen Bauernstandes nicht auf verfassungsmäßigen Normen, sondern auf einseitiger Anordnung der Regierung.
Beides ist durch eine behauptete Nothwendigkeit um so weniger zu entschuldigen, als der Regierung zu keiner Zeit und in keiner Provinz das Recht zugestanden hat, die Zusammensetzung der ständischen Versammlungen auf den Grund einer ihrerseits erkannten Nothwendigkeit ohne Zustimmung der Stände zu verändern, und als namentlich die allerhöchste Proclamation vom 15 Februar 1839 die Gültigkeit des Grundgesetzes hauptsächlich aus dem Grunde bestreitet, weil (nach einer erwiesen irrigen Annahme) das Schatzcollegium ohne ständische Zustimmung entfernt sey. Was aber dort gelten soll, wird hier nicht minder gelten müssen. Es ist aber ferner
c) aus der zweiten Kammer dieser Versammlung, wie der allerhöchste Erlaß vom 2 März 1839 ergibt, die Mehrzahl der Mitglieder entfernt und theils ohne allen Formfehler ihrerseits und wider ihren Willen ausgestoßen, weil dieselbe die Verfassung von 1819 als die rechtlich gültige nicht anerkennen konnte. Ja es sind in solchen Fällen, wo die also ausgeschiedenen Deputirten von ihren Wahlcollegien wieder erwählt werden wollten, diese Wahlen als ungültig bezeichnet und zurückgewiesen.
Gegenwärtig ist freilich uns und andern Corporationen die gnädige Eröffnung zu Theil geworden,
daß jene Ausschließung durch die Verfügung vom 2 März oder die politische Gesinnung einen Ausschließungsgrund der passiven Wahlfähigkeit nicht geben solle.
Allein so dankbar dieß zu erkennen ist, so wird doch dadurch jene Ausschließung selbst nur um so schwerer zu rechtfertigen. Wo die Ursache wegfällt, da muß auch die Wirkung aufhören. Wenn jene Erklärung gegen die Verfassung von 1819 jetzt kein genügender Grund ist, die Wahl zu vernichten, so konnte sie auch damals kein Grund der Ausschließung seyn, mithin sind jene dieserhalb ausgeschlossenen Deputirten, und nicht die neugewählten, als wahre Deputirte zu betrachten. Dieß aber ist um so mehr der Fall, als
d) jene Ergänzungswahlen dem größten Theile nach auf das heftigste bestritten worden. Man hat, wie bemerkt, den freien Willen der Wähler gebunden, indem man die Männer ihres Vertrauens aus einem jetzt für unhaltbar erklärten Grund ausschloß. Es sind theils die Wahlen von erheblichen Minoritäten aus Rechtsgründen angefochten. In andern Fällen ist selbst gegen den Willen der Mehrzahl nur durch eine Minorität gewählt worden, und alle Deputirten, die auf solche Weise gewählt sind, finden sich in dieser Versammlung, in welche man sie aufgenommen und zur Abstimmung zugelassen, ehe und bevor derselben die verfassungsmäßige Prüfung der Vollmachten möglich war; ja es ist noch in diesem Augenblick der Streit über ihre Legitimation und somit über die gesetzliche Beschlußfähigkeit der ganzen Versammlung offen und unerledigt. Somit sind gegen diese Versammlung Formfehler von solcher Art zu rügen, daß eine von ihr genehmigte Verfassung den Keim des Todes in sich tragen muß. Dazu aber kommt noch
4) daß selbst der Grund und Schutz der ständischen Redefreiheit, das eigene Urtheil der Kammern über die Reden ihrer Mitglieder, bloßgestellt ist. Denn nach der allerhöchsten Verordnung vom 17 Januar d. J. bedarf es lediglich eines Erlasses, um jedes Gericht zu autorisiren, über ständische Vota zu urtheilen.
Aus Nichtigem kann nie Gültiges erwachsen! – Wenn schon die geringen Formfehler, welche man an dem Staatsgrundgesetze zu finden glaubt, im Stande gewesen sind, so schwere Zerwürfnisse herbeizuführen, wie dieß leider der Fall ist, dann ist es noch viel gefährlicher um diejenige Verfassung bestellt, die jetzt berathen werden soll! Wer aber die letztvergangenen Jahre erlebt hat; wer es weiß, wie viel Gutes und Nothwendiges dieselben gehemmt; welche Aufregung sie hervorgerufen; welche bittere Saat der Feindseligkeit und des Mißtrauens sie in den Gemüthern
ausgestreut; welchen Schatz alter Anhänglichkeit, Ehrfurcht und Ergebenheit sie vernichtet haben, der mag wohl bedenken, was er thut, wenn es gilt, dazu mitzuwirken, daß dieser Zustand ohnehin überdeckt, und noch gefährlichere Dinge für nicht zu weite Ferne bereitet werden. Es ist nicht rathsam, noch verantwortlich, das ganze Glück, die ganze Sicherheit der Zukunft für eine kurze trügerische Ruhe der Gegenwart hinzugeben.
Wir können nach gewissenhafter Prüfung solche Verantwortung nicht auf uns nehmen. Herstellung dauerhafter Ruhe in den Gemüthern, die nur im Rechte gefunden wird, ist das Ziel unsers Strebens. So wenig wir aber im Stande sind, die Wahrheit der obigen Thatsachen abzuläugnen; so wenig wir es anerkennen können, daß die Verfassung von 1819 stets in Gültigkeit geblieben; daß das Staatsgrundgesetz ein rechtloser Zustand; daß fünf arbeits- und ereignißvolle Jahre von 1833 bis 1837; die wichtigsten Gesetze; Aufhebung der Exemtionen von der Militärlast; Allodification der Lehen und so vieles Andere ohne rechtlichen Boden seyen; ebensowenig können und dürfen wir zu der gegenwärtigen Versammlung weder selbst wählen, noch deren Verhandlungen und Beschlüsse als bindend anerkennen.
Demzufolge erklären wir im Auftrage des gesammten Wahlcollegiums der Stadt Osnabrück und mit dessen durch die Anlage nachgewiesener Genehmigung auf das feierlichste:
daß wir dieser hochansehnlichen Versammlung ständische Rechte, und insbesondere die Befugniß, durch ihre Beschlüsse über Rechte der Unterthanen zu verfügen, nicht zugestehen können, und demgemäß bitten wir, in der durch die Verhandlungen der vorigen Diät zur Gewißheit erhobenen Ueberzeugung, daß viele der verehrlichen Mitglieder dieser Versammlung eben so deutlich, wie wir, die ganze Gefahr der jetzigen Lage der Dinge erkennen, so wie wir früher gebeten, daß hochdieselbe beschließen wolle:
Se. k. Majestät in tiefster Unterthänigkeit zu ersuchen, diese Versammlung aufzulösen, eine dem Staatsgrundgesetze von 1833 entsprechende baldigst zu berufen, und an diese diejenigen Anträge gelangen zu lassen, welche Se. k. Majestät allerhöchstihren Rechten und dem Wohle des Landes gemäß halten mögen.
Osnabrück, den 13 März 1840.
Bürgermeister und Rath der Stadt Osnabrück.
[1609-16]
k. k. priv. österr. Lloyd in Triest.
Zweite Section
Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Der regelmäßige Dienst der Dampfschiffe des österreichischen Lloyd zerfällt in folgende Linien:
A. Zwischen Triest und der Levante.
Am 1 und 16 eines jeden Monats geht Abends 4 Uhr ein Dampfschiff von Triest ab, welches Ancona, Corfu, Patras, Piräus (Athen) berührt, und in Syra mit einem anderen Dampfschiffe der Gesellschaft zusammentrifft, welches Konstantinopel am 5 und 20 eines jeden Monats verläßt, und unterwegs bei den Dardanellen und in Smyrna anläuft. Von Syra geht jenes nach Triest und dieses nach Konstantinopel zurück mit Berührung der gleichen Zwischenhäfen. In dieser Rückfahrt wird Ancona am 2 oder 3 und am 17 oder 18 berührt. Nach den neuesten Sanitätsbestimmungen sind die Reisenden aus der Levante, wenn sie sich der ärztlichen Untersuchung und dem Kleiderwechsel unterziehen, nur einer Contumaz von 9 Tagen in Syra, und dann nur noch weiterer 3 Tage in Ancona oder Triest unterworfen, da beeidete Sanitätswächter an Bord sich befinden, weßhalb die Reisetage von Corfu aus an der festgesetzten Contumazzeit gekürzt werden, so daß also alle Reisenden aus der Levante mit den Dampfschiffen des österr. Lloyd im Ganzen nur 12 Tage, und jene aus Griechenland nur 3 Tage Contumaz auszuhalten haben.
B. Zwischen Triest und Ancona.
Am 8 und 24 eines jeden Monats, Abends 4 Uhr, geht ein Dampfschiff von hier nach Ancona, welches immer am 10 und 26 von da wieder nach Triest zurückkehrt und stets in freier Praktik ist.
C. Zwischen Triest und Dalmatien.
In den 8 Monaten, März bis October, geht jeden 5 und 20, und in den 4 Monaten November bis Februar jeden 5 ein Dampfschiff von Triest ab, welches seine Reise bis Cattaro ausdehnt, und sowohl auf der Hinreise als bei der Rückreise die Häfen Lussinpiccolo, Zara, Sebenico, Spalato, Lesina, Curzola und Ragusa berührt.
D. Zwischen Triest und Venedig.
Abgang von Triest: jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend
Abgang von Venedig: jeden Montag, Mittwoch und Freitag
immer Abends.
Dauer der Ueberfahrt ungefähr 9 Stunden.
Tarife und jede sonst zu wünschende Auskunft werden in den Bureaux der Gesellschaft und von den Agenten ertheilt.
Zur Beachtung.
Um den Verkehr mit der Levante nach Kräften fördern zu helfen, bewilligt die Gesellschaft vom 1 Mai bis Ende August l. J. eine Frachtermäßigung für alle Waaren, welche von hier nach den jonischen Inseln, nach Griechenland und der Levante verladen werden, und zwar:
von Triest nach Corfu, Patras und dem Piräus 10
von Triest nach Syra 15
von Triest nach Smyrna und Konstantinopel 20
Procent von den Preisen des gegenwärtigen Tarifs.
Triest, den 23 April 1840.