Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 166.
14 Juni 1840. Spanien.
Bordeaux, 6 Jun. Die Eroberung Morella's bildet die wichtigste Episode im Todeskampf der Insurrection. Einige Details dürften daher nicht unwillkommen seyn. Das Feuer der Mörser dauerte auch die Nacht vom 28 auf den 29 ohne Unterbrechung fort. Um 6 Uhr Morgens schlug eine Bombe in ein Pulvermagazin; ein Artillerieobrist, ein Franciscaner-Guardian und 50 Soldaten flogen dabei in die Luft. Die Flammen in der Stadt schlugen heller auf und die Batterien der Belagerer verdoppelten ihr Feuer; das einer Batterie von 24Pfündern wirkte verheerend. Die Insurgenten fochten wie Verzweifelte (en Morella se resisten como demonios, sagt ein Brief von Ort und Stelle). Zahlreiche Mönche durchzogen die Straßen, eiferten zum Widerstand an, und versprachen nahen Entsatz durch ein französisches Corps. Hie und da stürzten Gebäude ein, in einem einzigen Hause wurden 15 Menschen unterm Schutt begraben, Schrecken war auf allen Gesichtern. Am 30 gegen 1 Uhr Morgens versuchte die Garnison heimlich aus Morella zu flüchten, aber die Posten im Lager waren wach, die Trommeln schlugen und die Ausziehenden wurden in die Stadt zurückgeworfen. Mehrere Hundert wurden abgeschnitten und gefangen. Um 5 Uhr verlangte die Besatzung zu capituliren, um 6 Uhr wurde das Feuer eingestellt, um 8 Uhr die Uebergabe auf Discretion unterzeichnet. Um 9 Uhr zog die Garnison, 2500 Mann stark, aus dem Platze und streckte die Waffen. Am 29 früh schlug General Zurbano den Cabecilla Forcadell bei Herbes, unweit Morella; Forcadell und 30 der Seinigen blieben todt, 60 wurden gefangen, der Rest zerstreut. Die Gefangenen von San Pedro und Morella wurden sofort durch die Brigade Zurbano nach Alcañiz transportirt. – Aus dem Innern lauten die Nachrichten schlecht. In Guadalajara und Umgegend war am 31 panischer Schrecken. Balmaseda mit sechs Bataillonen und zahlreicher Cavallerie war im Anmarsch gegen die Stadt. Und diesen Augenblick wählt man, um den General Concha mit seinen Truppen auf die Straße nach Valencia zur Escorte des reisenden Hofes zu schicken! – Zu Barcelona erwartete man in wenig Tagen die Königinnen, und hoffte, daß Segarra mit den Trümmern seines Corps ihnen seine Unterwerfung einsenden werde.
Bordeaux, 7 Jun. Balmaseda, nachdem er eine Scheinbewegung auf Guadalajara gemacht, ist mit seinem ganzen Corps gegen Navarra aufgebrochen. Schon gestern schrieb ich Ihnen, daß seine Soldaten bei Lerma die Verbindung mit der Hauptstadt unterbrachen, und deßhalb Truppen bis von Vitoria her gegen ihn im Anmarsch waren. Heute gibt man für sicher, daß er am 1 d. mit 2000 Mann Fußvolk und 800 Reitern im Dorfe Roa eingerückt war, von wo er auf Navas de Roa marschirte, das er sofort niederbrannte. Wir wollen hoffen, daß es den ihm entgegen rückenden Bataillonen gelingen werde, ihn in seinem mordbrennerischen Zuge aufzuhalten; sollte er aber auch den Ebro überschreiten, so ist bei der allgemeinen Stimmung für die Ruhe der Provinzen nichts Ernstliches zu fürchten. Morgen das Nähere. – Eine telegraphische Depesche vom 6 Jun. steigert die Zahl der Gefangenen von Morella bis auf 3000; im Gefechte von Herbes soll Zurbano dem Feinde nur 150 Mann getödtet und deren 100 gefangen haben. Sie wissen wohl, daß man es mit den Angaben der spanischen Generale nicht so genau zu nehmen hat.
Großbritannien.
Der Globe äußert in Bezug auf einen Artikel des Journal des Débats über Napoleon: „Wir sind sehr geneigt, den Débats beizustimmen, daß das Andenken an Napoleon die sicherste Bürgschaft gegen Bonapartistische Grundsätze ist. Es erschiene in der That schwierig, zu sagen, was diese Grundsätze eigentlich sind. Uebertragung eines durch das Schwert gewonnenen und verlornen Anspruchs nach Verlauf einer langen Reihe von Jahren. Die Wahrheit ist, daß, weil es einen ersten Napoleon gegeben, dieß einen zweiten unmöglich macht. Er war der natürliche Erbe der Revolution; der Umschwung des Rades brachte den besten Soldaten zu oberst. Es war unvermeidlich, daß es sich wieder drehen mußte. Nur in einem Augenblick des Ueberganges nahm man seine Dictatur an; die Epoche von Napoleons wirklicher Macht war der Zeitabschnitt des öffentlichen Ekels vor allen Verbrechen und Thorheiten, die man so eben im Namen der Freiheit begangen. Napoleon bekümmerte sich wenig darum, volksthümlich zu seyn, er hatte es auch nicht nöthig. Eine starke Hand war des passiven Gehorsams einer Nation sicher, welche so eben aus den Schrecken der Anarchie hervorgegangen. Erst als Napoleons Conscriptionen so uner träglich wurden wie die Proscriptionen der sogenannten republicanischen Regierung, begann seine Macht zu wanken. Einmal über den Haufen geworfen, war Wiederherstellung unmöglich. Sie war rein persönlich und hing von dem Zauber ununterbrochenen Erfolges ab. Sie war nie über die Gränzen militärischer Popularität hinaus volksthümlich. Napoleon war
ein großer Geist, aber er verachtete die Menschen viel zu sehr, als daß er sie hätte gut regieren können. Cromwell hatte eine Religion, obwohl durch Fanatismus getrübt, einen Glauben an das Höhere und Theilnahme an dem, was ihn umgab. Napoleon machte sich selbst zum Gott und aus seinesgleichen seine Werkzeuge.“
Frankreich.
Paris, 9 Jun.
Die Königin ist am 9 Jun. um 1 Uhr von ihrer Reise nach Brüssel wieder in Paris angekommen.
Die Herzoge von Orleans und Aumale sind am 8 Jun. Abends in Paris angekommen.
(Commerce.) Der Ernennung des Hrn. Mathieu de la Redorte zur spanischen Botschaft soll in kurzem die des Grafen Roger zu einer diplomatischen Mission folgen. Der Graf Waleski soll durch eine außerordentliche Mission ebenfalls in die Diplomatie eingeführt werden.
Hr. Nepomucène Lemercier, Mitglied der französischen Akademie, ist in Folge einer Krankheit von wenigen Tagen gestorben. Er war 70 Jahr alt. In einem Alter von 16 Jahren hatte er sein erstes Trauerspiel aufführen lassen; erst 20 Jahre später ward sein bestes Trauerspiel Agamemnon aufgeführt. Er ward 1810 in die französische Akademie an die Stelle des Hrn. Noigeon aufgenommen.
(Courrier français.) Folgendes liest man diesen Abend im Messager, einem der Regierung gehörenden Journal: „Hr. Petit von Bantel mußte wünschen, daß man anderwärts, als im Arriègedepartement, von seiner Fähigkeit und Energie Gebrauch mache.“ Noch vorher erläutert dasselbe Journal die Veränderungen im Personal durch den ehrenwerthen Eifer, geleistete Dienste zu belohnen. Dieß heißt klar gesprochen und die Bevölkerung des Cantal, die Hr. Petit de Bantel jetzt zu administriren hat, weiß zum voraus, was sie von der Energie ihres neuen Präfecten zu erwarten hat, wenn sich Gelegenheit ergeben sollte, diese anzuwenden.
In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Jun. ward die Erörterung des Budgets des Seeministeriums beendigt. Hr. Estancelin hatte im Laufe der Erörterung den Wunsch ausgedrückt, daß die Colonien nicht bloß durch Colonialabgeordnete, sondern ebenso, wie die andern Theile Frankreichs, in der Kammer repräsentirt werden möchten.
In der Sitzung der Deputirtenkammer am 9 Jun. bestieg zuerst Hr. Roy im Pairscostume die Tribune, und verlas den jährlichen Commissionsbericht zur Aufsicht der Tilgungs-, Depots- und Consignationscasse. Die Einnahmen der Tilgungscasse beliefen sich 1839 auf 216 Millionen. Davon wurden 121 Millionen zum Rückkauf dreiprocentiger Renten verwendet, und am 1 Jan. 1840 blieben 95 Millionen in Casse. Nach dieser Verlesung entfernte sich die Commission mit ihrem Präsidenten, Hr. Roy an der Spitze. Die Kammer erörterte hierauf das Budget des Finanzministeriums, mit dem sie bald zu Ende kam. Nur ein Theil davon, der zum Ministerium der öffentlichen Arbeiten gehört, und den Titel außerordentliche Arbeiten führt, bleibt noch zu erledigen. Zum Schlusse votirte die Kammer noch ohne Erörterung mehrere örtliche Interessen betreffende Entwürfe.
(Temps.) Wenn ganz Paris die Reise nach St. Helena machen könnte, so würde dieß sicher geschehen; der Eifer zu dieser Pilgerfahrt ist allgemein; man müßte, um alle Wünsche zu befriedigen, eine Arche Noä bauen. Selbst die Damen sprechen nur von dem Besuche des sogenannten Geraniumsthals auf St. Helena; das Grab Napoleons ist für uns das heilige Grab geworden. – Mehrere der alten Diener Napoleons erhielten die Erlaubniß, die Fahrt mitzumachen. Auch der alte Mameluk Rustan, der den Kaiser in den Zeiten der Trübsal so schmählich verlassen, suchte die Erlaubniß zur Reise dahin nach, ward aber wie billig abgewiesen. – Hr. Laffitte hat im Garten seines Hotels eine kolossale marmorne Statue Napoleons errichten lassen.
Ein französisches Blatt enthält hinsichtlich der zwei Millionen, die Joseph Bonaparte für die Translation der Asche Napoleons und für die Invaliden der Kaisergarde angewiesen hat, Folgendes: „Der Kaiser befahl durch ein Decret vom 8 Mai 1815, Frankreich solle ihm seine Civilliste, selbst während seines Aufenthalts auf der Insel Elba, auszahlen. Somit ließ er sich aus dem Schatz über 26 Millionen 500,000 Fr. auszahlen; aber er erhielt in baarem Gelde nur 13 Millionen 496,578 Fr. 18 C. Am 7, 8 und 9 Jun. stellte man ihm eine Summe von 12 Millionen 646,540 Fr. in Anweisungen auf Staatswaldungen zu. Diese Anweisungen wurden durch eine königliche Ordonnanz vom 16 Jul. 1815 annullirt. Das Resultat der Großmuth des Hrn. Joseph Bonaparte würde demnach nur darin bestehen, seiner Schatulle 2 Millionen zu vindiciren; denn erkennt man die erwähnten 2 Millionen als Geschenk an, so muß man auch die andern 2 Millionen, die dem Grafen Survilliers verbleiben, anerkennen. Es ist übrigens nicht das erstemal, daß die Familie Napoleon bemüht ist, jenen durch die Ordonnanz Ludwig XVIII annullirten Anweisungen Anerkennung zu verschaffen. Außer den beiden Lucian Bonaparte eingehändigten Millionen und außer den vier Millionen, die Joseph Bonaparte in seinem Portefeuille hat, bleiben noch 6 Millionen 640,540 Fr. übrig, die der Kaiser unter Hortensia, seine Schwester Elisa und seine Mutter vertheilt hatte. Dieselben hatten die Sorge für ihre Interessen einem Mitgliede der Kammer zur Zeit der Restauration anvertraut, das auch in der gegenwärtigen Kammer Sitz hat. Dieses hat auch zu verschiedenenmalen die Ansprüche der Genannten geltend gemacht, indeß stets ohne Erfolg. Kurz, statt von der Freigebigkeit Joseph Napoleons 2 Millionen zu erhalten, würde die Nation in die Lage versetzt werden, zwölf Millionen und mehr zu zahlen, die allerdings, wie jener mit so großer Aufrichtigkeit eingesteht, der Schweiß des Armen und das Blut der Tapfern seyn würden.“
(Commerce.) Algier, 30 Mai. Der Militär-Oberintendant Marchand de la Ribellerie, der kurz vor der Expedition, zu der er gehörte, angekommen, ist am 28 im Spital des Dey an der Ruhr gestorben. Alle Kriegsbeamten haben Befehl erhalten, sich auf Montag zum Aufbruch bereit zu halten. Die Expedition wird sich zuerst nach Osten richten, und sich dann Miliana's bemächtigen. Am 28 ist ein Convoi nach Blida abgegangen; es ist noch nicht zurück. Es braucht inzwischen Zeit zum Aufladen, und morgen Abend nach der Maison Carré zu fahren, von wo es Montag mit der Armee aufbrechen wird. Obrist Lamoricière ist von dem Conseilpräsidenten nach Frankreich berufen, und fährt heute auf dem Acheron ab. Er wird in Paris, wo sein Werth geschätzt wird, den Lohn für seine Tapferkeit erhalten und als Maréchal de Camp und Commandant einer mobilen Colonne zurückkommen. Die Colonisten freuen sich über seine Abreise, weil sie auf seine Rückkehr rechnen und überzeugt sind, daß seine Anwesenheit in Paris der Colonie nützlich seyn werde.
Paris, 9 Jun. Es ist nunmehr Hoffnung zur Abschließung des projectirten Handelstractats mit England vorhanden; eine Anzahl der den Handels- und Seestädten angehörigen Deputirten hat den Handelsminister gebeten, der Kammer einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Regierung ermächtige,
den Zolltarif in Hinsicht derjenigen englischen Einfuhrgegenstände zu ermäßigen, von denen in den Unterhandlungen zunächst die Rede ist. Da hiernach das Cabinet keinen Widerspruch der Kammer gegen einen solchen Entwurf zu fürchten hat, so wird derselbe wohl sicher vorgelegt werden. – Laut den letzten hier angekommenen Nachrichten aus Neapel wird der König in allen Punkten die Forderung Englands zugestehen, ohne daß es eines Ausspruchs des Hrn. Thiers bedürfte. – Eben lese ich den in Ihrem Blatte vom 5 d. veröffentlichten Brief aus Lyon vom 30 Mai. Ich kann aus eigener Erfahrung dessen Inhalt bestätigen, und füge hinzu, daß Hr. Cousin in diesen Tagen einen Hrn. L........ nach Deutschland expedirt, um die dortigen Rechtsfacultäten zu exploitiren.
Lyon, 6 Jun. Odilon-Barrot ist einige Tage wegen eines Handelsprocesses in unserer Stadt gewesen. Derselbe Mann, welcher früher durch ein großes Bankett gefeiert wurde, hat sich im Ganzen nur weniger Besuche zu erfreuen gehabt. Seine Rolle neben Thiers, obgleich sie sich mit dem Titel eines rechtlichen Mannes vertragen mag, ist doch sehr unpolitisch und beweist von seiner Unbedeutenheit. Die Napoleon'sche Partei wächst in unserer Stadt. Das Journal du Commerce, Organ dieser Partei, erscheint, statt dreimal wöchentlich, jetzt täglich. Es kämpft in eigenen Artikeln gegen die von St. Simon, Owen und Fourrier gepredigten Doctrinen. „Nach unserer Meinung, sagt es gestern, ist das Princip jeder socialen Reform in dem Respect für den Genius der Humanität zu suchen. Es findet nur in den Gränzen dessen, was möglich zu realisiren ist, seine Anwendung, d. h. in den Bedingungen der Ordnung und Gerechtigkeit.“ – Im Volke gehen wieder die alten Sagen von einer Wiederkehr des Kaisers, nicht als Herrschers noch Gesetzgebers, sondern als eines neuen Religionsgründers, um. Bewundern Sie nicht mit mir den Schwung der Mythe?
Bordeaux, 7 Jun. Ein Gerücht grauenvoller Art durchläuft seit gestern unsere Stadt. Gebe der Himmel, daß es sich nicht erwahre! – Jedenfalls glaube ich es Ihnen nicht vorenthalten zu dürfen. Eliçabide hatte schon vorlängst erklärt, daß er wichtige Bekenntnisse ablegen werde, falls sein Proceß zu Bordeaux fortgeführt würde, er dagegen zu hartnäckigem Schweigen entschlossen sey, wenn man darauf bestehen sollte, ihn nach Paris zu überführen. Seitdem hat man sich für Bordeaux entschieden und die einbalsamirte Leiche des Knaben Anizat ist bereits vor drei Tagen hier angelangt. Da soll nun Eliçabide, sein Versprechen erfüllend und sich fortwährend als willenloses Opfer eines furchtbaren Geschicks und einer innern satanischen Macht, die ihn unaufhaltbar zu dem Schrecklichsten forttreibe, darstellend, mehrere neue Ermordungen, denen von La Villette und Artigues ähnlich, gestanden haben. So wäre z. B. einer seiner Freunde unter seinen Streichen gefallen, ohne daß je der geringste Verdacht ihn getroffen hätte; ja, die bei Anlaß des plötzlichen Todes des Erzbischofs von Bordeaux, Cardinals Cheverus, der vor etwa zwei Jahren in der Blüthe seines Alters und seiner Gesundheit seiner Heerde entrissen wurde, Der Cardinal Cheverus war ein Engel an Duldsamkeit, Hingebung und Wohlthun, eine glänzende Zierde der gallicanischen Kirche. Seine ganze Habe opferte er zur Linderung menschlicher Leiden. Cardinal und Erzbischof der zweiten Stadt des Reichs sah man ihn immer und überall zu Fuß, überall Thränen trocknend, überall Trost und Hülfe spendend.
Anm. d. Corresp.
gewalteten unbestimmten Zweifel möglicher Vergiftung würden nun zur schrecklichsten Gewißheit – denn Eliçabide hätte sich auch dieser Gräuelthat schuldig erklärt! – Noch einmal, möchte ich meine Nachricht widerrufen müssen!
Italien.
Französische Blätter schreiben: „Paganini hat ein Alter von 58 Jahren erreicht. Da er sich weigerte, die Tröstungen der Religion nachzusuchen (nach einigen, weil er den Tod nicht so nahe glaubte), versagte ihm der Bischof von Nizza ein Begräbniß nach katholischem Ritus; nach einigen fruchtlosen Unterhandlungen mit den Freunden des Verstorbenen wurde beschlossen, die Leiche nach Genua zu bringen. Es steht nun dahin, was die dortige Geistlichkeit thun wird.“
Deutschland.
München, 12 Jun. Gestern Abend kam ein russischer Feldjäger in Biederstein an, wie verlautet, mit der Nachricht, daß Ihre Maj. die Kaiserin von Rußland und der Thronfolger Alexander schon am nächsten Dienstag auf ihrer Reise nach Ems in Frankfurt eintreffen werden. II. HH. der Erbgroßherzog und die Prinzessin Marie von Hessen haben darauf, ersterer heute am frühen Morgen, letztere Vormittags 11 Uhr die Rückreise nach Darmstadt angetreten. – Gestern kamen Briefe vom Herzog von Leuchtenberg hier an, datirt aus Stockholm vom 29 Mai. Se. kaiserl. Hoh. hatte nämlich von St. Petersburg aus mit dem Dampfboot einen Abstecher dahin gemacht, um einige Tage zum Besuch bei seiner erlauchten Schwester, der Kronprinzessin von Schweden, zu verweilen. In diesem Augenblick ist der Herzog wahrscheinlich schon wieder in St. Petersburg zurück. – Die Passionsvorstellungen in Oberammergau waren kaum jemals so besucht, wie in diesem Jahr, zur letzten Vorstellung wurden, wie man hört, mehr als 7000 Eintrittskarten ausgegeben; man rühmt die zweckmäßige Anordnung und das Geschick der Darsteller. – Gestern ist der k. bayerische Ministerresident bei den freien und Hanse-Städten, Freiherr v. Hormayr, hier eingetroffen.
Preußen.
Die Preußische Staatszeitung enthält folgenden Bericht: „Berlin, 9 Jun. Die schmerzliche Aufregung, die seit den vorgestrigen Nachmittagsstunden sich aller Gemüther bemächtigte, gibt jetzt erst die Fassung, um einen Bericht über die letzten Augenblicke des vielgeliebten, von dem ganzen Volk betrauerten Monarchen zu erstatten. Am Morgen des ersten Pfingstfeiertags, wo jede Hoffnung, das Leben Sr. Maj. erhalten zu sehen, bereits völlig verschwunden war, versammelten sich alle Mitglieder des königlichen Hauses im Palais zu einem besondern Familiengottesdienst, um Kraft und Stärke für den bevorstehenden schweren Moment von oben zu erflehen. Durch die tröstenden Worte der Religion gehoben und vorbereitet, verfügte sich die königliche Familie in das Nebenzimmer des königlichen Krankengemachs. Hier wurde Sr. Maj. dem jetzt regierenden König die tief erschütternde Botschaft überbracht, daß der gefürchtete traurigste Augenblick herannahe. Es begaben sich nunmehr die sämmtlichen Mitglieder des königlichen Hauses in das Krankenzimmer, mit ihnen Se. Maj. der Kaiser von Rußland, und blieben von hier ab um das Bett des scheidenden Monarchen versammelt. So in der Mitte der Seinigen, die eine Hand seinem königlichen Nachfolger reichend, die andere gehalten von Ihrer Durchl. der Fürstin von Liegnitz, hauchte er, der beste und väterlichste der Könige, seinen edlen Geist aus, so ruhig und sanft, daß es erst eines Zeichens der anwesenden Leibärzte bedurfte, um den Umstehenden zu verkünden, daß ihr königlicher Vater bereits einer besseren Welt angehöre. Se. Maj. der jetzt regierende König drückten darauf dem geliebten Vater die Augen zu. Getroffen von dem ganzen Gewicht dieses unersetzlichen Verlustes, sanken alle Anwesenden
auf die Knie zu inbrünstigem Gebet, nach welchem die hohen Versammelten einander in die Arme fielen, und schluchzend und in Thränen ihrem beklommenen Herzen Luft machten. Schnell verbreitete sich die Nachricht unter die vor dem königlichen Palais versammelten Tausende, und der tiefe Schmerz, der in dem königlichen Trauerhause alle Herzen erfüllte, bemächtigte sich, wie die Thränen in Aller Augen bewiesen, des Volks in diesem Momente. Die innige Anhänglichkeit und tiefe Theilnahme, die sich schon seit mehrern Tagen in allen Ständen kundgegeben hatte, fand jetzt auf aller Mienen den beredtesten Ausdruck, und die Trauer jedes Einzelnen schmolz zusammen zu einem allgemeinen Gefühle der Wehmuth. Die Truppen der hiesigen Garnison wurden angewiesen, ihre Fahnen und Standarten still abzuholen, und die Vereidigung hatte dann regimenterweise in ihren Casernenhöfen statt, worauf die Fahnen wieder still in das Palais zurückgebracht wurden. Der folgende Tag, als der zweite Pfingstfeiertag, gab den Bewohnern der Hauptstadt Gelegenheit, auch ihrerseits die Gefühle des Schmerzes an heiliger Stelle zu läutern. Die Gotteshäuser aller Confessionen hatten sich mit Leidtragenden gefüllt, um ihr Gebet dem verklärten Geiste nachzusenden und Worte des Trostes zu vernehmen. Von allen Kanzeln der Hauptstadt wurde die nachstehende Bekanntmachung verlesen: „Gott hat nach seinem unerforschlichen Rathschlusse unsern geliebten, theuern König und Herrn durch einen sanften Tod von seinem Volke abgerufen und zu einem höhern und vollkommeneren Leben eingeführt. Das königliche Haus ist in tiefen Schmerz versenkt, Millionen treuer Herzen, die für den vielgeprüften und hochbegnadigten, milden und gerechten Herrscher in aufrichtiger Liebe und kindlicher Ehrfurcht geschlagen haben, sind von Wehmuth und Betrübniß ergriffen, und die Klage um das theure Haupt geht durch das ganze Vaterland. Der allerdurchlauchtigste, großmächtigste König und Herr, Herr Friedrich Wilhelm der Dritte, König von Preußen u. s. w., entschlief in dem Glauben an den Erlöser, und durch ein frommes Leben ächt-christlich vorbereitet auf die selige Ewigkeit, am 7 Jun. 1840, Nachmittags halb 4 Uhr, im 70sten Jahre seines Alters und im 43sten Jahre seiner gesegneten Regierung. Ja, zahllose Wohlthaten hat Gottes Gnade uns durch die väterliche Hand dieses verklärten Fürsten zugewendet. Im Geistlichen, wie im Leiblichen, hat seine treue Fürsorge für unser Heil gewacht. Tiefe Wunden, uns durch die Gewalt des Mißgeschicks geschlagen, sind wieder durch ihn geheilt worden. Seiner Weisheit, seiner Ehrfurcht gebietenden Mäßigung ist es gelungen, der Welt den theuer errungenen Frieden zu bewahren und mitten in einer bewegten Zeit seinem Volke die Ruhe zu sichern, unter deren heilsamem Einflusse die gedeihliche Entwickelung alles Wahren, Großen und Guten in seinem weiten Reiche stattgefunden hat. Darum haben wir ihn mit Recht als ein geheiligtes Werkzeug der göttlichen Huld verehrt, darum preisen wir heute, auch in der tiefen Betrübniß über sein Scheiden, die Gnade des Ewigen, der ihn uns zum Herrscher gegeben und so lange unter uns erhalten hat, und seinem ruhmvollen Andenken, das uns und unsern spätesten Nachkommen unvergeßlich bleiben wird, weihen wir aus Einem Sinn und Herzen die Gefühle der innigsten und aufrichtigsten Dankbarkeit. Aber auch in dem tiefen Schmerze über diesen großen, erschütternden Verlust darf unsere Hoffnung auf Gottes gnädige Hülfe nicht wanken, denn das verwaisete Scepter der Regierung hat der Erbe seiner Weisheit und seiner Tugenden übernommen, nämlich: unser nunmehriger König und Herr, der allerdurchlauchtigste, großmächtigste Fürst und Herr, Herr Friedrich Wilhelm IV, König von Preußen u. s. w. Gott segne den König und rüste ihn aus mit Kraft aus der Höhe, und helfe ihm, die heilsamen Absichten vollbringen, die er für die Beglückung seines Volkes hegt! Die ungetrübte und immer steigende Wohlfahrt seiner Unterthanen werde für den geliebten Monarchen die süße Befriedigung, nach der sein großes edeldenkendes Herz sich sehnt. Auf den ewigen Säulen der Wahrheit und Gerechtigkeit erhebe sich sein Thron und stehe fest unter allem Wechsel der Zeiten, wie unsere treue Liebe zu ihm nicht wanken soll. Sein Leben, sein Thun und seinen Frieden befehlen wir Gott, er lasse seine Regierung eine lange, friedliche und beglückte seyn. Der Trost von oben senke sich nieder auf das betrübte königl. Haus, und an der Kraft des göttlichen Wortes erquicke und stärke sich jedes Herz, das mit den heiligen Banden der Familienliebe und der Unterthanentreue an den König geknüpft ist. Die Gnade des Herrn, von welcher Heil und Segen kommt, walte über uns jetzt und in Ewigkeit. Amen.“ – Heute früh um 1 Uhr Morgens wurde auf Befehl Sr. Maj. die Leiche Sr. hochseligen Maj. in einem Einsatzsarge, getragen von den Unterofficieren der Schloßwache, von dem königl. Palais nach dem königl. Schlosse hinübergebracht, und daselbst in dem Audienzzimmer unter einem Thronhimmel aufgestellt. Der stille Zug wurde eröffnet von der Dienerschaft Sr. Majestät. Vor dem Sarge gingen die drei Hofchargen: Se. Durchl. der Oberkammerherr Fürst Wittgenstein, der Oberhofmeister v. Schilden und der Hofmarschall v. Massow. Dem Sarge folgten Se. Maj. der König mit dem Prinzen von Preußen, darauf die General- und Flügeladjutanten Sr. hochseligen Maj. Alles andere Gefolge war abgelehnt. Einige zufällige Zuschauer schlossen sich ehrfurchtsvoll dem Zu e an. Nachdem der Sarg aufgestellt worden, verweilten Se. Maj. und der Prinz von Preußen in stiller Andacht. Die General- und Flügeladjutanten hielten die Nacht hindurch Wache bei der königlichen Leiche.
Berlin, 9 Jun. In verwichener Nacht ist der Leichnam Sr. Maj. ganz in der Stille aus dem Palais ins Schloß gebracht worden. Der jetzige König, die Prinzen und die Hausdienerschaft folgten mit entblößtem Haupt dem von zwölf Krongardisten getragenen Sarg. Heute ist derselbe in Parade ausgestellt, ganz in der Weise, wie es der König selbst bestimmt. Acht Generale stehen als Ehrenwachen beim Sarge; die Leiche trägt die Uniform des ersten Garderegiments, die Landwehrmütze, und ist in den Mantel gehüllt. Heute haben nur die Militärs und Behörden Zutritt, Nachmittag die Damen der Stadt in Trauer, Morgen das Publicum. – Meinem gestrigen Schreiben habe ich noch berichtigend hinzuzufügen, daß nicht der Bischof Eylert, sondern der Hofprediger Strauß, der auch schon Vormittag den Gottesdienst für die königl. Familie besonders abgehalten hatte, auf den Wunsch derselben am Sterbebett Sr. Maj. gesprochen – in den ergreifendsten Worten – und die Leiche eingesegnet hat. Es thut mir unendlich leid, gestern selbst die Veranlassung zu dieser heutigen Berichtigung geliefert zu haben, daher Sie, von gleichem Gefühl getrieben, sich beeilen werden, sie aufzunehmen.
Berlin, 9 Jun. Se. Majestät der nunmehr regierende König hat bereits gestern eine Deputation der Bürgerschaft von Berlin angenommen, an deren Spitze sich der Oberbürgermeister, Hr. Krausnick, und der Vorsteher der Stadtverordneten, Hr. Desselmann, befanden. Der König empfing sie im Kreise seiner tief trauernden Familie und trat der städtischen Deputation mit Thränen in den Augen entgegen. Der Oberbürgermeister hielt eine kurze herzliche Anrede, in welcher er die Gefühle der Stadt bei dem schmerzlichen Verluste des Königs aussprach. Se. Maj. antworteten darauf etwa in nachstehender Weise: „Ich bin tief erschüttert von dem großen Verlust, den das Land und Ich durch den Hintritt eines so vortrefflichen Vaters erlitten, aber auch innigst gerührt von der Hingebung, welche die Stadt Berlin immer ihren Herrschern bewiesen. Besonders haben dieß die letzten Tage gezeigt. Die allgemeine Theilnahme aller Einwohner, die sich so klar aussprach, ist wahrhaft rührend für mich und uns Alle gewesen und gereicht uns sehr zum Troste. Ich habe Berlin lieb, nicht bloß als meine Vaterstadt, sondern auch weil es immer dem ganzen Lande mit den besten Gesinnungen und allem Guten vorangegangen ist. Sie haben dieß besonders in den Jahren 1810 und 1813 und wiederum ganz neuerdings dargethan. Ich werde nie das Jahr 1810 vergessen, noch das Jahr 1813, wo ich selbst auf kurze Zeit hier war und davon
Zeuge gewesen bin und wo sich überall, wie jetzt, ein so herrlicher Sinn und Geist aussprach. Ich sehe Sie unvorbereitet und diese Worte kommen aus meinen Herzen, und so wird es immer unter uns seyn! Ich bin Ihr wahrer und wärmster Freund!“ – Der König drückte bei diesen Worten sowohl dem Oberbürgermeister als dem Vorsteher der Stadtverordneten mehreremal die Hand und ließ sich dann auch die übrigen Mitglieder der Deputation vorstellen. Unter den hiesigen Einwohnern hat das Bekanntwerden dieser Audienz und der Worte, die der König gesprochen, einen überaus angenehmen Eindruck gemacht, und Alles spricht mit Begeisterung davon. Nicht minder enthusiasmirt erzählt man sich den Inhalt einer Unterredung, die Se. Maj. mit Alexander v. Humboldt gehabt haben soll, die wir jedoch nicht zu veröffentlichen wagen, da uns die Worte nicht genau bekannt sind. – Se. Maj. befanden sich heute Nacht um 1 Uhr unter denjenigen, welche die Leiche des königlichen Vaters, getragen von den Unterofficieren der Krongarde, aus dem Palais nach dem Schlosse geleiteten, wo sie jetzt aufgestellt, jedoch, nach dem ausdrücklichen Willen des Verewigten, der keinerlei Schaugepränge liebte, nicht für das größere Publicum sichtbar ist. Die Trauer ist zwar nur für den Hof und die Staatsdiener befohlen, doch läßt es sich auch kein Privatmann, kein Bürger nehmen, seine Theilnahme in dieser Weise darzulegen. Auf den Straßen ist darum auch schon Alles, was wohlgekleidet erscheint, in schwarzem Anzuge zu sehen. Die Theater werden im ganzen Lande sechzehn Tage geschlossen bleiben; eben so lange ist auch alle Musik suspendirt. Der Kaiser von Rußland weilt mit seiner Gemahlin in Potsdam, während Se. Maj. der König, von Geschäften gedrängt, einstweilen hier bleiben zu wollen scheint.
Münster, 1 Jun. Wer unsere Stadt im vorflossenen Winter besucht, und die Physiognomie des geselligen Lebens mit der von einem Jahre vorher verglichen hat, dem kann die erfreulichste Veränderung nicht entgangen seyn. Die Gegeneinanderstellung der Confessionen, der Nationalitäten und der Stände ist fast bis auf die letzte Spur verschwunden. Das Einzige, was von der trüben Zeit übrig geblieben, ist das bessere Vernehmen, in welchem jetzt der Adel mit den anderen Ständen steht. Der Adel hatte sich zum Repräsentanten und Wortführer der Volksgefühle und Sympathien gemacht, und es ist ihm dieß hoch angerechnet worden. Seine Stellung zu den Mittelclassen war vordem keine Zuneigung erweckende. Während der bischöflichen Regierung zum Besitze aller Würden ausschließend berufen, mit denen Macht, Genuß und keine Arbeit verbunden war, befand er sich in einer Position, die für die andern Stände drückend genannt werden darf; auch nachdem andere Zeiten veränderte Verhältnisse herbeigeführt hatten, gelang es nicht den Widerwillen der übrigen Stände zu besiegen, und die Regierung hat sich vergeblich bemüht, durch die Gesetzgebung, durch Auszeichnung und Berücksichtigung ihm einen größeren Einfluß zu verschaffen. Dieses Ziel ist aber nunmehr, ob zwar durch ein Mittel erreicht, was nicht einmal vorher bedacht, noch viel weniger beabsichtigt seyn konnte, was aber, so scheint es wenigstens, in der größeren Annäherung der verschiedenen Stände eine gute Wirkung hervorgebracht hat. Auch die Stellung zum Gouvernement ist wieder freundlicher geworden. Das offen an den Tag gelegte Schmerzgefühl hat mit der Zeit seine Bitterkeit verlieren müssen, und da ein fortgesetztes Boudiren mit der Regierung weder der Schicklichkeit noch dem wahren Interesse entsprochen hätte, so ist die erste Gelegenheit wahrgenommen worden, und Alles wieder in das alte Geleise zurückgekehrt. Die Wintersaison war darum recht brillant. Jetzt haben die meisten adeligen Familien Münster bereits wieder verlassen, um den Sommer auf ihren Gütern zuzubringen. Viel trägt zur Versöhnung der Gemüther das leutselige und würdevolle Benehmen des commandirenden Generals bei; die Verschmelzung mit den übrigen Theilen der Monarchie wäre um manchen Schritt weiter, wenn er schon länger auf seiner Stelle sich befände. – Der vormalige Geschäftsträger in Brüssel, Graf v. Galen, soll dem Vernehmen nach, nach seinen Wünschen, in der innern Verwaltung verwendet werden.
Norwegen.
Hamburg, 5 Jun. Die in einem Artikel aus Christiania vom 18 Mai, welcher aus der Leipziger Allg. Zeitung in andere Zeitungen übergegangen ist, enthaltenen Angaben über unruhige Auftritte, die sich am 17 Mai (als dem Jahrestage des Constitutionsfestes) daselbst ereignet haben sollen, sind als durchaus erdichtet anzusehen, da weder in norwegischen Blättern bis zum 20 Mai, noch in irgend einem schwedischen oder dänischen Blatte die mindeste Erwähnung davon geschehen ist. (Hamb. C.)
Oesterreich.
Wien, 8 Jun. Morgen begibt sich der russische Botschafter auf die Reise nach Karlsbad. Hr. v. Struve, kaiserl. russischer Staatsrath, vertritt während Hrn. v. Tatitscheffs Abwesenheit dessen Stelle. – Aus Anlaß des Gründungsfestes des deutschen Bundes ist bei Sr. D. dem Fürsten v. Metternich für morgen ein diplomatisches Diner angesagt, wozu ausschließlich die Repräsentanten deutscher Höfe geladen sind. Von der Abreise des Hrn. Bundespräsidialgesandten ist noch keine Rede. Heute lesen wir im Oesterr. Beobachter, Art. Deutschland, Folgendes: „Es sind heute fünfundzwanzig Jahre verflossen, seit am 8 Jun. 1815 auf dem zu Wien versammelten Congresse der deutsche Bund gestiftet worden ist. Wir können bei der Erinnerung an jenes denkwürdige Ereigniß nur der Ansicht beipflichten, die aus Anlaß einer andern Säcularfeier (der Thronbesteigung König Friedrichs II) in einem Aufsatze der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 1 d. M. ausgesprochen wird: daß der an die Stelle der ehemaligen Formen des deutschen Reichs getretene Zustand der Dinge an Einheit und Einigkeit die alten Zustände bei weitem überrage. Treffend wird in jenem Aufsatze der deutsche Bund als die Ausgleichung und Versöhnung aller jener Collisionen, die der jetzigen politischen Gestaltung Deutschlands vorangingen, bezeichnet und auf die Vortheile hingewiesen, welche dieser Bund dem deutschen Vaterlande im Innern wie nach Außen bisher gewährt hat. Bei der Ueberzeugung, welche sämmtliche deutsche Regierungen von der Nothwendigkeit und dem Nutzen dieser neuen Gestaltung hegen, darf man sich der zuversichtlichen Hoffnung überlassen, daß der vor einem Vierteljahrhundert nach langen Kämpfen und Zerrüttungen geschlossene Bund für alle Völker deutscher Zunge, die er umschließt, stets von den segenreichsten Folgen seyn werde.“
Triest, 6 Jun. Briefe aus Görz bringen die Nachricht, daß die Prinzessin Louise, Schwester des Herzogs von Bordeaux, die sich gegenwärtig in Gesellschaft der Herzogin von Angouleme in Mailand befindet, an den Masern erkrankt sey. Der Herzog von Bordeaux hatte Görz bereits verlassen und sich nach Kirchberg begeben, woselbst er den Sommer zubringen wird.
Griechenland.
Ancona, 2 Jun. Nach den mit dem letzten Dampfboot aus Griechenland gebrachten Nachrichten war die von dem Staatsminister des königl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, Hrn. Zographos, eingereichte Dimission noch nicht erledigt; doch erwartete man binnen kurzem eine allerhöchste
Resolution. Als wahrscheinlichen Nachfolger des Hrn. Zographos bezeichnet man den Justizminister, Hrn. Paikos. Der Kriegsminister, Hr. v. Schmaltz, hatte Athen verlassen, um die Maina zu besuchen. Die Conscriptionsangelegenheiten daselbst stoßen noch immer auf ernste Hindernisse. Die Ankunft des türkischen Geschäftsträgers in Athen war bei Abgang des letzten Dampfboots noch nicht erfolgt.
Triest, 6 Jun. Die letzte Post aus Griechenland meldet die Beendigung des Untersuchungsprocesses gegen die in Haft befindlichen griechischen Orthodoxen. Die Resultate der Untersuchung sind gering, der ausgedehnten Verwickelung dieser großen Volksbewegung in Griechenland und der Türkei, die glücklicherweise im Keime erstickt ward, wenig entsprechend. Man ist daher der Meinung, daß auf die bereits an das Justizministerium überreichten Untersuchungsacten kein entscheidender richterlicher Spruch sich basiren könne. Die ganze Angelegenheit dürfte mit einem „non liquet“ ad acta gelegt werden.
Türkei.
Konstantinopel, 27 Mai. Endlich hat der standhafte Gegner Mehemed Ali's, der Großwessier Chosrew Pascha, das Feld räumen müssen. Dieß ist für den Vicekönig ein Erfolg, den er sich wahrscheinlich nicht so nahe dachte. Erwarten Sie nicht, daß ich den innern Zusammenhang der letzten Begebenheiten auseinandersetze; noch sind die Meinungen zu getheilt, als daß man mit Bestimmtheit die Ursachen dieser Ereignisse angeben könnte. Während die einen den Sturz der seit Mahmuds Tode bestandenen Verhältnisse in dem Personale der türkischen Administration den Anhängern des alten Systems zuschreiben, werfen die andern die ganze Schuld der jetzigen Krise auf die ägyptische Partei; endlich fehlt es nicht an unterrichteten Personen, welche die große Epuration, die nun im Werke ist, als gegen die sogenannte russische Partei gerichtet betrachten. Ja es hat sich noch eine vierte Meinung geltend gemacht, welche den Sturz Akif, Nafiz und Tahir Pascha's auf Rechnung des Triumvirats, den Sturz Halil Pascha's auf Rechnung Chosrews bringen, welchen aber bald die Rache Halils erreicht habe, indem dieser durch seinen mächtigen Einfluß den Großwessier zu verderben gewußt habe. Nach dieser Ansicht wäre das Ganze ein Werk von innern Intriguen und Cabalen – ganz in orientalischem Geschmack, aber ohne politische Veranlassungen, denn Reschid erhält sich noch im auswärtigen Departement. Die, nicht so sehr der Zahl als dem Gewichte der Quellen nach die andern Ansichten überwiegende Meinung, welche ich indessen nicht zu vertreten gesonnen bin, ist folgende. Die Bewegungen in den Provinzen, welche die Absetzung so vieler Pascha's zur Folge hatten, entsprangen aus einem unverkennbaren Vorgefühl herannahender Gefahren, welches sich plötzlich der Osmanen bemächtigte. Diese Besorgnisse drückten sich in der schnell von Seite der türkischen Bevölkerung überall ergriffenen Maaßregel einer allgemeinen Bewaffnung gegen die Christen aus. Die griechischen Osterfeiertage waren nach einem dunklen Gerücht der zur Erhebung der Christen gegen die Moslims festgesetzte Zeitpunkt. Hier schwebten die Agenten des ägyptischen Agitators und einer westlichen Macht als die Veranlasser der bevorstehenden Bewegung jedem vor Augen. Aber neuere Untersuchungen sollen nun der Pforte Aufschlüsse gegeben haben, durch welche nebst der ägyptisch-französischen auch die russische Partei aufs entschiedenste compromittirt wäre. Zu dieser Partei, als deren Haupt Chosrew, der abgesetzte Großwessier, gilt, sollen nun sämmtliche abgesetzte Paschas gehören, welche durch eine schreckliche Mystification sich wechselseitig als Werkzeuge ihres eigenen Sturzes dienen mußten. Denn in diesem Lande, wo die Intrigue Alles entscheidet, muß der Hof selbst seine Zuflucht dazu nehmen, wenn er anders die Erreichung seiner Zwecke nicht preisgeben will. Factisch ist, daß der Großwessier bei der Absetzung Halil Pascha's nur als Instrument benützt wurde, ohne daß er ahnen konnte, daß wenige Tage darauf ihn dasselbe Schicksal treffen sollte. Auch bringt man den von St. Petersburg ausgegangenen Befehl zur Zusammenzuziehung eines russischen Lagers von 50,000 Mann bei Bender mit allen diesen Wirren in Verbindung. Da nämlich dieser Befehl zu einer Zeit in St. Petersburg erlassen worden sey, wo man kaum in Konstantinopel von den ersten Symptomen der Unruhen von Smyrna, Adrianopel, Philippopel und andern europäischen Paschaliks unterrichtet war, so schließt man daraus, daß diese Zusammenziehung von Truppen am untern Dniester nicht unbedingt die Aufrechthaltung der Autorität des ottomanischen Gouvernements zum Zwecke haben dürfte. Ich brauche nicht auf das Unwahrscheinliche solcher Conjecturen aufmerksam zu machen; da sie indessen gemacht werden, glaubte ich sie erwähnen zu müssen. – Aus Alexandrien ist die Nachricht von dem daselbst erfolgten Tode des Kapudana-Begs der türkischen Flotte, Omer Pascha, eingegangen. Es ist derselbe, welcher der Zumuthung Mehemed Ali's, ägyptische Uniform anzuziehen, am längsten widerstand, denn er war einer der seinem rechtmäßigen Herrn ergebensten Officiere der Flotte, der dem eigenmächtigen Verfahren des Vicekönigs mehr als Ein Hinderniß in den Weg legte. Man glaubt daher, daß Mehemed Ali durch Gift sich dieses Mannes entledigte, der ihm ein Dorn im Auge war. Die officielle Nachricht besagt indessen, Omer Pascha sey an der Wassersucht gestorben. Mehemed Ali avancirte aus eigener Machtvollkommenheit den bisherigen Riala-Beg zum Kapudana-Beg und besetzte nach abwärts alle dadurch in Erledigung gekommenen Stellen mit ihm ergebenen Individuen. Daraus leuchtet nur zu sehr hervor, wie geachtet die Autorität des Sultans in Alexandrien, wie ernst gemeint alle Protestationen von Treue seyen, mit denen Mehemed Ali den Sultan bisher behelligte.
Syrien und Aegypten.
Alexandria, 26 Mai. Der Mord des Pater Thomas beschäftigt noch immer das hiesige Publicum, so wie die Consuln. So hat gestern der österreichische Consul seine Collegen zur Unterzeichnung einer Bittschrift an den Pascha bewogen, worin man ihn um eine Revision dieses Processes angeht. Hr. Cochelet hat dieselbe nicht unterzeichnet, da der Proceß auf Verlangen und unter dem Beisitz des französischen Consuls in Damaskus stattgehabt. Es ist nicht möglich, daß, wie die Israeliten im Allgemeinen glauben machen wollen, diese ganze Geschichte eine Mystification sey. Scherif Pascha und Hr. Rattimenton, so wie der Kanzler, Hr. Baudin, sind als zu rechtliche Leute bekannt, als daß ein anderer Beweggrund wie der, die Wahrheit ans Licht und die Schuldigen vor Gericht zu bringen, stattgefunden haben könnte. Die Beschuldigung der Geldgierde Mehemed Ali's und Scherif Pascha's fällt schon von selbst weg, da man das Vermögen der Verurtheilten nicht confiscirt hat. Im Gegentheil hätten Scherif Pascha sowohl als Hr. Rattimenton und Baudin durch Niederschlagung des Processes reich werden können, denn ungeheure Summen wurden geboten. Es ist sehr traurig, daß man zum Erkennen der Wahrheit die noch hier im Lande in Gebrauch stehenden Zwangsmittel angewendet hat, ich kann indessen das auf einmal hier von den Consuln darüber erhobene Geschrei nicht recht verstehen. Haben sie denn sonst den Pascha oder seine Beamten abgehalten, denen, die sich kleine Vergehen gegen sie zu Schulden kommen ließen, 5-600 Stockprügel aufzählen zu lassen? Sie
sagen: „man muß die Araber so behandeln, sonst verlieren sie den Respect; die Damascener Juden sind reiche Leute, das muß also ganz anders betrachtet werden.“ – Auf Befehl des Hrn. Thiers ist vor einigen Tagen Hr. Desmeloizes, Eleve-Consul des hiesigen französischen Consulats, nach Damaskus abgegangen, um eine neue Relation dieser Sache nach Paris zu senden. Dieser Befehl wurde gegeben, als Hr. Thiers noch nichts Bestimmtes über die Sache erfahren hatte. Jetzt hat er den Proceß in Händen, und die ganze Angelegenheit muß nun in Europa ein anderes Ansehen gewinnen. Ich lege Ihnen die Hauptactenstücke des Processes beiWir werden, wenn wir Raum finden, Auszüge daraus mittheilen.
. – Der Bruder des Königs von Kordofan befindet sich seit einigen Tagen hier; er kommt, um Mehemed Ali für die seinem Bruder zur Entthronung seines Vorgängers (eines andern Bruders) geleistete Hülfe zu danken.
China.
Die indische Landbriefpost über Suez und Marseille hat so eben mehrere neue, in Galign. Messenger mitgetheilte Nachrichten über China gebracht: sie bestehen theils in den unmittelbaren Berichten der Cantoner Blätter bis zum 13 März, theils in anderweitig erlangten meist über Singapur eingetroffenen Mittheilungen der Bombayer Blätter bis zum 30 April. Die wesentlichen Inhaltspunkte dieser Nachrichten sind Fortsetzung der zur Unterdrückung des Opiumhandels und zur Vertreibung der Engländer ergriffenen Maaßregeln seitens der chinesischen Regierung, und namentlich ein Versuch die englischen Schiffe in Tungku Bay zu verbrennen, so wie ein Vorschlag alle englische Mannschaft an Bord ihrer Schiffe zu ermorden. Der Verbrennungsversuch geschah am 1 März vermittelst zweier mit Baumwolle, Oel und Bamboofeuerröhren ausgerüsteten Dschonken, die von der östlichen Seite der Bucht auf die englischen Schiffe losgingen, vom Südwind aber zu rasch nach der Küste getrieben wurden, so daß nur der englische Schooner „Teufel“ Feuer fing und sein Bugspriet verlor. Ein zweiter für die folgende Nacht entworfener Versuch ward nicht ausgeführt. Der Ermordungsvorschlag ist enthalten in einem von einem gewissen Tsang-Wang-Jen verfaßten und dem Kaiser überreichten Memoriale, welches letzterer in einem besondern Edict dem großen Kriegsrath überantwortet, damit es derselbe an Lin und seine Collegen in Canton zur Berücksichtigung schicken möge. „Tsang-Wang-Jen“, so lautet die Denkschrift, „legt beifolgendes Memorial dem Kaiser vor, des Inhalts, daß, bei der Unsicherheit des Handels mit den Fremden, er bittet vorschlagen zu dürfen, daß jeder Hafen ihnen verschlossen, jeder Ausgang von unsern Küsten ihnen versperrt, und ein Plan zur vollkommenen Ausrottung der Beleidiger entworfen werden möge, um nämlich hiedurch die gierigen Absichten der Fremden abzuschneiden und die unreine Quelle des Uebels zu säubern; denn solches sind die Beweggründe, die mich zur Vorlegung dieser meiner beschränkten Ansicht über die Sache angetrieben haben, hoffend, daß ihr die Ehre des Blicks Ew. geheiligten Maj. zu Theil werde. – Es erhellte, daß das Opiumgift unser Land der Mitte fast über alle Möglichkeit der Heilung hinaus durchdrungen hatte, und aufblickend zu dem großen Kaiser bauten wir auf ihn, daß er als sitzend auf dem himmlischen Thron, durch seinen einzigen Willen die Frage lösen würde: und so wohl gelang ihm solches, daß innerhalb des letzten Jahres das Volk des Landes vor Schrecken gezittert hat, und daß unter 10 Männern immer 8 oder 9 der fürchterlichen Warnung Gehör geleistet haben. Und weiter befinden wir, daß als Ew. Maj. insbesondere einen hohen Beamten als kaiserlichen Commissär nach Canton sandte, die Fremden, bei dieser Entfaltung himmlischer Würde, so von Entsetzen gerührt waren, daß am ersten Tag seiner Ankunft sie mehr als 20,000 Kisten Opium nahmen und auslieferten, und eine Verschreibung ausstellten, sie wollten in Zukunft nie wieder wagen Opium an unsere Küsten zu bringen. All dieß sah aus, als wenn besagte Fremde vollkommen mürbe und unterwürfig wären, und nichts Anderes stand damals zu befürchten. Aber nun hab ich in Betreff der englischen Fremden vernommen, daß seit der Zeit, wo Elliot die neuen Schiffe dieses Jahres empfing und sie in dem äußern Ocean zurückhielt, mehrere neue mit Opium beladene Schiffe darunter waren, die nicht ausgeliefert wurden; und noch mehr, ihre Kriegsschiffe, hab' ich vernommen, sind in die innern Meere eingesegelt, und haben sich da zu ihrem Ergötzen aufgehalten; ja, sie haben sogar gewagt, mit unsern Mandarinen und Soldaten Schüsse zu wechseln. Dieß zeigt deutlich, daß sie ihre Verschreibung für nichts halten, als für ein eitles beschriebenes Papier. Da sie nun sehen, daß wir den Gebrauch des Opiums mit der äußersten Strenge unterdrücken wollen und ihnen, wenn sie es nicht ausliefern, den Hafen verbieten, so überlassen sie sich ganz ihren gewaltsamen Neigungen, und um die Krone auf ihre Schandthaten zu setzen, erdreisten sie sich sogar große Kanonen abzufeuern und damit die himmlische Kriegsmannschaft zu verwunden. Für solches entsetzliches Verbrechen dürfen sie der vollkommenen Vernichtung nicht entgehen. Ich habe auch vernommen, daß ihre Kauffahrteischiffe, einige zehn Segel, in Hong-kong an dem äußern Ocean vor Anker liegen, wo sie sich unterhalten auf uns zu schauen und zu gaffen und nicht wieder weggehen wollen. Ihre Ansicht von der Sache ist ohne Zweifel diese: „Der Betrag der Zölle vom Fremdenhandel (für China) ist eine Million und mehrere Myriaden (Toels) und alle Mandarinen, die bei der Handelsfrage betheiligt sind, empfangen zuverlässig einen Theil von den Einkünften des Landes, und deßhalb werden sie nolens volens, ein wenig nachgeben, und so können wir wechselseitig die Sache ins Gleiche bringen.“ Wenig bedenken sie hiebei, daß der Reichthum unserer himmlischen Dynastie gleich den vier Meeren ist; daß unsere verschiedenen Erzeugnisse wie ein zu voller Strom überlaufen; und wie also kann man nur für einen Augenblick voraussetzen, wir hingen, um unsere Ausgaben zu bezahlen, von den kleinen erbärmlichen Zolleinkünften aus dem Fremdenhandel ab? – Auf der andern Seite aber, das, was besagte Fremde haben müssen, um ihr Leben zu fristen, und ohne was sie keinen einzigen Tag seyn können, ist Rhabarber und Thee, beides die Erzeugnisse unsers innern Landes.“ Der Schreiber kommt dann nun auf seinen ersten Vorschlag, den Fremden die Häfen zu schließen, und zwar nicht nur den Engländern, sondern allen Fremden, die jemals Opium eingeführt haben, da nämlich alle fremden Länder, große wie kleine, in diesen Handel verwickelt seyen, und da man überdieß auch nicht wissen könne, ob die nicht-englischen Schiffe nicht Thee und Rhabarber für England laden können. An diesen Vorschlag reihen sich dann mehrere andere über die gegen den Schleichhandel zu ergreifenden Maaßregeln; bis der Schreiber endlich bei seinem letzten anlangt, nämlich dem: „daß man, so wie die englischen Schiffe, Unterhalts wegen, wieder in die innern Meere einlaufen, einige Hunderte der Küstenbewohner, und zwar die stärksten, tapfersten und zugleich als beste Taucher und Schwimmer bekannten, auswählen möge, um sie Nachts in mehrern Abtheilungen nach den Schiffen hinschwimmen, und die dort befindliche ganze fremde Mannschaft niederhauen zu lassen; oder auch könne man einige hundert Feuerboote und hinter diesen mehrere bewaffnete Kreuzer gegen die fremden Schiffe aussenden, mit dem Versprechen, daß, welcher Kreuzer ein Schiff genommen, die ganze darauf befindliche Habe seiner Mannschaft gehören solle. – Wären dann später in Folge solcher Maaßregeln die Herzen der fremden Verbrecher hinlänglich zerknirscht und gedemüthigt, so könne Se. geheiligte Majestät, aus Ueberfluß seiner himmlischen Güte, die Erneuerung des Handelsverkehrs, unter strengen Bedingungen, wieder gestatten.“
Ueber die Aufnahme, die dieses Memoriale bei der Regierung gefunden, hat noch nichts verlautet. Yih indessen hat seine Drohung gegen die Engländer in Macao zu verwirklichen angefangen, indem er mit 2000 Mann gegen die Stadt angerückt ist. Die Maaßregeln, die Capitän Elliot ergreifen würde, waren noch nicht bekannt. Das Schiff Volage unter Capitän Smith war zwar sogleich zur Beschützung seiner Landsleute in den innern Hafen von Macao eingelaufen, doch protestirte der portugiesische Gouverneur gegen ein solches Verfahren, als „gegen
einen Act erklärter Feindseligkeit gegen die Regierung Ihrer allergetreuesten Maj.“ und fügte hinzu, daß Capitän Smith berücksichtigen möge, wie wenig Engländer es seyen und wie viele Portugiesen – 5000 –, zwischen deren Beeinträchtigung und wahrscheinlicher Vertreibung man die Wahl habe. – Den Gedanken, eine Flotte aus englischen Schiffen zu bilden, scheinen die Chinesen wieder aufgegeben zu haben; wenigstens ist der von Hong-Kaufleuten gemachte Ankauf des dänischen Schiffes Norden für 45,000 Dollars von chinesischen Beamten, die das Schiff in Augenschein genommen und nicht passend befunden hatten, für null und nichtig erklärt worden. Ein Calcutta-Blatt versichert jedoch, daß viele Yankees und namentlich drei für 1000 Dollars monatlich als Schiffscapitäne angestellte bei der zu bildenden chinesischen Flotte in Dienst gegangen seyen, und daß letztere drei, als sie der amerikanische Consul in Canton von diesem schmählichen Engagement abzubringen suchte, geantwortet hätten, sie würden es nur bei Ausbezahlung eines Aequivalents wieder aufgeben. Der neue Gouverneur von Canton, Lin, hat an der Barrière von Canton eine Batterie von 16 Kanonen errichten lassen; auch am andern Theile der Küste, namentlich bei Hong-Kong, wurden Befestigungen errichtet. Ein anderer energischer Act des neuen Gouverneurs ist das Schließen aller Spielhäuser. Der Preis des Opiums ist auf 380 Dollars gesunken. Nach Nachrichten aus Madras war daselbst ein Theil der Expedition gegen China am 16 April auf zwei Schiffen bereits unter Segel gegangen. Keinen Glauben verdient, aber bezeichnend ist folgende letzte, vom 30 April datirte Nachricht aus Bombay: „Sir Alexander Burnes hat, wie man uns versichert, Briefe erhalten, in denen ihm die Ankunft einer russischen Armee von 24,000 Mann mit 70 Stück Geschütz in Chiwa gemeldet wird, so wie die Absicht dieser Armee, sich alsobald nach Bochara in Marsch zu setzen.“
Napoleon und die Deputirtenkammer.
Vom Rhein, 4 Jun. Die Abstimmung der Kammer vom 26 Mai ist ein Ereigniß. Débats und Gazette erhoben sich mit unverhohlener Schadenfreude gegen das Ministerium, während umgekehrt der Constitutionnel, in der Regel das Organ der plattesten Spießbürgerlichkeit, die Kammer anbellt, die es da gewagt habe, sich von der Bewegung des Nationalenthusiasmus auszuschließen! Die Sache ist einfach diese: Hr. Thiers, der Patron des Constitutionnel, hat eine kleine Schlappe erlitten, und darum zürnen die Unsterblichen. Wir sind indessen weit entfernt, einen Accent auf die politische Bedeutung dieses Votums zu legen; eine Million mehr oder weniger zu einer Milliarde, eine Reiterstatue mehr oder weniger auf den Plätzen von Paris, das sind in der That zu unbedeutende Dinge, um das Ministerium zu erschüttern. Vielleicht aber gewinnt jenes Votum eine desto außerordentlichere Wichtigkeit, wenn man es als ein Zeugniß zur Sittengeschichte des Jahrhunderts betrachtet. Wir gestehen gern, wir hatten es nicht erwartet; nun da es gekommen, begrüßen wir es als einen Fortschritt mit aufrichtigster Freude. Der ritterliche Heroismus der Franzosen entzündet sich rasch und leicht an der äußerlichen Größe der Persönlichkeiten und ihre erregbare Phantasie pflegt sich gern bei dem dramatischen Reiz, bei dem massenhaften Eindruck der geschichtlichen Resultate zu beruhigen. Und vollends Napoleon, der Mann, der sein Zeitalter erfüllte, mit Einem Worte der „Kaiser“! Schon sein Name übt eine elektrische Macht über die Geister, der tragische Abschluß seines Lebens hat auch die Gegner versöhnt, sein Cultus ist eine Nationalleidenschaft Frankreichs geworden. Und gleichwohl wagt die Kammer, die Ueberschwänglichkeit dieses Enthusiasmus mit ernster Mäßigung zu zügeln, und mehrere ihrer Stimmführer erinnern unbekümmert um ihre Popularität daran, wie die kaiserliche Herrschaft nach innen im Grunde nur eine glänzende Despotie gewesen sey, für die jeder Ausdruck von Theilnahme von den Gesetzgebern eines freien Landes abgelehnt werden müsse. Ermessen Sie an dieser Thatsache, welche tiefe Wurzeln die neue Ordnung der Dinge schon in Frankreich geschlagen habe, und daß wenn auch noch vorerst nicht in den Massen, so doch allmählich in den höherbegabten Geistern, von denen zuletzt die geschichtliche Bewegung ausgehen wird, sich eine durchaus achtungswürdige Besonnenheit des Urtheils, ein gediegenes Begreifen und Festhalten der sittlichen Grundlagen des Staats Bahn zu brechen beginne. Die Kammer hat hier einen höheren Standpunkt eingenommen, einen größern, vorausschauendern Blick bewährt, als die Presse; noch einmal ihre Abstimmung ist ein Ereigniß.
Zwar hat Marschall Clauzel unter andern Ausbrüchen eines verspäteten Bonapartismus gesagt: es gebühre der Freiheit vor allen Dingen gerecht zu seyn gegen den Ruhm. Das ist eine Phrase und nichts weiter. Ernsthaft gesprochen würde es schwer einzusehen seyn, welche Pflichten die Freiheit, die gesetzlich garantirte Ordnung des Bürgerstaats einem Manne gegenüber haben könne, der den Senat seines Landes mit Bajonnetten auseinandersprengte, der keine Personen, nur Instrumente neben sich duldete, der es, freilich mit unermeßlichem Aufwand von Kraft und Kunst, dahin zu bringen gewußt hatte, daß der Terrorismus seines Willens als einziges Gesetz in einem Lande galt, aus dem die Revolution eben erst auch die letzte Spur einer Achtung vor jeder ausschließlichen Autorität hinweggefegt zu haben schien! Will man die Macht der Stimmung, die sich gedrungen fühlt, dem Helden ein Grabmal zu errichten, durchaus personificiren, so sage man wenigstens nicht, es sey die Freiheit, man sage, es sey die Leidenschaft für den Ruhm, die Bewunderung einer Persönlichkeit, wie als Feldherrn und Staatsmann weder die mittlere noch die neuere Zeit einen ähnlichen geboren. Uebrigens wäre heutzutage jede Polemik über das öffentliche Leben des Kaisers überflüssig und widrig; das Außerordentliche in der ganzen Anlage dieses wunderbaren Menschen, die Macht, die Tiefe, den Umfang seines Genie's wird Niemand verkennen, so wenig wie den kolossalen Mißbrauch dieses Genies in den Beziehungen des Herrschers zu seiner Nation, in den Beziehungen dieser Nation zu den übrigen Europa's. Ihm fehlte vielleicht nur Eins, aber das Höchste, das sittliche Maaß. Daß er der Monk der Revolution nicht werden wollte, verübelt ihm Niemand, aber daß er ihr Cromwell ward, das ist sein Fluch. Sonst erscheint der Wunsch des französischen Volkes, die Asche des Helden, der seine Adler siegreich bis in die entferntesten Winkel des Welttheils trug, zu besitzen, gegründet und natürlich; aber es fragt sich noch, auf welchem Grab eine höhere Poesie für den unbefangenen und gedankenvollen Beobachter ruhe, auf dem einsamen unter den Cypressen Longwoods, oder dem feierlichen, von dem Schwarm einer bewundernden Menge umrauschten zu Paris. Man wird ihn nun bei den Invaliden bestatten, man wird ein Denkmal über seiner Asche errichten, man wird dieses Denkmal betrachten, bekränzen, beschreiben, in Kupfer stechen, die Pariser werden es als Statuette auf ihre Oefen und Comptoirpulte stellen und sich zuletzt satt daran sehen, wie an Allem! Dagegen die einsame Todtenruhe zu St. Helena hatte etwas unnennbar Erschütterndes. Auf einem stillen meerumflutheten Felsen schläft der Mann, der die größten Bewegungen angefacht, Europa's größter Sohn ruht tausende von Meilen von Europa entfernt, der Held entfernt von seinen Gefährten, der Kaiser von seinem Frankreich, der Vater von seinem Kinde, das schon in der Taufe gesalbt wurde zum König von Rom! Diese fortdauernde Verbannung selbst im Tode, mahnt sie euch nicht wie die Vollstreckung eines richtenden Götterspruches? An diesem Grabe stehend, begreift ihr nicht, wie das Heroenalter der Geschichte für immer geschlossen und eine neue Zeit in ihr Recht getreten sey, wo die Strömung des allgemeinen Culturlebens jeden Widerspruch des Einzelnen als etwas Unmächtiges mit sich fortschwemmt? Es gehört zu den Zügen von Cäsars Tod, daß er niedersank an der Säule des Pompejus; und also gehört zu Napoleons Leben das Grab von St. Helena. Die Tragödie, deren Held er gewesen, erhielt hier ihren sichtbaren sinnlichen Abschluß; die Geschichte selbst, diese ernste Göttin, um deren stummen Mund so viel Lehren und Klagen zucken, schien die Todtenwacht an seinem Grabe zu halten. In einer seiner größten Oden hat August Platen diese Eindrücke ergreifend niedergelegt:
„Ein zweiter Cäsar lenkte den Gang der Welt,
–
Ein Sohn der Freiheit; aber uneingedenk
Des edlen Ursprungs, einem Geschlechte sich
Aufopfernd, das ihn wankelmüthig
Heute vergötterte, morgen preisgab.
Nun ist sein Name verpönt; Musik erhöht
Ihn nicht auf Wohllautsfittigen; nur sobald
Dein Grab ein Schiff umsegelt, singen
Müde Matrosen von ihm ein Chorlied!
Die deutschen Publicisten und die „europäische Pentarchie.“
(Beschluß.)
Wir sind das „Herz Europa's,“ das große Ideen-Magazin und zugleich die Träger des lateinischen Christenthums und seiner Bildung. Niemand (weder Mensch noch Gedanke) ist bleibend Sieger und Herr von Europa, wenn er nicht über Deutschland zu gebieten hat.
Germanien, voll blühender Städte und kriegerischer Kraft, mäßig, arbeitsam, tapfer, empfindsam, methodisch, aber kirchlich und politisch unheilbar zerrissen, soll jetzt hoch auf der Weltbühne gegen das Tafelland von Moskovien, dieses unermeßliche Soldatenhaus mit schweigsamen Feldern, Birkenalleen, Föhrenwald und hölzernen Herrenhäusern, das Conglomerat gegen die engverschmolzene Einheit, das müde Rom gegen das sieggekrönte, jugendlich aufblühende Neu-Byzanz die Frage des Jahrhunderts entscheiden.
Der Pentarchist sagt es unumwunden, die griechisch-gläubigen Russen wollen über Deutschland regieren, zwar friedlich, wohlthätig, unmerklich, verlangen gar nichts für ihre Mühe, wollen sogar noch bezahlen, und wenden sich mit Klugheit zuerst an die Vielen, an die Kleinen, um mit ihrem Beistande zuletzt den Großen zu imponiren, und gleichsam ein europäisches Austrägalgericht im Herzen Deutschlands zu errichten.
Niemals wird und kann ein unbestochener Mann den Mittelstaaten rathen, freiwillig „das slavische Heldenvolk“ zum Hüter ächt deutscher Freiheit herbeizurufen. Ob sich aber das „slavische Heldenvolk“ dieses Amt nicht selbst zutheile und ungebeten übernehme, oder vielleicht gar schon übernommen habe und ausübe, ist eine Frage, die sich hier nicht wohl erörtern läßt. Es ist eben nicht nöthig, daß man auf dem Frankfurter Bundestag Sitz und Stimme habe, um sein Gewicht in die Wagschale Deutschlands zu legen. Sagt nicht irgendwo der Biograph:
.... quod Darii regno ipsorum niteretur dominatio ....?
Hinter den Germanen, in der Civitas magna abyssi, lauert die Revolution, der Geist der Zerstörung, „suchend, wen er verschlinge.“ Und seit dem unvergänglichen Triumphe von 1812 können sich Fürsten und Völker Deutschlands des Gedankens nicht mehr erwehren, daß gegen die Nachstellungen des höllischen Dämons, gegen die grausame und unerträgliche Herrschaft der von Gallien ausgehenden Demokratie, in letzter Instanz nur durch den frommen, altgläubigen Imperator von Moskovien Schirm und Abwehr zu hoffen sey. In Europa haben die Russen allein die letzte und fürchterlichste Probe bestanden: sie haben Napoleon und in ihm den Continent von Europa überwunden. Dieß ist eine Thatsache, die weder Mißgunst, noch Patriotismus, noch Zeit je verwischen kann. Fraget nicht lange, ob die Russen auch Talent und Macht besitzen, die übernommene Rolle bis auf die letzte Consequenz durchzuführen. Gegen die unabhängigen Chanate am Oxus schickt man Perowskij mit Kamelen und Kirgisen; gegen die unabhängigen Chanate am Rhein aber die Pentarchie mit Syllogismen, Dilemmen und Kettenschluß. Ueberall weiß der Russe die passenden Waffen zu brauchen.
Schon der Gedanke, dieses rührsame Volk mit seinem Einheitsinstinct, seiner mönchischen Zucht und Casernendisciplin in der Nähe zu haben, hat für die Deutschen etwas Unerträgliches. Unser Element ist Trennung, Sonderleben, Waldeinsamkeit, stiller Genuß, Schultheorie, schwärmerisches Gefühl und universelle Menschenliebe mit poetischem Entzücken. Jeder Einzelmensch bildet hier gleichsam ein abgeschlossenes Reich mit souveränen Prätensionen. Der Mensch, sagt die Kantische Philosophie, ist Selbstzweck, und nach Hegel ist er gar ein incarnirter Gott und „versöhnt den Kampf zwischen der Ganzheit und Getrenntheit.“ Diese theoretische Zersplitterung hat bei uns eine solche Ausdehnung erreicht, daß man, nach den Vorwürfen gallischer Gegner, in Deutschland mit Mühe zwei Anhänger desselben Systems, ja kaum ein Individuum finden kann, welches nicht mit sich selbst im Widerspruch stünde. – Die Russen dagegen, als ächte Mowahhidin, D. i. Einheitler, eine mächtige Dynastie in Mauritanien.
drängen sich zusammen, erwärmen sich gegenseitig und gehorchen in guten und bösen Tagen dem Willen des Einen um Gotteswillen. Omnibus una quies operum, labor omnibus unus.
Mit Unrecht beschuldigt man den Pentarchisten der Ironie und diplomatischen Doppelzüngigkeit, wenn er das russische Cabinet gegen den Vorwurf unersättlicher Ländergier vertheidigt, und die Europäer überreden will, Rußland sey kein erobernder Staat im gewöhnlichen Sinne des Worts, d. h. man habe in Deutschland noch nichts von russischen Garnisonen und Steuerbeamten zu fürchten, und die Russen wollten nicht, wie Dschingischan, wie Napoleon und die gallischen Demokraten, blind fortrennend, gleich einem Waldstrom sich über nahe und ferne Reiche ergießen, um nach erschöpfter Kraft ohnmächtig im Sande zu versiegen. – Ohne Zweifel ist man an der Newa von dem Geiste besessen, der in Italien die „rabbia ......“ heißt. Man kennt daselbst aber auch eben so gut das Geheimniß aller wahren Größe und aller dauerhaften Macht: Sich-Selbst-Maaßsetzen, sich Freude und Genuß versagen, Dulden und Entbehren, um andern seinen Willen als Gesetz aufzulegen. Will der Mensch aus seiner Stellung materiellen Vortheil ziehen, und in vollen Zügen die Frucht seiner Mühsale schlürfen, so verfolgt ihn alsbald Sättigung, Rückschritt und Verfall. Nach der alten Weltansicht ist die Gottheit auf das Glück der Sterblichen neidisch und richtet gerne Verwirrungen an, . – Einerseits das Erkennen und Festhalten dieser Maxime, andererseits aber die geographische Lage und der Volkscharakter erklären uns vollständig Rußlands Weltstellung, Größe, Macht und Zukunft. Weder publice noch privatim wird je ein Russe eingestehen, daß ihr Land auf Eroberungen sinne. Von Peter I bis zum Imperator Nikolaus, sagen sie, „wollte und mußte Rußland nur die von Gott angewiesene Position einnehmen, um die Aufgabe seines Daseyns zu lösen.“ Dieses Lebensthema aber besteht, nach der Definition des Pentarchisten, in Erlangung einer vermittelnden Stellung zwischen dem Westen und Osten, zwischen Europa und Asien. Wer aber zwischen Europa und Asien vermittelt, d. i. die streitigen Interessen beider Welttheile versöhnt, und ihre Zerwürfnisse ausgleicht, der übt das oberste Schiedsrichteramt und ist – mit andern Worten – praeses orbis terrarum.
Die Russen gehen offen zu Werke, und sind viel redlicher als andere Mächte, die auch „Positionen“ und weiß Gott was alles nehmen möchten, ihre Absichten aber sorgfältig bis auf den günstigen Augenblick verbergen. Es erregt ein eigenes Gefühl, wenn man liest, wie jener Feldherr im Alterthum die Kundschafter seines Gegners selbst im Lager herumführte, und ihnen ohne Rückhalt seine Streitkräfte zeigte.
Nach dem Wortsinn des Pentarchisten soll der russische Staatskörper, um sein hohes Amt mit Nachdruck zu üben, in allen seinen Gliedern naturgemäß ausgebildet und abgerundet,
stark und lebenssaftig dastehen, mit klarem Sinn, sehnichten Armen und reichgefüllten Taschen, damit er schwache Nachbarn schirmen, Unkundigen politisch rathen, Dürftigen von seinem Ueberflusse mittheilen, überall aber für Ordnung und Sicherheit, für stilles und ehrsames Betragen wachen könne, besonders aber die deutschen Mittelstaaten vor aller Ungebühr der größern, so wie der Propaganda, Demokraten, Ideologen und Metaphysiker zu bewahren vermöge.
Geographisch, meint er, sey das Haus jetzt ausgebaut, und die Russen hätten nichts mehr zu thun, als ruhig darin zu wohnen, die Wirthschaft zu besorgen und Hochzeit zu halten, damit sich die leeren Räume füllen, es überall wimmle und gähre und bei künftiger Arbeit nirgend an Lebensbedarf, an Leuten, an Uebung und schicksamen Wesen gebreche. Und in der That, die Politik der beiden Imperatoren Alexander und Nikolaus zeigt klar genug, daß der Pentarchist, wenigstens was Europa betrifft, die volle Wahrheit sagt. Seit Karl XII und Napoleon I hält man das russische Land für unangreifbar, und seine Bevölkerung wächst jedes Jahr um eine Million. In Folge dieses Anschwellens an Volk, sittlicher Kraft und Industrie wird es seine Kriege, wie es zum Theil schon jetzt geschieht, bald „ohne Pulver und Kugel“ führen und Siege erringen ohne die Hand aufzuheben, wie der unbewaffnete Achilles vor Troja. „Allen entfiel der Muth, ,“ als mitten im Schlachtgetümmel der fürchterliche Ruf vom Mauerwall erschallte. – Sonderbar, wenn die Welt ihren Frieden den Moskowiten verdanken müßte! – Diplomatische Feldzüge, Uebergriffe und Bedrückungen ärgern und demüthigen wohl die Fürsten, lassen aber die Völker, deren Taschen bei solchem Spiel verschont bleiben, gewöhnlich ungerührt und frostig. Man beschwert sich vielleicht nicht mit Unrecht über die Meisterschaft der Russen im diplomatischen Intriguenspiel. Sie ermüden und erschöpfen, heißt es, durch endlose Unterhandlungen, im Labyrinthe inextricabler Wortmanöver, so wie durch Künste teuflischer Art zuletzt Geduld und Spannkraft aller Gegner, überlisten Freund und Feind, und zwingen die europäischen Cabinette durch Unruhen und Furcht auf Rußlands Neigung und Abneigung, wie auf die Veränderung der Magnetnadel, zu achten. Selbst die entfernt liegenden Staaten wüßten sie in fortwährender Gährung zu erhalten. Ist dieser Vorwurf gegründet, wie man es bei der schwachen Abwehr des Pentarchisten beinahe annehmen darf, so ist Rußlands Aufgabe, wie man sie seit Peter I versteht, ihrer Lösung nahe und ein allgemeines Prätorium ist constituirt, vor dem Völker und Fürsten zu Recht stehen. Nennt den russischen Imperator „Wladimir“ oder „Dschehanghir,“ es wäre dann jedenfalls ein „Herr der Welt.“
So viel ist entschieden, und der Pentarchist gesteht es indirect selbst ein, daß Rußlands geheime Macht über Europa und Asien nicht in furchtbaren Armeen, die über die russische Gränze kämen, sondern im gewandten und raschen Gebrauch weniger zertheilten Haufen, Nie sind mehr als 50,000 Russen über die Donau gegangen. Und ist nicht 1813 Kutusow mit 45,000 Mann in Schlesien erschienen?
hauptsächlich aber in der genauen und persönlichen Kenntniß der sämmtlichen Staatselemente des Morgen- und Abendlandes liege. Wie kein anderer Staat hat Rußland die auswärtigen Verhältnisse nach allen Ursachen und Wirkungen hin durchforscht. Es kennt den politischen Werth oder Unwerth der einzelnen Notabilitäten fremder Reiche vollkommen richtig, und verschwendet deßwegen auch nie weder eine Drohung noch eine Belohnung umsonst. Der Russe berechnet das Maaß des Widerstandes, den der Nachbar zu leisten im Stande wäre, immer treffend, und gründet auf diese richtige Rechnung seinen politischen Principat. Beweist Stand und Gang der diplomatischen Verhandlungen in Sachen des Orients, vom Ausbruch der griechischen Insurrection bis auf die gegenwärtige Stunde, nicht unwiderleglich die Wahrheit vorstehender Charakteristik? Wollt ihr aber die Russen tadeln, daß sie sich durch eigenthümliches Cohäsionsvermögen in fremden Ländern Sympathien schaffen, weder Geld noch kluge Reden, weder politische noch kirchliche Mittel sparen, und durch Gewandtheit oft selbst ihre Neider und Gegner, wie bei Navarin, ihren Zwecken dienstbar machen, so thut es ihnen nach, bekämpft sie mit denselben Waffen, habt auch Talent, seyd auch klug, listig, glatt, verschlagen und Eines Sinnes, säet Gold zur rechten Zeit, gönnt euch keine Rast, seyd gottesfürchtig, singet Litaneien, und fastet sieben Monate im Jahre, zimmert Flotten und recrutirt die Heere und sterbt für euern Glauben und euer Vaterland mit derselben Hingebung, wie die Russen, und ihr werdet dieselben Erfolge haben, die ihr jetzt an den Nachbarn so ungern seht und mit solcher Bitterkeit verdammt Die Herrschaft hat allzeit dem Klugen, dem Standhaften, dem Starken und Thätigen gehört. Vergleicht man aber auf der andern Seite Summe und Art des Widerstandes gegen russische Suprematie, und bedenkt man, wie bisher alles Abmühen der westlichen Höfe, das Anschwellen der Weltlawine zu hemmen, ohne Frucht geblieben ist, und es auf allen Seiten bald an Kraft, bald an Muth, allzeit und überall aber an Geschick und Einsicht fehlt, so glaubt man zuletzt, ein Staatsmann des Alterthums habe mit prophetischem Sinn vorhergesagt, wenn einmal alle Scythen von einer gemeinsamen Idee begeistert seyen, könne ihnen weder in Europa noch in Asien Jemand widerstehen.
Thucyd. II, 97.
Diese gemeinsame Idee ist aber in unsern Tagen lebendig geworden.
Cato sagte von den Großen seiner Zeit, Cäsar allein habe gewußt, was er wolle, und sey nüchtern ad evertendam rempublicam accessisse. Mancher wäre versucht, diesen Spruch auf das nun in die zwanzig Jahre sich fortschleppende Interveniren der Europäer in die türkisch-griechischen Angelegenheiten zu beziehen. Wie abweichend Russen und Deutsche die res humanas beurtheilen, wie nüchtern und tactfest die einen, wie candid und kindlich-einfältig die andern eingreifen, hat sich am auffallendsten bei der griechischen Revolution gezeigt. Wer z. B. rechnet heute noch auf Verwirklichung der hellenischen Träume, welche damals die Einbildung des Occidents erhitzten und zu den abenteuerlichsten Projecten und Hoffnungen trieben? Ist der Bankerutt nicht vollständig, und fällt der blinde Enthusiast nicht nothwendig zuletzt dem Nüchternen als Beute in die Hand? Während wir glühten, schwärmten und uns besteuerten, blieb der Moskowit kalt und berechnete ruhig, welcher Gewinn für die orthodoxe Kirche und russisches Uebergewicht im Orient aus den hellenischen Verzuckungen der Westländer zu ziehen sey. Man merkte uns schnell ab, daß sich bei Nennung des Worts „Hellene“ nicht nur unser Herz, sondern auch unsere Truhen und Casernen öffnen. Schnell ordnet der Moskowit sein Spiel als Mitgenosse, und nimmt, uns zu Gefallen, das Zauberwort in den Mund, ohne deßwegen unsern Begriff damit zu verbinden. Was denkt sich der Russe unter Hellenen? Unter Hellenen denken sich die Russen Leute, die zu Schiff nach Taganrok und Odessa kommen, mit Sardellen und Caviar handeln, den römischen Papst verabscheuen, ihr Vertrauen
nächst Gott auf St. Spyridon und St. Dimitri setzen, den rechtgläubigen Imperator von Moskovien als ihren natürlichen Herrn erkennen, zu Mittag Oliven essen und im Handel dreißig Procent Interessen nehmen. Diese Vorstellung ist freilich nicht poetisch. Setzt nun dieselbe Frage an einen deutschen Gelehrten, und er wird euch alles Große und Schöne der Vorzeit, vom trojanischen Krieg bis Philopömen herab in begeistertem Redeschwung ins Gedächtniß rufen, euch mit Dichtern, Feldherren, Tugendhelden, Künstlern und Weisen betäuben, und zum Schlusse jedesmal hinzufügen, dieß Alles sey heute noch auf Morea und in Rumelien augenblicklich zu haben, wenn man nur das nöthige Geld zusammenbringe. Wir gaben reichlich, wimmerten und bettelten durch ganz Europa, um „die genialen, tapfern, tugendhaften“ Hellenen zu retten. Aber die Führer dieser modernen Sokratesse und Phocione steckten die Gaben in die Tasche, verkauften die aus Europa hingeschafften Lebensmittel gegen baare Bezahlung an die Türken ‚J'ai entre les mains la preuve matérielle que la catastrophe de Mesolonghi n'est que le résultat de malversations semblables“, sagt Kapodistrias in seiner von Bétan herausgegebenen Correspondenz, I, 508.
, lachen heute noch über die Gutmüthigkeit der „Franki“, rufen die orthodoxen Russen an und wollen uns als Ungläubige gar noch aus ihrem Lande vertreiben. Das soll uns aber nicht verdrießen. Die gute Handlung verliert nichts an ihrem Werth, und von jeher und überall war für den Deutschen nur der Aufwand und die Arbeit, für andere aber die Ehre und der Lohn. Sic vos non vobis fertis aratra boves. Mögen immerhin andere in Griechenland ernten, was wir gesäet, und mögen die Russen in ihren Büchern, so oft sie wollen, von „stillen und melancholischen Germanen“, von „arbeitsamen, phlegmatischen Deutschen“ reden. Uns kümmert das eben so wenig, als wenn Paskjewitsch's Unterlieutenants, die Kars gestürmt und die Festungswälle von Akhalziche mit Leichen ausgefüllt haben, das empfindsame deutsche Volk mit dem Titel „geräucherter Schmerz“ beehren. Wir wissen doch besser als diese Russen, wie sich die Partikel von der Partikel unterscheidet, und wann den Conjunctiv regiert. Das ist uns Lohnes genug, und mit dieser Summe denken sich die deutschen Mittelstaaten zuletzt auch der russischen Protection zu erwehren, mit der uns der Pentarchist bedroht. Man hat bei uns nichts dagegen, wenn die Russen da und dort im freundlichen Deutschland guten Rath ertheilen, schützen, helfen, wehren wider gallische Arglist und einheimischen Demokratenschwindel. Die Hülfe muß aber auf Begehr, rechtzeitig, kurz, nachdrucksam und vor Allem gratis geleistet werden. Dafür geben wir, so lange die Arbeit dauert, gute Kost und Quartier, und lassen die Russen, als harmlose, gefällige Nachbarn, sogar in unsern Geschäften mitreden, wenn sie für gemeinsames Wohl etwas Verständiges zu sagen wissen. Vormundschaft aber wird verschmäht, und Alles erhöhe sich in unsern Landen gegen das Ansinnen, deutschem Volksleben Einheit der Bewegung mit Zucht und Schritt der Preobraschenzkischen Garde aufzunöthigen. Lasse sich ja etwa kein moskowitischer Archidamus in den Sinn kommen, wir seyen bei unserer Vorliebe für das Griechische auch der Meinung, „daß es den schönsten Anblick und die größte Sicherheit gewähre, wenn sich eine aus den verschiedenartigsten Elementen zusammengefügte Masse nach Einem Tact bewege.“
Dergleichen wäre in Deutschland unmöglich. Im Gegentheil ist und bleibt es bei uns wie in Afghanistan, wo, nach Elphinstone, jeder das Erzeugniß seines eigenen Feldes ißt, seiner Wege geht und Niemand irgend etwas mit seinem Nachbar zu schaffen hat.
Patriotische und talentvolle Männer haben in diesen Blättern, und auch anderswo, mit viel Einsicht und Geschick deutsche Kraft und Rüstigkeit gemustert, so daß es unnöthig wäre, noch einmal von unserer Stärke zu eventueller Abwehr fremden Unglimpfes zu reden. Nur in Einem Punkt, aber in einem wesentlichen, ist man nicht der Meinung jener ehrenwerthen Vorgänger, wofür man jedoch höflichst um Verzeihung bittet. Die Herren, fürchte ich, schätzen, wenn auch nicht uns selbst etwas zu hoch, jedenfalls die Hülfsmittel der Gegner etwas zu gering. Sie blicken auf die Prätensionen des Pentarchisten bloß deßwegen mit Achselzucken herab, weil in Rußland die Casernen gewöhnlich besser besetzt sind als die Schulbänke, und an Conjugationstabellen und gelehrten Abhandlungen über die Rangordnung der Buchstaben im Alphabet das große moskowische Reich jährlich vielleicht kaum so viel hervorbringt, als der kleinste Staat des deutschen Bundes. Die Otroschenko, die Yermoloff, die Eriwanski, die Ostermann, siegreiche Feldherren der Russen, beurtheilen ohne Zweifel mit mehr Talent eine militärische Position, als das feingebürstete Compendium eines Leipziger Magisters. Daß wir aber unter diesem Titel allein schon allzeit und überall, in Verhandlungen wie im Krieg, die Stärkeren seyen und gar nichts zu besorgen haben, wäre ein gewagter Schluß. Gelehrter sind wir freilich als die Russen. Die Hellenen hatten aber auch keinen Mangel an Grammatikern, Recensenten und geschwätzigen Staatsphilosophen, die sogar dem Veteran von Trasimen und Cannä Vorlesungen über die Feldherrnkunst hielten, aber mit all ihrem Wissen die Heimath dennoch nicht gegen die Sextius Ligustinus und Genossen, lauter unwissende, aber handfeste Bauernjungen aus Latium, zu bewahren vermochten. Man enthält sich aller Vergleiche und Anspielungen, räth aber doch zu etwas mehr Klugheit und Vorsicht, weil erste Bürgschaft des Erfolgs überall in richtiger Schätzung der Partei besteht.
Die Kehrseite der Pentarchie.
(Beschluß.)
Es ist interessant zu verfolgen (so fahren die historisch-politischen Blätter fort), wie dann, immer zu dem angedeuteten doppelten Zweck, die Laufgräben gegen Oesterreich und Preußen weiter geführt werden.
„Immer wird, sagt der Pentarchist, der bundesgesetzmäßige Primat Oesterreichs dahin wirken, Preußen darauf aufmerksam zu machen, daß es die schwächste Hauptmacht von Europa, und auch in Deutschland nur als die zweite Macht anerkannt sey. Bei diesem Gefühl liegt der Gedanke sehr nahe, daß Vergrößerung Bedürfniß sey. Auch erklärte sich einstmals der Staatskanzler Fürst Hardenberg zu dem ehemaligen bayerischen Gesandten am Berliner Hofe, Grafen Joseph von Rechberg, als letzterer ihm die Bemerkung machte, daß die Acquisition der Rheinprovinzen für Preußen kein wahrer Machtgewinn sey, dahin: „„Die Rheinprovinzen sind die Vorbedingung zu der möglichen Erwerbung von Holland, und insofern unschätzbar.““ Mit einer Vergrößerung der preußischen Macht in solcher Art wäre aber das ganze künstliche Föderativsystem der Bundesacte zerstört, und doch könnte sich Preußen nur auf diese Weise wirklich verstärken.“
Aber auch Oesterreich vermöge nicht die Schutzmacht der deutschen „Centralassociation“ zu seyn? Weßhalb? weil es „durch Deutschland in seinen magyarischen, slavischen und italienischen Erblanden sich geschadet hat.“
Preußen, die „deutsche Macht“ im eminenten Sinne, wird fortwährend unter dem Schein wohlmeinender Treuherzigkeit mit widerlichem Lobqualm angeräuchert, gleichzeitig aber auch kein Mittel gespart, es den übrigen deutschen Regierungen verhaßt und verdächtig zu machen. Der Pentarchist macht (S. 62) auf die Nothwendigkeit aufmerksam, daß Preußen auf Vergrößerung im Innern Deutschlands denken müsse, um seinen europäischen Rang behaupten zu können. Bei Preußen „scheine die Arrondirung sogar das Gebot einer politischen Nothwendigkeit, eine Lebensbedingung zu seyn. Welche Garantie besäßen aber die Mittelstaaten für ihre fernere Integrität neben dieser Politik!“ (S. 105) „Durch seine Hierarchie der Beamten, welche in keinem andern deutschen Staat in gleicher Weise wie in Preußen auf die Spitze getrieben ist, scheidet sich auch letzteres von den übrigen Mittel- und kleinen Staaten Deutschlands ab. Denn gewann auch der preußische Staat, als solcher, durch diese bureaukratische Constitution unermeßlich an intensiver Kraft, so verlor doch das deutsche Volksleben dabei unvermeidlich.“
Trotz dessen wird Preußen daran gemahnt, in dem heutigen kirchlichen Conflict sich „als den ersten deutschen Staat aufs neue zu documentiren. Freilich hätte letzteres in derselben Art und Weise schon früher geschehen können, – – – wenn solches die preußisch-österreichische Allianz (sie ist aus nahe liegenden Gründen dem Pentarchisten ein Dorn im Auge!) nicht verhindert hätte; eine Allianz, welche auch noch gegenwärtig die energische Entfaltung ganz preußischer, protestantischer, fortschreitender Politik hemmt und beengt.“
Während hier in solcher Weise die Saiten preußenthümlicher Eitelkeit angeklungen werden, um diese Macht wo möglich zu verleiten, daß sie sich selbst ihr Grab grabe, ist es nöthig, die Minen gegen Oesterreich anders anzulegen. Hier gilt es das Vertrauen zu erschüttern, welches Deutschland zu dem guten Willen, zur treuen Rechtlichkeit, wie zur Kraft des österreichischen Kaiserhauses (ohne Zweifel zum großen Verdruß des Pentarchisten und der von ihm verfochtenen Interessen!) hegt. Daher mit der diesem Schriftsteller eigenen Heimtücke die Hinweisung (S. 24), wie im Frieden von Campo Formio „über fremdes Gut verfügt worden“ (sey es! war es doch nicht, wie zu Tilsit, das eines Verbündeten!), daher die Wiederaufwärmung der längst widerlegten Behauptung Dohm's: die Theilung Polens sey von Oesterreich ausgegangen (seltsamer Vorwurf in diesem Munde!); daher der immer wieder hervorbrechende Aerger über die Mailänder Amnestie, weil sie die Stimmung der Lombarden für Oesterreich günstig gestellt, und die freundnachbarliche Anweisung, welche die Carbonaria erhält, in England die Schutzherrschaft der revolutionären Einheit Italiens zu suchen, wobei, wenn der Vorschlag nach allen Seiten hin einleuchtete, der doppelte Zweck erreicht wäre, Oesterreichs linken Arm zu lähmen, und gleichzeitig diese Macht mit England in den Tod zu verfeinden; daher (S. 73) die Insinuation: „daß Oesterreich die zu Bayern bezeigte Lust, beim Vertrage zu Ried, allein in der Hoffnung auf einst günstigere politische Constellationen, auf Umstände, die doch noch eine Befriedigung dieser Tendenz gewähren würden,“ niedergekämpft habe; daher der auf das deutsch patriotische Interesse berechnete, doppelte Vorwurf gegen Oesterreich, „daß es ein magyarisch-slavischer Staat geworden und aufgehört habe, ein deutscher zu seyn (S. 191), und daß es nach dem ersten Pariser Frieden die deutsche Kaiserkrone nicht wieder aufgehoben“ (S. 199), daher wird endlich mit einer Naivetät der Unverschämtheit, die kaum in den rohesten Producten des Bonapartischen Uebermuths ihres Gleichen hat, von „russisch(!)-griechischen Glaubensgenossen“ (S. 244) und von einer österreichischen Gewaltherrschaft in Ungarn gesprochen, welche letztere allein Kara Mustapha vor Wien geführt habe (S. 277).
Ist es genug der Perfidie, des heuchlerischen Aneinanderhetzens der deutschen Stämme, des Aussäens von Mißtrauen und Haß nach allen Seiten hin? haben die Feinde der Ehre und Selbstständigkeit unsers Volks das Wasser hinreichend getrübt, worin sie zu fischen gedenken? Leider nein! den wirksamsten Hebel, welchen dieser Autor mit nicht geringerer Treulosigkeit als Gewandtheit anzulegen weiß, haben wir Deutschen selbst seit 300 Jahren ihm in die Hand gegeben, und der Pentarchist thut, wie der Franzose und der Schwede seit den Unheilstagen der deutschen Glaubenskriege gethan. Es ließ sich vermuthen, daß er den neu erregten Glaubenszwist nicht ungenützt lassen würde.... Der Pentarchist, der Verfechter der rohesten, gewaltthätigsten Tyrannei, stellt sich auf die Seite der „Gewissensfreiheit“, ein Wort, welches in seinem System gleichbedeutend ist mit Ausrottung des katholischen Glaubens, mit Zertretung der heiligsten, wohlbegründetsten Rechte der Katholiken, mit Verhöhnung alles dessen, was ächte, wahre Gewissensfreiheit für alle Theile wäre.... Aber in welchem Interesse spricht er? Ist er Protestant, wie Gustav Adolf, als ihn nach einem deutschen Reichslande gelüstete? oder versteckt er etwa wie der gallische Nachbar den Hunger und Durst nach der Rheingränze, die Ländergier unter dem Deckmantel des Eifers für katholische Interessen? Nichts weniger! Dieser Protector des Protestantismus ist in dieser Rolle wenigstens noch nicht aufgetreten; es ist gerathen, ihn auch auf diesen Wegen nicht aus den Augen zu lassen. – Des Pentarchisten eigener Standpunkt ist nämlich in der schismatisch-griechischen Kirche. Diese ist ihm die „christliche Urkirche“ (S. 333), für welche „das durch kein Papstthum und keinen Primat (!) bestochene Zeugniß der Bischöfe“ spricht. – Natürlich ist diese Primatlosigkeit nur so zu verstehen, daß die Kirche kein eigenes Haupt, sondern ihren Herrn in dem weltlichen Selbstherrscher hat. „Dem Kaiser steht der stärkste und bindendste Einfluß auf das Volk in der Religion desselben zu Gebote, als dem sichtbaren Oberhaupte der orthodoxen Kirche, gegen welches aufrichtiger, ganzer Gehorsam religiöse Pflicht, eine Bedingung des Glaubens, ein Gebot Gottes des Allmächtigen ist.“ (S. 326.) Der Pentarchist denkt nicht so engherzig, daß er die Wohlthat und das Heil der Erlösung auf das russische Volk beschränken sollte. Nein! er ladet alle Völker des Erdbodens in ihren Schooß. „Wahrlich die Zeit naht, wo das Abendland die Losscheidung Roms von der orthodoxen Kirche segnen und das Christenthum auf neue vom Orient gläubig sich holen wird! Daß das griechische Schisma den Protestantismus von seinem Entstehen an als eine verabscheuenswerthe, verächtliche Irrlehre behandelt habe, findet der Pentarchist dermalen noch gerathen, mit Stillschweigen zu übergehen, die Kralle einzuziehen, und dem Protestantismus mit süßer Schmeichelrede zu nahen. Was könnte ihm gelegener kommen, als wenn beide Gegner der „triumphirenden orthodoxen Kirche“ (S. 249) sich recht ingrimmig hassen, und wo möglich wieder wie vor zweihundert Jahren handgemein werden wollten! zu diesem Zwecke ist seine Partie genommen..... „Preußen und die akatholische Sache sind das Gleiche. England, Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland, die Schweiz, das protestantische Deutschland und selbst das griechische Rußland stehen um Preußen, für Preußen, alle geeinigt und gerüstet gegen die hierarchischen Umgriffe, gegen das neu auftauchende Reich des Jesuitismus.“
Daß dieses Alles in friedlicher, loyaler Absicht geschrieben worden sey, daß diesen und ähnlichen Insinuationen die Absicht nicht zum Grunde liege, den Katholiken gegen Preußen, den Protestanten gegen Oesterreich die Waffen in die Hand zu geben, dieß zu glauben und sich davon zu überreden, dürfte auch der schlaffsten Gutmüthigkeit nicht füglich möglich seyn. Fragen wir uns nun, zu welchem Ende dieses ganze Netz von Heuchelei und perfider Tücke ausgespannt, für welchen Zweck diese Falle gestellt, in welcher Absicht die Mine, welche Oesterreich und Preußen aus einander sprengen soll, gelegt sey – so gibt der Pentarchist selbst Antwort darauf.
Unter allen Hauptmächten Europa's bleibt nach ihm als Schutzmacht über Deutschland „nur Rußland“ übrig. „„Rußland und Deutschland!““ hören wir rufen, „„welche Contraste! Also nicht Preußen und Deutschland, nicht Oesterreich und Deutschland, sondern Rußland, das Land der Ukase, der Leibeigenschaft, der Halbbildung, und Deutschland! Unmöglich!““ Doch es ist so, und Deutschland zum Frieden und Glück, allein für Rußland mehr zur Last, als zum Gewinn. Bewiese ich nur Letzteres, daß unter allen fünf Hauptmächten der Schutz der Centralassociation Rußland den mindesten Vortheil eintrüge, aber die größte Beschwerde verursache, daß Rußland dadurch fortwährend zu der gespanntesten Wachsamkeit auf jeden Schritt der Continentalmächte gezwungen würde, daß es dagegen durch diesen Schutz weder eine Machtvergrößerung, noch einen erhöhten politischen Einfluß, noch in industrieller und commercieller Hinsicht irgend einen wesentlichen Nutzen, noch eine ihm selbst günstige militärische Position, noch sonst irgend ein Sicherheitsmittel oder eine Entschädigung für seine desfallsigen großen und fortwährenden Opfer erwarten dürfte und je erreichen würde, daß sonach Rußland diese Schutzpflicht einzig und allein in seinem europäischen Interesse, nicht sowohl in seiner individuellen als föderativen Qualität, als Hauptmacht zur Erhaltung des Systems des Gleichgewichts in der europäischen Pentarchie übernehme und erfülle – bewiese ich nur dieses, so hätte ich auch damit dargethan, daß Rußland die wahre und einzige Schutzmacht der Centralassociation unter den Hauptmächten sey... Rußland hat durch Polen eine militärische Position errungen, welche Oesterreich und Preußen spaltet und unschätzbar für Rußland ist, wenn es zum Schutz und zur Rettung deutschen Geistes und Handelns, als Hort der schwachen, capitulirenden, deutschen Mittelstaaten aufgerufen wird!“
Und damit uns der Pentarchist eine Probe gebe, wie er es sich denkt, daß dieser Hort der schwachen Mittelstaaten sein Amt ausüben sollte, fängt er gleich vorläufig an, die Polizei zu machen. (Hier erwähnen die historisch-politischen Blätter die bekannte Verdächtigung gegen Walter in Bonn, Friedrich Schlosser in Frankfurt etc. – eine Verdächtigung die nachher in einer Leipziger Zeitung, wie die erwähnte Zeitschrift glaubt, von dem Verfasser der Pentarchie selbst weiter geführt wurde.) Also Controle fremder Agenten über die Verwendung unsres Vermögens, denen wir Rechenschaft geben sollen über unser Thun und Lassen! Und dieß wird den Deutschen des 19ten Jahrhunderts in einer deutschen Zeitung geboten, von einem Individuum, welches offen und unverhohlen auf unsern Hader speculirt und den Zweck, um dessentwillen unser Familienzwist ausgebeutet wird, vor aller Welt eingesteht. So weit trieb selbst nicht Bonaparte, auch nach den Schlachten von Ulm und Jena nicht, die Verachtung gegen unser Volk, und der berüchtigte Charles Schulmeister hat, unsers Wissens, was er heimlich gesponnen, wenigstens nie, uns zur Schmach, durch die Zeitungen veröffentlicht. – Nein, guter Freund von der „europäischen Pentarchie!“ so tief ist Deutschland noch nicht gesunken, daß diese Handlungen und Gesinnungen, die Ihr dem wackern Fr. Schlosser, dem hochverdienten Walter vorwerft, bei uns, wie bei Euch, schon Verbrechen wären, die diese Männer in Ketten und Bande brächten! Ihr müßt warten mit Eueren Verdächtigungen, bis wiederum eine fremde Polizei „jeden Gemeingeist, jede Theilnahme an den Leiden eines Ganzen erstickt haben“ wird. Dann würde es wiederum, wie zur Zeit der Franzosenknechtschaft, „keine Hoffnung, keine Totalität des Blicks, keinen Märtyrermuth mehr geben, und Jeder würde nur seinen Verlust berechnen und zufrieden seyn, wenn derselbe geringer als der seines Nachbars sich erwiese.“ – Das wäre der Zeitpunkt, wo Euer Stern aufginge, Pentarchist! Aber hütet Euch! wenn je die Verwirklichung Eures Ideales näher rücken, wenn je, wie Ihr es droht, die östliche Schutzmacht die Hand nach der deutschen „Centralassociation“ ausstrecken sollte, dann würde plötzlich „all dieser Egoismus, diese Rechenkunst tiefer Gesunkenheit,“ auf welche ihr baut, verschwunden seyn. Die Völker würde aufs neue „wundersame Todesfreude ergreifen, und Jeder würde eilen, sich selbst zum Opfer für das Vaterland zu bringen.“ – (Europ. Pentarchie S. 13.)
Rußland.
St. Petersburg. Zu Erläuterung und Ergänzung der, in den Beilagen der Allg. Zeitung Nr. 127 und 128 enthaltenen, bemerkenswerthen Uebersicht der wissenschaftlichen Wirksamkeit der St. Petersburg'schen Akademie der Wissenschaften möge Folgendes dienen: Nicht jetzt erst hat man in Rußland sich den magnetisch-meteorologischen Beobachtungen angeschlossen, die von England aus im Sept. vorigen Jahrs angeordnet worden, um auf der südlichen Halbkugel Observatorien zu errichten. Schon vor mehrern Jahren sind auf Anordnung des Finanzministeriums von Seite des Bergingenieurcorps magnetische Observatorien in St. Petersburg bei dem Berginstitut, so wie bei den Hüttenwerken, am Ural zu Jeka terinenburg, am Altai zu Barnaul und in Daurien zu Nertschinsk errichtet worden, deren Resultate der Inspector dieser Observatorien, Hr. Akademiker Kupfer, alljährlich in speciellen dazu herausgegebenen Schriften angezeigt hat und fernerhin berichten wird. Demzufolge möchte wohl dieses eher zu der vorerwähnten englischen Expedition mit Anlaß gegeben haben. Hrn. Kupfers Reise nach Göttingen, wo er im vorigen Herbst mit einigen deutschen und englischen Naturforschern zusammen kam, ist gleichfalls in Auftrag des Finanzministeriums zu dem Zwecke unternommen worden, um die russischen magnetischen Beobachtungen mit denen des Auslandes in nähere Verbindung und Einklang zu bringen, und es werden nun auch auf Kosten des Finanzministeriums nicht allein die bereits vorhandenen Bergobservatorien erweitert, sondern auch neue an der amerikanischen Westküste: in Sitka, und bei der russischen Mission in Peking, ja vermuthlich auch in Nikolajew, Kasan und Tiflis errichtet, wodurch also die magnetischen Beobachtungen in Verbindung mit den brittischen und deutschen eine weit größere Ausdehnung und Gemeinschaftlichkeit erlangen werden.
[2329]
Bedingungen der Regierung, die Errichtung einer Eisenbahn von Florenz nach Livorno betreffend.
Aus der Privat-Correspondenz des Eco della Borsa in Mailand vom 5 Mai 1840.
Ich habe meinen Aufenthalt in Florenz benützt, um die Verhältnisse des Unternehmens einer Eisenbahn von hier nach Livorno näher kennen zu lernen, wobei die HH. Fenzi und Kolziani, Inhaber des Hauses Senn und Comp., welches sich insbesondere mit dieser Angelegenheit beschäftigt, mir die Einsicht der zwischen ihnen und der Staatsbehörde gepflogenen Verhandlungen gestatteten.
Bis jetzt hat keine förmliche Privilegiums-Ertheilung stattgefunden, indessen hat der zur Unterhandlung mit den concessionären Fenzi und Senn beauftragte Rath denselben die ihnen auferlegten Verbindlichkeiten bekannt gemacht, nach deren Annahme den Unternehmern die näher bestimmten Concessionen von der Regierung ertheilt werden sollen.
Diese Bedingungen enthalten die Zusicherung des ausschließlichen Privilegiums auf 100 Jahre, die vollständigste Genehmigung der der Gesellschaft bezeichneten Bahnlinie und den durch das Expropriationsrecht begünstigten Ausführungsplan.
Die Artikel selbst sind zugleich von einer Einladung an die Concessionäre begleitet, die etwa von ihnen an den von der Regierung bestimmten Nebenverträgen zu machenden Ausstellungen vorzulegen, wobei außer Zweifel ist, daß das Wenige, was hiebei eine Ermäßigung wünschenswerth erscheinen ließe, bis zu Feststellung des Transport-Tarifes, mit der billigsten Berücksichtigung eingeräumt werden wird.
Zur Ausführung ist ein vollständig genügender Zeitraum festgesetzt, und es wurden zu diesem Ende auch sehr erleichternde Zugeständnisse gemacht, wie z. B. die freie Einfuhr des fremden Eisens, der Maschinen während 10 Jahren und ein Nachlaß von 25 Proc. an den Currentpreisen der aus den Minen der Regierung gemachten Eisenbezüge.
[2325-26]
Einzahlung zum Hüttensteinacher Eisenwerk.
Der unterzeichnete Verwaltungsausschuß gibt sich die Ehre, die verehrlichen Gesellschafts-Mitglieder hiedurch zu benachrichtigen, daß der Betrieb des Werkes in Hüttensteinach mit Ende des Monats April auf eine befriedigende Weise begonnen hat.
Hiemit verbindet er die Anzeige, daß nach Beschluß vom 22 d. M. die dritte Nachzahlung auf die emittirten Hauptactien, mit 50 fl. pr. Actie,
spätestens bis 15 Julius d. J.
unter dem in §. X der Statuten enthaltenen Präjudiz, stattzufinden habe; wobei ein Jahreszins aus den auf jede Hauptactie s. Z. eingezahlten 500 fl. mit 20 fl. – dann die Stückzinsen aus den im vorigen Jahre geleisteten Nachzahlungen, vom Tage derselben an bis zum letzten April d. J. in Abzug gebracht werden können, wozu das jeder Actie beiliegende Quittungsblatt, unterschrieben an das Bankierhaus Leonhard Kalb dahier portofrei eingesendet werden wolle, woselbst auch der Zinsenbetrag jeder einzelnen Nummer nöthigenfalls erfragt werden kann. – Nürnberg, am 31 Mai 1840.
Der Verwaltungs-Ausschuß der Hüttensteinacher Eisenwerks-Gesellschaft.
J. Schnerr. C. Zinn. E. Schmidmer. Oye. Sig. v. Tucher.
[2299]
Anzeige.
Zu näherer Bestimmung der unterm 20 April abhin hierorts erlassenen Ausschreibung der an der Aargau'schen Kantonsschule in Aarau erledigten Stelle eines Hauptlehrers für die Naturwissenschaften wird andurch bemerkt, daß der anzustellende Lehrer in Zoologie, Botanik und Mineralogie in 18 bis 24 Stunden wöchentlich Unterricht zu ertheilen, eine Besoldung von 1200 bis 1600 Schweizerfranken Jahresgehalt zu beziehen, und insofern er sich nicht über praktische Lehrtüchtigkeit auszuweisen im Falle wäre, eine Probezeit von 2 Jahren zu bestehen hat. Die Bewerber haben unter Einreichung ihrer Zeugnisse sich
bis zum 24 Junius
nächstkünftig beim hochg. Hrn. Regierungsrath Dr. Wieland, Präsidenten des Kantonschulrathes dahier, schriftlich anzumelden. Ein Kantonsfremder, falls ein solcher an besagte Stelle gewählt werden sollte, hat sich mit den nöthigen Ausweisschriften behufs seiner Niederlassung zu versehen.
Aarau, am 27 Mai 1840.
Das Secretariat des Kanton-Schulrathes.
[2316]
Anzeige.
Der verlebte Hr. Bischof Friedrich von Groß zu Würzburg hinterließ eine beträchtliche Sammlung von Gold- u. Silbermünzen, welche für Numismatiker interessant sind, und die am
1, 2 und 3 Julius l. J.,
in der bischöflichen Wohnung zu Würzburg, jedesmal Nachmittags von 2-5 Uhr, öffentlich versteigert werden. Kauflustige werden hiezu mit dem Bemerken eingeladen, daß das Verzeichniß dieser Münzen bei der Expedition der Allg. Zeitung täglich zur Einsicht offen liegt.
[2143]
Im Verlage von C. A. Hartleben in Pesth ist neu erschienen:
Falknerklee,
bestehend in drei ungedruckten Werken über die Falknerei.
1) Basname, das ist: das Falkenbuch. Auf der Ambrosiana zu Mailand.
2) Die Habichtslehre. Auf der k. k. Hofbibliothek zu Wien.
3) Kaiser Maximilians Handschrift über die Falknerei. Auf der k. k. Hofbibliothek zu Wien.
Aus dem Türkischen und Griechischen verdeutscht, und in Text und Uebersetzung herausgegeben
von Hammer-Purgstall.
In dreihundert Abdrücken.
gr. 8. Elegante Ausgabe mit verzierten Umschlägen geh. 3 Rthlr.
Ein Kleeblatt drei ganz unbekannter, philologischer und naturhistorischer, höchst interessanter Handschriften, welches Liebhabern der Naturgeschichte und der Jagd nicht minder willkommen seyn wird als Hellenisten und Orientalisten, welches als Supplement der Hieracosophia Rigault's Bibliotheken nicht fehlen darf, und welches von innen eben so reich philologisch und ästhetisch, als von außen geschmackvoll ausgestattet ist.
Ferner ist so eben vollendet die höchst billige Ausgabe:
der Geschichte des Osmanischen Reiches,
großentheils aus bisher unbenutzten Handschriften und Archiven.
Von Joseph von Hammer-Purgstall.
Zweite verbesserte Auflage.
In vier Bänden mit 226 Groß-Octav Bogen auf Velinpapier und neun Landkarten.
Die neuesten Begebenheiten im Osmanischen Reiche nehmen die Theilnahme von ganz Europa mit unwiderstehlicher Gewalt in Anspruch; sie werden aber nur denjenigen klar und verständlich seyn, welche mit der Geschichte dieses Staates, mit seiner Verfassung und dem Charakter seiner
Völkerschaften näher bekannt sind. Glücklicherweise besitzen wir in von Hammer-Purgstalls Geschichte des Osmanischen Reiches ein großes Nationalwerk, das uns mit allen Verhältnissen desselben auf das genaueste vertraut macht. Mit Stolz können wir dieses Riesenwerk deutschen Geistes den berühmtesten des Auslandes entgegen stellen, denn Alles an demselben – Schreibart, Ausdruck, Anordnung, Prüfungsgeist und Quellensichtung; – Philosophie des Lebens, der Gesetzgebung, der Regierungskunst; unparteiische Wahrheit; Kenntniß des menschlichen Herzens, Unbestechlichkeit der über Blendwerk, Heuchelei und Bosheit richtenden Vernunft; Abscheu vor Tyrannei unter allen Formen; – Schilderung folgenreicher Begebenheiten, den Leser fortreißend in das Getümmel gährender Völkerschaften, Malerei der Sitten, Charakteristik der Regenten, der Staatsmänner, Helden, Weisen und Dichter; – Alles, Alles trägt das Gepräge möglichster Vollendung.
Der Hr. Verfasser hat, aus bisher unbekannten, ihm bei seinem Aufenthalte in Konstantinopel zugänglich gewordenen, zuverlässigsten Localquellen schöpfend, die große Geschichte des Osmanischen Volkes und Reiches entrollt, und das, was geworden, aus dem erklärt, was gewesen ist. Wenn die frühern Theile dieser so viel umfassenden, historischen Arbeit dem Geschichtsfreunde mannichfaltige Aufschlüsse über die bisher dunkel gehaltenen Parteien des Orients und der europäischen Verhältnisse zum Orient (z. B. auch die Polens), gewähren, so sind die letzten Bände insbesondere lehrreich für die Politiker, ja unentbehrlich zur Beurtheilung der neuesten Ereignisse.
Durch diese höchst billige Ausgabe wurde einem vielseitigen Wunsche entsprochen, und um die Anschaffung zu erleichtern, soll der geringe Preis noch für dieses Jahr bestehen, nämlich: vier Bände mit 226 Großoctav-Bogen auf Velinpapier mit 9 Karten in 23 Lieferungen geh. nur 8 Rthlr. 15 gr.
[2226]
In der Herder'schen Verlagshandlung in Freiburg ist erschienen und durch alle Buch- und Landkartenhandlungen zu beziehen:
Karte von Würtemberg, Baden und Hohenzollern,
mit den angränzenden Ländertheilen, als: Elsaß, Rheinbayern, Südhessen, Schweiz etc. etc.
von Dr. J. E. Woerl.
Ein Blatt in größtem Atlasformat, colorirt und auf Leinwand gezogen in Futteral 2 fl. 42 kr. oder 1 Thlr. 12 gr., unaufgezogen 2 fl. od. 1 Thlr. 4 gr.
[2317]
Im Verlage der Wagner'schen Buchhandlung in Innsbruck ist erschienen und in allen soliden Buchhandlungen der österr. Monarchie und Deutschlands zu haben:
Handbuch zur Zoll- u. Staatsmonopols-Ordnung
von Franz Philipp Krapf,
k. k. wirkl. Cameralrathe etc. etc.
Drei Bände in gr. 8.
Erster Band (31 Bogen.) Preis 1 Rthlr. 16 gr. oder 2 fl. 42 kr.
(Der zweite Band erscheint im Julius.)
[2243]
Conversations-Lexikon der Gegenwart.
Ein für sich bestehendes und in sich abgeschlossenes Werk, zugleich ein Supplement zur achten Auflage des Conversations-Lexikons, so wie zu jeder frühern, zu allen Nachdrucken und Nachbildungen desselben.
Zweiundzwanzigstes Heft, Bog. 51-60 des dritten Bandes, Murray bis Oeffentlichkeit.
Druckpapier 8 gr., Schreibpapier 12 gr., Velinpapier 18 gr.
Murray (Sir George). – Musik. – Musikfeste. – Musset (Alfred de). – Mynster (Jacob Peter). – Nägele (Franz Karl – Hermann Franz). – Nagler (Karl Ferd. Friedr. v.) – Näke (Aug. Ferd. – Gustav Heinr.) – Napier (Sir Charles). – Napoleon Louis Bonaparte. – Nasse (Christian Friedr.) – Natzmer (Ottwig Anton Leopold v.) – Naumann (Joh. Friedr.) – Naumann (Karl Friedr.) – Naumann (Moriz Ernst Adolf). – Nebelthau (Friedr.) – Neigebaur (Joh. Ferd.) – Nelson (Wolfred). – Nemours (Ludwig Karl Philipp Raphael, Herzog von). – Neuenburg. – Neumann (Karl Friedr.) – Neumann (Karl Georg). – Nibby (Antonio). – Nicander (Karl Aug.) – Niccolini (Giovanni Battista). – Nicolovius (Georg Heinr. Ludw.) – Niederer (Johannes – Rosette). – Niederlande. – Niederländische Litteratur und Kunst. – Niedner (Christian Wilh.) – – Niembsch von Strehlenau (Nicolaus). – Niemeyer (Herm. Agathon). – Niemojowski (Vincent – Bonaventura). – Nilsson (Sven) – Nitzsch (Gregor Wilh.) – Nitzsch (Karl Immanuel) – Nobbe (Karl Friedr. Aug.) – Normanby (Konstantin Georg Phipps, Earl v. Mulgrave, Marquis v.) – Norton (Karolina). – Norwegen. – Nostitz (Aug. Ferd. Ludwig, Graf v.) – Nota (Alberto). – Nothomb (Jean Baptiste). – Nowofilzow (Graf v.) – O'Connell (Daniel). – O'Connor (Feargus). – Ofalia (Don Narciso de Heredia, Graf v) – Oeffentlichkeit.
Leipzig, im Mai 1840.
F. A. Brockhaus.
[2159]
Raczinsky, Casimir, Codex diplomaticus majoris Poloniae, in quo exhibentur Bullae Pontificum, Donationes princip., Privilegia urbium, monaster. et villarum, litterae libertatis et alia varia argumenta diplomata ad historiam ejusdem provinciae spectantia ab anno 1136 usque ad annum 1597, ed. Ed. Raczinsky. Cum mult. fig. aen. incis. imp. 4. Posen 1840. n. 5 Rthlr.
Berlin.
A. Asher.
[2257]
Bei George Gropius in Berlin ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Correspondance de Frédéric second, roi de Prusse, avec le comte Algarotti, pour servir aux éditions des œuvres posthumes de ce Prince. Mit einem Bildnisse Friedrichs II in Stahlstich. Brosch. 25 Sgr.
Friedrich des Zweiten, Königs von Preußen, Briefwechsel mit dem Grafen Algarotti. Ein Nachtrag zu Friedrichs des Großen hinterlassenen Werken. Aus dem Franz. und Italien. übersetzt von Dr. Fr. Förster. Mit dem Bildnisse Friedrichs II in Stahlstich brosch. 25 Sgr.
[2037]
Sehr belehrend ist die in einer dritten verbesserten Auflage erschienene Schrift, welche in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben ist:
Vom Wiedersehen.
Wohin gelangen wir nach diesem Leben? – Werden wir uns da wiedersehen? – Wie ist da unser Loos beschaffen? – Gründe für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele und Betrachtungen über Tod, Unsterblichkeit und Wiedersehen.
8. brosch. 36 kr.
Diese von Dr. Heinichen herausgegebene Schrift gibt über obige Fragen belehrende Aufschlüsse; – führt die Beweisgründe eines bessern Daseyns, – eines Fortlebens nach dem Tode an, und so ist dieses Buch Frohen zur Belehrung und Trauernden zur Tröstung zu empfehlen.
[2107-9]
Verkaufs-Anzeige.
Die Unterzeichneten verkaufen billigst 5 Stück sogenannter Water-Feinspinn-Maschinen à 80 Spindeln jede, die zu Kammwoll-Garn gebaut aber auch für Baumwolle und namentlich als Zwirn-Maschinen anwendbar sind.
Augsburg, den 27 Mai 1840.
Friedrich Merz & Comp.
[2161-62]
Vorläufige Verkaufs-Anzeige von Gemälden.
Künftigen 14 September laufenden Jahres soll die bedeutende Gemälde-Galerie des verstorbenen Herrn Schamp-d'Aveschoot aus Gent öffentlich versteigert werden. Diese reiche Sammlung besteht bekanntlich aus ausgezeichneten Prachtstücken der flamändischen, holländischen, französischen, italienischen und spanischen Schule.
Nähere Anzeigen und der Katalog werden das Detail und die Reihenfolge dieses Verkaufs enthalten, der unter der Leitung des Herrn J. van Regemorter in Antwerpen statt finden wird.