Großbritannien.
London, 8 Jun.
Der heutige Pfingstmontag ist durch eine große gemeinschaftliche Procession der verschiedenen Mäßigkeitsvereine gefeiert worden, nämlich des Vereins zur Unterdrückung der Unmäßigkeit (dessen Präsident Lord Stanhope), des neubrittischen und des Fremden-Mäßigkeitsvereins. Die drei Züge, jeder bestehend aus Fußgängern und Fahrenden mit seinen Directoren und Ausschußmännern an der Spitze, trafen sich gegen Mittag auf Russell-square und zogen dann vereint, gegen 20,000 Mann stark, über White-hall und Westminsterbridge nach Blackfriarsroad, wo sie sich wieder trennten. Die vielen fliegenden bunten Banner und inschriftreichen Wimpel, die vor den einzelnen Abtheilungen getragen wurden, die Hutschleifen, mit denen sich die meisten Mitglieder geschmückt hatten, und besonders die mehrfachen lustig spielenden Musikchöre machten die Procession zu einem höchst lebendigen Aufzug, der besonders, als er sich gegen 2 Uhr über Westminsterbridge bewegte, ein prächtiges Schauspiel darbot. Hinter den Fahnen wurden als Sinnbilder der Hauptthätigkeit der Vereine Druckerpressen getragen, und zugleich benutzte man diese Gelegenheit, um auf dem ganzen Wege unter dem zulaufenden Volk eine große Menge Mäßigkeitstractätlein austheilen zu lassen. Diesen Abend werden sich die verschiedenen Gesellschaften in mehreren Versammlungen, wo Reden gehalten werden sollen, vereinigen. – Wir benutzen den jetzigen Stillstand der Parlamentsverhandlungen zur nachträglichen Mittheilung einiger in vergangener Woche vorgefallenen Ereignisse, für die wir bis jetzt keinen Raum finden konnten, zunächst zum Bericht über die Sitzung des Hauses der Lords vom 4 Jun.
Haus der Lords. In der Sitzung vom 5 Jun. kam bei Gelegenheit einer von Lord Denham für Leeds eingereichten Bittschrift die Sache Hrn. O'Connors noch einmal zur Sprache und der Marquis v. Normanby las hierauf eine Antwort Hrn. Hague's, Präsidenten des mit Untersuchung des Gefängnisses beauftragten Magistrats, vor, aus welcher erhellt, daß wenigstens vom ersten Junius an die Beschwerden des Gefangenen, von denen einige sich noch später datiren, durchaus unbegründet waren. „Hr. Feargus O'Connor,“ lautet das Schreiben, „ist keinen persönlichen Unwürdigkeiten unterworfen. Er ist nicht genöthigt sein Nachtgeräth treppauf- und -nieder zu tragen und auszuspülen. Er kehrt sein Zimmer nicht und verrichtet keine Dienstbotengeschäfte. Man hat ihm Linnentücher zum Schlafen angeboten und er will sie nicht. Nachts nimmt er jetzt wie auch in Zukunft das beste Zimmer an der Seite der Missethäter ein. Er hat täglich zweimal Thee und Zucker ohne Beschränkung der Quantität. Er hat Fleischspeise zu Tisch und zwei Gläser Wein. Es wird ihm täglich der Bart geputzt und Linnenzeug und Handtücher gegeben, so oft er es
verlangt. Es gibt hier keine Betten als mit eisernen Stätten und mit Flockenmatratzen (mit gerupfter Wolle), und er hat vier solche Matratzen. Er hat einen Kopfpfühl, einen Stuhl und einen Tisch. Er ißt sein Mittagsmahl und hat es immer – ausgenommen den ersten Tag – ohne Aufsicht und ganz allein gegessen. Er hat einen weiten Hofraum, um sich Bewegung zu machen. Er hat ein Schlafzimmer und das große Hospital ganz für sich allein. Er trägt seine eigenen Kleider. Er hat noch keine Zeitungen gehabt. Er hat noch keine Briefe geschrieben oder empfangen ohne Beeinsichtigung des Gouverneurs.“
Die allgemeine schottische Kirchenversammlung (general assembly of the Church of Scotland), die sich am 2 Junius bis zum August aufgelöst hat, hat noch durch ihre letzten Beschlüsse das in ihr herrschende Uebergewicht der Vetoisten über die Gemäßigten aufs entschiedenste kund gethan. Diese Beschlüsse waren folgende: 1) die Erwählung eines neuen Moderators aus den Reihen der Vetoisten, nämlich des Dr. M'Kellar eines Freundes des Vetoistenanführer Dr. Chalmers und Dr. Dewars von Aberdeen, der mit 195 gegen 147 Stimmen über seinen gemäßigten Nebenbuhler Dr. Hill den Sieg davon trug. Sein Hauptverdienst ist, daß er sich mit dem Presbyterium von Dunkeld dem Einspruch des Gerichtshofes widersetzte, oder, wie Dr. Chalmers sich ausdrückte, „daß er seine ruhige und unerschrockene Stirne dem Unmuth beleidigter Richter und dem Hohn gottloser Männer muthig entgegenhub.“ 2) Die Verwerfung der Lord Aberdeen'schen Bill, da, wie Dr. Chalmers bemerkte, die darin enthaltenen heilenden Maaßregeln sich weder mit den Grundsätzen der Kirche, noch auch den rechtmäßigen Jurisdictionsansprüchen der Versammlung vertrügen.“ Die Verwerfung, der sich besonders Sir George Clerk widersetzte, geschah am 29 Mai mit 221 gegen 134 Stimmen, und Dr. Chalmers äußerte dabei zugleich, daß die einzige zulässige heilende Maaßregel die sey, wenn der Staat der Kirche sowohl die Temporalitäten, als auch die Ausübung aller andern Machtvollkommenheiten, die ihr gut däuchten, übertrüge. 3) Die in der letzten Sitzung (1 Jun.) beschlossene Bestätigung der von der Commission verordneten Suspension der sieben Geistlichen von Strathbogie und des Candidaten für Marnock; die Suspension, auf deren Aufhebung Dr. Cook angetragen, ward also und zwar nach achtstündigen von 11 bis 7 dauernden Debatten mit 166 gegen 102 Stimmen bis auf kommenden August für fortdauernd erklärt. Die Auflösung der Versammlung erfolgte dann um 4 Uhr des Morgens (2 Jun.), und wie gewöhnlich verkündete sie der Moderator im Namen Christi, des Haupts der Kirche, der Lord Hoch-Commissär im Namen der Königin.
Am Sonnabend hatte sich aufs neue eine große Volksmasse beim Hause des ermordeten Lord W. Russell versammelt, um hinsichtlich der neuen, die Entdeckung des Mordes betreffenden Thatsachen, von denen ein Gerücht verlautet war, Erkundigung einzuziehen. Der einzige Umstand, den man erfuhr, war folgender. Die Polizei hat entdeckt, daß am frühen Morgen nach dem Mord eine Person, die man identificiren zu können glaubt, aus Lord Williams Haus herausgehend bemerkt wurde. – Uebrigens sind die entwendeten Kostbarkeiten noch keineswegs alle wieder gefunden worden; es fehlen eine Anzahl silberner Löffel und Gabeln, und die Verwandten des Ermordeten haben auf das Anzeigen dieser oder eines dieser Stücke einen Preis von 50 Pf. festgesetzt. – Courvoisier behauptet seine Ruhe und fromme Gesetztheit fortwährend im Schlaf wie im Wachen, noch hat der ihm zur beständigen Gesellschaft beigegebene Schließer nicht einen einzigen aufgeregten Traum an ihm wahrgenommen. Die Sitzungen des Criminalgerichts über diese Sache werden heute über acht Tage (15 Jun.) beginnen, und wegen der Menge der abzuhörenden Zeugen schwerlich vor Ende nächster Woche geschlossen werden können.
Ueber die in Brüssel entdeckte vornehme Betrügergesellschaft enthält die Times (6 Jun.) einige neue Nachrichten, nach denen es wenig wahrscheinlich ist, daß man sich außer dem bereits verhafteten Perry noch mehrerer anderer der vorzüglichsten Theilnehmer bemächtigen werde. Marie und ihr Geliebter, dessen Namen der Brüsseler Correspondent der Times jetzt von d'Argenson oder d'Argesson in d'Arjuzon (?) berichtigt, waren bis zum 5 Mai in Paris, haben sich aber seitdem aller weiteren Nachforschung entzogen. Auch die Maitresse Bourbet's, eine gewisse – früher noch nicht genannte – Desjardins, die unter dem Namen einer Comtesse de Vaudie reiste, hat Paris, wo sie noch am 28 April einen falschen Wechsel von 5000 Franken auf Hrn. Thurneyssen erhob, eiligst wieder verlassen. Hr. Thurneyssen hatte sich aus Höflichkeit für die schöne und vornehme Ueberbringerin beeilt, den auf drei Tage nach Sicht aus estellten Wechsel, anstatt ihn bloß einstweilen zu acceptiren, augenblicklich auszuzahlen. Graham, den Vater, ließ ein stark betrogener Genueser Bankier kürzlich (Mitte Mai) in Livorno festnehmen, konnte aber, wegen des Nichtvorhandenseyns entschiedener Beweise für seine Mitschuld, nicht verhindern, daß der Angeklagte einstweilen wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, wo er dann bald Mittel fand sich mit einer bedeutenden Geldsumme davon zu machen. Pipe, genannt Colson, kam am 8 Mai in großer Eile von Messina nach Malta, wo er mit ebenso großer Eile und bedeutenden Kosten einen Kutter miethete, um sich nach Oran bringen zu lassen. Doch hofft man, daß die von Frankreich aus gesandten telegraphischen Steckbriefe seiner Ankunft dort zuvorkommen werden.
Frankreich.
Paris, 10 Jun.
Der Polizeipräfect hat auf das Verlangen des Ministers des Innern einen aus den HH. d'Arcet, Olivier d'Angers, Boutron-Chalard und Pelletier zusammengesetzte Commission ernannt, um in kürzester Frist eine umständliche Instruction über die in St. Helena bei Ausgrabung der Reste des Kaisers Napoleon, und deren Transportirung nach Frankreich zu beobachtenden Sorgfalts- und Vorsichtsmaaßregeln aufzusetzen.
Die Deputirtenkammer erörterte am 10 Jun. die Creditforderung eines Zuschusses von 87,000 Fr. zur Unterstützung von Franzosen, welche durch die Unruhen in Canada 1838 und den Krieg am la Plata Alles verloren haben und nach Frankreich zurückgekommen sind. Die Kammer nahm den Entwurf mit 227 weißen gegen 8 schwarze Kugeln an. Hierauf wurden noch einige, örtliche Interessen betreffende Entwürfe erörtert und angenommen, und die Kammer ging dann zur Erörterung des Budgets der Kammer für 1841 über, das sie dießmal gegen die frühere Sitte in öffentlicher Sitzung erörterte.
Aus dem in der Deputirtenkammer über das Seewesen abgestatteten Commissionsbericht ergibt sich, daß nach der Ordonnanz vom 1 Febr. 1837 die Seemacht Frankreichs in Friedenszeiten aus 40 Linienschiffen, 50 Fregatten, 180 kleineren Fahrzeugen jeder Art und 40 Dampfbooten bestehen soll. Von den Linienschiffen und Fregatten soll bloß die Hälfte vom Stapel gelassen werden, die andere Hälfte, zu 21/24 vollendet, in den Werften zurückbleiben. Die 180 kleineren Fahrzeuge und die 40 Dampfschiffe sind stets flott zu erhalten. Bis zum Jahr 1841 werden 30 Staatsdampfschiffe fertig werden. Gegenwärtig sind es bloß 20. Die größten hatten bisher nur 220fache Pferdekraft.
Jetzt sollen Dampfboote von 320- und 450facher Pferdekraft gebaut werden. Am 31 Dec. 1830 betrug die Gesammtzahl der französischen Handelsschiffe 15,617, darunter 16 von 500 bis 800 Tonnen.
Hr. v. Lamartine wird nicht, wie es früher geheißen, diesen Sommer nach Spanien reisen. Er wird in zwei Monaten von Macon in Paris wieder zurückerwartet, wo er die Vorbereitungen zu dem von ihm für Mlle. Rachel verfaßten Trauerspiel betreiben wird. Mlle. Rachel gibt gegenwärtig Gastvorstellungen in Rouen.
Paris, 6 Jun. Dem Hrn. v. Pontois sind neue Instructionen zugeschickt worden, die ihn in die Lage setzen werden, sich ungebunden zu bewegen und nach Umständen alles zu benützen, was entweder zur Beruhigung der Pforte beitragen kann (sie soll große Ungeduld zeigen), oder falls sie in ein Arrangement mit Mehemed Ali direct eingehen wollte, auch hierbei ihr behülflich zu seyn. Die Pforte scheint sich überzeugt zu haben, daß ohne das Dazuthun unseres Cabinets keine Hoffnung bleibt, um aus der drückenden Lage zu treten, in der sie sich seit so langer Zeit befindet. Sie hat insofern unserm Botschafter Avancen gemacht, die, da man hier eben so sehr ihre Interessen als jene Mehemed Ali's zu bewahren wünscht, gut aufgenommen wurden, um so mehr, als Guizot die Ueberzeugung nährt, man werde in der Conferenz, der er beizutreten beauftragt ist, endlich dahin gelangen, sich mit den Ansichten Frankreichs zu befreunden. Hr. v. Pontois soll nach der Aussage des Hrn. Thiers mit nicht minderer Geschicklichkeit in Konstantinopel sich benehmen als Guizot in London. Diesem kommt seine jetzige Stellung sehr zu statten, und läßt ihn die großen Schwierigkeiten vermeiden, die Thiers im Innern vorfindet, und die ihn fast ganz absorbiren, so daß er sich fast mehr mit jedem einzelnen Deputirten zu beschäftigen hat als mit den größten politischen Angelegenheiten nach außen. Dieß ist ein großes Uebel, das aber unsern Institutionen Nutzen bringt. Der Beistand, den Guizot unserm Premier seither verliehen, wird ihm noch immer zu Theil, und da er mit großer Aufrichtigkeit gegen denselben vorgeht, so nehmen die Doctrinärs, deren Chef Guizot ist, vor wie nach eine bedeutende Stellung ein. Es ist daher nicht unmöglich, daß Thiers auf die Zurückberufung Guizots antrage und dessen Beihülfe im Ministerium anspreche. In diesem Fall möchte Guizot das Portefeuille des Innern zu Theil werden. Thiers soll deßhalb mit ihm schon in Berathung getreten seyn, jedoch noch keine Zusicherung erhalten haben. In den letzten Tagen sind dem Repräsentanten der Pforte zu London neue Communicationen zugekommen, auf die viel Werth gelegt wird. Es scheint, sie sollen von großer Mäßigung zeugen, welche die Pforte an den Tag legt, um den Mächten das Geschäft zu erleichtern, dem Streit mit Mehemed Ali bald ein Ende zu machen.
Paris, 9 Jun. Vor einem Jahre schrieb ich Ihnen, daß Hr. Thiers gegen zwei reiche Deputirte des linken Centrums persönliche Verpflichtungen eingegangen sey, die er durch zwei Gesandtschaften einzulösen versprochen. Diese Behauptungen wurden von einem andern Ihrer Pariser Correspondenten mit dem Zeichen als verleumderisch bezeichnet. Jetzt bestätigt sich jedoch, was ich Ihnen geschrieben: Hr. Mathieu de la Redorte ist für die Botschaft in Spanien ernannt, welche Hr. Thiers ohne Umstände dem Marquis v. Rumigny entzieht, ohne daß sich gegen ihn, selbst von Seite der ultraliberalen Partei, eine Klage erhoben. Aber Hr. Thiers denkt, er müsse vor Allem seine Schulden bezahlen. Nun wird die Reihe an den Grafen Roger kommen, dem als Ver eltung seiner Dienste ebenfalls eine Gesandtschaft versprochen worden ist. Man spricht auch vom Grafen Walewsky für einen diplomatischen Posten zweiten Ranges. Alle diese Händel geschehen mit einem Cynismus und einer Ungenirtheit, die bis jetzt ohne Beispiel gewesen. Die Opposition der Linken billigt schweigend diese Tripotagen, kaum daß der Courrier français, der vor kurzem noch so heftig und schneidend war, einige Worte freundlichen Tadels findet, um diese offene Corruption zu bezeichnen. Hr. Mathieu de la Redorte, durch seine Frau mit dem Exkönig von Spanien, Joseph Napoleon, verbunden, ist ein ungeheuer reicher Artillerieofficier, der Hrn. Thiers in den letzten Jahren des Mißgeschickes mit seiner Börse unterstützt hat. Es fehlt ihm weder an Geist noch Kenntnissen, aber die Natur hat ihm alle Mittel, diese Vortheile geltend zu machen, versagt, er ist empfindlich, reizbar und leicht aus der Fassung zu bringen; seine Unterhaltung ist schwer und ermüdend, kurz nach dem Grafen Roger ist er der Mann, der am wenigsten zur Diplomatie paßt. Graf Roger ist von erdrückender Unbeholfenheit und trostloser Nullität. Wenn er, wie man glaubt, die Gesandtschaft in Wien erhält, so wird der fröhlich boshafte Spott der Wiener ihn bald zwingen, die Partie aufzugeben. Was den Grafen Walewski, natürlichen Sohn des Kaisers, betrifft, so hat er, wenn er auch Hrn. Thiers mit seiner Börse nicht unterstützte, doch sein Alles auf die Würfel seines Glücks gesetzt, indem er den Messager, ein schlechtes Blatt, für 30,000 Franken gekauft, und anderthalb Jahre lang Hrn. Thiers darin gerühmt und gepriesen hat. In der That hat der Conseilpräsident, seitdem er zur Macht gekommen, dieses Journal wieder für 120,000 Franken an sich gekauft, womit der Graf Walewski seine Schulden bezahlen konnte; aber das reicht nicht hin, er muß ihm auch noch „eine Stellung geben.“ Man spricht davon, ihn mit Mlle. Dosne, Schwägerin des Hrn. Thiers, zu verbinden, und ihm einen diplomatischen Posten zu verschaffen, der ihm wenigstens 40,000 Fr. einträgt. In demselben Geiste geschehen die meisten Veränderungen, die in dem Administrationspersonal, besonders in den einträglicheren Stellen stattfinden. In Bezug auf die Präfecten und Unterpräfecten herrscht eine andere Art von Corruption. Hier kommt es darauf an, den Deputirten, die man fürchtet, oder deren Stimme man zu verlieren besorgt, gefällig zu werden. Die Ernennungen und Absetzungen geschehen daher nach den Zu- oder Abneigungen dieser Herren, welche die wahren Könige Frankreichs sind. Jeder herrscht unumschränkt in seinem Arrondissement, und die Minister sind nur ihre gehorsamsten Diener. Dieß nennt man dann „parlamentarische Regierung!“ Es ist leicht begreiflich, daß das nicht fortdauern kann, ohne eine völlige Auflösung aller Gewalten herbeizuführen, und doch lehnt sich Niemand dagegen auf. Man sieht und trägt jetzt Alles mit der vollkommensten Gleichgültigkeit.
Paris, 8 Jun. Die sonderbaren Episoden der großen Komödie der Asche von Bonaparte haben wenigstens das Tröstliche, daß sie beweisen, wie sehr politische Leidenschaften in diesem Lande erstorben oder wenigstens eingeschlafen sind. Die Bonapartistische Partei hat der Probe einer Subscription nicht widerstanden, und es ist jetzt vollkommen klar, daß sie so gut als nicht existirt, denn die wenigen alten Soldaten u. s. w., welche bei der Gelegenheit ihr Scherflein beigetragen haben, bilden keine Partei, und die ganze Sache ist der jüngern Generation völlig fremd und ohne Interesse für sie. Dennoch wird das Unvorhergesehene, das hier aus kleinen Ursachen entspringt, oft sehr bedeutend. So hätte Niemand voraussehen können, daß die Partei Barrot durch den Transport der Leiche gesprengt werden würde, und doch ist es geschehen. Es ist freilich auch kein großes Uebel, denn diese hohle und wortreiche Partei war
wenig mehr als eine Schwierigkeit in der Leitung der Kammer, und ihre täglichen Reden und Zeitungsartikel über politische Rechtlichkeit haben zu nichts geführt. Die einzige politische Idee, welche die Partei hatte, war die der Decentralisation, und das Resultat war, daß sie dem diesem System feindlichsten Minister sich anschlossen. – Die Regierung scheint in der Wahl des Erzbischofs von Paris glücklich gewesen zu seyn. Der Abbé Affre war früher Mitglied des erzbischöflichen Raths, und theilte daher mit dem letzten Erzbischof die Unpopularität, in welcher dieser bei der Stadt und der Geistlichkeit hier gestanden war. Aber man wußte nicht, daß Affre die Meinungen des Erzbischofs selten getheilt hatte, und dieser ihn auf alle Art vernachlässigte und kränkte, denn Affre hielt sich gegen das Capitel verpflichtet, nie zu erzählen was im Rath vorkam, und eher die unverdiente Unpopularität zu tragen. Als der Erzbischof sich in dem Streite um das Terrain seines ehemaligen Palastes mit der Stadt in Widerspruch setzte, und durch den Staatsrath dabei verurtheilt wurde, fand er sich durch den Spruch überaus gekränkt, und wünschte in einer öffentlichen Schrift seine Ansprüche zu rechtfertigen. Er selbst war außer Stand sie zu schreiben, und außer Affre fand sich im Rath auch Niemand, der hätte die Feder führen können. Der Erzbischof wagte nun nicht es von diesem zu verlangen, aber Affre that es freiwillig und ließ eine Vertheidigung drucken, welche aller Wahrscheinlichkeit nach ihn auf immer bei dem Stadtrath und bei dem Staatsrath in Ungnade bringen mußte, und ihn seine bischöfliche Carriere kosten konnte; sie war auch wirklich eine der größten Schwierigkeiten, die sich seiner Erhebung auf den erzbischöflichen Stuhl entgegen setzten. Seine Ansichten sind gemäßigt, und weit entfernt von der kleinlichen Feindseligkeit seines Vorgängers gegen die neue Ordnung der Dinge, und seiner Furchtsamkeit bei der geringsten Gefahr. Es war bei der zunehmenden religiösen Tendenz von großer Wichtigkeit, einen Mann von Charakter, der dabei nicht fanatisch ist, zum Erzbischof zu finden. Affre ist streng gallicanisch, während eine eigene Art sentimental ultramontanischen Geistes in einem Theil des Publicums und des Clerus herrscht. Es wäre zu wünschen, daß er seine Stellung benützte, die Studien des französischen Clerus wieder zu heben, denn theologische Studien existiren so gut als gar nicht, und wenn es gelehrte katholische Geistliche in Frankreich gibt, so haben sie wenigstens sich sehr ruhig verhalten. Man hatte unter der Restauration diesen Mangel gefühlt, und wollte eine hohe Schule für theologische Studien zur Bildung von Bischöfen gründen, aber der damalige hohe Clerus hatte wenig Sinn dafür und glaubte, daß die Gunst des Hofes hinreichend sey, der Kirche die Stellung wieder zu geben, welche sie verloren hatte.
Lyon, 8 Jun. Nach dem gestrigen Journal von St. Etienne sind die Herzoge von Orleans und Aumale durch diese Stadt gekommen. Vor der Post ausgestiegen, wurden sie von den Autoritäten begrüßt, um welche das Volk aller Classen sich versammelt hatte. Der Prinz bat die Herren sich zu bedecken. „Sie verbinden mich sehr, sagte er huldreich, ich will mit gutem Beispiel vorangehen.“ Darauf hatte eine zwanglose Unterhaltung zwischen dem Prinzen und den Anwesenden statt, worin von der Expedition, dem Abd-El-Kader, der Tapferkeit, den Gefahren und Beschwerden der Soldaten die Rede war. „An diesen Gefahren sind wir ein wenig selbst Schuld, sagte der Prinz. Wenn der Emir heute über 4000 Mann regelmäßige, nach französischer Weise geübte Truppen gebietet, die wie Franzosen manöuvriren, wenn er außerdem noch 10,000 Araber bei sich hat, welche, aus Furcht fusilirt zu werden, ihm folgen, wenn er die Rolle eines starken und mächtigen Souveräns spielt, so haben wir's nicht besser gewollt. Durch unsere Tractate mit Abd-El-Kader haben wir so zu sagen eine Festung, bloß um uns das Vergnügen zu machen sie zu stürmen, gegen uns erhoben. Wir haben bei den Soldaten Abd-El-Kaders den Zahletat mit einer so großen Regelmäßigkeit ausgefertigt gefunden, als unsere Fourriere nur immer ihn ausfertigen konnten. Aber was noch trauriger ist, wir haben eine große Menge französischer Munition, französischer und englischer Gewehre den Arabern abgenommen. Die englischen Gewehre gehörten den unregelmäßigen, aber die der regelmäßigen Truppen waren alle aus St. Etienne!“ Nach dieser „Causerie“ sind nach freundlichem Gruße die Prinzen eingestiegen und weiter gefahren.
Toulon, 9 Jun. Der Marschall ist am 2 von Algier wieder ins Feld gerückt. Das Wetter scheint die Expedition zu begünstigen. In den letzten Wochen waren die Araber nicht mehr in den Umgebungen von Algier erschienen, wahrscheinlich weil sie mit ihren Ernten beschäftigt waren. In den östlichen Provinzen ist die Ruhe hergestellt. Die Straße nach Constantine ist wieder ganz sicher. Die Expedition nach der Ebene von Medschana ist geendigt. General Galbois wird am 12 in Constantine und Obrist Lafontaine am 15 in Philippeville zurückerwartet.
Deutschland.
Baden-Baden, 8 Jun. Auch die dießjährige Saison nimmt, und zwar um Vieles noch entschiedener als die vorige, schon in ihrem Beginnen die unzweifelhafte Färbung von gutem Ton und Eleganz an, welche das eben so charakteristische als anziehende Kennzeichen Badens nach der neuesten Gestaltung der Verhältnisse ausmacht, den gegenwärtigen Zustand von jenem der früheren Jahre so bedeutend unterscheidet, und dessen Hauptmerkmal darin besteht, daß die mehrfachen nationalen Unterscheidungen fast gar nicht mehr hervortreten, und nur noch sich geltend machen können, und dann freilich um so schärfer gezeichnet in die Augen springen, wo sich, mehr oder weniger Grade unter dem Niveau der eigentlichen Gesellschaft, die Coterien zweiten und dritten Ranges bilden, wie sie jedoch hier nicht mehr theils vorherrschen, theils sich den Rang streitig machen können, wie es wohl ehedem der Fall war, bevor das jetzige so entschiedene Verhältniß eintrat und jenes Uebergewicht zu behaupten vermochte, welches sich überall nur durch die Masse gewinnen läßt. Es gewährt einen eigenthümlich reizenden Anblick, wenn die gute Gesellschaft, statt von der Menge
sich zu sondern, diese Menge selbst ausmacht, und die Majorität von anderswo nur in einer unscheinbaren und kaum beachteten Minorität auftritt. – Unter den eingetroffenen Gästen sind zu erwähnen; der Herzog von Rohan, der Generallieutenant Graf Du Moulin, Mittermaier, v. Rotteck und Graf Bismark; unter den nächstens zu erwartenden: der Marquis d'Eyragues, k. französischer Gesandter zu Karlsruhe. Die heutige Badeliste geht bis 2482.
Heidelberg, 6 Jun. Sicherm Vernehmen nach hat der, besonders auf dem Gebiete der alten und mittleren Geschichte ausgezeichnete und als anregender Lehrer gerühmte Professor Kortüm in Bern einen Ruf an unsere Universität angenommen. Die Besetzung der Thibaut'schen Stelle kennen Sie bereits. Sie ist dem als Verfasser eines auch von Thibaut in hohem Grade gewürdigten Pandekten-Compendiums und trefflichen Lehrer bekannten Professor v. Vangerow in Marburg zu Theil geworden. Derselbe steht im besten Mannesalter und ist noch jung genug, daß sein frisch aufblühender Ruhm mit dem altbewährten unserer Hochschule zusammenwachse; jedenfalls muß es für ihn ein starker Sporn seyn, der Nachfolger Thibauts zu werden.
Dresden. Bei der neulichen Berathung über die hannover'schen Angelegenheiten in der ersten Kammer der sächsischen Ständeversammlung äußerte der Superintendent Dr. Großmann: „Ueber Principien kann nicht paciscirt werden. Entweder die Verfassung von 1833 ist rechtsbeständig oder nicht; ein drittes gibt es nicht; transigiren kann man nicht. Läge ein Rechtsspruch darüber vor, so müßte sich dem jeder unterwerfen; aber vor der Hand ist der noch nicht gesprochen, und darum halte ich die Lage der Dinge für höchst gefährlich. Sie ist es um so mehr, da durch Alles, was bis jetzt geschehen ist, das Rechtsgefühl, das Nationalgefühl, das sittliche Gefühl aller Deutschen auf das tiefste verletzt worden ist, und in dieser Beziehung die Sache einen gesetzlichen Charakter angenommen hat, der, wenn er auch allenfalls jetzt noch hie und da verkannt werden sollte, vor dem Richterstuhle der Nachwelt und der Geschichte die gerechteste Würdigung finden wird. Mit der geehrten Deputation bin ich daher in der Hauptsache sehr einverstanden.“ Der Redner wünschte jedoch, daß der erste Antrag der jenseitigen Kammer in anderer Weise wieder aufgenommen würde, nämlich: „daß Artikel 56 der Wiener Schlußacte vom 15 Mai 1820, welcher ausdrücklich bestimmt, daß die in anerkannter Wirksamkeit bestehenden landständischen Verfassungen nur auf verfassungsmäßigem Wege wieder abgeändert werden können, als deutsches Staatsprincip erhalten werden möge.“ „Uebrigens, fuhr der Redner fort, kann ich dem hannover'schen Volke nur meine wärmste und innigste Hochachtung und Bewunderung ausdrücken. Der Ernst, die Besonnenheit, die Mäßigung, die Ausdauer, mit welcher es sein Recht zu wahren sucht, ist eine wahre Ehrenrettung des deutschen Nationalcharakters, möge der Erfolg seyn, welcher er wolle.“ Obiger Antrag wurde ausreichend unterstützt. Dagegen machte der Staatsminister v. Zeschau bemerklich, wie die größte Vorsicht erforderlich sey, ehe man derartige Anträge an die Regierung bringe: „Ich nehme, waren seine Worte, keinen Anstand, in öffentlicher Sitzung zu sagen, daß es das Interesse aller Staaten von der Größe wie Sachsen erheischt, jede fremde Einmischung so lange als möglich von den innern Angelegenheiten abzuhalten, daß daher, wenn wir uns jetzt durch eine fremde Angelegenheit verleiten lassen sollten, einen Antrag, wie der vorliegende, zu stellen, möglicherweise ein Zeitpunkt eintreten könnte, wo man denselben schwer bereuen könnte. Ich will mich nicht ausführlich darüber aussprechen, daß es etwas weiter zurück eine Zeitperiode gegeben hat, wo in der That eine solche Einmischung möglich, und gewiß Allen sehr empfindlich gewesen seyn würde.“ Der Beschluß der Kammer ist bereits mitgetheilt worden. Die Regierung stellte am Schlusse den Antrag, daß, wenn die vorliegende Angelegenheit ferner noch zu Verhandlungen in einer oder der andern Kammer führen sollte, diese Verhandlung nur in geheimer Sitzung stattfinden möge, der Beschluß über den Protokolextract aber, und ob er an eine Deputation gerichtet, oder was sonst mit demselben geschehen soll, ebenfalls in geheimer Sitzung gefaßt werde. (Leipz. Z.)
Hannover, 7 Jun. Die eine Kammer hat sich noch mehr als die andere beeilt, mit der Verfassung in so weit in Ordnung zu kommen, daß sich nicht sagen läßt: l'uno la fece e l'altro cassa la stampa. Sie haben die Verfassungsurkunde einsinnig berathen, und mit Ausnahme des sechsten Abschnitts so gut als angenommen. Deßgleichen haben sie den Wirthschaftsplan für das laufende Jahr mit Ausnahme des Kopfgelderlasses gebilligt; diese beiden Ausnahmen enthalten aber gerade das Neue: die Trennung der Domäneneinnahme von der Landescasse, und den Steuerabsatz. Das Beste von dem Alten aus den früheren Verfassungen: aus der deutschen, der preußischen, der französischen, der westphälischen, der selbstgemachten von 1813 und den geschriebenen von 1819 und 1833 dürfte das seyn, was aus der deutschen Reichsverfassung gerettet worden. Ihre Namen sind durch hundert Schlachten zerstört, ihre Gesetze aber wirken und walten wie elektrische Funken fort. In ihr ist das Freiheitsrecht für die Gewissen und die Rechtsgleichheit für verschiedene Glaubensgenossen zuerst geordnet und geltend gemacht, wie die gefeiertsten Staatslehrer der Franzosen und Engländer, Montesquieu und Blackstone, anerkennen, und sie ist von keiner andern Verfassung in der örtlichen Rechtsentwickelung und in der Gerichtsgewähr für jegliche Selbstständigkeit übertroffen worden, und selbstständig blieb der Reichsbauer wie der Reichsritter neben mächtigen Fürsten, bis der Feind über alle kam. Und sie ist darin die alterthümlichste, daß sie zu ihrem erwählten Oberhaupte bloß einen ehrlichen und ordentlichen Mann, bonum et probatum erfordert hat; und ihr Anfangsgrund ist das Volk bei allen Staatslehrern und Pütter als dem letzten gewesen. Die Verhandlungen über die jetzt vorliegende Verfassungsurkunde unterscheiden sich von den früheren am meisten dadurch, daß die Ständeversammlung sich nicht auf Kosten der besondern Landschaften erkräftigen und dieselben nicht umgestalten will, daß vielmehr der Wunsch ausgesprochen ist, eine vollständigere Verbindung mit ihnen zu Stande zu bringen, und daß wieder nach der Zustimmung der Leute aus den Landen oder Städten gefragt wird, wo die neuen Bestimmungen bestehende Rechtsverhältnisse verändern würden. Uebrigens verfahren, beiläufig gesagt, die deutschen Ständeversammlungen nicht wie das englische Parlament, welches die Berechtigten und Betheiligten in den Commissionen oder selbst vor den Schranken hört, deren Privatinteresse durch einen obschwebenden Antrag gefährdet wird. So leicht indeß, wie die hiesige ständische Verhandlung nun auch aussieht, ist sie doch weder gewesen noch geworden. Ehe die Ständeversammlung sich am 19 März beschlußfähig beisammen sah, mußte sie es nach den Zeitungsnachrichten bezweifeln, und sie ward ihrer nicht eher gewiß und mächtig, als bis sie den Antrag zu ihrer Auflösung, die eingehenden Einsagen und Verwahrungen wider ihre Gültigkeit, und die Beschwerden über die Minoritätswahlen zurückgewiesen, und sich zur vollständigen Ausübung des Ständerechts fähig und bereit erklärt hatte. Alsbald benahm sie sich fest und folgerecht, wie es Körperschaften eigen ist, wenn
sie ihre gefaßte Meinung und ihr Interesse zu vertheidigen haben. Die Ständeversammlung bewies sich selbst Vertrauen und verbreitete es, indem sie eine vorläufige Veränderung der Geschäftsordnung für unnöthig fand, welche die Beschränkung der beschlußfähigen Anzahl von Mitgliedern in der zweiten Kammer beschränken sollte. Ihre feierliche Danksagung mündlich und schriftlich an den König für die Mittheilung der Verfassungsurkunde zu ihrer freien Berathung wäre ein bedeutender Vorschritt zum Werke gewesen, wenn auch der vorgängige Bundesbeschluß die Vereinbarung zwischen Herrn und Ständen nicht in Aussicht gestellt hätte; die Verhandlungen blieben auf das Wesentliche gerichtet, und nur solche Einschaltungen wie z. B. Aufhebung der Strafe von Confiscationen und Lehnsverwirkungen wurden gemacht. Alles, was im mindesten als sogenannte revolutionäre Tendenz sich hätte verdächtigen lassen, ward mehr als ängstlich vermieden; dagegen bezeugte die Versammlung nicht bloß durch Abgeordnete, sondern insgesammt ihre Huldigung dem Könige bei seiner Geburtstagsfeier. Es ward dabei bedauert, daß der gute König von Preußen seine Geburtstagsfeier nicht wieder erleben werde. In dem hiesigen Königreiche sind im vorigen Jahre fast 1000 Menschen mehr gestorben, als in dem Vorjahre, im Ganzen 39,218, und auch fast 1300 Kinder weniger geboren, überhaupt 54,882. Getraut sind 13,074 Paare, 414 weniger als im Vorjahre, der Ausfall ist zu bedeutend, um nicht einen Wirthschaftsgrund zu haben. Möglich wäre, daß die Ablösungen der bäuerlichen Lasten darauf eingewirkt hätten, und es verlohnte sich wohl der Frage bei den Ständen: wie viel Bauerhöfe zu den Gütern im vorigen Jahre angekauft und eingezogen worden? und wie viel neue Anbauer sich angesiedelt haben? Von den Bauerhöfen haben nach Redens statistischer Beschreibung von 1839 nicht mehr als 20 Morgen Land über zwei Drittel, genau 63/100 und bis 50 Morgen zählen die Besitzer weiter noch kein Sechstel aller Bauern, so daß die Bauern, welche 50 Morgen und mehr besitzen, auch nur ein Sechstel betragen. Dieses Verhältniß würde sich günstiger stellen, wenn die kleinen Domänen, die nach genauer Rechnung von den Bauten, mehr kosten als einbringen, vereinzelt und verkauft würden. Bedenkt man dieses, und daß die Staatswaldungen von dem Waldraume zu etwa 15 Quadratmeilen 1,209,000 Waldmorgen betragen, so kann man die Wichtigkeit der Frage ahnen: ob die Domänen-Einnahmen nach wie vor in die Generalcasse fließen oder davon getrennt werden sollen? Daß es Krondomänen und eine unabhängige Krondomänenverwaltung von aller ständischen Einsicht geben müsse, ist eine andere Frage. Die eine liegt der andern freilich näher als der Antrag, daß die Besoldungssteuer gestrichen werden möge, da der Erlaß an der Kopfsteuer nicht genehmigt worden.
Hannover, 10 Jun. Se. Maj. der König ist in der verwichenen Nacht von hier nach Berlin abgereist. Eben dahin haben Ihre k. Hoh. die Frau Herzogin von Dessau mit Ihren durchlauchtigen Kindern heute Nachmittag sich begeben. (Hannov. Z.)
Verhandlungen der Pariser Akademie im Monat Mai.
An die Stelle des verstorbenen Poisson wählte die Akademie Poncelet zum Präsidenten und als auswärtiges Mitglied Hrn. Bessel in Königsberg, für welche Stelle – es existiren bloß acht bei jeder Section – die HH. Brewster, Astley Coeper und Herschel in England, Jacobi in Königsberg, Mitscherlich in Berlin, Oersted in Kopenhagen und Oken in Zürich vorgeschlagen worden waren.
Arago theilte in mehreren Sitzungen das Wesentlichste aus seiner Abhandlung über Optik mit. Er bediente sich zu seinen Versuchen über Interferenz und zur Messung der Refraction der verschiedenen Luftschichten eigener sehr sinnreich construirter Instrumente. Mittelst desselben Apparats behauptet er, aus der verschiedenen Strahlenbrechung den Zustand der Atmosphäre, je nachdem sie feucht oder trocken, dicht, erwärmt oder selbst mit fremdartigen Stoffen, z. B. mit Quecksilberdünsten geschwängert ist, ebenso bestimmen zu können, wie uns darüber Thermometer, Barometer und Hygrometer bekannt macht.
Außer dem Verfahren von Director Prechtl in Wien, das schwefelwasserstoffsaure Ammoniak, und dem von Choiselat, eine Auflösung des Chlor- und vorzüglich des Jodsilbers in unterschweflichtsaurem Natrum (?) zur Fixirung der Lichtbilder anzuwenden, ist der Akademie eine neue Verbesserung von dem Optiker Soleil mitgetheilt worden. Es besteht dieselbe in der Zugabe einer Art Photometer, nämlich einer Schichte Chlorsilber, welche vor der Operation dem Licht ausgesetzt wird, und welche bis zu ihrer Färbung genau die Zeit angibt, wie lange die Platten dem Lichte ausgesetzt werden müssen.
Boussingault berichtete über eine von Biot dem Jüngern eingesandte Abhandlung, die wahrscheinliche Ursache der von chinesischen Autoren erwähnten alten Ueberschwemmungen betreffend, so wie über ein aus derselben Quelle entlehntes Verzeichniß von Erdbeben, Erhebungen und Einsenkungen des Bodens in China. Die Chinesen erwähnen namentlich zwei große Ueberschwemmungen, von denen sie die älteste bis ins 23ste Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung datiren. Da dieselbe nirgends heftigen Regengüssen zugeschrieben wird, so glaubt Biot sich berechtigt, sie als Folge einer Erhebung des Bodens anzunehmen, deren Spuren A. v. Humboldt im centralen Asien nachgewiesen hat. Biot machte zugleich aufmerksam auf die Uebereinstimmung im Streichen der Cordilleren Amerika's und der Hauptgebirgszüge China's, und dieß, so wie die Aehnlichkeit und die Häufigkeit der Bewegungen des Bodens in beiden Ländern führt ihn zur Annahme, daß die Erdrücken in der ganzen Ausdehnung dieses großen Reiches wahrscheinlich noch wenig erhärtet seyen, und daß die Cordilleras de los Andes und die chinesischen Gebirgsketten, welche dasselbe Streichen zeigen, gleichzeitig gehoben worden.
Stanislaus Julien überschickte Beiträge zur Geographie von Formosa, und Dumoulin, Ingenieur-Hydrograph von der Astrolabe, Notizen über die Erderschütterungen auf den verschiedenen Inseln in Oceanien, aus welchen hervorgeht, daß die auf den Marianen mit denen der Philippinen, Molukken und der Inseln des Ascensions-Archipel zusammenhängen.
Der Oberst Bory de Saint-Vincent überreichte eine Uebersicht der Leistungen der wissenschaftlichen Commission in Algier, worunter sich vorzüglich viel Ausbeute für Zoologie findet.
Audouin theilte neuere Beobachtungen von Milne Edwards aus der Bay von Nizza mit, welche über die Reproductionsorgane der Cephalopoden und über die Structur der Carinarien sehr interessante Aufschlüsse geben.
Coutant, Negociant zu Havre, richtete an die Akademie ein Schreiben, worin er sich von ihr Aufträge für wissenschaftliche Forschungen erbittet, da er zu einer Reise um die Welt zwei Dreimaster von 400 bis 500 Tonnen und eine Goelette ausrüstet, welche nächsten October von Havre direct in den stillen Ocean sich begeben und vier von der Akademie zu bestimmende Gelehrte kostenfrei mitnehmen werden. Eines der Schiffe wird die Staateninsel berühren, das andere das Cap Horn umfahren, die Goelette aber die magellanische
Meerenge durchschiffen; die Fahrzeuge werden sodann, indem sie längs der Küste von Chili und Peru hinauffahren, alle bedeutenden Häfen bis zu den Gallopagos-Inseln und dann die Bay von Californien besuchen. Von hier wird eines der Schiffe mit einer Ladung von eingetauschten Producten nach Frankreich zurückkehren und sich bei seiner Rückkehr von dort den andern Schiffen bei der Insel Formosa wieder anschließen. Inzwischen und um die gute Jahreszeit zum Besuche der Nordwestküste von Amerika abzuwarten, hat ein Schiff den Busen von Californien zu untersuchen, das zweitgrößere aber wird auf den Sandwich- und Tahiti-Inseln anlegen. Bei Eintritt der Fahrzeit befahren beide Schiffe die Nordwestküste von Nordamerika bis zum Hafen S. Francisco, von dort gehen sie nach Japan und Formosa. Endlich begibt sich die Expedition in die Mitte der Südsee-Inseln, von wo aus dieselbe durch den bengalischen Meerbusen und die Sundameerenge heimsteuern wird.
Dr. Bulard und die Pest.
Die Allgem. Zeitung hat schon früher die zwischen Hrn. François und Hrn. Segur-Dupeyron angeknüpfte Polemik erwähnt über neue Modificationen, die in der ärztlichen Behandlung der Pest und in einem neuen Verfahren der Desinfection durch die Wärme anzubringen wären. Das uns zugekommene nachfolgende Schreiben aus Odessa vom Mai dürfte zur Vervollständigung derselben dienen: „In Folge einer von der südrussischen Sanitätsverwaltung ergangenen Einladung, befindet sich hier seit mehreren Monaten Dr. Bulard in der Absicht, auf dem Wege förmlicher Versuche ins Klare zu stellen, in wie weit seine Theorien zu einem neuen Heilungssystem anwendbar seyen. Bereits haben auf Befehl und in Gegenwart des Generalgouverneurs, Grafen Woronzoff, höchst interessante Versuche in unserm Stadtlazareth begonnen, die auf dem Schauplatz der Pestverheerungen selbst fortgesetzt werden sollen, um endlich zur Entscheidung der Frage zu gelangen, ob wirklich die Wärme als Grundlage eines neuen Purificationsverfahrens und eines neuen Sanitätssystems aufgestellt werden könne. Zur Lösung dieses Problems wurden bereits folgende Proben gemacht: vier Baumwollenballen, wovon der erste 322 der zweite 164, der dritte 178 und der vierte 492 Pfund wog, und deren Temperatur 6° Réaumur über Null war, wurden in ein gehörig zugerichtetes Zimmer gebracht, dessen Temperatur auf + 50° R. erhöht war und 24 Stunden lang zwischen 50 und 60° R. erhalten wurde. Nach dieser Zeit ward der erste Ballen, als der voluminöseste und am wenigsten gepreßte, der eine Masse von 1,050 Kubikmeter darbot, und der zweite von 0,075 Kubikm. aus dem Zimmer heraus und in die umgebende Luft gebracht, die eine Temperatur von 7 bis 8° unter dem Gefrierpunkte zeigte. Man hatte mittelst eines starken Spitzeisens in den Mittelpunkt der Ballen eine Oeffnung angebracht, worin ein sogleich eingesenkter Thermometer, der fünf bis sechs Minuten darin gelassen wurde, auf 42° stieg. Mit den zwei andern Ballen ward die Erhitzung bis zum folgenden Tage, das heißt 48 Stunden lang, statt 24 fortgesetzt. Man beobachtete dieselbe Vorsicht, wie mit den beiden ersten Ballen, nur trieb man, da der durch die hydraulische Presse zusammengedrückte Ballen einen stärkern Widerstand als die andern darbot, das Spitzeisen mit Hammerschlägen ein. Der in die dadurch gemachte Oeffnung eingesenkte Thermometer, den man 15 Minuten darin ließ, zeigte in dem hydraulisch gepreßten Ballen + 50° R. und in dem zweiten 56°. Die Eigenschaften der Baumwolle blieben dabei unangetastet, wie denn durch Physik, Chemie und industrielle Erfahrungen erwiesen ist, daß + 80 bis 100° R. weder den spinnbaren Stoff noch dessen Gewebe, noch selbst die daran angebrachte Färbung angreifen. Es geht sonach aus diesen Proben hervor: 1) daß der Wärmestoff im höchsten Grad möglicher Pressung in die Baumwolle eindringen, 2) daß dieses Eindringen innerhalb 24 bis 48 Stunden geschehen kann; 3) daß die Stoffe weder in ihrer Beschaffenheit, noch in ihrer Textur, noch in ihren Farben irgend eine Veränderung erfahren; 4) daß, wenn sich das Gewicht der der Wärme ausgesetzten Stoffe je nach der größern oder geringern Menge der in ihnen enthaltenen Feuchtigkeit vermindert, diesem Nachtheil immer dadurch abgeholfen werden kann, daß man entweder eine feuchte Atmosphäre bereitet, oder diese Stoffe der freien Luft ausgesetzt läßt, wo sie dann vermöge ihrer hygrometrischen Eigenschaft immer wieder ihr früheres Gewicht annehmen werden; 5) daß die Methode durch die Wärme nur 48 Stunden zur Reinigung bedarf; 6) daß man weder die Ballen, noch die Collis je zu öffnen braucht; 7) daß sie durchgreifend, rasch und immer sicher wirkt; 8) daß sie endlich im Vergleich mit den gegenwärtig üblichen Methoden folgende Ersparungsresultate darbietet:
Auf 600 Ballen Baumwolle.
Lüftungsmethode zu Marseille.
Arbeitslohn Fr. 600
Packleinwand zu 50 Cent. für den Ballen Fr. 300
Zins von 250,000 Fr., als dem Werthe der 600 Ballen,
zu 5 Procent in 30 Tagen Fr. 1250
Summe Fr. 2150
Methode durch Chlor zu Odessa.
Arbeitslohn Fr. 200
Purificationskosten Fr. 125
Zins von 250,000 Fr., als dem Werthe der 600 Ballen,
zu 5 Procent in 30 Tagen Obgleich die Reinigung durch Chlor nur 48 Stunden erfordert, so braucht man immer 30 und selbst 40 Tage, um die Ballen zu öffnen, wieder zu schließen, die Baumwolle auszubreiten etc.
Fr. 1250
Summe Fr. 1575
Methode durch die Wärme.
Arbeitslohn Fr. 250
Wärmekosten Fr. 50
Zins von 250,000 Fr., als dem Werthe der 600 Ballen,
zu 5 Procent in 48 Stunden Fr. 83
Summe Fr. 383
Nach der Lösung aller dieser Fragen ist noch eine letzte und zwar die wichtigste übrig, ob nämlich die Wärme den Peststoff zerstöre? Diese ganze Frage erwartet in der That noch ihre Lösung, und alle Forschungen müssen jetzt darauf gerichtet seyn. Um desto sicherer und schneller dahin zu gelangen, muß wieder der Weg durch Versuche eingeschlagen werden, zu dem die Regierung die Hand bieten will. Damit nun aber diese Versuche die volle Gültigkeit gewähren, die ihre nützlichen Folgen fordern, war die Sanitätsverwaltung der Ansicht, daß sie unter den Augen und den Händen einer aus Oekonomen und Gelehrten zusammengesetzten Commission vollzogen werden müßten. So viel wir bis jetzt vernehmen, scheint sich diese Commission an ausgewählte Pestorte, wo gerade die Krankheit Verheerungen anrichtet, begeben zu sollen. Auch soll die Regierung einige Mächte aufgefordert haben, Commissarien beizugeben. Der Haupt- und vielleicht der einzige Zweck dieser Mission wäre, durch das Wiederanziehen der vorher der Wärme ausgesetzten verpesteten Kleider und durch Gegenproben den wahren Werth der von Hrn. Bulard aufgestellten Methode zu
bestimmen – einer Methode, die schon um dessen willen, was er selbst geleistet, große Hoffnungen gewährt. Sollten diese Versuche des Wiederanziehens der Kleider, des mittelbaren Contacts, in großem Maaßstabe gemacht, beständig günstig ausfallen, so würden die Wahrscheinlichkeiten zu Gunsten der Wärme einen hohen Grad von Gewißheit gewinnen, und Europa dadurch vielleicht veranlaßt werden, einen Sanitätscongreß zu berufen, dem man unendlich viel zu verdanken haben dürfte.“
Die Handels- und Gewerbsverhältnisse von Belgien.
Brüssel, 2 Jun. Ich sprach schon vorübergehend von dem auf den Antrag des Abbé de Foere eingesetzten Ausschusse der Repräsentantenkammer zur Untersuchung der Lage des Handels und der Gewerbe, und der Mittel ihnen zu Hülfe zu kommen. Der Gegenstand verdient eine nähere Beleuchtung. Die Aufgabe dieses Ausschusses lautet nämlich, nach den Worten des von der Kammer gefaßten Beschlusses, dahin: erstens die gegenwärtige Lage des auswärtigen Handels in seinen Beziehungen zur Industrie und zum Ackerbau des Landes zu untersuchen; zweitens sich darüber auszusprechen, ob die bestehende Gesetzgebung hierüber unzulänglich sey; drittens in diesem Falle die Grundlage eines den Interessen der Nation entsprechenden Handels- und Schifffahrtsystems in Vorschlag zu bringen. Man sieht, diese Aufgabe ist so umfassend, daß sie, gewissenhaft eingeleitet und durchgeführt, sich ins Gränzenlose zu verlieren droht. Das vorige Ministerium hatte für den bloßen Zweig der Leinenindustrie eine specielle Commission ein esetzt, die nun schon viele Monate thätig ist, immerfort hin- und herreist, schon über 800 Folioseiten zusammengeschrieben hat, und sich noch lange nicht am Ziele ihrer Untersuchungen sieht, und daraus ein sicheres Resultat zu ziehen vermöchte. Wie nun gar, wenn man die gesammte Industrie, Handel und Ackerbau, und die dahin einschlagende Gesetzgebung umfassen will? Der nächste Einwurf gegen den Antrag des Hrn. de Foere wurde daher auch aus der Unmöglichkeit entnommen, eine so weitaussehende Untersuchung bei Zeiten zu Ende zu bringen; es könnten darüber Jahre vergehen, und unterdessen Alles anders geworden seyn; überdieß sey nur die Regierung, welche allein die Verhältnisse zu den auswärtigen Regierungen genau kenne, und beurtheilen könne, was man sich von denselben zu versprechen habe, im Stande, die Grundlagen eines Handels- und Schifffahrtsystems richtig zu beurtheilen, so wie auch ihr die meisten Mittel zu Gebote stehen, über inländischen Handel und Gewerbe die zuverlässigsten Angaben einzuholen. Neben diesen allgemeinen Einwürfen brachte das Ministerium auch noch specielle, auf Thatsachen gegründete, vor. Hr. de Foere hält nämlich die fast zur fixen Idee gewordene Ansicht fest, man müsse das gegenwärtige, dem Princip einer allgemeinen Handelsfreiheit gewogene System gegen ein anderes vertauschen, das durch stärkere Schutzzölle der inländischen Industrie den inländischen Markt gegen die Concurrenz fremder Fabricate sichere, und durch größere Begünstigung der belgischen Schiffe vor den fremden, und solcher, die direct aus den Productionsländern kommen, vor denen, die schon in einem andern europäischen Hafen gelandet, die nationale Handelsmarine, die noch sehr unbedeutend ist, heben, und den Absatz der belgischen Erzeugnisse jenseits des Weltmeeres erleichtern. Das Ministerium dagegen will von einer solchen Isolirung Belgiens, die nur zu seinem Nachtheile ausfallen könne, nichts wissen. Hier ist natürlich vor allen andern die Frage zu erörtern: ob unter dem gegenwärtigen Systeme Belgiens Handel mit dem Ausland und die innern Gewerbe, die ihm ihre Nahrung verdanken, zurück oder vorwärts gehen? – Aber selbst diese Frage wird auf die widersprechendste Weise beantwortet. Während Hr. de Foere und seine Anhänger sich auf die allgemein laut werdenden Klagen berufen, erwiedert das Ministerium, diese Klagen höre man auch, und noch lauter als hier, in den Ländern, die mehr oder weniger das de Foere'sche System seit Jahrhunderten befolgen, namentlich in Frankreich. Die unbeschränkte Concurrenz und die über alle Gränzen der Bedürfnisse hinausgehende Production, verbunden mit der auf ganz Europa rückwirkenden nordamerikanischen Krisis, seyen hieran Schuld. In Belgien habe noch die vorigjährige politische Krisis, die den Fall der „belgischen Bank“ herbeigeführt, und alle Capitalisten eingeschüchtert, dazu mitgewirkt. Mit Unrecht aber klage man das System selber an, da ungeachtet aller Klagen der Handel mit dem Auslande und die Ausfuhr inländischer Producte von Jahr zu Jahr zunehme.
Im Jahr 1831 betrug nach den officiellen Tabellen die Ausfuhr in Allem nur 96 Millionen; 1837 belief sie sich auf 127, 1838 auf 166 Millionen. Was speciell den Handel zu Lande betrifft, so wurden zur Zeit des vereinigten Königreichs der Niederlande in den letzten, d. h. den besten Jahren, nach Frankreich im Durchschnitt jährlich für 81 Millionen ausgeführt; von 1835 bis 1838 beträgt dagegen die bloße Ausfuhr Belgiens nach Frankreich jährlich im Durchschnitte 78 Millionen, also ungefähr so viel als früher die des gesammten Königsreichs der Niederlande. Zur See wurden im Jahr 1831 nur für 22 Mill., im Jahr 1837 dagegen schon für 44, im Jahr 1838 für 53 M. ausgeführt. Nach der viel gepriesenen Colonie Java führte Belgien vor der Revolution nie für mehr als 5 1/2 Mill. jährlich aus; der bloße Zuwachs von 1837 auf 1838 beträgt also beinahe schon das Doppelte dieser Ausfuhr. Ein System, das solche Früchte bringe, erklärt das Ministerium nicht ohne reifliche Erwägung ändern zu wollen. Ein Redner der Regierung führte auch noch, in Beziehung auf die Absicht einer stärkeren Begünstigung der inländischen Schiffe in den belgischen Häfen, was natürlich die Entfernung der ausländischen Schiffe, und namentlich ihre Verweisung in die holländischen Häfen, zur Folge haben würde, die Berechnung an, daß die in Antwerpen und Ostende jährlich ein- und auslaufenden Schiffe, etwa 2000 an der Zahl, in Allem 4 bis 500,000 Tonnen fassen; die Capacität der 150 bis 160 Schiffe, die Belgien besitze, dagegen nur 32 bis 36,000 Tonnen betrage; ob es nicht Unsinn sey, unter solchen Umständen die ausländischen Schiffe den belgischen Häfen abgeneigt machen zu wollen? In allen diesen Argumenten wurden die Minister von den Repräsentanten Antwerpens, denen es vor Allem um Handelsfreiheit zu thun ist, unterstützt; auch von andern Seiten erhoben sich Stimmen gegen die de Foere'sche Motion. Die Anhänger derselben waren aber in viel größerer Zahl. Obgleich unter sich selbst wenig einig über die Art, wie der Zweck der vorgeschlagenen Commission zu erreichen sey, und sogar über diesen Zweck selbst, schien es ihnen doch, die Kammer müsse eine Untersuchung einleiten. Die Minister sprachen ihr das Recht hiezu nicht ab, verwahrten sich aber auch gegen jede Consequenz, die man etwa aus den Arbeiten dieser Commission werde ziehen wollen – ein Verfahren, das um so mehr auffiel, als sie früher erklärt, sie würden die Ernennung der Commission, wenn eine solche beliebt würde, für die Regierung in Anspruch nehmen. Es wollen daher auch Viele den Ausgang dieser Debatten als eine Niederlage des neuen Cabinets ansehen. So viel ist gewiß, daß seine Stellung dadurch nicht verstärkt worden. Auch ist es in Beziehung auf Handel und Gewerbe in dasselbe Verhältniß zur Kammer getreten, wie das vorige Cabinet, und hat die Aufgabe übernommen, in dieser Hinsicht letzteres zu rechtfertigen. Während nun der aus neun Mitgliedern bestehende Ausschuß seine Arbeiten begonnen, ist das Ministerium seinerseits thätig, für die nächste Session einen ausführlichen Bericht über Handel und Gewerbe vorzubereiten. Zugleich soll die Errichtung einer Linie von Dampfschiffen zwischen Antwerpen und Amerika den überseeischen Handel begründen helfen, und demjenigen, was Hr. de Foere durch sein System der Begünstigung inländischer Schiffe und solcher, die direct aus den Productionsländern in die belgischen Häfen einlaufen, zu erreichen glaubt, zuvorkommen. Die bevorstehende Discussion über das Gesetz wegen Errichtung dieser Linie wird auf diese Weise unmittelbar in die Frage wegen des zu befolgenden Handelssystems eingreifen.
Skizzen aus Tyrol.
IV. Der Curort Obladis im Oberinnthal.
Der Mai hat sich heuer in Tyrol nicht besonders gut ausgenommen. Die Winde stürmten, nach langer Dürre folgte der Regen im Thal, der Schnee auf den Bergen. Endlich trat der Scirocco ein. Dieser zudringliche Afrikaner ist eine Plage für viele Menschen, denen er Kopfweh, Schwindel und gastrische Beschwerden verursacht. Dagegen ist er aber auch ein trefflicher Behelf für Grillen-, Murr-, und Schwachköpfe. Jede Wunderlichkeit, jeder brutale Paroxysmus, jede Dummheit wird freigebig auf Rechnung des „warmen Windes“ geschrieben. „Er spürt den Wind,“ oder: „es geht halt der warme Wind“ ist die allgemeine Entschuldigungsformel. Zuweilen merkt man den Störefried noch gar nicht im Thal oder in der Stadt, und dennoch fallen schon Scirocco-Stückchen vor. Dann heißt es: „der Wind geht schon in der Höhe;“ und somit ist's wieder gut. Des warmen Windes beste Eigenschaft ist jedoch, daß er den Schnee von den Gebirgen wäscht und das türkische Korn lustig grünen macht. Die Zeit ist nun da, von dem hellen und freundlichen Innsbruck Abschied zu nehmen und die Sommerfrische zu suchen, entweder in einem stillen Dorfe des Mittelgebirges, oder in einer der hundert Badeanstalten, mit denen Tyrol gesegnet ist. Es gibt ihrer wirklich 101 im Lande. In der Nähe von Innsbruck sind deren freilich schon viele, unter denen nur bezeichnet werden mögen: Ferneck, die Naturheilanstalt (Kaltwassercur) von Mühlau, Mieders, Heiligkreuz bei Hall, Valderthal etc. Der Freund der kräftigern Gebirgsnatur sucht jedoch im nördlichen Tyrol vorzugsweise das Bad von Obladis auf, um einige Wochen in freundlicher Bergeinsamkeit an einem der wirksamsten Sauerbrunnen des Landes zuzubringen. Die Quellen von Rabbi und Pejo in Südtyrol sollen später besprochen werden. Der Weg nach Obladis führt zuvörderst an dem berühmten Kloster Stams, der Grabstätte so mancher Herrscher Tyrols, vorüber nach Silz, wo das gräflich Wolkenstein'sche Schloß Petersberg des Reisenden Aufmerksamkeit verdient. Der Sage nach soll die bekannte „Maultasche“ dort eine Zeitlang auf Befehl ihres ersten Gemahls gefangen gehalten worden seyn. Die Straße verfolgend, berührt man den Kreisort Imst, in dessen Nähe eine bedeutende Papierfabrik die Neugierde in Anspruch nimmt. Von Imst zieht der Weg nach Landeck, das eine beträchtliche Poststation ist, die jeder Reisende, der über den Arlberg kommt, zu passiren hat. Dort mündet sich die Straße nach Vintschgau und Meran ein. In Landeck ist vorzüglich das Gasthaus des Hrn. Urich zu empfehlen, eines der allerbesten in Tyrol, mit angenehm und modern eingerichteten Gemächern, mit guter Tafel und trefflichen Weinen. Wenige Stunden von Landeck, an der Straße nach Vintschgau, findet man das Pfarrdorf Prutz.
Sehr hoch über der Thalsohle bei dem genannten Dorfe liegt der Sauerbrunnen und die Schwefelquelle, die Brunnen- und Badeanstalt Obladis oder Oberladis. Dieser Name wurde ihr schon in sehr frühen Zeiten gegeben, in Beziehung auf das zu ihren Füßen liegende Dörfchen Ladis. Auch das letztere berühmt sich eines Schwefelwassers, dessen Kraft nicht gering seyn soll. Es wird jedoch der Erfolg seines Gebrauchs für Kranke von Manchen in Zweifel gestellt, wegen der unzweckmäßigen und allen Elementen preisgegebenen Bade-Einrichtung im Wirthshause des Dorfs. Gewöhnlich besuchen nur Kranke niedern Standes den ungünstig verwalteten Ort, und es steht somit das Schwefelwasser von Ladis im Verhältniß zu der Quelle von Obladis, wie zu dem Sauerbrunnen des letztern Orts der schwache Säuerling, der gleich neben dem Dorfe Prutz an der Landstraße dem Berge entspringt. – Die Schwefelquelle von Obladis, am Ende eines sehr angenehmen Waldwegs, nicht sehr entfernt von dem Badhause gelegen, ist vor einigen Jahren erst gefunden, oder vielleicht wieder entdeckt worden. Der Sauerbrunnen behauptet schon seit manchem Jahrhundert seinen wohlerworbenen Namen und Ruhm. Im Jahr 1212 entdeckt, vom ritterlichen Kaiser Max auf seinen Jagden oft besucht, geprüft auf seinen Befehl, galt er bald als einer der heilsamsten im deutschen Lande. Des genannten Kaisers Urenkel, der Erzherzog Ferdinand, ließ den Brunnen neu fassen, ein Badhaus herstellen. Erzherzog Leopold befahl, den Säuerling von Obladis mit 32 andern aus der Nähe und Ferne herbeigeschafften Sauerbrunnenproben zu vergleichen, und der von Oberladis erhielt den Preis. Es konnte nicht fehlen, daß der Zudrang der Hülfesuchenden
groß wurde. Er stieg dergestalt, daß die Bauern der Umgegend sich über die enorm wachsenden Preise der Lebensmittel beklagen zu müssen glaubten. Noch heute klagen sie über den Brunnen, weil er ihren Dienstboten, die häufig davon trinken, allzu großen Appetit macht.
Dennoch war vor Zeiten die Tafel der Brunnengäste gewiß nicht glänzend, und die Bequemlichkeit, die ihnen die bei dem Brunnen errichteten Gebäude gewährten, sehr beschränkt. Was von letztern sich noch im Jahr 1831 vorfand – nachdem der Brunnen sehr herabgekommen war, in Folge von übler Verwaltung, von ruinösen Verpachtungen, von Kriegen und Unfällen, wie nicht minder in Folge des steigenden Luxus unter allen Ständen, die sich nicht mehr mit Baracken und Holzhackerkost begnügen wollten, – waren drei hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern, deren Fenster und Dach Sturm und Regen nicht mehr abzuhalten vermochten. Von gleicher Beschaffenheit war der Zustand der Quelle selbst. Dennoch – blieben gleich dazumal die Curgäste weg, wollte doch alle Welt in Tyrol von dem beliebten Sauerbrunnen trinken, und es wurden davon immer gegen 20,000 Flaschen versendet. Immer dringender wurde natürlich das Verlangen, das Bedürfniß, dieses köstliche Wasser unmittelbar an der Quelle genießen zu können, wo sich die heilsame Wirkung desselben hundertfach verstärkt erweist. Diesem Bedürfniß zu entsprechen, bildete sich endlich eine Actiengesellschaft, die ein nicht unbedeutendes Capital daran setzte, den altberühmten Heilbrunnen wieder zu Ehren zu bringen. Sie ging rüstig zu Werke, erwarb von Seite des Aerars die kostbare Quelle und die verfallenden Hütten, und bereits 1834 stand ein nagelneues massives und sehr geräumiges Bad- und Wohngebäude stolz auf dem Brunnenhügel, und gewährte schon vom Thal aus gesehen durch seine großartig-gastliche Fronte dem Wanderer einen herrlichen Anblick, der allein ihn schon verlockt, über die imposant aufragenden Trümmer des Schlosses Landeck zu dem freundlich winkenden Hause emporzusteigen und sich's in dessen Räume, umgeben vom reinsten Aether, wohl seyn zu lassen. Dennoch ahnet der auf der Heerstraße Dahinfahrende keineswegs, was ihn dort oben in dem schönen Hause erwartet. Die zahlreichen Zimmer für die Gäste sind durchgängig luftig und bequem; der Speisesaal ist das Muster eines sehr geräumigen und heitern Locals. Im ganzen Hause ist kein dunkler Winkel zu finden. Sehr bequeme Badecabinette laden zur Pflege des Körpers ein. Die Bedienung in demselben ist zweckmäßig, die Einrichtung überall einfach, doch genügend. Tafel und Keller sind musterhaft bestellt, was um so höher anzuschlagen, als das Etablissement so weit von Landeck entfernt ist, woher Alles bezogen werden muß. Die Controle, die von den Actionnärs, welche Jahr für Jahr das Etablissement zu besuchen pflegen, über den Wirthschaftspächter ausgeübt wird, ist allerdings ein thätiger Sporn für denselben, und eine Garantie für den fremden Badegast. Neben der Güte der Betten, der Speisen und Getränke und dergl. erscheinen obendrein die Preise unglaublich mäßig. Man lebt in Oberladis, ceteris paribus, so gut wie auf dem Rigi, man verwundert sich darüber wie auf dem Rigi, und man bezahlt dafür zwei Drittel weniger als auf dem Rigi. Man hat in den Kauf dabei eine Gesellschaft, die angenehm, schlicht und aufgeräumt ist, wie gebildete Tyroler gemeinhin zu seyn pflegen.
Die Wirkungen des Sauerbrunnens sind denen des Schwalbacher Brunnens nicht nachstehend. Zugleich hat die gütige Natur neben dem Säuerling die Schwefelquelle entspringen lassen die in manchen Fällen jenem als Correctiv dienen mag. Eine ausführliche Analysis der Quellen von Obladis und ihrer Heilkräfte ist in dem Büchlein zu finden, das Professor Albaneder vor ein paar Jahren über obigen Sauerbrunnen geschrieben, und in der Wagner'schen Buchhandlung zu Innsbruck herausgegeben hat. Wer schildert aber, wie unermeßlich wohlthätig die Luft der Gebirge um Obladis auf den abgespannten und geschwächten Organismus des Menschen wirkt? Der Sommer hat auf jenen Höhen seine glühende Hitze verloren, und eine milde, unendlich erfrischende Temperatur stärkt den Curgast selbst auf seinen beschwerlichsten Wanderungen über Berg und Thal, so daß er nie eine auffallende Ermüdung verspüren wird. Die Feder beschreibt auch nicht genügend die majestätische Aussicht, die sich gegen Osten von den Fenstern des Badhauses dem staunenden Auge eröffnet. Die prachtvollsten Berge und Gletscher stehen als dichtgeschaarte Wächter um das tiefe Thal, das der wilde Innstrom durchrauscht. Aus dem höchst romantischen Kanuserthal, das sich dem Schauenden gegenüber aufthut, strömt der reißende Faggenbach dem Innflusse zu. Prachtvoll ist das Bergland umher mit seinen unzähligen Dörfern, Weilern und einzelnen Höfen, classisch daneben in voller Bedeutung. Da liegt vor uns das malerische Schloß Landeck und sein kleiner See; da ist die Brücke von Pontlatz und das Joch Gahenblick, beide berühmt geworden durch die Siege der tyrolischen Landesvertheidiger in den Jahren 1703 und 1809; da ist Schloß Berneck, auf steilem Felsen trotzend aus der Schlucht des Kanuserthals: Berneck, wo der geächtete Herzog Friedrich 1416 bei seinem Freunde, dem von Mülinen, Schutz und Schirm gefunden; da ist, hellstrahlend aus dem Hintergrunde desselben Thals, obgleich mehrere Stunden vom Beschauer entfernt, die uralte Wallfahrtskirche Kaltenbrunn, seit vielen Jahrhunderten eifrigst besucht und gepriesen von den Frommen; in mäßiger Entfernung von der Badeanstalt trifft man das in reizenden Auen gelegene Dorf Fiss, eine Strecke davon Serfaus, eine der ältesten Pfarreien im Lande, wo noch die finstere Capelle gezeigt wird, worinnen im grauen Heidenthum die ersten Christen ihre Mysterien heimlich begangen haben sollen. Jenseits des Inn, auf steilen Zickzackwegen zu erklimmen, liegt das wundervoll situirte Bergdorf Fendels. Die mannichfaltigsten Wege führen nach all diesen Orten und nach mehreren andern, die billig hier der Kürze halber nicht genannt werden. Immer heiterer an Auge und Herz kehrt der Gast von Obladis von jeder dieser Wanderungen zu der ihm so wohlthätigen Quelle zurück. Der Hülfsbedürftige von nah oder fern, der neugierige Wanderer und Tourist, der dem berühmtern Meran entgegeneilt oder von demselben kommt, sollte nicht unterlassen, wenigstens auf einige Tage Obladis zu besuchen, und diesen versteckten, aber höchst interessanten Erdenwinkel kennen und lieben zu lernen.
[2323]
Den Homöopathen, sowohl nämlich meinen Freunden, Bekannten, als meinen Patienten und Correspondenten, die vielleicht durch ein von der heimtückischen allgemeinen homöopathischen Zeitung ausgehendes boshaftes Gerücht über meine Privatverhältnisse irregeführt worden, kündige ich hiedurch meine Rückkunft aus England, Deutschland etc. an, ohne jene Verleumdung – die, in keinem Falle in eine wissenschaftlich seyn sollende Zeitschrift gehörend, nur allzudeutlich die unmächtige Bosheit der Redactoren gegen mich beweist – einer weitern Widerlegung, und vorläufig einer nachdrücklicheren Rüge zu würdigen.
Wien, am 1 Junius 1840.
Dr. Bernstein.
[2318]
Leipziger Bank.
Die von der dritten Generalversammlung der Actionnäre der Leipziger Bank genehmigte Dividende für das erste Rechnungsjahr ist à 1 Thlr. preuß. Courant pro Actie von heute an gegen die betreffenden Dividendenscheine Nr. 1 im Locale der Bank und bei Hrn. M. Schie in Dresden zu erheben.
Leipzig, den 26 Mai 1840.
Die Leipziger Bank.
Heinrich Poppe, Vorsitzender.
Friedrich Hermann, Vollziehender.
[2319]
Leipziger Bank.
Durch die statutenmäßigen Wahlen ist das Directorium der Leipziger Bank vom 1 Junius l. J. an auf ein Jahr in nachstehender Weise constituirt worden:
Herr Heinrich Poppe, Raggion Bernh. Trinius & Comp., Vorsitzender.
Herr J. C. Dürbig, Raggion Merck Dürbig & Comp., Stellvertreter.
Herr Ed. Becker, Raggion Becker & Comp.
Herr Gustav Harkort, Raggion Karl & Gustav Harkort.
Herr Wilhelm Lücke, Raggion Joach. Chr. Lücke.
Herr H. W. Schmidt, Raggion Hammer & Schmidt.
Herr Fr. Hermann, Vollziehender.
Leipzig, den 4 Junius 1840.
Das Directorium der Leipziger Bank.
Heinrich Poppe, Vorsitzender.
Friedrich Hermann, Vollziehender.
[1099-1102]
Neuer Großhandlungs-Markt.
Der in der k. Freistadt Kaschau in Ober-Ungarn an Ladislai, d. i. den 27 Junius, abzuhaltende Markt wurde mittelst dd. 27 December 1839, Nr. 17,279 dieser k. Freistadt allergnädigst verliehenen Markt-Privilegiums für den Großhandel in Schafwolle (welche unter dem Namen der oberungarischen Wolle im Handel vortheilhaft bekannt ist) und anderen Natur-, Kunst-, Manufactur und Fabrik-Erzeugnissen en gros aller Art auf acht Tage vor und acht Tage nach Ladislai ausgedehnt, und wird schon dieses Jahr und alle folgenden abgehalten werden, der kleine Markt, a la minuta, aber in der bis jetzt bestandenen Weise belassen. Es werden demnach die Tit. Käufer und Verkäufer zu diesem auch im Auslande verlautbarten Markte höflichst geladen.
Kaschau, den 13 März 1840.
[2335-37]
Bekanntmachung.
Friedrich Daubenberger von Grötzingen, welcher im Jahre 1818 nach Ungarn auswanderte, ist nach eingekommenem Todesschein am 17 August 1831 zu Eresi im Königreich Ungarn mit Hinterlassung einer Wittwe gestorben, und es wollen nun dessen nächste Anverwandten in Grötzingen, die Geschwister und deren Kinder, das bis jetzt in pflegschaftlicher Verwaltung daselbst gewesene Vermögen unter sich erblich theilen.
Da nun der Aufenthaltsort der hinterbliebenen Wittwe Anna Stenzinger, des Erblassers, unbekannt ist, so wird solche, insofern sie Ansprüche auf den Nachlaß ihres verstorbenen Mannes zu machen gedenkt, hiermit aufgefordert, diese
innerhalb zwei Monaten a dato
bei diesseitiger Stelle um so mehr geltend zu machen, als sonst das von dem Erblasser in Grötzingen hinterlassene Vermögen den daselbst wohnenden Erben ohne Berücksichtigung jener Ansprüche zugetheilt werden wird.
Durlach, den 9 Junius 1840.
Großherzogliches Amtsrevisorat.
Eccard.
vtd. Thlgs.-Commissär Alex. Rheinländer.
[2194]
Bei der Arnold'schen Buchhandlung sind erschienen und durch alle Buchhandlungen, in Augsburg und Lindau durch die Matth. Rieger'sche Buchhandlung, für 12 gr. oder 54 kr. zu bekommen:
Maß-Reductions-Tafeln, bearbeitet von C. L. B. von Holleben, F. S. Rudolst. Landjägermeister. 4. Velinpapier. broschirt.
[2156-58]
ROMANISCHE SPRACHEN.
Ueber die unregelmässigen Zeitwörter in den romanischen Sprachen, nebst Andeutungen über die wichtigsten romanischen Mundarten. Von Aug. Fuchs. Roy. 8. n. 2 Thlr. 16 gGr.
Bopp empfiehlt dieses wichtige Werk angelegentlichst, und mehr bedarf es wohl nicht, um demselben die Gunst aller Sprachforscher zu sichern.
Berlin.
A. Asher & Comp.
[2281]
In der G. Franz'schen Buchhandlung zu München ist erschienen:
Buchners Geschichte von Bayern. VI. Bd. Bayern getheilt in mehrere Herzogthümer von 1347 bis zu deren Wiedervereinigung 1506. S. VIII und 598. Preis 5 fl.
Einige complete Exemplare dieses Werkes sind nur noch im Besitz des Verfassers, und in seiner Wohnung zu München (Theresenstraße Nr. 5 1/2) um den Netto-Preis von 24 fl. zu erhalten.
[2041]
In allen Buchhandlungen ist die für Jedermann empfehlungswerthe Schrift zu haben:
Die Kunst, ein vorzügliches Gedächtniß zu erlangen, auf Wahrheit, Erfahrung und Vernunft begründet. Zum besten aller Stände und aller Lebensalter herausgegeben von Dr. Hartenbach. 8. brosch. Preis 36 kr.
In Augsburg bei Kollmann, Stuttgart bei P. Neff, München bei Palm, Prag bei Calve, Wien in der Gerold'schen Buchhandlung zu haben.
[2145]
Bei Adolf Frohberger in Leipzig ist erschienen:
Das Ganze der Heilkunst mit kaltem Wasser, oder deutliche Anweisung die meisten und gefährlichsten Krankheiten der Menschen auf die sicherste Weise durch den Gebrauch des kalten Wassers sicher und schnell zu heilen; nebst einem Anhange, eine Auswahl von Krankengeschichten enthaltend.
Für Gebildete aller Stände dargestellt
von Dr. Fabricius.
Dritte umgearbeitete Auflage.
8. VI und 282 Seiten. geh. 18 gr.
Ueber dieses Werk sagt Frhr. V. Falkenstein in der mit so großer Theilnahme aufgenommenen Beschreibung seiner Krankheit S. 43.
„Das Buch des Dr. Fabricius über die Behandlung mit kaltem Wasser hat mich am meisten für die Sache gewonnen, und mir gewissermaßen die feste Ueberzeugung gegeben, daß bei einer zweckmäßigen Behandlung, die mit Consequenz längere Zeit durchgeführt würde, ein günstiges Resultat entstehen müsse.“ Eine lohnendere Würdigung konnte dem Verfasser nicht zu Theil werden, und hoffentlich ist dieß nicht das einzige Beispiel von dem Nutzen seines Werkes, dem die günstigsten Beurtheilungen gleich bei der ersten Erscheinung und unter der seitdem zu Tage geförderten großen Menge von Schriften über denselben Gegenstand fortwährend einen so bedeutenden Absatz verschaffen, daß trotz der Stärke der beiden ersten Auflagen bereits diese dritte nothwendig wurde, in welcher der Verfasser Vieles geändert, Neues hinzugefügt und dadurch dem Werke abermal die möglichste Vollständigkeit und Brauchbarkeit gesichert hat.
Inhalt des Werkes:
Einleitung.
Ueberblick der Geschichte der Wasserheilkunde.
Von den Eigenschaften des kalten Wassers.
Von den Wirkungen des kalten Wassers auf den menschlichen Körper.
Von dem diätetischen Gebrauche des kalten Wassers.
Vom äußern Gebrauch des kalten Wassers in diätetischer Hinsicht.
Von der Heilkraft des frischen Wassers in Krankheiten: Entzündung, die in Folge einer äußern Ursache entstanden ist. – Verbrennungen und Erfrierungen. – Rose. – Gehirnentzündung. – Augenentzündung. – Schnupfen, Heiserkeit und katharrhalische Halsbräune. – Brustentzündung. – Darmentzündung. – Ruhr. – Bauchfellentzündung. – Pocken. – Masern. – Scharlachfieber. – Petechien. – Typhus. – Asiatische Cholera. – Entzündungsfieber. – Faulfieber. – Nervenschwäche. – Blutcongestion. – Blutflüsse: Bluthusten, Nasenbluten, Blutbrechen, Blutharnen, Hämorrhoiden, Gebärmutter-Blutfluß. – Ohnmacht und Scheintod. – Raserei. – Rheumatismus und Gicht. – Skropheln und englische Krankheit. – Schwäche der Verdauung und Stuhlverhaltung.
Anhang: Beispiele durch das kalte Wasser gelungener Heilungen.
Dieses Werk ist zu haben: in Augsburg bei Himmer; Brünn bei Gastl und bei Seidel u. Comp.; Grätz bei Ferstl; Lemberg bei Wild und Sohn und Millikowsky; Linz bei Fink; München bei Franz, bei Lindauer und in der litterar. artist. Anstalt; Nürnberg bei Stein; Pesth bei Hartleben; Prag bei Borrosch und André, bei Haase; Ollmütz bei Neugebauer; Regensburg bei Montag und Weiß; Stuttgart bei Köhler; Wien bei Gerold bei v. Mösle und Braumüller; in Triest bei Javanger; Innsbruck bei Wagner; Salzburg bei Mayer.
[2106]
In Ludwig Försters artistischer Anstalt in Wien ist so eben erschienen und kann durch jede gute Buch- und Kunsthandlung bezogen werden:
Die Kaiser Ferdinands-Nordbahn
zwischen Wien und Brünn als ein Theil der Wien-Bochnia-Bahn und deren Ausführung und Betrieb in den Jahren 1836, 1837, 1838 und 1839.
Im Auftrage der Direction dieser Bahn beschrieben von
Paul Stopsl,
controlirendem Ingenieur derselben.
Mit einem Atlas von 19 Kupfertafeln.
Preis 8 fl. C. M. od. 5 Rthlr. 8 gGr.
Die Kaiser Ferdinands-Nordbahn ist bis jetzt nicht allein die längste Eisenbahn in Oesterreich, sondern auch auf dem Continent, und bietet eine große Reihe von interessanten Anordnungen dar, so daß das so eben erschienene Werk Technikern, Unternehmern und Actionnären willkommen seyn wird, um so mehr, da noch über keine Eisenbahn etwas so Ausführliches erschienen ist. Der 7 1/4 Bogen starke, bündig gehaltene Text in gr. 4. zerfällt in folgende Abtheilungen: Gründung der Gesellschaft. – Einleitung des Baues. – Beschreibung der Bahn. – Wahl der Traße. – Neigungsverhältnisse. – Stationen. – Stationsgebäude und Wächterhäuser. – Bahnoberbau. – Locomotive. – Wagen. – Passagiergeld. – Personenfrequenz. – Instructionen für das Betriebspersonal; den Betrieb der Bahn von Wien bis Brünn; die inspicirenden Ingenieurs und Assistenten u. s. w. – Dienstreglement und Verhaltungsvorschriften
für die Bahnwächter. – Instruction für Maschinenführer; die Conducteurs; die Wagenmeister und Schmierer. – Privilegiumsurkunde.
Der Atlas von 19 großen Tafeln enthält:
Nr. 1 a und b die Uebersichtskarte. – Nr. 2 a bis i das Generalprofil der Bahnstraße von Wien bis Brünn, mit der Topographie und den Bahnobjecten. – Nr. 3, 4 und 5 die Brücken, Viaducte und Durchfahrten. – Nr. 6 die Stationsplätze. – Nr. 7 den Oberbau verschiedener Systeme, Schienen, Schienenstühle und Drehscheiben. – Nr. 8 Wegübergänge, Ausrückständer und Ausrückschienen. – Nr. 9 Wegkreuzungen und die Thayadurchstiche bei Lundenburg. – Nr. 10 die Personenwagen der verschiedenen Classen.
Zu beziehen durch die K. Kollmann'sche Buchhandlung in Augsburg.
[2098-2100]
Bei Quirin Haslinger, Buch-, Kunst- u. Musikalienhändler in Linz, an der Landstraße Nr. 407, ist so eben erschienen und durch alle Buchhandlungen Deutschlands, in Augsburg und Lindau durch die Matth. Rieger'sche Buchhandlung, zu beziehen:
Anleitung zu einer naturgemäßen und nützlichen Pflege der Bienen.
Von Joseph Stern,
regulirtem Chorherrn des Stifts St. Florian, correspondirendem Mitgliede der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Steyermark, und der k. k. mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde.
Mit einer lithographirten Tafel.
16 Bogen gr. 8. brosch. 1 Rthlr. oder 1 fl. 48 kr. rhein.
Der Hr. Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, unter diesem Titel mit Rücksichtsnahme auf die neuesten Erscheinungen im Gebiete des Bienengemeinwesens in möglichster Kürze so umfassend als möglich alles zusammen zu stellen, was man zu wissen benöthigt, um die Bienenzucht in Klotz- oder Bretterbauten, in Körben, in hölzernen Kästchen oder Strohkränzen, in Ständer- oder Lagerstöcken als Schwarm- oder Magazin-Bienenzüchter mit Nutzen zu betreiben, je nachdem es die Lage und die Fruchtbarkeit einer Gegend, das Klima, der daselbst übliche Gebrauch oder die eigene Wahl an die Hand geben.
Bei der Theilnahme, welche die Bienenzucht als Poesie der Landwirthschaft sowohl, wie als Erwerbsquelle bei einem immer größer werdenden, sich ihr zuwendenden Publicum findet, dürfte diese Anleitung zu einem naturgemäßen und eben dadurch auch gesichert nützlichen Betriebe der Bienenzucht für alle Bienenfreunde eine gewiß nicht unwillkommene Erscheinung seyn.
Ferner ist daselbst erschienen und zu haben:
Schmidberger, J., Beiträge zur Obstbaumzucht und zur Naturgeschichte der den Obstbäumen schädlichen Insecten.
In vier Heften:
1. Heft. 8. 1828. 16 gGr. oder 1 fl. 12 kr.
2. Heft. 8. 1830. 1 fl. 48 kr. oder 1 Rthlr.
3. Heft. 8. 1833. 1 fl. 36 kr. oder 22 Ggr.
4. Heft. 8. 1836. 1 fl. 48 kr. oder 1 Rthlr.
– – Leichtfaßlicher Unterricht von der Erziehung der Obstbäume, gegeben in einer kritischen Darstellung des gegenwärtigen Zustandes der Obstbaumzucht in Oesterreich ob der Enns. 8. 1824. 1 Rthlr. oder 1 fl. 48 kr.
– – Kurzer praktischer Unterricht von der Erziehung der Obstbäume in Gartentöpfen, oder der sogenannten Obstorangerie-Bäumchen. 8. 1828. 48 kr. oder 10 gGr.
[2011-13]
Gasthofs-Empfehlung.
Unterzeichneter erlaubt sich den hochverehrlichen Reisenden seinen neu erbauten Gasthof „Zum Dampfschiffe“ dahier geziemend zu empfehlen. Unmittelbar an dem Abfahrt- und Landungsplatze der den Donaustrom zwischen Regensburg und Linz befahrenden, an die Linz-Wiener Dampfschifffahrt sich anschließenden Dampfschiffe gelegen, mit allen Bequemlichkeiten, wozu auch die wohl eingerichteten Anstalten zu kalten und warmen Bädern gerechnet werden dürfen, ausgestattet, bietet dieser Gasthof alle erwünschlichen Vortheile und Annehmlichkeiten dar, denen die reinlichste, aufmerksamste und billigste Bedienung zur Seite stehen und den Dank des Eigenthümers für einen zahlreichen Zuspruch der verehrlichen Reisenden beurkunden wird.
Regensburg, im Monat Mai 1840.
Jakob Fürnrohr.
[2262-67]
BRÜNNLBAD.
Der Eigenthümer dieser, inner den Linien Wiens gelegenen, in neuester Zeit auf das zweckmäßigste und bequemste eingerichteten Badeanstalt empfiehlt seine seit Jahrhunderten durch ihre stärkende Heilkraft rühmlichst bekannten Mineralquellen der ärztlichen Würdigung sowohl als dem hochgeehrten Publicum.
[2189]
Durch alle Buchhandlungen Deutschlands und der Schweiz ist zu haben:
Predigt-Magazin
zu Vorlesungen in Kirchen und zur häuslichen Erbauung.
Herausgegeben von Dr. Ferd. Fiedler, evang. Pfarrer zu Döbrichau.
Erstes Heft.
Preis geh. 2 gr. sächs., 9 kr. rhein., 7 1/2 kr. CM.
[2056]
So eben ist erschienen und an die etc. Subscribenten versandt worden:
Friedrich und Napoleon Parallele vom k. preuß. General-Lieutenant von Minutoli. Mit Kriegstheater Friedrich d. Gr. und Napoleons und Portrait. Suber. Pr. 1 2/3 Thlr. Velin. 2 3/4 Thlr. Einzeln das Kriegstheater 16 gr., das höchst ähnliche und zur Zimmerverzierung sehr geeignete Portrait Friedrichs des Großen. 12 gr.
Marsch comp. Von Friedrich dem Großen. Partitur 10 gr., arr. f. Piano 4 gr., f. Flöte oder Violine 4 gr. Dieser und der Hohenfriedberger-Marsch sind in die k. preuß. und k. russ. Armee eingeführt worden.
Durch alle Buchhandlungen zu beziehen, in Wien durch Gerold, Tendler etc., in Prag durch Haase Söhne, in Pesth etc.
Berlin, Schlesinger'sche Buch- und Musikhandlung.
[2258]
Hannover, im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung ist so eben erschienen:
Zur GEOGRAPHIE UND GESCHICHTE von Alt-Italien,
von Dr. G. F. Grotefend,
Director am Lyceum in Hannover.
Erstes Heft. Aelteste Kunde von Italien bis zur Römerherrschaft. Mit einer Karte von Italien nach Skylax von Raryanda. Gr. 8. 1840. Geh. 2/3 Thlr.
[2170]
Im Verlage von Eduard Leibrock in Braunschweig ist so eben erschienen:
Strümpell, Dr., die Hauptpunkte der Herbart'schen Metaphysik, kritisch beleuchtet. Gr. 8. (14 Bogen) Velinp. br. 1 Rthlr. 6 gGr.
[2291-94]
Russ. poln. Staats-Anlehen.
Am 1 Julius d. J. erfolgt in Warschau die Ziehung von 7000 Obligationen mit folgenden Prämien, als: eine Million Gulden poln. (290,000 fl. rhein.) 300,000 fl., 2 à 150,000 fl., 6 à 25,000 fl., 8 à 14,000 fl, 12 à 7000 fl, 20 à 4200 fl., 100 à 2500 fl., 150 à 2100 fl., 200 à 1500 fl., 1000 à 950 fl., 5500 à 750 fl. poln. (215 fl. rhein.)
Eine Obligation, welche eine dieser Prämien gewinnen muß, kostet 435 fl. rhein., wovon jedoch 215 fl. als Betrag der kleinsten Prämie abgezogen werden können, mithin 220 fl. rhein., eine halbe 110 fl., eine viertel 55 fl., eine achtel 27 fl. 30 kr.
Gegen Einsendung des Betrags bis zum 6 Julius direct zu beziehen bei
[2330]
A young german Lady who speaks french and english wishes to give lessons in these languages, in german and also in Musik.
Demands under L. S. Müllerstrasse No. 51 3 stairs at Munick.