Petersburg, den 26 Junii.
Der Koͤnigl. Preußiſche Geſandte, Herr Baron
Keller,
hat bey der Kayſerinn die Abſchieds-Audienz,
und der an
ſeine Stelle gekommene Herr Graf von
Golz ſeine
Antritts-Audienz gehabt.
Fortſetzung von den Bewegungen der
Finnlaͤndi-
ſchen Armee.
Der General-Major, Baron Schulz, der von dem
Oberbefehlshaber der Armee
den Befehl erhalten, ins
feindliche Land einzudringen,
ſchlug den Weg nach
Sulkow ein, und ſo wie er
ſich den Defileen bey dem
Dorfe Pilanjalaks
naͤherte, theilte er die ihm anver-
trauten Truppen ab,
erſtlich in ein Detaſchement von
zwoen Compagnien
Jaͤger und 3 Compagnien Grena-
dier, unter dem Commando
des Oberſt-Lieutenants
Leontiew und des Second-Major
Muchanow, zur Be-
ſetzung der Defileen von der rechten
Seite; zweytens
in die Avantgarde von 100 Musquetiers und 50
Co-
ſacken, die 6 Feldſtuͤcke mit
ſich fuͤhrten, und drittens
in das Hauptcorps,
beſtehend aus 4 Compagnien Jaͤ-
ger, unter dem
Commando des Oberſt-Lieutenants Tol
und des Second-Major
Peſtow, aus einer Grenadier-
Compagnie, unter dem
Capitain Engelhard, und aus
einem Musquetier-Bataillon, unter
dem Commando
des Oberſten, Fuͤrſt
Dolgorucky, und des Second-Major
Stockmann, und außer
dieſen noch aus 50 Coſacken,
welchen in einer
Entfernung von 3 Werſten die ganze
Bagage unter der
Bedeckung der Arriergarde von 100
Musquetiers und einigen
Coſacken folgte.
Jn dieſer Ordnung naͤherte er ſich in der Nacht
von
dem 15ten auf den 16ten Junii dem feindlichen
zwo
Werſte von der Grenze entlegenen
Retranſchement,
und ließ den Oberſt Lieutenant
Leontiew, der den rech-
ten Fluͤgel anfuͤhrte, aus
ſeinen Kanonen feuern; ſelbſt
aber
ſtellte er ſich mit der Artillerie gegen die
feind-
lichen Batterien, die dem Retranſchement zur
Verthei-
digung dienen ſollten. Da dieſe aber auch
aus ihren
Kanonen zu feuern anfiengen, ſo ſtellte
er ſeine Stuͤcke
in gehoͤrige Ordnung, und
eroͤffnete eine Kanonade,
die er mehr als 2 Stunden lang
fortſetzte, und wodurch
er 4 feindliche Batterien zu
Grunde richtete. Sobald
er die Feinde zum Stillſchweigen
gebracht, ließ er den
Oberſt-Lieutenant Leontiew
ſogleich von der Seite die
Defileen vorbey auf das
Retranſchement losbrechen,
ſelbſt aber
gieng er zur linken, wo er mit den Jaͤgern
die Mitte
zwiſchen dem Detaſchement des
Oberſt-Lieu-
tenants Leontiew nahm, unter
beſtaͤndigem Kanonen-
feuer die durch den Feind
zerſtoͤhrte Bruͤcke uͤber den
See
ungeſaͤumt wieder herſtellte, und auf
dieſe Art
ſchleunig von allen Seiten auf den Feind
losſchlug,
der, obgleich er ſich zuerſt
noch etwas in dem Retran-
ſchement hielt, und ſich
mit Flintenfeuer vertheidigte,
doch durch den heftigen Anfall
der Truppen Jhro Kayſ.
Majeſtaͤt bald
geſchlagen und ausgetrieben ward, und
ſich in
Bauerwohnungen fluͤchtete, aus welchen er
ſich
noch zu vertheidigen ſuchte. Doch die
Fluͤchtigen
wurden von den Jaͤgern verfolgt, und
die Wohnungen,
wo ſich der Feind auf hielt, verbrannt,
und ſo ward
das ganze Terrein zwiſchen der
erwaͤhnten und einer
zweyten Bruͤcke, auf welchem
das feindliche Retran-
ſchement aufgeworfen war, aufs
ſchleunigſte vom Feinde
gereinigt.
Der General-Major, Baron Schulz, verfolgte den
Feind bis nach Sulkow
ſelbſt, das beynahe 9 Werſte
von der Grenze
liegt, nahm dieſen Ort faſt ohne
allen
Widerſtand ein, und fand dort eine nicht
geringe
Menge verſchiedener Eßwaaren, die ſogleich
unter die
Soldaten vertheilt wurden; auch durch die
Eroberung
des Retranſchements ward ihnen das ganze Lager
mit
aller Bagage und mit einer nicht geringen Anzahl
ver-
ſchiedener Waffen und Ammunitionsſachen zur
Beute.
Ueberdies nahmen die Jaͤger dem Feinde eine
Kanone
und alle Fourage ab. Gefangen ſind die
Capitains
Mecklenburg und Tawaſt, der Lieutenant Salberg
und
20 Gemeine von dem Sawolakskiſchen Regimente.
Auf
dem Platze fand man 2 Officiere und mehr als
150 an
Unter-Officieren und Gemeinen. Unſer
Verluſt
iſt in Vergleich des feindlichen
ſehr geringe. Geblieben
ſind 8 Gemeine, und
verwundet der Second-Lieutenant
Zugunow und der Adjutant
Philipow und 43 Gemeine.
Nach der Ausſage der Gefangenen
befanden ſich in
dieſem Orte bis 500 Mann
feindlicher Truppen.
Stockholm, den 3 Julii.
Geſtern kam ein vom Koͤnig abgeſchickter Courier
aus
Finnland an die Koͤniginn mit einem Billet,
worinn die Nachricht
enthalten war, daß der Koͤnig
den 28ſten des vorigen
Monats, fruͤh um 7 Uhr, ein
Corps Ruſſen von 3000
Mann bey Davidsſtadt, im
Rußiſchen Finnland,
ungefaͤhr 4 Meilen von der
Grenze, geſchlagen habe, wovon
man die naͤheren Um-
ſtaͤnde
naͤchſtens erwartet.
Unſere Flotte befindet ſich ſchon in See, und
die
Neutralitaͤt des Daͤniſchen Hofes iſt
declarirt.
Vor ein paar Tagen iſt ein Decret der
Reichsſtaͤnde
vom 30ſten April durch den Druck
bekannt gemacht
worden. Es enthaͤlt 80 Seiten in Quart, und
man
findet in ſelbigem die neue Einrichtung der
Contribu-
tionen vom Anfange dieſes Jahrs an bis zu der
Zeit,
da ſich die Staͤnde wieder verſammeln
werden. Dieſe
Einrichtung gruͤndet ſich auf die
Beduͤrfniſſe des Staats,
der Armee, auf die
Reichsſchulden, ꝛc. ꝛc.
Aus einem Schreiben aus
Stockholm, vom 3 Julii,
(welches uns zur Einruͤckung
mitgetheilt worden.)
Geſtern haben wir die angenehme Nachricht von dem
Siege des
Koͤnigs uͤber ein Corps Ruſſen von 3600
Mann
bey Uddemalm, 2 Meilen von Davidsſtadt, er-
halten. —
Nachdem der linke Fluͤgel unſerer Armee
bey Varela
uͤber die Grenze gegangen, griff die Avant-
garde unter dem
Befehl des General Lieutenants von
Platen die
Ruſſen an, welche ihr Lager bey Uddemalm
hatten. Der Kampf
war auf beyden Seiten hart-
naͤckig; endlich hatten wir den
Vortheil, ob wir gleich
nur 2100 Mann ſtark waren, den Feind
zuruͤckzuſchla-
gen, und unſere Truppen errichteten
ihr Lager auf dem
Wahlplatz. Das Regiment von Weſtermaunland
hat
am meiſten gelitten. Ein Officier deſſelben
iſt geblie-
ben, und 2 ſind verwundet. Sonſt haben
wir uͤber-
haupt nur 120 Mann Todte und Verwundete.
Die
Feinde haben wenigſtens noch einmal ſo viel
verlohren.
Der Koͤnig hat ſich als Freywilliger bey der
Action be-
funden und die Truppen durch ſein Beyſpiel
ermun-
tert, auch haben ſie den Feind mit einer
Kuͤhnheit
und Bravour angegriffen, die man nicht groͤßer
denken
kann. Das Bajonett hat diesmal, ſo wie bey den
vorigen
Affairen, den Feind in Unordnung gebracht.
Man erkennt hiedurch die alte
Methode, den Feind
zu ſchlagen. Der Major Paulmann, welcher
mit
einem Ba aillon des Stromfeldſchen Regiments auf
eine
geſchickte Weiſe um den Feind herumgegangen
war, hat viel
zu dem Siege beygetragen; auch hat
ihm der Koͤnig gleich
nachher das Brevet eines Oberſt-
Lieutenants gegeben. Bey dem
Abgange des Couriers
hatte die Armee Ordre erhalten, nach einer Ruhe
von
8 Stunden wieder gegen den Feind aufzubrechen. Man
glaubt, der
Koͤnig werde ſich grade nach Willmann-
ſtrandt
begeben. Das Corps der Armee ſollte den
28ſten, des
Abends, bey Uddemalm campiren. Auch
will man wiſſen, daß
der General, Graf von Meyer-
ſelt, den
Tag darauf mit dem linken Fluͤgel der Armee
das Rußiſche
Corps bey Pyttis habe angreifen, und
daß der Graf von
Ehrenſchwaͤrdt ein Corps von 5000
Mann von der Flotille,
die er commandirt, zwiſchen
Hoͤgforp und Friedrichshamn
habe ausſchiffen ſollen,
um denſelben Tag ein bey
dieſer Stadt befindliches
Corps Ruſſen anzugreifen.
Ueberhaupt ſind ſolche
Maaßregeln genommen worden, daß man
oft angenehme
Nachrichten erwarten kann, indem man zu gleicher
Zeit
verſchiedene Angriffe unternehmen will. Alles
zeigt an, daß
dieſer Feldzug ſo blutig werden duͤrfte,
als der
vorige ruhig geweſen iſt. Gott erhalte das
Leben
unſers Koͤnigs, der ſich jeden Augenblick ſo
ſehr
wagt, als es irgend einer ſeiner geringſten
Officiere
nur thun mag. — Als die Affaire vom 28ſten
geendigt
war, ſchrieb der Koͤnig einen Brief an
ſeinen Sohn.
Da man ſo gluͤcklich geweſen,
eine Abſchrift dieſes
Brieſes zu erhalten,
ſo macht man ſelbigen be-
kannt, in der Ueberzeugung, man
werde ihn nicht
ohne Theilnehmung leſen. Gluͤcklich
iſt das Volk,
welches einen ſolchen Herrn, und der Sohn,
der einen
ſolchen Vater hat!
Schreiben des Koͤnigs an den Kronprinzen:
“Jch habe zwey von Euren Briefen, mein lieber
Sohn, erhalten,
wofuͤr ich Euch danke, und ich habe
Euch nicht eher antworten
wollen, bis ich Euch nicht
ſchreiben koͤnnen, daß wir den
Feind geſehen haben.
Jch umarme Euch, mein lieber Sohn, aufs
zaͤrtlichſte,
um Euch Gluͤck zu
wuͤnſchen, daß Eure Landsleute
ihren alten Ruhm der
Tapferkeit behauptet haben.
Die feindlichen Truppen haben brav
geſchlagen, aber
die unſrigen noch beſſer.
Dies muß Euch ermuntern,
daß Jhr Euch beſtrebet, Euch
wuͤrdig zu machen, der
Chef eines eben ſo
edelmuͤthigen als braven Volks zu
ſeyn. Jch befinde mich
wohl, und ich bin allezeit Euer
zaͤrtlicher Vater.
Auf dem Schlachtfelde von Udde-
malm, d. 28. Jun.
1789.Guſtav.”
Aus einem anderen Schreiben aus Stockholm,
vom
3 Julii.
Geſtern kam ein Expreſſer vom Koͤnige mit der
er-
freulichen Nachricht an, daß, nachdem die Hauptarmee
den
20ſten Junii aufgebrochen, ſelbige uͤber den
Kym-
menefluß gegangen ſey, und ſich in 3 Corps in dem
Rußi-
ſchen Finnland ausgebreitet habe. Das Hauptcorps
unter
dem Befehl des Koͤnigs, welcher die beyden
Generale,
Grafen Meyerfelt und Grafen Platen, bey ſich hat,
iſt auf
den Weg nach Wilmanſtrand vorgedrungen, und
hat
ein ſo gluͤckliches Treffen bey Martila, einem Orte
ganz nahe bey der Rußiſchen Stadt
Davidsſtadt, ge-
liefert, daß die Feinde den Wahlplatz dem
ſiegenden
Koͤnige uͤberlaſſen haben.
Das Detail wird naͤchſtens
erwartet. Nun hat der Koͤnig den Weg offen
nach
Wilmanſtrand, wo die Rußiſchen
Vorrathshaͤuſer ſind,
und welcher Ort das inwendige
Land von den Rußi-
ſchen Beſitzungen commandirt. Zu
gleicher Zeit iſt
der General, Baron Siegroth, mit einem andern
Corps
vor Friedrichshamn gegangen, um es von der
Landſeite
einzuſchließen; ſo wie der General, Baron
von Kaul-
bars, wieder mit einem andern Corps den Kymmene-
Strom auf
der Rußiſchen Seite herauf marſchirt iſt.
Die
Folgen von dieſen drey combinirten Operationen
werden ſich
bald zeigen.
Das hieſige Koͤnigl. Kriegsdepartement iſt mit
der
weitern Ausruͤſtung und Vermehrung der Armee
taͤglich
beſchaͤfftigt. Es kommen
Mannſchaft und Rekruten
von mehreren Oertern hier an, um nach
Finnland
uͤberfuͤhrt zu werden; und ſowol
deswegen, als zum
Tranſport der Ammunition und Proviant,
liegt hier
das von Helſingfors hier kuͤrzlich
angelangte Geſchwa-
der von 21 Gaaleeren, nebſt einer
weit groͤßern Anzahl
von Tranſportfahrzeugen in
Bereitſchaft. Ein ſoge-
nanntes Wargernings- (Rekrutirungs-) Regiment in
Dalckarlien, und ein anderes in Norrland ſind neu
angeworben, ohne
die beſonders enrollirte Mannſchaft
zur Vertheidigung
des Landes bey der Norwegiſchen
Grenze und der
Kuͤſte am Botniſchen Meerbuſen
zu
rechnen. Weiter hat man 2 neue Coſacken-Corps
auf-
gerichtet, von welchen das eine Leib-Coſacken heißt,
als welches zur Bewachung der
Perſon des Koͤnigs be-
ſtimmt iſt.
Schreiben aus Carlskrona, vom 21 Junii.
Die Koͤnigl. Kriegsflotte liegt nun zum Auslaufen
ganz fertig,
(nach Copenhagener Nachrichten iſt ſie
bereits in See) und
Se. Koͤnigl. Hoheit, der Groß-
Admiral, befindet ſich bey
hohem Wohlergehen. Taͤg-
lich wohnt er den
Berathſchlagungen bey, und beſorgt
die
Ausruͤſtung, die Uebungen und Arbeiten mit
großer
Aufmerkſamkeit. Oft ſiehet man ihn auch bey Lyckeby,
wo ſein eigenes Regiment oder
das Regiment des Groß-
Admirals campirt. Alle Tage kamen hier neue
Trup-
pen zur Bemannung der Flotte an, und kuͤrzlich
ſind
1460 Mann von der Smaalaͤndiſchen und
Oſtgothiſchen
Cavallerie, nebſt 700 Mann von dem
Philanderhielmi-
ſchen Regiment, welche in
Chriſtianſtadt und Lands-
krona verlegt geweſen,
angelangt. Das Calmariſche
Regiment und das Leib-Regiment der
Koͤniginn erwar-
tet man taͤglich. Alles dieſes,
vereint mit unſern
Volontair-Regimentern, dem Regiment des
Koͤnigs
und dem Sprengtportenſchen Regiment, welche
hier
ſchon voraus waren, alle angekommene Matroſen
der
Krone zu geſchweigen, macht eine ſehr
anſehnliche
Kriegswacht aus. Unſere
Kuͤſtenfahrer haben 3 Hol-
laͤndiſche
Schiffe, mit Pulver, Ammunition, Flaggen-
tuch und andern
Kriegsbeduͤrfniſſen, fuͤr die
Rußiſche
Flotte zu Cronſtadt beſtimmt, beladen,
eingebracht.
Schreiben aus Loviſa, vom 17
Junii.
Der Ober-Admiral, Graf Ehrenſwaͤrdt,
welcher
zeitige Anſtalten, um das Finniſche
Scheeren-Geſchwa-
der in Bewegung zu ſetzen, getroffen
hatte, ſchickte
einen Theil deſſelben von Sweaborg
an unſere
aͤuſterſten Scheeren an der
Rußiſchen Grenze oder bey
Kungshamn, unter Befehl des Herrn Oberſt
Lieute-
nants, Magnus von
Roſenſtein, welcher vor der An-
kunft der
groͤßern Schiffe das Fahrwaſſer bey Friedrichs-
hamn recognoſciren laͤßt. Bey Summa
liegen alle
Kanonierſchaluppen, und die Lieutenants, Moͤller-
ſchwaͤrds und Brehmers, haben mit einer
Barkaſſe
und einer Recognoſcit-Schaluppe vor Friedrichshamn
eine Rußiſche Schaluppe
mit einem Unterofficier und
einiger Mannſchaft gefangen
genommen.
Schreiben aus Wien, vom 4 Julii.
Seitdem der Feldmarſchall Haddick die 2 Regimenter
nach
Siebenbuͤrgen abgeſchickt hat, iſt bey der
Haupt-
Armee im Bannat kein anderes Regiment mehr in
Bewegung
gekommen, und alles befindet ſich dort noch
ruhig in den
alten Standoͤrtern. Es iſt zwar neulich
bey der ganzen
Armee der ausdruͤckliche Befehl gegeben
worden, daß die
Truppen ſich ſtuͤndlich zum Aufbruch
fertig
halten ſollen, und hieraus auch das Geruͤcht
ent-
ſtanden, der Feldmarſchall Haddick gehe
uͤber die Do-
nau, um tiefer in Servien einzudringen; aber
jetzt iſt
keine Rede mehr davon, auch kein Anſchein
dazu vor-
handen, da man gewiß weiß, daß die
Tuͤrkiſche Haupt-
macht ſich in die Wallachey
zieht, und bis gegen Ben-
der hinaus dehnet. Noch befindet
ſich der kriegeriſche
Selim nicht an der Spitze
ſeines Heeres, aber man
glaubt, daß er ſich mit
naͤchſtem daran ſtellen werde,
wenn erſt
noch die Aſiatiſchen Truppen ſich
ſaͤmmtlich
mit ſeinen
Europaͤiſchen Streitern vereiniget haben
werden.
— Berbir oder Tuͤrkiſch-Gradiska
befindet
ſich nach Carlſtaͤdter Briefen noch
nicht in unſern Haͤn-
den; aber fuͤrchterlich
iſt der Feuerregen, den Rouvroy
von unſerer Seite
dahin ſendet, ſo daß die Belagerten
demſelben
unmoͤglich lange widerſtehen koͤnnen.
Die
großen Beſchwerlichkeiten, welche der Tranſport
der
Munition, und vorzuͤglich des Proviants in
Croatien
verurſachten, haben die Operationen des
Feldmarſchalls
Laudon ſehr gehemmet; da aber
gegenwaͤrtig die Wege
gut ausgetrocknet, und die Magazine
nahe und voll an-
gefuͤllet ſind, ſo wird kein
ſolches Hinderniß mehr ſeine
weitern
Fortſchritte aufhalten. — Die Tranſporte
von
allen Gattungen, welche von Wien zur Armee auf der
Donau
abgeſchickt werden, ſind unermeßlich. Seit
2 Tagen
ſind 57 Schiffe abgefahren; etwa der dritte
Theil dient zum
Tranſport der Mannſchaft, die
uͤbrigen
ſind mit allerley
Kriegsbeduͤrfniſſen belaſtet. Die
Re-
krutirung waͤhrt fort, und wird
hauptſaͤchlich in Wien
ſtark betrieben, weil
viele Leute ihren Herrſchaften ent-
laufen, und in die großen
Staͤdte, meiſtens aber nach
Wien gegangen ſind.
Die Obrigkeiten auf dem Lande
haben nun daruͤber Klage
gefuͤhrt, weil ſie deswegen
außer Stand ſind,
die gefoderte Anzahl von Rekruten
aus ihrem Gebiete zu
ſtellen; es muͤſſen daher auf
hoͤ-
hern Befehl die Fabrikanten, Handwerker und die
Haus-
Jnhaber ihre Geſellen und Arbeiter vor den
Stadt-
Magiſtrat bringen, wo jene, die ohne Erlaubniß
ihrer
Obrigkeiten aus andern Provinzen hieher
gegangen
ſind, zum Soldatenſtand weggenommen werden.
Ver-
ſchiedene Zuͤnfte haben Vorſtellungen
dagegen gemacht,
als ob ſie dadurch außer Stand
geſetzt wuͤrden, ihr Ge-
werbe nachdruͤcklich
zu betreiben.
Des Kayſers Majeſtaͤt befinden ſich zum
allgemeinen
Leidweſen noch immer in den bisherigen
Umſtaͤnden.
Am Donnerſtage haben ſich die
Schmerzen in den Len-
den wieder eingefunden; deſſen
unerachtet verließen
Se. Majeſtaͤt 3 Stunden hindurch das
Bett, befanden
ſich aber, obwol entkraͤftet, doch ruhig.
Die Nacht
hindurch war der Schlaf unterbrochen. Der
geſtrige
Tag war mittelmaͤßig, die vergangene Nacht aber
ruhi-
ger. Heute Vormittag haben Se. Majeſtaͤt das
Bett
verlaſſen, und befinden ſich ganz
ertraͤglich.
Der Kayſer hat den aͤlteſten regierenden
Fuͤrſten,
Carl Georg Lebrecht, zu Anhalt Coͤthen,
zum Feld-
marſchall-Lieutenant ernannt, und bey der
Haupt-
Armee, ſo wie deſſen Soͤhne, den
Erbprinzen, bey dem
Terziſchen Regiment, und den zweyten Prinzen,
Carl
Wilhelm, bey dem Lattermannſchen als Capitains
an-
geſtellt.
Der Daͤniſche Kammerherr, Graf von der Luc, iſt
zum
Cameral Vice-Adminiſtrator der Nieder
Oeſter-
reichiſchen Domainen-Adminiſtration mit dem
Titel
eines Nieder Oeſterreichiſchen Regierungsraths
ernannt
worden.
Zu den Geruͤchten des Tages gehoͤrt die Sage, daß
die
Chur-Hannoͤveriſche Zuſtimmung zur
Roͤmiſchen
Koͤnigswahl des Großherzogs von
Toſcana aus London
hier angekommen ſey.
Zu Freyburg im Breisgau ſind am 21ſten
Junii
Hagelſteine gefallen, die ein halbes, auch
dreyviertel
Pfund gewogen, und mit einem großen Krachen
alle
Daͤcher, Feldfruͤchte, ꝛc.
zerſchmettert, und einen un-
ermeßlichen Schaden angerichtet
haben.
Aus Oeſterreich, vom 4 Julii.
Nach Berichten von der Laudonſchen Armee geht es
mit der
Belagerung von Berbir ſehr hitzig, da der
große Anfuͤhrer
bemerkt, daß die Tuͤrken es zu entſetzen
Mine machen.
Das Haddickſche Corps d’Armee iſt bisher noch
un-
beweglich im Bannat; indeſſen wuͤnſcht
der Soldat
eine Schlacht.
Schreiben aus Warſchau, vom 4
Julii.
Von dem Pohlniſchen General-Poſt-Directorio iſt
an
alle Poſtaͤmter im ganzen Lande der Befehl ausge-
fertigt
worden, daß jeder Poſt-Officiant, auf ausdruͤck-
lichen
Befehl des Koͤnigs, den in der Conſtitution
vom
22ſten vorigen Monats vorgeſchriebenen Eid
dem
Koͤnige und den confoͤderirten Staͤnden ablegen
ſoll,
wie denn auch bereits am geſtrigen Tage das
hieſige
Hofpoſtamt dieſen Schwur in dem
Landgerichte abge-
legt hat. Bisher waren die Poſten bloß an die
Perſon
des Koͤnigs vereidet, es ſchiene aber bey
jetzigen Zeit-
laͤuften zutraͤglich, den uͤbrigen
confoͤderirten Staͤnden
des Reichs in Anſehung der
Correſpondenz ein voͤlliges
Zutrauen und Beruhigung durch
erwaͤhnten Eid zu
verſichern.
Jn der Nacht vom 2ten auf den 3ten dieſes iſt
der
Fuͤrſt Poninski, Kron Großſchatzmeiſter,
aus ſeinem
Arreſte entwichen. Seine Soͤhne haben
ihm dazu ver-
holfen, indem ſie eine neben ſeinem Logis,
in welchem
er bewacht geweſen, befindliche Wohnung
gemiethet,
und durch die Mauer, welche 1½ Elle dick
geweſen,
eine Oeffnung hinter einem in dem
Schlaffzimmer
des Fuͤrſten befindlichen Schranken
gemacht haben.
Der Fuͤrſt iſt durch dieſe
Oeffnung entwiſcht, und hat
in ſeine Stelle, um den im
Vorzimmer wachthabenden
Officier zu taͤuſchen, und dadurch
Zeit zu gewinnen,
eine ausgeſtopfte Figur im Bette
gelaſſen. So bald
ſeine Flucht ruchtbar wurde,
iſt ihm auf allen Routen,
obgleich bis jetzt noch fruchtlos,
nachgeſetzt worden.
Man vermuthet, er werde den Weg zu
Waſſer nach
Danzig genommen haben, um von dort zur See
weiter
zu gehen. Auch iſt durch Trommelſchlag bekannt
ge-
macht, daß wer ihn erhaſchen moͤchte, 1000
Ducaten
zur Belohnung erhalten ſollte.
Jn der Ukraine hat man wieder einen Schmidt ar-
retirt, der etliche
Schock Meſſer, welche Rußiſche
Popen
beſtellt haben, verfertigt hatte.
Der Fuͤrſt Potemkin hat aus Krementſchuck den
fol-
genden Brief an den Feldzeugmeiſter, Grafen
Potecki,
geſchrieben: “Da ich mich nahe an der
Pohlniſchen
Grenze befinde, ſo eile ich, der Pflicht
ein Genuͤge zu thun,
die mir die gegen Ew. Excellenz hegende
Achtung, und
die Geſinnungen, welche ſie mir
einfloͤßt, auflegt. Jch
habe alſo die Ehre, Jhnen
bekannt zu machen, daß
die Armee, welche ich commandire, ihr Lager
zwiſchen
Olviepol und Bender nehmen werde. Die Naͤhe
Jhrer
Reſidenz giebt mir die ſchmeichelhafte Hoffnung.
Sie
bald zu ſehen, welches mir Gelegenheit
verſchaffen
wird, Jhnen die freundſchaftlichen
Geſinnungen Jhro
Kayſerl. Majeſtaͤt
gegen die Republik zu erneuern. Un-
terdeſſen hab ich
die Ehre, Sie zu benachrichtigen, daß
ich in Betreff der
Raͤumung der Rußiſchen Truppen
aus den Domainen der
Republik, und des Tranſports
der darinn befindlichen Magazine
die gemeſſenſten Be-
fehle erhalten habe,
welches ich auf Mein Ehrenwort
bewerkſtelligen werde,
ſo bald ich an die Grenze ge-
kommen bin. Jch bitte
alſo Ew. Excellenz, zu glauben,
daß ich keine Muͤhe
ſparen werde, die Durchlauchtigſte
Republik von dem
Verlangen zu uͤberzeugen, welches
Jhro Kayſ.
Majeſtaͤt, meine allergnaͤdigſte
Monarchinn,
haben, alles das, was von ihr abhaͤngen wird,
zu
bewerkſtelligen, um die Freundſchaft unwandelbar
zu
machen, welche zwiſchen guten Nachbaren
beſtehen
muß. Jch werde von meiner Seite alle
Gelegenheiten
ergreifen, wo ich der Durchl. Republik meinen
Eifer
und Reſpect werde erweiſen, und Sie von der
Hoch-
achtung uͤberzeugen koͤnnen, womit ich die Ehre
habe
zu ſeyn, ꝛc.”
Schreiben von der Pohlniſchen
Grenze,
vom 4 Julii.
Man ſagt, daß die Rußiſche Flotte auf dem
ſchwarzen
Meere die erſte Diviſion der
Tuͤrkiſchen Flotte geſchla-
gen, und in Bulgarien
die 2 Oerter, Galzha und Sog-
hanlik, in Brand geſteckt habe.
Es heißt auch, daß der Großvezier abgeſetzt,
und
Hoſſan Paſcha, Seraskier von Widdin, zu
ſeinem
Nachfolger ernannt ſey.
Neu-Fahrwaſſer, den 30
Junii.
Kuͤrzlich ſind von hier verſchiedene Schiffe von
aller-
ley Nationen, auch einige Daͤniſche, mit Getraide
be-
laden, nach Carlskrona abgegangen.
(Hierbey folgt eine Beylage.)