Dieſer Brief war deſto nothwendiger, da
taͤglich
eine große Menge Soldaten die Fahnen ihrer
Regimen-
ter verließ und unter die Buͤrgermiliz gieng,
ſo daß
die Stadt deren nicht mehr annehmen konnte.
Es
ſcheint, die Stadt werde, außer den
Franzoͤſiſchen Gar-
den, nur wenige von den
uͤbrigen Soldaten behalten.
Außer den Grafen von Montmorin und St. Prieſt
iſt
noch kein anderer Miniſter ernannt worden,
und
dieſe Ernennung duͤrfte auch nicht eher Statt
haben,
bis Herr Necker zuruͤckgekommen ſeyn wird,
den man
taͤglich erwartet. Der Graf de la Luzerne
verwaltet
noch die Geſchaͤffte des
Miniſters der Marine, man
glaubt aber, er werde
dieſe Stelle niederlegen und
auf Reiſen gehen.
Jch ſchicke Jhnen hier einen kurzen Abriß von dem,
was ſeit meinem vorigen Schreiben in der
National-
Verſammlung vorgegangen iſt. Jn der Sitzung vom
20ſten nahm der
Herzog von Liancourt ſeine
Stelle
als Praͤſident. Der Biſchof von
Chartres, welcher
ſich, auf Verordnung der
Verſammlung, nebſt einigen
anderen Deputirten,
nach St. Germain und Poiſſy be-
geben hatte, um
daſelbſt den Tumult zu ſtillen,
ſtattete
Bericht ab, wie der Poͤbel einen dortigen
Muͤller
maſſacrirt habe, von dem er
geglaubt hatte, er habe
Korn aufgekauft, um es theurer zu
machen. (Man
weiß jetzt, daß dieſer arme Muͤller
unſchuldig geweſen,
und ſein Andenken
ſoll gerechtfertigt werden.) Als
die Deputirten zu St.
Germain ankamen, fanden ſie
einen Wagen mit Korn, welchen
das Volk einem
Ackersmann abgenommen hatte, der auch der
Aufkaͤu-
ferey beſchuldigt ward. Der Landmann war
auf dem
Wagen mit einem Strick um den Hals, und das
Volk
wuͤrde ihn gehenkt haben, haͤtten es die
Deputirten
nicht verhindert. Er iſt nun zu
Verſailles im Gefaͤngniß.
Jn eben dieſer
Sitzung ward die Wahl der Biſchoͤfe
von Ypern und
Tournay, zu Deputirten, als nichtig
erklaͤrt, weil
ſie Fremde waͤren. Noch ſtattete in
die-
ſer Sitzung der erſte
Parlements-Praͤſident des großen
Raths der
Nationalverſammlung den Dank des Par-
lements ab
fuͤr die getroffenen Maaßregeln zur
Wieder-
herſtellung der Ruhe. Hierauf hielt der Herr
von
Lally Tolendal eine Rede, worinn er zu erkennen gab,
wie
noͤthig es ſey, daß, nach abgelegten Proben
des
Patriotismus der Buͤrger, und nach empfangenen
Be-
weiſen der Liebe des Koͤnigs zu ſeinem
Volke, nunmehr
alle Unordnungen aufhoͤren, und die
Geſetze ihre Kraft
wieder erhalten muͤßten. Er
verlangte zu dem Ende,
daß man in allen Staͤdten eine
buͤrgerliche Miliz er-
richte, aber nicht auf dem Lande,
als welches von der
Miliz der benachbarten Staͤdte
geſchuͤtzt werden ſollte.
Er verlangte
ferner, die Verſammlung moͤchte veſt-
ſetzen, daß derjenige, welcher kuͤnftig die
oͤffentliche
Ruhe unter irgend einem Vorwand
ſtoͤhren wuͤrde, der
Juſtiz
uͤbergehen, und bloß von ſelbiger beſtraft
werden
folle. Der Koͤnig ſolle gebeten werden,
ſeine Sanction
zu dieſem Statute zu geben. Die
Berathſchlagung
uͤber dieſe Angelegenheit
ward den Buͤreaux uͤberlaſſen,
um
die Meynungen daruͤber zu hoͤren.
Die Sitzung vom 21ſten ward in der
heiligen Lud-
wigskirche gehalten, weil der
Verſammlungsſaal aus-
gebeſſert
werden mußte. Jn dieſer Sitzung compli-
mentirte eine
Deputation vom Muͤnzhofe die Ver-
ſammlung. Der
obengedachte Vorſchlag des Herrn
Lally Tolendal ward
wieder vorgenommen, aber wieder
zu den Buͤreaux
geſchickt. Die vorgefallenen traurigen
Auftritte, wovon
ich bald reden werde, zeigen indeſſen,
wie
noͤthig es ſey, uͤber dieſen
Vorſchlag eine ſchleu-
nige Reſolution zu
nehmen. Endlich ward in dieſer
Sitzung ein von der Stadt
Lyon gemachtes Arreté
vorgeleſen, welches von folgendem
weſentlichen Jnhalt
iſt: “Die Stadt Lyon,
beſtuͤrzt uͤber die Verwei-
ſung des
Herrn Necker und die Entlaſſung des Herrn
von
Montmorin, aber zugleich uͤberzeugt, daß ſich
Se.
Majeſtaͤt zu ſolchen beunruhigenden
Handlungen
bloß deshalb entſchloſſen, weil
man Hoͤchſtdieſelben auf
eine
unwuͤrdige Art hintergangen hat, haͤlt alle
dieje-
nigen Menſchen, die entartet genug geweſen,
Se. Ma-
jeſtaͤt zu ſolchen
unterdruͤckenden, Dero bekannten Ge-
ſinnungen
entgegen laufenden Handlungen zu rathen,
alle Generale der
Armee, Officiere und Soldaten,
welche vergeſſen,
daß ſie Buͤrger ſind, und
niedertraͤch-
tig und ſtrafbar genug ſeyn
wuͤrden, dem Deſpotismus
ihre Huͤlfe zu
leiſten, fuͤr infam und fuͤr
Verraͤther
des Vaterlandes. Sie erklaͤrt, daß nach
dem Jnhalte
des Arrete der Nationalverſammlung vom 13ten,
die
Miniſter und die buͤrgerlichen und
militairiſchen Agen-
ten der Gewalt fuͤr alle
Unternehmungen ſtehen ſollen,
welche gegen die
Rechte der Nation ſind. Sollte
die
Nationalverſammlung gegen alle Erwartung mit
Ge-
walt getrennt oder zerſtreut werden, ſo
erklaͤrt ſie, daß
von dem Tage an, da man von
dieſer Zerſtreuung
Nachricht erhalten wird, die
Einnahme aller Abgaben
aufhoͤren ſolle und daß
ſie alle Glieder der National-
Verſammlung unter
ihren Schutz nehme, ꝛc.”
Am 22ſten war keine Sitzung, aber die
Berathſchla-
gungen der
Ausſchuͤſſe und Buͤreaux hatten
Statt.
Die Sitzung vom 23ſten, als
geſtern, war lang
und intereſſant. Sie
hatte vorzuͤglich zum Gegenſtand,
kuͤnftig
den Abſcheulichkeiten Einhalt zu thun, die den
Tag vorher
in dieſer Hauptadt vorgiengen, und wovon
ich
ſogleich reden werde. Der Graf von
Mirabeau
ſagte, daß es zur Erhaltung der guten
Ordnung und
zur Unterdruͤckung aller
gewaltthaͤtigen Handlungen
in der Hauptſtadt
nothwendig ſey, ſogleich eine vor-
laͤufige
Organiſation von Municipalitaͤt einzurichten,
daß
bey dem etablirten immerwaͤhrenden Rath und
den damit
correſpondirenden 60 Diſtricten keine Ord-
nung
und Harmonie herrſche, daß man zur Beobach-
tung
dieſer Ordnung und Harmonie vorlaͤufig ein
Con-
ſeil von 120 Gliedern auf dem Hotel de Ville
ernennen
moͤchte, von welchem 2 aus jedem Diſtrict
genommen
wuͤrden; — daß 60 Deputirte
erwaͤhlt werden moͤch-
ten, die ſich
ſogleich nach Paris begeben muͤßten; daß
ein
Deputirter ſich heute nach jedem der 60
Diſtricte
begeben, deren Mitglieder verſammeln,
und ihnen die
Nothwendigkeit des zu ernennenden Conſeils
erklaͤren,
auch ſogleich 2 Glieder in jedem
Diſtricte ernennen
muͤßte, welche das
Conſeil auf dem Hotel de Ville
ausmachen ſollten.
Dieſer Vorſchlag des Grafen von
Mirabeau ward von
vielen gebilligt, von andern ver-
worfen, noch von andern in
Ueberlegung genommen,
und noch geſtern Abend iſt
ſpaͤt daruͤber debattirt wor-
den. —
Herr, von Lally Tolendal brachte ſeinen
Vor-
ſchlag, den er in der 20ſten und
21ſten Sitzung gethan,
wieder aufs Tapet, und auch
uͤber dieſen ward noch
geſtern Abend
debattirt. — Man empfieng auch in
dieſer Sitzung
Dank-Addreſſen von den Staͤdten Bor-
deaux,
Riom, Havre de Grace, die alle ihr Bedauern
uͤber die
Verweiſung des Herrn Neckers aͤußern.
Die
Kaufleute der verſchiedenen Provinzen haben eine
aͤhn-
liche Addreſſe
uͤberſandt, die zu Beaucaire
verſammelt
geweſen, und welche von mehr als 6000
unterzeichnet
war. Noch ward ein Brief des Grafen von St.
Prieſt
abgeleſen, worinn er Nachricht gab, der
Koͤnig habe
in der Nachbarſchaft von Troyes 3
Regimenter Halte
machen laſſen, damit ſie
ſich dahin begeben koͤnnten,
wo die Unruhen ihre
Gegenwart erfordern moͤchten. —
Jn dieſer
Sitzung empfieng die Nationalverſammlung
abermals
Deputationen vom Parlement, von der
Rechnungskammer, von der Cour des Aides, &c. welche
ihren
Dank fuͤr die getroffenen Maaßregeln abſtatteten.
Herr Lambert, Marechal de Camp, eines der Glieder
des
Kriegs-Conſeils, welches der Koͤnig aufgehoben
hat,
und welcher unter dem Marſchall von Broglio
zum
Generalquartiermeiſter beſtimmt war, ward am
vori-
gen Dienſtag, da er aus Paris gieng, von den
Pa-
trouillen arretirt, und nach dem Hotel de Ville
gebracht.
Eine große Menge des Poͤbels hatte ſich
auf dem Platze
von Greve verſammelt, und verlangte, daß
er ſogleich,
als ein Feind des Vaterlandes, gehenkt
werden moͤchte.
Der Marquis de la Fayette und der Herr
Bailly hatten
große Muͤhe, das Volk zuruͤck zu
halten, und erſt in
der Nacht konnte man den Herrn
Lambert fortgehen
laſſen.
Herr Foulon, Staatsrath, der den Tag darauf
nach
dem Hotel de Ville gebracht ward, war nicht ſo
gluͤck-
lich. Aber ehe ich von ſeinen traurigen
und ſchieck-
lichen Auftritten rede, muß ich
dieſen Mann bekannter
machen. Herr Foulon war
zuerſt ein bloſer Commis
bey den Lebensmitteln,
nachher ward er
ſtuffenweiſe
Kriegs-Commiſſarius,
Jntendant bey den Armeen, und
Staatsrath. Er ward
beſonders durch Mesdames, die
Tanten des Koͤnigs,
protegirt, und trachtete ſchon ſeit
3 Jahren nach
der Stelle eines General-Controlleurs.
Das Publicum hielt ihn
fuͤr einen harten Mann, und
wuͤnſchte ihm
alſo dieſe Stelle nicht. Er war faſt
ver-
geſſen, als er nach der
Entlaſſung des Herrn Necker,
unter dem
Marſchall von Broglio zum Kriegsminiſter
ernannt
ward, welche Stelle er nicht annehmen wollte.
Er hatte große
Reichthuͤmer geſammelt, und mehr als
600000 Livres
jährlicher Einkuͤnfte. Man glaubte, er
ſey auf
eine unrechtmaͤßige Weiſe zu dieſem
Reichthum
gekommen, und er ward allgemein gehaßt,
ſelbſt von
ſeinen Unterthanen auf
ſeinen Guͤtern, denen er neu-
lich, als ſie ſich uͤber die Theurung des
Getraides be-
klagten, geſagt haben ſoll,
ſie koͤnnten Heu freſſen.
Er befand
ſich zu Morangis, einem ſeiner Guͤter,
5
Stunden von Paris. Dienſtag Abends erhielt
er
Kundſchaft, daß ſeine Unterthanen ihn in der
Nacht
arretiren und nach dem Hotel de Ville bringen
ſollten.
Er gieng alſo verkleidet des Abend um 10
Uhr von
ſeinem Gute bis nach Viry, einem Hauſe des
Herrn
von Sartine, ehemaligen Seeminiſters, um
daſelbſt in
Sicherheit zu ſeyn. Kaum war er
allda angekommen,
als ſeine Unterthanen auch ankamen,
ſich ſeiner be-
maͤchtigten, und ihn auf
eine ſchaͤndliche Weiſe und zu
Fuß nach dem
Hotel de Ville brachten, wo er des
Morgens um 4 Uhr anlangte.
Der Gerichtsplatz, la
Greve, ward bald von einer Menge Volks
angefuͤllt,
welches mit großem Geſchrey
ſeinen Tod verlangte
Auf dem Hotel de Ville ſuchte
man Zeit zu gewinnen,
um das Volk zu beſaͤnftigen,
und den Herrn Foulon
zu retten, allein umſonſt.
Man ſagte dem Volke, er
ſollte nach den
Gefaͤngniſſen der Abtey St.
Germain
gebracht werden, die zu einem Nationalgefaͤngniß
er-
richtet und der Buͤrgerwache anvertraut werden
ſolle;
daſelbſt ſolle er nach der
Strenge verurtheilt werden;
man fuͤgte noch hinzu, es
ſey von großer Wichtigkeit,
daß man ihm nicht
ſogleich auf der Stelle das Leben
naͤhme, weil man
von ihm noch uͤber manche andere
Strafbare
Aufklaͤrung erhalten koͤnne. Aber das
Volk
verlangte ſeine Auslieferung, und drohete, das
Hotel
de Ville in Brand zu ſetzen, wenn man ihn nicht
uͤber-
liefere. Gegen 4 Uhr, Nachmittags,
ſtuͤrmte das Volk
das Hotel de Ville, und wollte
den Herrn Foulon mit
Gewalt fortſchleppen. Der Marquis de
la Fayette fiel
auf die Knie, und bat fuͤr den
Ungluͤcklichen um Gnade.
Umſonſt! Man
ſchleppte ihn vom Hotel de Ville nach
dem Platz la Greve,
und henkte ihn auf. Der Strick
brach zweymal, und zweymal band
man ihn wieder an.
Man trieb die Wuth ſo weit, daß man
ihm den Kopf
abhieb, und ihm Heu in den Mund ſteckte.
Man
ſchleppte dieſen Kopf hierauf auf einer
Miſtgabel im
Triumph in den Straßen der Stadt herum, und
nach
dem Palais Royal. Der Leichnam ward
nachge-
ſchleppt. — Der Ungluͤckliche
hinterlaͤßt 3 Soͤhne,
wovon 2
Requetenmeiſter ſind, davon der eine Jnten-
dant
zu Martinique iſt. Der 3te iſt ein
Geiſtlicher
und Parlementsrath in Paris. Seine Tochter
war an
den Herrn Berthier von Sauvigny, Jntendant
der
Generalitaͤt von Paris, verheyrathet, iſt aber
todt.
Herr Berthier Sauvigny, Jntendant von Paris
und
Schwiegerſohn des ungluͤcklichen Foulon, war
ſchon
ſeit dem 15ten aus Paris
verſchwunden. Man giebt
vor, (aber es iſt nicht
bewieſen) daß man in der Taſche
des am 14ten
getoͤdteten Gouverneur der Baſtille einen
Brief
des Jntendanten von Paris von eben dem Tage
gefunden, der ihm
gerathen haͤtte, auf das Volk zu
ſchießen, wenn es
nach der Baſtille kaͤme, er ſolle in
der
Nacht Succurs an Munition, Proviſionen
und
Mannſchaft erhalten. Der Wagen des
Jntendanten
ward am 15ten angehalten. Man fand darinn
ſein Por-
tefeuille, welches auf dem Hotel de Ville
deponirt ward.
Dieſes Portefeuille enthaͤlt
verſchiedene Briefe, in
welchen der Prinz von
Lambeſc, der Baron von Bezen-
val und der Chevalier von
Bard, Pulver, Kugeln und
Patronen von dem Jntendanten
verlangten, der zu-
gleich Jntendant der Truppen im Lager war,
auch an-
zeigten, daß ſie ſo und ſoviel
davon erhalten haͤtten.
Jn einem andern Briefe ward dem
Jntendanten der
Vorſchlag gethan, er moͤchte das
Korn in der Plaine
von St. Denis abmaͤhen
laſſen, damit man daſelbſt
ein Lager
errichten koͤnne. Noch in einem Briefe ver-
langte ein
Particulier den Antheil, der ihm von dem
Gewinne des verkauften
Getraides gebuͤhre. Jn der
Nacht vom Montag auf den
Dienſtag erhielt die Stadt
einen Expreſſen
von den Einwohnern von Compiegne,
welche meldeten, daß man
daſelbſt den Jntendanten
arretirt habe, und daß
man ihn der Stadt uͤbergeben
wolle. Von dem Hotel de
Ville ward ſogleich ein
Waͤhler und 300 Mann Truppen zu Pferde
abgeſchickt,
um den Jntendanten abzuholen. Am
Mittewochen,
des Abends um 8 Uhr, kam er in Paris an. Bey
dem
Thore St. Martin befand ſich eine große Menge
Volks,
als er in einem Cabriolet in Begleitung des
Waͤhlers
ankam. Man rief: da iſt der Kornjude, der
das Volk
hat Hungers ſterben laſſen, da
iſt der Verraͤther des
Vaterlandes; und nun war
man ſo grauſam, daß man
den abgehauenen Kopf des
Herrn Foulon, ſeines
Schwiegervaters, vor ihm hertragen
ließ, welchen er
kuͤſſen mußte. Als er im
Hotel de Ville ankam, ließ
man ihn zuerſt hinauf gehen,
kaum war er aber hinauf,
ſo ſchleppte man ihn,
ſo ſehr man es auch zu verhin-
dern ſuchte,
herunter, und henkte ihn an eben den
Galgen, woran man
ſeinen Schwiegervater gehangen
hatte. Der Strick brach;
der Ungluͤckliche wollte ſich
retten, aber nun
ward er maſſacrirt und in
Stuͤcken
zerriſſen. Man hieb ihm den Kopf
ab, riß ihm das
Herz aus dem Leibe, und trug es, ob es gleich
Nacht
war, im Triumph durch die Straßen nach dem Gar-
ten
des Palais Royal. — Jedermann ſeufzet uͤber
dieſe
abſcheuliche Ausſchweifungen, und
wuͤnſcht, daß man
kraͤftige Maaßregeln
nehme, ſolche Grauſamkeiten zu
verhuͤten,
und den Geſetzen ihre Kraft wieder zu
ver-
ſchaſſen. Der Mißbrauch der
Preßfreyheit reizt jetzt
das aufgebrachte Volk noch immer mehr
an. Jeden
Morgen erſcheint eine Menge
aufruͤhriſcher Schriften,
in welchen man
diejenigen mit Namen anzeigt, die
man fuͤr Verbrecher
gegen die Nation haͤlt. Man hat
eine Liſte
gedruckt, worauf die Namen von 60 Perſo-
nen vom
erſten Range befindlich ſind, die als Schul-
dige
des Verbrechens der beleidigten Nation angegeben
werden, Prinzen
und Miniſter, alles durch einander.
Den 21ſten uͤbergab der Koͤnig dem
Biſchof von Metz,
Herrn von Montmorreney, die von Rom
uͤberſandte
Cardinalsmuͤtze.
Man ſagt, daß Mesdames Adelaide und Victoire,
Tanten des
Koͤnigs, Verſailles verlaſſen, und
ſich nach
der Abtey Fontevraud begeben werden, wo
ſie erzogen
worden.
Die Gazette de France beſtaͤtigt nun, daß der
Her-
zog von Chatelet am 16ten ſeine Stelle als
Oberſter
der Franzoͤſiſchen Garde,
und der Siegelbewahrer,
Herr Baretin, auch die ſeinige
niedergelegt habe;
ferner, daß der Graf von St. Prieſt
das Departement
des Koͤnigl. Hauſes und der Stadt
Paris, ſtatt des
abgedankten Herrn von Villedeuil,
erhalten habe.
Das Parlement von Beſançon,
welches beſtaͤndig
wider die National-Verſammlung geweſen, hat
die
beyden Declarationen regiſtriren
laſſen, die der Koͤnig
in der
Koͤnigl. Sitzung vom 23ſten des vorigen
Monats
leſen ließ, ob ſelbigem gleich dieſe
Declarationen nicht
beſonders zugeſchickt worden
ſind. Man befuͤrchtet,
das Volk werde
dieſem Parlement daruͤber ſein
Miß-
vergnuͤgen empfinden laſſen.
Von Rennes hat man die angenehme Nachricht er-
halten, daß die
Unruhen daſelbſt gaͤnzlich
beygeleget
ſind. Selbſt der Adel hat
daſelbſt und zu Nantes die
Waffen ergriffen,
ſich mit den Buͤrgern vereiniget,
und ſo
die oͤffentliche Ruhe wieder hergeſtellet.
Man
meldet auch, der Adel wolle ſich verſammeln,
und ſeine
Deputirten zur National-Verſammlung
endlich er-
nennen. (Den Bericht von den zu Rennes
vorgefalle-
nen Unruhen haben wir am vorigen Poſttage
gemeldet.)
Alle Schauſpiele, welche ſeit dem 12ten dieſes,
da
man die Entlaſſung des Herrn Neckers erfuhr,
aufge-
hoͤrt hatten, ſind den 21ſten wieder
eroͤffnet worden.
Die Einnahme aller Schauſpiele
an dieſem Tage ward
den armen Arbeitern gegeben.
Jndeſſen ſind am
21ſten,
22ſten und 23ſten nur wenige
Zuſchauer zugegen ge-
weſen. An eben dieſem
Tage, als am Dienſtage, ward
auch wieder
Boͤrſe gehalten, und die Effecten
halten
ſich ziemlich.
Die Herren de la Fayette und Bailly, wovon der
erſte zum
General-Commandanten der Buͤrgermiliz,
und der zweyte zum
Maire der Stadt ernannt worden,
haben dieſe Ernennung
nicht foͤrmlich genung gefun-
den, und deshalb an jeden
der 60 Diſtricte geſchrieben,
um zu einer neuen,
freyen und uͤberlegten Ernennung
zu ſchreiten. Die
60 Diſtricte haben die erſte Ernen-
nung
dieſer beyden Maͤnner beſtaͤtiget.
Der Herzog von Orleans hat verſchiedene
ſeiner
Hof-Officiers entlaſſen:
naͤmlich die Gebruͤder, Grafen
de la Chaiſe
de la Cour du Pin, die Grafen von
Segur und von Vauban, auch
Madame von Blot, die
bey ſeiner Gemahlinn war.
Dieſe Perſonen ſollen bey
den
gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden nicht einerley
Geſinnun-
gen mit dem Herzog haben.
Der Herzog von Guiche, Eidam des Herzogs von
Polignac, welcher
Verſailles verlaſſen hatte, iſt
wieder
bey Hofe erſchienen. Er hat die
Anwartſchaft auf eine
Stelle des Capitains von der
Leibgarde, die aber, wie
man ſagt, nicht unter ihm dienen
wird.
Der Herzog von Luxenburg, Herr Depremenil, und
Herr von Cazales,
alle 3 Deputirte des Adels, die ſich
durch ihre
Widerſetzung gegen die Vereinigung des
Adels mit den
beyden uͤbrigen Staͤnden bekannt ge-
macht haben,
ſind aus Verſailles abgereiſet. Der
erſte
iſt nach England gegangen.
Es iſt unbeſchreiblich, mit welcher Ungeduld
Herr
Necker hier erwartet wird. Der Herzog von
Liancourt,
Praͤſident der National
Verſammlung, ſchrieb am
Dienſtage an den
immerwaͤhrenden Rath des Hotels
de Ville einen Brief, der
gedruckt und angeſchlagen
worden, worinn er meldet, daß
Herr du Fresne,
welcher dem Herrn Necker das Koͤnigl.
Schreiben zu
ſeiner Zuruͤckberufung
uͤberbringt, einen Courier geſchickt,
und mit
ſelbigem berichtet habe, daß er den 18ten
dieſes
den Herrn Necker zu Bruͤſſel
nicht mehr gefunden, der
ſeine Reiſe uͤber
Frankfurt fortgeſetzt haͤtte. Er wolle
ihm
aber folgen. Der Graf von Montmorin hat
ſchon
verſchiedene Couriers nach Baſel und
Genf abgeſchickt,
mit dem Duplicat des Koͤnigl.
Schreibens und des
Schreibens der National-Verſammlung.
Geſtern er-
hielten verſchiedene der
hieſigen großen Handelshaͤuſer
Briefe aus
Baſel vom 20ſten dieſes, worunter
einer
folgendermaßen lautet: “Heute fruͤh, bey
Eroͤffnung
des Thors, traf ein
Franzoͤſiſcher Courier fuͤr den
Herrn
Necker hier ein; 3 Stunden darauf kam Herr
Necker
ſelbſt an. Man glaubt, er werde ſich
den Wuͤnſchen
der Nation ergeben, und die
Ruͤckreiſe nach Paris an-
treten.” Die
Poſt geht von Baſel Vormittags um
10 Uhr. Man
glaubt, daß geſtern Abend zu Verſailles
ein
Courier angekommen ſeyn wird, der die Nachricht
bringt,
daß Herr Necker auf der Ruͤckreiſe begriffen
ſey.