Sinn-Bedichte.
Apollinis denckſpruͤche uͤber einige
hohe Haͤupter.
Nach der von dem Koͤnig Wilhelm in
Groß-Britannien geſchehenen
voͤlligen eroberung des koͤnig-
reichs Jrrland.
Leopoldus I. Roͤmiſcher Kaͤyſer.
HJer ſiehſtu den Auguſt und Caͤſar unſrer zeiten/
Der laͤngſt an ruhm und macht der ſonnen gleiche geht;
Was vor kein Hercules vermochte zu beſtreiten/
Thut unſer Leopold/ Leopoldus, per Anagramma; Pelle duos. der zweyen widerſteht.
Carolus II. Koͤnig in Spanien.
LAß deiner vaͤter geiſt in deinen thaten ſpuͤren/
Diß fordert deine treu und dein geſchwaͤchter ſtaat;
Denn/ ſoll Jberien nicht allen glantz verliehren/
Muß Carl der andre thun/ was Carl der erſte that.
Pe-
Sinn-Gedichte.
Petrus II. Koͤnig in Portugall.
ZEuch wider Franckreich aus/ und zeige mit der that/
Daß auch dein Portugall noch helden in ſich hat;
Man moͤchte ſonſt von dir in den Geſchichten ſchreiben:
Du koͤnteſt weiter nichts/ als bruͤder nur vertreiben.
Wilhelmus III. Koͤnig in Engelland.
DEin eyfer/ den du traͤgſt vor freyheit und altar/
Die kluge tapfferkeit/ die deine feinde ſchlaͤget/
Und denn dein muth in ungluͤck und gefahr/
Verdienen/ daß dein haupt drey Koͤnigs-cronen traͤget.
Maria Koͤnigin in Engelland.
ALs nacht und dunckelheit dein weſen noch bedeckt/
War deine tugend ſchon zu cronen auserkohren;
Wie ſehr dein vater ſich durch eigne ſchuld befleckt/
So bleibt er doch beruͤmt/ dieweil er dich gebohren.
Ludovicus XIV. Koͤnig in Franckreich.
ES haͤlt die ſchmeicheley dein thun vor meiſterſtuͤcke/
Und nennet dich dadurch den groſſen deiner zeit.
Und freylich biſtu groß an muth und an geluͤcke/
Und was am meiſten gilt/ an ungerechtigkeit.
Ludovicus Dauphin von Franckreich.
DJß iſt ein junger Mars/ der offt ins feld geruͤcket/
Und manchen feſten platz von weiten angeblicket;
Sein heldenmuth bezeigt/ daß nicht die meinung fehlt/
Wodurch man den Delphin zu zahmen fiſchen zehlt.
Chriſtianus V. Koͤnig in Dennemarck.
DU ſiehſt/ wie Hercules/ anitzo unter zweyen/
Es lockt dich Leopold und Franckreichs ſchmeicheleyen;
Doch laͤſt du dieſe ſtehn/ und folgeſt jener bahn/
So baſt du hier ſo viel als Hercules gethan.
Ca-
Sinn-Gedichte.
Carolus IX. Koͤnig in Schweden.
VOr deiner vaͤter ſchwerd/ dem ſtets der ſieg geblieben/
Zog manch beruͤhmtes land die ſtoltzen graͤntzen ein:
Laͤſt du dir ebenfalls noch dieſe kunſt belieben/
So laß doch Franckreich itzt das meiſterſtuͤcke ſeyn.
Johannes III. Koͤnig in Pohlen.
WEr ſich nicht gauckeley und blendwerck laͤßt betriegen/
Der ſiehet deinen hof als eine wallſtadt an/
Wo geld und ſchmeicheley mit ſolchem vortheil ſiegen/
Als kaum dein helden-arm bey Chotim hat gethan.
Louyſe Marie/ Koͤnigin in Pohlen.
SEit Franckreich dieſen ſtern den Pohlen hat gegeben/
Und ihrer ſonnen ihn als monden beygefuͤhrt/
So wollen ihrer viel in dieſer meinung ſchweben/
Daß dieſer monden mehr als in der nacht regiert.
Printz von Wallis.
DAs gluͤcke hatte mir ein muͤhlwerck zugedacht/
Das deſſen eignes rad in gang und trieb gebracht;
Doch itzo ſteht das werck und bleibet unvollkommen/
Weil mir ein guter freund das waſſer hat benommen.
Maximilianus Emanuel Churfuͤrſt in
Beyern.
SEit Donau/ Rhein und Po mit blut vermenget flieſſen/
Das deiner helden-fauſt die feinde geben muͤſſen/
So lauffen ſie damit in manch entferntes land/
Und machen deinen ruhm in Oſt und Weſt bekand.
Johann Georgius IV. Churfuͤrſt in
Sachſen.
DJe freyheit hat dich ſelbſt zu ihrem ſchutz’ erleſen/
Weil deine tugend dich zu dieſem grad erhoͤht;
Dein
Sinn-Gedichte.
Dein anfang iſt bereits der ſonnen gleich geweſen/
Die bald zur morgenzeit in ihrer groͤſſe ſteht.
Fridericus III Churfuͤrſt zu Bran-
denburg.
EUropa ſieht in dir den Helden-vater leben/
Drum kroͤnet dich bereits ſo manches lorbeer-blat:
Man wird in kurtzem dir das zeugniß muͤſſen geben/
Daß Deutſchland ruh und ruhm von deinen waffen hat.
Jnnocentius XII Roͤmiſcher Pabſt.
DU wundervolles Rom/ erneure deine pracht/
Und laß den alten ruhm nur im vergeſſen liegen;
Gedencke weiter nicht an deines Cœſars macht/
Nachdem ein Cato itzt auff deinen thron geſtiegen.
Victor Amadeus/ Hertzog in Savoyen.
DAs gluͤcke wird dich bald an deinen feinden raͤchen/
Jndem dein helden-muth noch unbezwungen iſt/
Die nachwelt ſelber wird verwundernd dieſes ſprechen/
Wie daß du durch verluſt noch groͤſſer worden biſt.
Chriſtianus Erneſtus/ Marckgraff von
Bayreuth/ Generalißimus am Rhein.
DJe rechte ſache will durch deine waffen ſiegen/
Drumb zeuch getroſt dahin/ wo der bedraͤngte Rhein
Die Deutſche freyheit ſieht in ſchweren feſſeln liegen/
Sie iſt Andromeda/ du ſolt ihr Perſeus ſeyn.
Die Schweitzer.
WEr hat von eurer fauſt nicht ſchändlich eingebuͤſt/
Als eure mannheit ſich die einfalt ließ belieben?
Seit aber ihr erkannt/ was zinn und ſilber iſt/
So iſt kein kuͤhner Carl vor eurer fauſt geblieben.
Hofm. w. III. Th. HPrintz
Sinn-Gedichte.
Printz Louys von Baden.
DEr himmel will dir nichts als ſiege zuerkennen/
So offt der Tuͤrcken macht die laͤnder uͤberſchwemmt;
Du biſt mit allem recht ein Joſua zu nennen/
Der zwar die ſonne nicht/ iedoch den monden hemmt.
General Ginckel.
JCh habe land und reich der Jrren eingenommen/
Und ihre ſtarcke macht den ſtoppeln gleich zerſtreut/
Mein Koͤnig hat durch mich ein Koͤnigreich bekommen;
Wer fordert groͤßre treu und groͤßre tapfferkeit?
Duc de Luxemburg.
MAn ſaget/ daß der geiſt der hoͤllen mit dir iſt/
Wiewohl du vor dich ſelbſt ein kleiner ſatan biſt;
Gelingt dirs nun einmal/ was wunder iſt es dann?
Zwey teuffel ſtreiten ja bey dir fuͤr einen mann.
Marquis de Gaſtanaga.
DU haſt die groſſe laſt nicht allzuwohl getragen/
Drum ſteht ein Atlas da/ dem wird ſie zugetheilt;
Jndeſſen wird man dir den lobſpruch nicht verſagen/
Daß deme gravitaͤt ſich niemals uͤbereilt.
Graff von Tyrconell.
EJn unverhoffter tod hat mich erwuͤndſcht entriſſen/
Bevor ich noch den ſieg der feinde ſehen muͤſſen;
Doch weil das laſter ſelbſt die ſtraffe mit ſich traͤgt/
So hat mich bleiches gifft und unmuth hingelegt.
Marcheſe di Bognaſco.
KAn dein Montmelian der feind gleich itzt beſitzen/
So hat dein heldenmuth doch keine ſchuld daran;
Auch Hector konte ſelbſt ſein Troja nicht beſchuͤtzen/
Wiewohl du hier viel mehr als Hector haſt gethan.
Ca-
Sinn-Gedichte.
Catinat.
SEit der beſtuͤrtzte Po dein wuͤtend ſchwerd verſpuͤrt/
So hat er offtermal dis klage-wort gefuͤhrt:
Es liegt ein Phaeton bereits in mir begraben/
Soll dieſer denn umſonſt mein land verwuͤſtet haben?
Marquis de Louvois.
DEm Galliſchen Tiber dem war ich ein Sejan/
Was der zu Rom verricht/ das hab ich auch gethan/
Und daß mir endlich auch kein hencker moͤchte fehlen/
So hat mich ſtarckes gifft zu tode muͤſſen quaͤlen.
Cardinal von Fuͤrſtenberg.
EJn Abt/ ein Cardinal und groſſer kirchen-lehrer/
Ein kriegsmann/ ein Legat/ ſpion und friedens-ſtoͤrer/
Und was man etwan mehr von ſolchen chargen ſchaut/
Diß alles findet man in dieſer frommen haut.
Der Groß-Sultan.
WAs ruͤſteſt du dich noch? Schau Salanckemen an/
Dort lieget/ der dein blut vermiſcht mit fremder erden;
Und iſt dir etwan hier noch nicht genung gethan/
So kan dir auch Byſantz ein Salanckemen werden.
Toͤckely.
DAs gluͤcke hat mit mir ein ſchauſpiel angericht/
Darinnen ich mich offt veraͤndert auffgefuͤhret:
Vier actus ſind vorbey; gelingt der fuͤnffte nicht/
So hab ich auf der welt ein trauerſpiel agiret.
Uber die Statue des Koͤnigs von
Franckreich.
GEdruͤcktes Gallien/ diß denckmal zeigt dir an/
Daß du dich ferner nicht des joches kanſt erwehren;
H 2Wenn
Sinn-Gedichte.
Wenn einſt dein Koͤnig dich nicht weiter druͤcken kan/
So wird er dennoch dich durch dieſe laſt beſchweren.
Auf die kroͤnung Sr. Koͤn. Maj.
in Preuſſen.
B. N.
WAs Cœſar abgezielt/ ward vom Auguſt vollzogen;
Was Friedrich Wilhelm wuͤnſcht/ hat Friederich gethan.
Er legt ein neues reich/ wie dort Auguſtus/ an.
Doch hierinn hat er noch den Roͤmer uͤberwogen;
Daß er in ruh betritt/ was jener blutig ſchaute/
Daß er dem ſohne pflantzt/ was jener fremden baute.
Ein anders auf eben dieſelbe.
B. N.
SO bald dich Friderich dein Koͤnigsberg gebohren/
So kuͤndigte ſein Dach Simon Dach/ ein Preußiſcher Poet/ hat in einem gedichte/
welches er bey der geburt unſers Allergnaͤdigſten Koͤniges verfer-
tiget/ folgende worte:
Nicht vergebens ahnt es mir/
Daß wir werden unter dir/
Unſrem Haupt und Fuͤrſten/ leben/ ꝛc.
dir Preuſſens herrſchafft an.
Was meinte doch der mann?
Es war ja Carl Aemil’ damahls noch unverlohren.
Ach! er ſah’/ wie es ſcheint/ viel weiter/ als dein Hauß:
Drum rieff er dich bey zeit fuͤr ſeinen Koͤnig aus.
Begluͤckter Friederich!
JCh bin zwar Dachen nicht an geiſt und kraͤfften gleich;
Doch ſcheint es/ daß ſein trieb ſich heut in mir verneue.
Wohlan! ich propheceye
Dir/ oder deinem Sohn ein zweytes Koͤnigreich.
Wie?
Sinn-Gedichte.
Wie? ſind wohl einige/ die es nicht koͤnnen hoffen?
Dach war ein menſch wie ich/ er hat es doch getroffen.
Der Scheeren-Schleiffer bey einer
wirthſchafft/ zu Coͤln an der Spree
am 7 Januarii 1690.
Der Scheeren-Schleiffer Hr. von D---.
ZUm Scheeren-Schleiffer hat das loß mich heut erkohren/
Jch bin es eben nicht/ auch nicht darzu gebohren;
Jedoch weil ſich der menſch in alles ſchicken ſol;
Gefaͤllt auch dieſer ſtand mir dieſes mal gar wohl.
Wohl an/ ſo wil ich dann/ durch die verkleidte Schaaren/
Der ſchleiffer nahrung nach mit meinem wagen fahren.
Was nur den ſtein vertraͤgt/ und ſich der muͤhe lohnt/
Das ſchleiff ich zu und ab/ der groͤſten unverſchont.
Es iſt doch heute brauch in fremdes amt zu greiffen/
Traͤgts mit dem ſcheeren nichts/ ſo werd ich menſchen ſchleiffen.
1.
Mars und Venus.
SCheer Schleiff/ mein Herr/ Scheer Schleiff/ ich glaub es
iſt der Mars/
Heiſt er ſo auf latein/ nenn ich mein handwerck ars/
Du meinſt ich diene nichts zu deinen ſtrengen kriegen:
Schliff weißheit nicht dein ſchwerdt/ du wuͤrdeſt wenig ſiegen.
2.
An den Roͤmer und die Roͤmerin.
DEr Roͤmer iſt zu ſtoltz/ von mir was zu begehren;
Allein die Roͤmerin/ duͤnckt mich/ die brauchet ſcheeren.
Doch zeigt auch ihm der glantz von ſeinen Edelſteinen/
Daß groſſe fuͤrſten ſelbſt nicht ungeſchliffen ſcheinen.
H 33. An
Sinn-Gedichte.
3.
An den Schiffer/ Marggr. Ph.
DAß eure ſcheeren weit von meinen unterſchieden/
Weiß ich zwar/ Schiffer/ wohl/ drum laß ich euch zu frieden:
Doch waͤr in dem compaß die nadel nicht geſchliffen/
Jhr wuͤrdet nimmermehr gerade koͤnnen ſchiffen.
4.
An den Pater/ Mar. C. und ſeine
Nonne.
WJe ſtehet ihr ſo nah/ Herr Pater/ bey der Nonnen?
Der orden iſt bequem zur kurtzweil ausgeſonnen.
Wißt aber/ wenn ihr ſo nach Nonnen-kutten greifft/
Daß euch diabolus die gleißner-finger ſchlenfft.
5.
An den Mar. L. Littauiſchen Bauer.
HOh/ hoh? der ſchickt ſich recht auf meine kleine muͤhle!
Hieher Littauſcher Baur/ dir ſchleif ich bey dem ſpiele
Die rohen ſitten weg; doch gehts bey dir nah zu;
Dein weib/ das groͤſſer iſt/ hats noͤthiger als du.
6.
An den Gaͤrtner und Gaͤrtnerin.
HErr Gaͤrtner/ wie ſo lahm? Wie ſtehts ums garten-meſſer?
Mich duͤncket/ es wird ſtumpf: geſchliffen ſchneidt es beſſer.
Wer aber hat ſo ſchoͤn die Gaͤrtnerin polirt?
Ein ander/ mein ich wol/ als der ſie itzund fuͤhrt.
7.
Fuͤrſt von Anhalt ein alter Deutſcher.
WAs ſaget man von dir/ du alter biederman?
Jch ſehe nichts an dir/ ſo ich mehr ſchleiffen kan.
Dein
Sinn-Gedichte.
Dein alter und dein witz ihr mir zuvor gekommen/
Und hat mir alle muͤh des ſchleiffens ſchon benommen.
8.
An den Unger und den Pohlen.
DEr Unger ſchmeichelt ſich/ ſein ſebel ſey noch ſcharf/
Wohl dem der keiner huͤlff/ und ſchleiffens mehr bedarf!
Was aber haltet ihr von dieſem dicken Pohlen?
Mich deucht ich werde wohl den tiſcher muͤſſen hohlen.
9.
Nuͤrnbergiſcher Braͤutigam/ der Hr. von
F. und deſſen Frau/ die Frau von Kn.
die eben ſchwanger.
Nuͤrnbergſcher Braͤutigam/ die frau die iſt ja ſchwanger/
Es ſcheint ihr weidet gern auf einem frembden anger.
Da aber ihren bauch ihr ſelbſt ſo rund geſchliffen:
Geſteht mir/ habt ihr nicht mir in mein amt gegriffen?
10.
An den Signore/ deſſen Frau die Fr.
Ober-M.
JTaliaͤniſcher Signor/ Herr Capitain/
Jhr ſeyd zwar lang genung/ und bildet euch was ein/
Allein ihr muͤſſet offt durch meine muͤhle gehen:
Bevor ich dieſe frau euch wuͤrde zugeſtehen.
11.
An den Koch/ den Hn. von K.
WJe manches groß und klein und ungebohrtes loch
Hat euer bratſpieß nicht gemacht/ beruͤhmter koch?
Weil aber ihr nicht freyt/ wil euer ſpies wo fehlen.
Jch ſchleiffe nicht allein/ ich kan auch wohl verſtaͤhlen.
H 412. An
Sinn-Gedichte.
12.
An den Schuſter/ deſſen Frau Fraͤul.
von Bl.
HJer Schuſter/ meiſter Hans/ ihr habt ein ſchoͤnes weib?
Wie theur ein gut paar ſchuh? was gilt ein ſolcher leib?
Ey gebt von dieſer haut mir einen guten riemen;
Jch ſchaͤrff euch oder auch ich leih’ euch einen pfriemen.
13.
An die Zigeuner.
ZJgeuner fremdes volck/ ihr ſchwartzen Jndianer;
Geht hin und buͤcket euch vor unſerem Romaner
Die farbe geht nicht ab/ wann ich gleich zehnmal ſchleiffe/
Sucht eine waͤſcherin/ und braucht Venedſche ſeife.
14.
An den Apothecker.
BRaucht ihr/ mein Herr cliſtier/ nicht alte ſcheeren-ſpitzen?
Sie haͤrten/ klein gemacht/ die ſchlapfen weiber-zitzen.
Denckt nicht/ daß ihr allein das ſtuͤckgen wuͤſt; mit gunſt;
Es hoͤrt viel wiſſenſchafft zur Scheeren-ſchleifer-kunſt.
15.
An den Ratzen-Faͤnger.
Hoͤrt/ meiſter fledermauß/ geehrter ratzenfaͤnger/
Was fuͤhrt ihr an der hand fuͤr einen alten Gaͤnger?
Mein handwerck dient euch nicht/ doch kan mein rath was ſtifften;
Fangt ihr die ratzen nur/ das weib mag ſie vergifften.
16.
An die Laͤuffer.
WO eilet ihr ſo hin/ ihr haaſen-ſchnelle laͤuffer?
Findt ihr/ ihr reiſt ja viel/ nicht gute Scheeren-ſchleifer?
Ey wenn ihr welche trefft/ weiſt ſie dem hofe nach/
Es giebt ſo viel zu thun/ daß ich allein zu ſchwach.
17. An
Sinn-Gedichte.
17.
An den Nordlaͤndiſchen Bauers-Mann/
deſſen Frau von Bl.
NOrdlaͤndſcher Bauers-Mann/ was thut dis jahr die butter?
Das weibgen iſt gar fein zu einer kaͤſe-mutter.
Wenn euer kneif nicht ſcharf den kaͤſe glatt zu ſchneiden;
Was meint ihr/ koͤnt ihr wohl den Scheeren-Schleiffer leiden?
18.
An den Fiſcher.
KRebs-ſcheeren kennen wohl die fiſcher/ weil ſie fiſchen;
Wenn aber ungefaͤhr euch/ Meiſter/ ſie erwiſchen:
Sprecht nur getroſt mir zu/ ich kan die ſcheeren ſchleiffen:
Daß ſie/ wem es gefaͤllt/ hernach nicht wieder kneiffen.
19.
Der Scheeren-Schleiffer zu ſeiner Frau.
FRau/ die ihr durch den ſpruch des loſſes mich gewonnen/
Erklaͤrt euch offentlich: Ob ihr wohl angekommen/
Es ſtellt ſich alle welt vor meinem ſchleif-ſtein ein/
So muß ja euer mann ein braver Schleiffer ſeyn.
Epilogus.
DJß ſey auf heut genug: Man kommt von allen ſeiten/
Jch kan auf einen tag nicht alle gleich beſtreiten.
Jhr liebes frauen-volck/ doch lieher jung als alt/
Jch weiß wohl/ daß ihr viel von guten ſcheeren halt:
Kommt morgen in mein hauß/ ich ſchleiffe nach verlangen;
Und wen ich ſonſten mehr in eyl heut uͤbergangen/
Der ſtelle ſich bey mir großguͤnſtig wieder ein/
Jch wil/ nach ſtands-gebuͤhr/ iedweden willig ſeyn.
Der Narr an den Scheeren-Schleiffer.
JCh ſehe mit verdacht den Scheeren-Schleiffer an/
Mich duͤncket/ daß er mehr als dieſes handwerck kan/
H 5Seht
Sinn-Gedichte.
Seht doch wie er handthiert/ es ſcheint/ er wird ſich naͤhren/
Er ſchleifft die ſcheeren gut/ und kan zugleich auch ſcheeren.
Die Narren bey der wirthſchafft.
1.
An den Gaͤrtner.
DEr Gaͤrtner reichet faſt bis an den himmel hin;
Doch ſtrahlt weit uͤber ihn die kleine Gaͤrtnerin/
Wie gluͤcklich iſt der mann auch wider die vernunfft;
Er hat das ſchoͤnſte weib von dieſer gantzen zunfft.
2.
An die Roͤmerin.
DJe ſchlancke Roͤmerin iſt praͤchtig angekleidet;
Sie hat viel artigkeit und wird darum geneidet/
Doch fuͤrchtet ſie ſich nicht/ weil ſie dem mann gefaͤllt;
Und jene Gaͤrtnerin ſie in der bluͤth erhaͤlt.
4.
Die Narren zu einander.
WJr Narren muͤſſen heut uns zu der narrheit zwingen/
Ein ampt/ das mancher hier natuͤrlich kan vollbringen.
Was aber geben ſie fuͤr uns dis werck zu treiben?
Wir ſinds auff einen tag/ ſie muͤſſen narren bleiben.
Die mit Preuſſen aemulirende
Marck.
WJe gluͤcklich biſtu doch/ o Koͤnig Friederich!
Schau! deine laͤnder zancken ſich/
Und wiſſen kaum fuͤr treu/ wie ſie dich ſollen ehren.
Die Marck beut hundert tauſend an;
Und
Sinn-Gedichte.
Und da dein Preuſſen-land ein gleiches hat gethan/
Sucht ſie dis opffer noch die helffte zu vermehren.
Was meynſt du? Wem gebuͤhrt hiebey der groͤſte ruhm?
Dein neues Koͤnigreich iſt Preuſſens eigenthum:
Fuͤr uns kaͤmpfft die natur durch angebohrne triebe.
Jedoch was frag ich erſt? der ſtreit iſt ausgemacht.
Den Preuſſen bleibt der preiß an ehre/ glantz und pracht.
Den Maͤrckern in der liebe.
Grabſchrifft eines laſterhafften
Geiſtlichen.
C. H. v. H.
JCh kont ein dietrich ſeyn zu groſſer herren hertze
Jch zuͤndte laͤnder an/ mein hochmuth war die kertze.
Der mund verehrte GOtt/ den teuffel hertz und ſinn/
Nun/ leſer/ dencke doch/ wer ich geweſen bin?
Auf des Boͤhmiſchen cantzlers/
grafens von Kinsky/ im Carne-
val erfolgtes abſterben.
Aus dem Frantzoͤſiſchen.
J. S. S.
GLeich mitten in der luſt und allgemeiner freuden/
Heiſt uns der tod das haupt der kluͤgſten glieder meiden/
Doch kraͤucket euch nicht ſehr
Und troͤſtet euch vielmehr
Bedienten/ hofeleut/ finantzer und ſoldaten/
Und dencket nur/ wie weh euch ſeine geiſſeln thaten.
Sein kopff war gar ſo voll von klug erdachten lehren/
Daß/ als er laͤnger uns nicht konte ſchaͤdlich ſeyn/
So ſchlieff er doch zuletzt im Carneval nur ein/
Umb uns zum wenigſten das freuden-feſt zu ſtoͤren.
Uber
Sinn-Gedichte.
Uber Clementis XI wegen der Jta-
liaͤniſchen kriegs-troublen vergoß-
ne thraͤnen.
J. S. S.
DU biſt nicht Petro nur in dem verlaͤugnen gleich/
Du wirſt auch offt wie er an bittern thraͤnen reich.
Doch wo die aͤhnlichkeit ſoll recht vollkommen ſcheinen;
So muſt du nicht in Rom und im Palaſte weinen;
Vieleicht vertreiben noch die krieges-knechte dich/
Und ſprechen! Geh hinaus und weine bitterlich.
Grabſchrifft einer ſchoͤnen.
DU ſchauſt/ mein leſer/ zwar allhier nur einen ſtein;
Doch wiſſe dieſer ſchließt noch einen andern ein.
Nicht dencke/ Niobe werd in dem grabe ſtecken;
Ein alabaſter-weib muß dieſer marmel decken.
Als ihm Gellia am Martins-Ta-
ge eine ſemmel uͤberſchickte.
DU ſchickſt mir/ Gellia/ von keinem horne nicht/
Und diß nur/ was man ſonſt bey ieder malzeit bricht.
Du denckeſt bey dir ſelbſt: itzt ſpar ich dieſe gaben/
Bekomm ich einen mann/ der ſol die hoͤrner haben.
Uber der Beliſſe nahmens-tag.
JCh ſoll Beliſſen heut im nahmens-tage binden/
Und rege von ihr ſelbſt verſtrickt noch hand noch fuß/
Sie will vielleicht ich ſoll im geiſt ein band er finden/
Das band iſt hertz und mund/ die knoten deſſen kuß.
Uber
Sinn-Gedichte.
Uber der Beliſſe uhrgen.
DU weiſt dein uhrgen nur/ und ſteckſt es wieder ein/
Nicht wiſſend/ daß du drauß die unruh haſt verlohren/
Denn waß es treiben ſoll/ darzu bin ich erkohren/
Die raͤder ſind mein hertz/ die unruh meine pein.
Uber Beliſſen mund und Schooß/
nach dem ſpruͤchwort: daß der
mund das leben/ die ſchooß
der todt ſey.
ZUm leben iſt der mund/ zum ſarg die ſchooß gegeben/
Beliſſe nimmt die ſchooß/ und gibt auch nicht den mund/
Dem der nicht ſterben ſoll/ iſts leben ja vergunt/
Entweder gib den ſarg/ wo nicht/ ſo laß mich leben.
Was Beliſſe im ſpiegel ſchaue.
VOr einem ſpiegel ging Beliſſe letzt vorbey/
Und bat/ ich moͤchte doch mein liebgen ihr vertrauen/
Jch ſprach; daß ieder menſch ſich ſelbſt unſichtbar ſey/
Sie koͤnne nirgends ſich als in dem ſpiegel ſchauen.
Uber Beliſſens bette.
BEhutſam! dieſe bahn geht nach dem Paradieſe/
Fuͤr welchem ſtets bewehrt der anmuths-engel wacht/
Denn hier ſucht ihre ruh die ſchlaͤffrige Belieſſe/
Die der verliebten welt unruhge naͤchte macht.
Uber die haar/ die Beliſſe forne auf der
ſtirne traͤgt.
DAß der fortuna ſtirn ihr haar traͤgt außgelaſſen/
Zeigt die gelegenheit ſie zu ergreiffen an/
Wenn du Beliſſe dies der goͤttin nachgethan/
Darf man dich auch wie ſie darbey zu halten faſſen.
Auf
Sinn-Gedichte.
Auf eine verliebte Kauffmanns-
Frau.
COurteſilis kriegt einen jungen ſohn/
Da doch ihr mann vor mehr als viertzig wochen ſchon
Jn Holland iſt verreiſt.
Jch weiß nicht was die loſen leute ſagen/
Es haͤtte ſich itzt anders ausgeweiſt/
Als was zuletzt der gute Mann befahl/
Daß ſie in ſein Journal
Von frembder poſt nichts ſolte laſſen tragen.
Gewiß ſie thun der lieben frau zu viel;
Denn niemand hat die Kauffmanns-art bedacht:
Das kind iſt ihr durch wechſel uͤbermacht.
Von Nitimarten.
DJe Michal legte dort ein ziegenfell ins bette/
Als David in gefahr des lebens ward gebracht.
Wenn ich die freyheit nur davon zu reden hätte/
Wie manch vertrautes Weib gar andre ſpringe macht.
So wolt ich nur ſo viel von Nitimarten ſagen:
Sie leget einen balck/ ſich ſelbſt, ins bette nein/
An dem die hoͤrner zwar nicht zu erkennen ſeyn/
Doch fuͤhlet ſie der mann. Denn dieſer muß ſie tragen.
An einen boͤſen Juriſten.
DAß du ſehr wenig ſeyſt im rechten unterwieſen/
Beweiß ich dir aus dieſen:
Das recht hat dreyerley: Leb’ in der erbarkeit/
Thu keinem menſchen leidt
Gib jedem was ihm ſoll; Nun iſt dein gantzes leben
Der uͤppigkeit ergeben/
Wer kan vor deinem maul an ehren ſicher ſeyn/
Die ſchmach iſt dir gemein/
Wem
Sinn-Gedichte.
Wem zahlſtu/ was dn ſolt/ beweiß ich nicht aus dieſen
Wie ſchlecht du unterwieſen?
Der Jungfern gleichheit mit den
Nuͤſſen.
DJe jungfern ſind bey uns den Nuͤſſen zu vergleichen/
Man kennt ſie/ ſind ſie reiff/ an puͤſchen und geſtraͤuchen.
Wann ſich die ſchale faͤrbt/ ſo iſt ſie rnnd und voll/
Und iſt mit beyden zeit/ daß man ſie brechen ſoll.
Kuͤſſen.
DEr mund iſt ein altar/ das opffer iſt das kuͤſſen:
Des prieſterthums allhier will jedermann genieſſen.
Herr und knecht.
EJn herr verſprach dem knecht/ daß er ſein kleid ſoll erben/
Der knecht grief fort darnach/ und wolt es nehmen hin.
Nein/ ſprach der herr/ verzieh/ biß ich geſtorben bin/
So koͤnnt ihr/ ſprach der knecht/ hent oder morgen ſterben.
Marott und Lentin.
MArott/ ein narr/ gieng einſt Lentin dem edelmann
Zur rechten hand/ der ſprach: Das ſteht mir gar nicht an/
Marott/ daß mir ein narr zur rechten hand ſoll gehen;
Mir/ ſprach Marrot/ gar wohl und gieng zur lincken ſtehen.
Auf einen Artzt.
ES ruͤhmte ſich ein artzt/ und macht ein groß geprahl
Von ſeiner tiefen kunſt/ von ſeiner cur zumahl/
Daß kein/ kein patient fuͤhr uͤber ihn beſchwerde:
Ja/ ſprach ein ſchalck/ du ſtopfſt ihm bald das maul mit erde.
Ein
Sinn-Gedichte.
Ein alter/ ſo ein junges weib genom-
men.
EJn alter/ der nicht laͤngſt ein junges weib genommen/
Fragt einen/ wo doch ſey des menſchen dickſte haut?
Dir wird ſie/ ſprach ein ſchalck/ in deiner ſtirn geſchaut/
Sonſt haͤtteſt du gewiß ſchon hoͤrner uͤberkommen.
Auf einen groß naß und naſeweiſen.
EJn naſen-koͤnig ging in einer engen gaß/
Ein naßweiß rief: Macht raum? der groß-naas hoͤrte das.
Sprung an die eine ſeit/ ſtandt ſtill und ſprach zum andern/
So gehe du voran/ weil narren zollfrey wandern.
Letzte bitte eines diebes
DOrt ward zum ſtrick verdamt Marinckus ein Polack
Der bat vor ſeinem end umb eine pfeif toback/
Das iſt/ ſprach er geſund/ und kan die fluͤß vertreiben/
Jch werde doch die nacht im kuͤhlen muͤſſen bleiben/
Papagoyen geſchrey.
EJn Papagoy rief aus was ihn Corinna lehrte/
Alß nun ein artzt da ging/ und hahnrey rufen hoͤrte/
Sprach er: dem Papagoy mus etwas ſeyn geſchehn/
Daß er vor ſeinen herrn mich jetzt hat angeſehn.
Einer frauen wunſch.
ZUm Doctor/ der ſchier nacht und tag
Studiert und auf den buͤchern lag/
Sprach ſeine frau. Jch wuͤnſch allein.
Ein rares buch vor euch zu ſeyn;
So ſeyd/ ſprach er/ denn unter den Calendern/
Die kan und mus man alle jahr verendern.
Auf
Sinn-Gedichte.
Auf den Stax.
STax/ ein pennal/ wolt auch mit andern Burſchen reiten/
Und wuſte doch nicht recht den wallach zu beſchreiten/
Der etwas kuͤtzlich war/ und lief den andern vor.
Sacht/ ſacht? rief man ihm zu; wie kan ich/ ſprach der thor/
Der teufel/ glaub ich/ iſt im pferd/ und hilft ihm gehen/
Jch ſtech es/ was ich kan/ das aas wil doch nicht ſtehen.
Auf einen laͤcherlichen fall.
MArcolph ging ſehr berauſcht die fuͤſſe zu bedecken/
Fiel aber in den koth/ weil ihm der kopf zu ſchwer:
Die ſau roch den geruch/ lies ihr den braten ſchmecken/
Und ſuchte mehr confect/ kam endlich ohngefehr
Auf des Marcolphen maul mit ihrem rauchen ruͤßel/
Und zwar was ungelind: Marcolph vermeint im traum/
Er hielte dem barbier/ der ihn ſonſt putzt/ die ſchuͤſſel/
Drum ſprach er/ unterm bart/ ſo daß mans hoͤrte kaum/
Herr putzet nicht ſo hart/ ſtreicht doch das meſſer beſſer/
Potz velten! Putzt mich nicht mit ſolchem ſtumpfen meſſer.
Rieß und Zwerg.
EJn langer edelmann ging eins mit ſeinen ſoͤhnen/
Ein Zwerg begegnet ihm/ den fragt er/ ihn zu hoͤhnen/
Wie biſt du doch ſo klein/ du kurtzer katzen-kater?
Ja Juncker/ ſprach der Zwerg; Jch hab nur einen vater.
Auf den Hanß Supp.
HAnß Supp fuhr auf der ſee/ und als ein ſturm entſtand/
Vermeinte jederman/ das ſchif wuͤrd unterſincken/
Drum nam der diß/ der das/ hanß Supp ergrif zur hand
Den anker/ und vermeint/ jetzt koͤnt er nicht ertrincken.
Hofm. w. III. Th. J1. Hoff-
Sinn-Gedichte.
1.
Hofnung und gedult.
DJe hoffnung iſt der ſtab; gedult das reiſe-kleid/
Damit man durch den todt zieht in die ewigkeit
2.
Alter Freyer.
WAs wilſtu/ alter/ dich erſt umb ein weib bewerben?
Beſtelle dir dein grab und lerne taͤglich ſterben.
3.
Heyrathen.
WEr liebt/ der freye bald/ ein weib hilfft ihm aus noͤthen/
Er kan die keuſche brunſt in ihrem ſchoße toͤdten.
4.
An den Daͤdalus.
MEin Daͤdalus/ dein ſohn hat ſich gewagt zun ſternen/
Es waͤre beſſer ihm/ er haͤtte ſchwimmen lernen.
5.
Uber Fiſchers und Morus enthalſung.
WEil Fiſcher/ Thomas Mohr nicht billigt ehe ſcheiden;
Muß ihnen axt und beil den kopff vom coͤrper ſchneiden.
6.
Gelahrten muͤhe.
NAch vieler ſchrifften muͤh faͤllt dies gelehrten ein/
Daß ſie nur um ein wort aufs grab bemuͤhet ſeyn.
Das Gluͤcke.
Gluͤcke/ das iſt nicht partheyiſch/ nein/ es iſt im geben gleich:
Hoffnung giebet es den armen/ furcht denſelben/ die da reich.
La-
Sinn-Gedichte.
Laſter.
DEn laſtern muſt du dich/ weil du noch kanſt/ entziehn/
Wenn ſie gewurtzelt ein/ wirſt du nicht leicht entfliehn.
Der breit- und ſchmale weg.
ES iſt ein breiter ſteg
Und wohlgebahnter weg/
Der zum verderben fuͤhret/
Den einer/ ſo doch blind/
Ohn allen anſtoß ſindt/
Ohn alles fuͤhlen ſpuͤhret.
Der den die tugend kennt/
Wird allzeit ſchmal genennt/
Kein menſch kan ſelben finden/
Als der der tugend freund/
Der laſter aͤrgſter feind
Und nicht geblendt von ſuͤnden.
Gedult im leiden.
LEid ob es ſchon iſt ſchwer und ungedult wil kommen/
Sprich nicht daß deine qual die allergroͤſte ſey/
Kein menſch iſt auf der welt/ von allem kummer frey:
Das groͤſte leiden wird doch endlich weggenommen.
Seiden-Wurm.
DJeſes was mir nahrung ſchafft/
Jſt was mich von hinnen rafft/
Wil ich andern reichthum geben/
Bring ich mich ſelbſt um das leben.
Wer hoch ſteigt/ faͤllet hoch.
WAs fuͤr dich iſt zu hoch/ das ſoltu billich fliehen/
Und deines wundſches ſeil mit fleiß zuruͤcke ziehen.
Wer etwas groſſes ſucht und hoch hinaus begehrt/
Dem iſt ein groſſer fall und ungeluͤck beſchert.
Sauffen und buhlen.
WAß bringt die voͤllerey und buhlen wohl fuͤr fruͤchte/
Als ungeſunden leib/ ein tunckeles geſichte/
Der ſeeligkeit verluſt/ ein uͤbeles geruͤchte?
Auf die Chloris.
CHloris wuͤnſcht dem ſchnee zu gleichen/
Doch das geld wil nicht zureichen.
J 2Arm
Sinn-Gedichte.
Arm und ein geſchminckt geſicht/
Bringt dem beutel peſt und gicht.
Der freundſchafft grund.
AUf erkennen/ nicht auf ſchauen/
Muß man rechte freundſchafft bauen.
Ehrlicher nahme.
NJmm dein geruͤcht in acht mehr/ als wol gold und geld/
Weil es dein beſter ſchatz iſt auf der gantzen welt/
Geld das verlohren geht/ wird wieder offt gefunden/
Ein guter nahme nie/ der einmahl iſt verſchwunden.
Kenne dich ſelbſt.
AUf andre gieb zwar acht/ doch mercke mehr auf dich/
Was man bey andren haßt/ hat man offt ſelbſt an ſich
Geld.
GEld macht kluge/ geld macht freunde;
Geld macht narren/ geld macht feinde.
Trau/ ſchaue wem.
REcht thoͤricht handelſtu/ ſo du wilſt dieſen trauen/
Jn welchen weder treu/ noch glauben iſt zu ſchauen.
Kunſt.
NJchts iſt uͤber kunſt.
Ehre/ die iſt dunſt;
Wind/ der menſchen gunſt/
Thorheit/ ſchnoͤde brunſt.
Gemuͤths-Guͤter.
MAn kan in einem nun verliehren alle Guͤter;
Nichts aber raubet mir den reichthum der gemuͤther.
Gleiche bruͤder/ gleiche kappen.
BEy dem ſtraffen muß man nicht die perſonen unterſcheiden/
Gleiche fehler muͤſſen auch gleiche pein und ſtraffe leiden.
Ver-
Sinn-Gedichte.
Verachte keinen feind.
VErachte keinen feind/ in meinung daß er klein/
Der kleinſte kan ſehr offt dem groͤſten ſchaͤdlich ſeyn.
Creutz.
TRag mit gedult des creutzes laſt/ wirff ſie nicht hin zu deinen
fuͤſſen/
Die ſind am ſchlechtſten dran/ die nicht ihr leiden zu verbergen
wiſſen.
Der hoͤchſte grad der thorheit iſt: Daßelbe tollkuͤhu aͤndern wollen/
Was keiner/ als die rechte zeit/ wird aͤndern koͤnnen/ oder ſollen.
Gluͤcks und ungluͤcks-betrachtung.
ES pflegt uns nicht im gluͤckesſtand das ungeluͤck ſo ſehr zu
kraͤncken/
Als wenn wir in dem ungluͤcks-ſtand an das verlohrne gluͤck ge-
dencken.
Unmaͤßigkeit der menſchen.
WJr menſchen wollen nicht/ und wollen langes leben/
Wir brechen ſelbſt ihm ab/ und aͤrtzte ſollens geben.
Verraͤtherey.
KEin groͤſſer laſter iſt/ als die verraͤtherey/
Der/ ſo ſie doch verlangt/ traͤgt ſelber vor ihr ſcheu.
Weltliche freude.
DJe freude dieſer welt/ die dauret kurtze zeit/
Nur einen augenblick waͤhrt ihre ſicherheit/
Sie waͤhrt minuten lang und quaͤlt in ewigkeit.
Eile mit Weile.
ZWar eile/ doch nicht ſehr/ was langſam wird vollendet/
Hat offt uns mehr genuͤtzt/ als das/ was bald geendet.
Auf die Clelia.
CLelie/ wenn ſie darff kuͤſſen/
Den/ zu welchem ſie hat luſt/
J 3So
Sinn-Gedichte.
So wil ſie das eſſen miſſen/
Es ſoll helffen fuͤr die koſt/
Kom zu mix/ ich wil dich ſpeiſen/
Speiſe du denn wieder mich.
Es wird ſich alsdenn ſchon weiſen/
Ob es drauf läßt faſten ſich.
Raͤtzel
1.
MAuchmahl geb ich mich umbſonſt/ manchmahl laß ich mich
verkauffen/
Eine zeit/ gelt ich bey armen ſo/ als wie dem reichem mann/
Ander man mich nur bey reichen/ nicht bey armen finden kan.
Bin ſo hart als Diamant: Doch kan man durch mich erſauffen.
2.
Jch bin eine finſtre tochter/ da mein vater hell und klar/
Dieſer iſt ſehr angenehm und ich muß verdruͤßlich ſcheinen.
Jch geb urſach/ daß man muß bey ben groͤſten freuden weinen.
Welt/ die acht ich nicht/ und ſteige nach dem himmel immerdar.
3.
Jch bin waſſer/ ohne daß ich nicht als wie das waſſerfluͤß/
Bleibe ſtets an einem ort/ biß mich weg-die feinde jagen.
Erde wird durch meine kaͤlte warm: ſo offt ich ſie begruͤß/
Wird ſie uͤber ungewitter/ noch den donner/ wohl nicht klagen.
4.
Wie ein andrer Paris ich/ von der ſchoͤnheit urtheil faͤlle/
Jch verendre mich gar offt nach den menſchen/ nach der ſtelle/
Mahle beſſer als Apelles/ theile mit den beſten rath/
Sage fuͤrſten in die augen/ was ſich keins gewaget hat.
5.
Ob ich ſchon nicht mutter bin/ hab ich dennoch ſehr viel kinder/
Ohne ſie/ ſo waͤr ich nichts/ wann ſie heim/ bin ichs nicht
minder.
Ohne
Sinn-Gedichte.
Ohne ſie kan ich nicht bleiben/ ſie wohl aber ohne mich.
Wenn ſie mich zur welt gebohren/ ſo verliehren alle ſich.
6.
Daß ich ſoll verdorben werden/ werd ich bloß allein gemacht/
Aber/ wenn ich hingerichtet/ auch der faͤulſte mich nicht acht.
Von viel/ das man ſonſt nicht weiß/ koͤnt ich geben einen zeuge:
Die verliebten trauen mir/ weil ſie wiſſen/ daß ich ſchweige.
7.
Ob ich ſchon Mercur nicht heiſſe/ bin ich doch ein fliegend bot.
Der glaubwuͤrdig vor kan tragen eines und des andern noth.
Meinen weg nahm in die welt ich durch die corallen-pforte/
Niemahls kehr ich wiedrum hin/ wenn ich lang von dieſem orte.
8.
Wir ſind muͤtter wahrer lieb/ freud- und leidens rechte kinder/
Das erbarmen vor uns geht und begleitet uns nicht minder.
Jn dem rund-gewoͤlbten hauſe ſchoͤner zwilling uns man ſieht/
Und zugleich/ wie da/ zwey ſonnen/ da ſonſt eine waſſer zieht.
9.
Bey der ſonnen toͤchtern mach ich einen klugen unterſcheid/
Durch mich in gewiſſe ſchrancken wird geſchloſſen-ein die zeit
Jhre klarheit/ welche ſich zu der ewigkeit geſellet/
Wird durch einen ſchatten vor/ wie es recht/ von mir geſteklet.
10.
Ob ich ſchon nicht ſichtbar bin/ werd ich dennoch viel geſchlagen/
Weil ich habe keinen leib/ pfleg ich nichts darnach zu fragen.
Hertz hab ich und andre ſtuͤcke/ wenn gleich arme nicht und bein/
Jene ſtuͤcke viel verrichten/ wenn ſie gut gemachet ſeyn.
Grabſchrifften
Eines fruͤh-kindes.
JCh eilte in die welt/ ich eilte aus der welt/
Durchs erſte hab ich leid/ durchs letzte freud’ erwecket/
J 4Man
Sinn-Gedichte.
Man haͤtte lieber mich geſehen noch verſtecket/
Da fruͤhes wachsthum ſonſt faſt jedermann gefaͤllt.
Eines bequemen mannes.
MEhr kinderchen hatt ich als geldes in dem kaſten:
Zu allem ſchickte ſich mein weib/ als nicht zum faſten/
Fand ſelbe nicht bey mir/ was ihr den hunger nahm/
So ſah ſie/ wo ſie ſonſt zu naſchen was bekam.
Eine andre.
WEil ich im leben war/ ſo war bey mir die lade
Der hochgekroͤnten zunfft: Sey keiner drum ein thor/
Und thu mir/ nun ich tod/ mit uͤblem urtheil ſchade/
Sonſt ſchlaͤgt ſtatt meiner ihn/ mein geiſt zum aͤltſten vor.
Noch eine andre.
WEnn man ſo treulich mich gebracht zu leut und land/
Als wohl zu kroͤnen mich man fleiß hat angewandt/
Haͤtt’ ich den fuͤrſten gleich bedienet koͤnnen leben/
So hat man kinder mir/ ſtatt unterthanen geben.
Eines Geitzigen.
JCh aß und tranck nicht gnung/ ich ruhte niemals aus/
Mit brodt und waſſer hab ich meiſtens mich ernaͤhret/
Gieng brummen wie ein baͤr/ bey tag nacht und im hauß/
Jtzt wird mein gut mit luſt/ durch wuͤrmer ich/ verzehret.
Eines Tadlers.
JCh wuſt auf tauſend art die menſchen zu verachten/
Es ſtand mir gar nichts an/ was ruͤhmens-wuͤrdig war/
Was ich that/ war nur gut/ nichts/ was die andren machten/
Ja ſelbſt dem todt ſtellt’ ich im tode maͤngel dar.
Eines Atheiſten.
AUs allen glauben pflegt ich etwas mir zu klauben/
Daß gott und teuffel ſey/ das kont ich nur nicht glauben/
Gar anders bin ich jetzt/ gelehret durch den todt/
Jch fuͤhle was die hoͤll’/ und weiß nun daß ein gott.
Eines
Sinn-Gedichte.
Eines Wucherers.
DEr mit dem Juden-ſpies bey tag und nacht gerannt/
Um wucher unermuͤdt durchſtrichen ſee und landt/
Und auf gewinn gedacht mit viel gefahr und ſorgen/
Der iſt gantz nackt und blos in dieſer grufft verborgen.
Eines ſchein-heiligen.
HJer liegt ein ſchlauer fuchs/ der jederman betrogen/
Der ſich nach allem wind/ als wie ein rohr/ gebogen:
Jndeſſen munde treu/ im hertzen wohnte liſt/
Dem nahmen nach ein chriſt/ im werck ein Atheiſt.
Eines ungerechten Richters.
DJe gaben ſah ich mehr als die geſetze an/
Sprach urtheil nach dem geld/ nicht dem Juſtinian.
Numehr iſt uͤber mich daß urtheil auch geſprochen:
Weh dieſem/ der das recht den armen hat gebrochen.
Eines Bereuters.
NJchts hat mir auff der welt/ mehr luſt als reiten bracht.
Jch habe manches pferd und reuter gut gemacht/
Jetzt iſt mein fauler leib der maden renne-bahn/
Die reiten jetzt herum/ dieweil ich nicht mehr kan.
Eines feuer-freſſers.
Aus kurtzweil fraß ich vor das feuer in mich ein/
Ohn daß im minſten mir es koͤnte ſchaͤdlich ſeyn.
Jtzt da es noͤthig waͤr/ da kan ich keines freſſen/
Es ſcheinet/ daß man hier diß handwerck muß vergeſſen.
Eines Nachtwaͤchters.
WEnn andre ſchlieffen wol/ ſo muſt ich fuͤr ſie wachen/
Und fleiſſig haben acht auf all ihr hab und gut:
Jtzt bin ich durch den todt genommen von der hut.
Nimmt er die waͤchter weg/ wie wird ers ſchlaͤffern machen?
J 5Eines
Hochzeit-Gedichte.
Eines Einaͤugigten.
EJn auge hatt ich nur/ und liebt es mehr denn zwey/
Weils zweymahl mich gelehrt/ daß eins bequemer ſey.
Denn als ich neulich ſtarb/ und vormahls ſchlaffen muͤſſen/
Hab ich nicht mehr gehabt dann eines zu zuſchlieſſen.