Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten
Verhandlungen
der Königl. Preuß. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin.
Aus dem Jahre 1844.
Berlin.
Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie
der Wissenschaften.
Note Hrn. Alexander von Humboldt's über den
Meteorsteinfall von Klein-Wenden.
Wir hoffen das Interesse dieser Sitzung zu vermehren, wenn
wir noch der denkwürdigen Natur-Erscheinung des Falles eines
Meteorsteins erwähnen, von der Hr. v. Humboldt vor Kurzem
durch die mit so vieler und rühmlicher Umsicht von dem Hrn.
Landrath Baron v. Byla eingesammelten Zeugnisse sichere Kunde
erhalten hat. Der vorliegende Meteorstein, jetzt noch (da ein
kleines Stück davon abgeschlagen ist) an Gewicht 5 Pfd. 23½ Lth.
schwer, ist am 16. September 1843 um halb fünf Uhr Nach-
mittags in einem Kartoffelfelde bei dem Dorfe Klein-Wenden,
nordwestlich von Almenhausen, im südlichen Theile des Wipper-
thales, zwischen Klein-Wenden und Münchenlohra niedergefallen.
Den von dem Hrn. Landrath v. Byla zu Nordhausen mitgetheil-
ten umständlichen Zeugnissen ist eine von dem Wegebaumeister
Hrn. Monecke aufgenommene Situations-Zeichnung der Um-
gegend beigefügt. Der Aërolithenfall ist dieses Mal nicht, wie
es sonst gewöhnlich ist, aus einem kleinen schwärzlichen Ge-
wölk geschehen, in dem man wie einzelne Entladungen von Ge-
schütz vernimmt; der Aërolith von Klein-Wenden fiel bei ganz
heiterem Himmel. Weder Gewölk noch Lichterscheinung einer
Feuerkugel waren sichtbar. Man hörte einen furchtbaren Ka-
nonenschuß (schwächer wurde dieser bei Erfurt vernommen)
und dann ein Getöse und Geprassel, das mit vielen auf einem
schnellfahrenden Wagen zusammengerüttelten Steinen verglichen
wurde. Man sah den Stein von Südost nach Nordwest fallen;
er machte im dürren Boden eine Vertiefung von nur 4–5 Zoll
und war (was immer bemerkt worden ist) so heiß, daß man ihn
erst nach mehreren Minuten berühren konnte. Es ist nur ein
einziger Stein gefunden, ob man gleich anfangs hoffen durfte,
es wäre ebenfalls ein Stein in Almenhausen gefallen, wo das
Geprassel besonders stark gehört worden war. Der Meteorstein
von Klein WendenKlein-Wenden hat die merkwürdige vierseitige prismatoi-
dische Form, welche Hr. Schreibers an so vielen zu ganz ver-
schiedenen Epochen und in sehr entlegenen Ländern gefallenen
Meteorsteinen beobachtet hat. Er lag auf dem Boden so, daß
die breite Grundfläche nach unten und die verschobene, fast py-
ramidale Zuspitzung nach oben gerichtet war. Eine chemische
Analyse dieses kleinen aus dem Weltraume herabgefallenen Aste-
roiden hat noch nicht gemacht werden können. Hr. G. Rose
erkennt eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Aërolithen von
Erxleben. Der von Klein-Wenden enthält eine graulich weiße,
feinkörnige Grundmasse, in der das Nickel-Eisen in meistens sehr
feinen, seltener etwas größeren Körnern eingesprengt ist. Da-
neben liegen einzelne bräunlich graue, bis Erbsen große Körner
von unebenem Bruche. Hr. G. Rose bemerkt, daß die Grund-
masse mit Säuren gelatinirt. Der Aërolith und die Zeugnisse
über die Art seines Falles werden wieder in der reichhaltigen
Sammlung von Meteorsteinen aufbewahrt werden, welche das
Königliche Mineralien-Kabinet besitzt.