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Auszüge aus Briefen. Von Hr. F. A. v. Humboldt
d. d. 22 Sept. 1791. Freyberg im Erzgebirge.
Ich habe, ob mir gleich das practiſch-bergmänniſche viel
Zeit wegnimmt, doch eine Arbeit über die hieſige Flora,
beſonders über die Flora cryptogamica angefangen. Ich
erſtaune täglich über den Reichthum unterirrdiſcher Vege-
tation und über die Beſtändigkeit der Formen. Pflanzen,
Schwämme die Scopoli aus Schemnitzer Stellen abgezeich-
net, finde ich hier ganz ſo ähnlich, als habe er daſſelbe
Exemplar gehabt. Ich zeichne die neuen Species ab, beob-
achte den Fortgang der Vegetation, da ich eine Flechte
oft lange hintereinander beſuchen kann. Ich ſtelle eigene
Fahrten an, wenn ich höre, daß einer auf einem alten
Bau viel vermodertes Holz, der Hauptquelle meiner Flora
Fodinarum gefunden hat. An Mühe laſſe ich es nicht feh-
len, dennoch fühl' ich ſehr, daß das Werk eines Botani-
kers, mehr, als eines Botanophili, wie ich, bedürfte. Im
Winter hoffe ich, mein kleines Specimen Floræ Freyber-
genſis drucken zu laſſen.
Geſtern fuhr ich mit dem Bergrath Charpentier auf einer
hieſigen Grube, dem Kurprinzen, wo wir eine Flechte
4 Fuß lang und gewiß 2 Fuß breit fanden. Es iſt eine
neue Species von Usnea (Lichenes filament. Linn.) die ich
verticillata genannt habe. Die Fuci abgerechnet, iſt wohl
nie ein Beyſpiel einer gröſſeren Algæ entdeckt worden.
Die Bergleute erſchracken, als ſie das Gewächs hangen ſa-
hen. Eine wahre Adanſonia ihrer Art!