Ein Leichpredig /
Gehalten bey der Leich /
des Ehrenuesten vnnd Hochgelehrten
Herrn /Matthei Grabißgaden / der Artzney Do-
ctorn / vnd Fürstlichen Wirtembergischen Hoffmedici / als
er den 27. tag Martij / Anno 87. im HERrn seelig
entschlaffen / vnd folgenden 29 . tag begra-
ben ist worden .
Durch
M. Johann Magirum /Predigern bey S.
Leonhardt zu Stutgart.
APOC. XIIII .
Selig seind die Todten / so in dem HERrn sterben .
Getruckt zu Tübingen / bey Alexander Hock /
im Jar nach Christi geburt / als man zalt
M. D. LXXXVII.
Dem Ehrnuesten Hochgelehrten Herrn / M. Johann Grabisgaden / Medico zu Stutgarten / meinem lieben vnd guten freundt .
GOttes Gnad / zeitliche vñ ewige Wolfahrt zuuor / Ehrnuester / Hochgelehrter lieber Herr / vñ guter freund / Ich kan leichtlich erachten / daß E. E. durch so vnzeitigen todt ( wie es vor vnser vernunfft das ansehen hat ) ewres einigen vnd geliebten Sohns / Doctoris Mattheiseligen / hochbetriebt seyen . Dann vber seinem / so früen tod / die jhne gekandt / vnnd dessen bericht worden / neben mir / mit E. E. vnd derselben Freundtschafft ein Christlichs mitleyden tragẽ / Sonderlich / dieweil jeder zeit / von Jugendt auff ein herrlich ingenium bey jhm gespürt worden / welches er nut sonderm fleiß ( so er in seinem studirn angewandt ) excolirt , vnnd ein trefflich iudicium albereit erlangt / vnnd den sachen tieff nachgedacht hat . Zu dem er auch in seinem beruff / als ein Medicus , gantz willig / vnd meniglichen / so tag / so nachts / zu dienen / vnuerdrossen gewesen / vnd mit sonderm lust solches ver-
richtet . Daneben aber vnnd zuuorderst / ist er mit warer heilsamen Erkandtnus seines einigen Erlösers Christi / vñ mit einem Gottseligen gemüt begabt gewesen . In massen jme M. Johannes Magrus / Prediger zu S. Leonhart / des Ehrwirdigen vnnd Hochgelehrten Herrn / M. Joañis Magri / Probst zu Stutgartẽ / meines freundtlichen liebẽ Collegae , Son / in seiner Christlichen Leichpredig warhafftige zeugnus gegeben . Ine hat auch sein eingezogẽ / niechter vnnd zichtiger bescheidner Wandel / sambt seinen holdseligen moribus vnd freundtlichheit / wol gezieret : Derwegen ich mich sein erfrewet / vñ verhofft / er würde dem Fürstlichen löblichẽ Hause Würtenberg / vil jar mit nutzen dienen / vnd die andern Fürstlichen Würtenbergischen Medicos ( deren ettliche nunmehr in zimlichem alter ) mit lob vnd nutz neben andern Jungen ersetzen .
Dieweil es aber vnserm Himlischen Vatter anderst / vnd also gefallen / daß er jhne zeitlich auß disem vnrhüwigen leben vnd Jamerthal zu sich erfordern wöllen / sollen wir billich seinem Göttlichen willen vnd Raht ( als dem allerbesten / vnd allerweisesten ) vns nicht widersetzen . Vñ soll E. E. gentzlich bey sich schlies-
sen / was Gott thut / das sey wol gethan : ob gleichwol E. E. schwer ankom̃t / derselben willen hierin / in den willen des himmlischen Vatters / allerdings zuergeben . Es hat E. E. geliebter Sohn / seeliger gedechtnüs / seinen lauff wol vnd zeitlich verbracht . Dann er von Jugent auff / in seinem beruff / das ist / im studirn fleissig gewesen . Vnd nachdem er den gradum Doctoratus erlanget / auch ehe dañ er widerum̃ in sein Vatterland gezogen / hat er in Italia , sonderlich aber zu Florentz / im Hospital / vnnd dañ etlichen orten in Franckreich / mit besuchung vnd fleissiger cura der Krancken / lob vnnd rhum erlanget . Vnd nachdem er herauß in sein Vatterland kommen / vñ Fürstlicher Hofmedicus worden / ist er zu Stutgarten / meniglichen zu dienen / willig vnd geflissen gewesen : Also / daß er an dem tag / da er sich ( schwachheit halben ) legen müssen / zuuor noch ettliche seiner Patienten besucht hat . Derwegen der Allmächtig an seinem bereiten willen vñ fleiß / so er die wenige Jar in seiner practica medica , angewandt / so wol benügt gewesen / als ob er gleich dreissig Jar oder lenger die krancken besucht vnd curirt hette . Johannes der Tauffer ist in seinem Theologischen beruff der Kirchen
Gottes ein gar kurtze zeit vorgestanden . Vnd haben ohn zweifel / alle guthertzige gottselige leut darfür gehalten / wann er hette das leben sollen haben / er würde grossen nutzen mit seinen eiferigen Predigtẽ gegẽ der Gemein Gottes geschafft haben : Aber Gott hat jne / gleich mitten auß seinem lauff ( wie es das ansehẽ gehabt ) auffgefangen / vnd in sein ewig Reich erfordert / vñ hat jm die kurtze zeit seines beruffs / für vil Jar gerechnet : Also ist eben derselbige Güttige Allmächtige Gott / an E. E. geliebtẽ Sons seligen / angewendtẽ fleiß ( den er / in der kurtzen zeit / die er gelebt / angewandt ) wol beniegt gewesen / vnd jne auß Vätterlicher liebe / zeitlich zu seinen Göttlichen gnaden / seliglich transferirt . Derhalben wöllen E. E. sich zu friden geben / auff Gottes gnedigen willen sehen / vnd dises Creutz mit Christlicher geduldt tragen . Der Gott alles trosts / wölle E. E. in disem leid trösten / vñ erhalten / Amen . Datum Beblingen / den 4 . tag Aprilis / Anno 1587 .
E. E.
Dienstwilliger
Lucas Osiander D .
Esaias am 56 .
Capitel .
ABer der Gerechte kommet vmb / vnd niemand ist / der es zu hertzen neme . Vnnd heilige Leut werden auffgerafft / vnnd niemand achtet darauff . Denn die Gerechten werden weg gerafft für dem vnglück / vnnd die richtig für sich gewandelt haben / kommen zum Fride / vnd ruhen in jhren Kammern .
Außlegung .
GEliebte im HERrn Christo / vnder andern vilfältigen Nutzbarkeiten / so vns frommer Leut Begräbnuß / vnnd dise versamblungen bringen / ist nicht die wenigst / daß sie ware buß vnnd besserung deß Lebens bey vns schaffen . Dann weil GOTT auch an den frommen / seinen liebsten Kindern / die Sünd / so sie noch am Fleisch tragẽ / hasset / vnd sie ettwan vor der zeit / vnd ehe es vns dunckt nutz vnnd gut sein / ( gleich wol jhnen nicht zu vngnaden ) dem zeitlichẽ todt vnterwirfft : so haben die Gottlosen darbey zubedenckẽ / wie der HERr
jhre Sünde / so grösser vnd schwerer / jhme lasse gefallen / vnd wieuil grössere Straffen sieverdienẽ / wa sie nicht buß 1. Pet. 4. wircken . Wie denn Petrus in gemein erfordert / daß man der Frommen Creutz also ausehe / auff daß die Gottlosen lehrnen Gott fürchten / vnd buß thun .
Vnnd eben das lehret Esaias auch in den verleßnen worten / vnd stellt vns fromme abgestorbne Leut / zu Bußpredigern auff / die vns vom schlaff der Sünden auffwecken / von der sicherheit abmahnen / vnnd zur Christlichen Buß anhalten sollen . Weil wir dann solcher Bußprediger zu diser vnser zeit / wol bedörffen / von wegen grössester sicherheit / welche beim grösten hauffen auch vnder vns Christen / in vollem schwanck gehn / so wöllen wir disen Spruch Esaiae nach gelegenheit der zeit vnd orts / ein wenig besehen / vnd vmb besserer ordnung willen / dise vier Stücklin drauß anhören .
I. Wie es mit der Frommen todt geschaffen sey / vnd wahin sie durch denselben kommen . II. Auß was vrsachen / bißweilen nur die Fromme / durch den todt weg genom̃en werden . III. Was für nutzẽ jr todt bey der Welt schaffe. IIII. Wann der Gottloß hauff sich nicht bessert / was für groß vnglück gemeinlich auff jhren todt folge . Vom Ersten .
ABer der Gerechte kommet vmb / spricht Esaias . Durch die Gerechte / welche er hernach auch heilig nennet / verstehet er nach art heiliger
Schrifft / die so an Christum vnsern Heiland glauben / welcher im Alten Testament künfftig war / aber im Newen Testament erschinen ist . Dann also hat der Prophet dises wörtlin ( Gerecht ) drobẽ gebraucht Cap. 53 . Durch sein erkentnuß / wirdt er mein Knecht der Gerechte / vil gerecht machen . Denn er tregt jhre Sünd . Nun erkennet man Christum allein durch den Glauben / durch welchen er vns alles / was er von vnsert wegen gethon vnd gelitten hat / schenckt vnd zueignet . Dieweil aber vil sich des Glaubens vnd diser Gerechtigkeit rhümen / die doch keinen rechten Glauben haben / so erklärt sich der Prophet selber / was für gerechte Leut seind / nämlich / die richtig für sich gewandelt haben / das ist / welche sich der Gottsforcht vnd Gerechtigkeit / auß glauben beflissen haben . Dann ein warer Glaub wirdt gespürt vnnd erkennet bey den guten Wercken / wie ein Baum bey den Früchten . So redt nun der Prophet von denen / welche durch den Glauben vor Gott vmb Christus willen / für gerecht gehalten werden / vnd durch jhren auffrichtigen vnärgerlichen wandel / auch für der Welt gerecht seind . Was sagt er denn von jhnen : Der Gerecht kommet vmb / spricht er / das ist / er stirbt dahin / er wirdt weg geraumpt auß diser Welt / vnd es ist mit jhm auß . Sprichstu : Was ist das ? Hat nicht Christus den Gläubigen verheissen / daß Joan. 11 . sie nimmermehr sterben / oder / wann sie schon sterben / dannoch leben sollen ? Wie sagt denn Esaias : Der Gerecht komme vmb ? Antwort : Der Prophet redet an disem ort mit der Welt vnnd den vnuerständigen / dann für denen werden die Frommen angesehen als stürben sie / vnd jr hinfahrt würdt für ein verderben gerechnet . Sap. 3. Dann Sap. 3 .
die Welt meinet / es sey auß mit den Frommen / vnnd jhr Frömbkeit sey durchden todt verloren . Wie es aber eigentlich mit jhnen geschaffen / vnnd was er dauon halte / zeigt er selbs an / da er sagt : Sie kommen zum Friden / vnd ruhen in jhren Kammern . Das ist / der Todt ist nur jhr Schlaff vnnd sanffce ruh / das Grab ist nur jhr Schlaffkämmerlin vnd Ruhbethlin . Eben dises Esa. 26 stehet auch hieuor Cap. 26. da der Prophet auch von der Frommen todt redet : Gehe hin / spricht er / mein Volck / in eine Kammer / vnd schleuß die Thür nach dir zu . Vnnd Joan. 11 . Christus sagt vom gläubigen Lazaro Johan. 11. als er schon gestorben war : Lazarus vnser Freund schläfft . Wie 3. Thess. 4. denn Paulus dise weiß zureden auch braucht . 1. Thess. 4 . Wir wöllen euch / liebe Brüder / nicht verhalten von denen / so da schlaffen .
Vnd wirdt der Frommen Tod recht vnnd eigentlich / Job. 14. ein Ruh vnd Schlaff genennet . Dann in disem Leben ist Psal. 90 . vil vnruh / vnd das best / so drinnen / ist Müh vnnd Arbeit / Syr. 40 . Sorg / Forcht / Elend vnd Jamer : Daher diß Leben recht ein Jamerthal genennet würdt . Weim aber ein Frommer stirbt / so würdt er aller Vnruh / Müh / Arbeit vnnd Trübsal entledigt / doch vil anderst denn die Vngläubigen : seitenmal der vngläubigen Leiber / von der zeitlichen Trübsal auch ruhen biß an Jüngsten tag / jre Seelen aber kommen stracks in die ewige vnruh der verdamnuß / da hiegegen die Frommen mit Leib vnnd Seel zum Friden kommen . Dann jhre Leiber ruhen in der Erden / jhre Seelen Sap 3. aber in Gottes Hand / da sie kein qual anrieret. Sap. Apoc. 14. 3. Apoc. 14. Darnach aber ( dahin die Scha fürnämlich sihet ) so haben die Gläubigen / die hoffnung durch
Christum / daß sie am Jüngsten tag aufferstehn werden / zum ewigen seligen Leben . Gleich wie nun die / so ruhen vnnd schlaffen / vnder die Lebendigen gezehlt werden / weil sie nach etlich stunden werden auffwachen : Also werden die Gläubigen auch nach dem Todt / für lebendig geachtet / weil sie anjenem tag wider leben sollen . Daher sagt Matth. 22 . Christus Matth . 22. von Abraham / Isaac vnd Jacob / so schier vor 2000 . Jaren gestorben waren / daß sie nicht nur ruhen / sonder auch leben für Gott / weil der sie wider könne vnnd werde lebendig machen / der sich nach jhrem todt / noch jhren Gott nennet . 2. Mos. 3. Vnnd Johan. 6. Joh. 6 . sagt er in gemein : Das ist der will dessen der mich gesandt 2. Mos. 3. hat / daß / wer den Son sihet / vnd glaubet an jhn / habe das ewige Leben . Wie ? Muß er doch auch sterben ? Antwort : Vnd Ich / spricht Christus weiter / werde jhn aufferwecken am Jüngsten tage .
Wolan die From̃en sollen hie ein trost mercken / wañ sie liebe Leut durch den Todt verlierẽ / daß sie gedencken / weil die jhren an Christum glaubt / vnd auß glauben Gottselig gelebt haben / so stehe es jetz nach dem todt vil besser mit jnen / dann da sie noch lebeten . Dann auß der müh vnd arbeit / seien sie zum Friden vnd Ruhkom̃en / auß der Trübsal vnd Trawrigkeit / zur ewigen Frewd vnnd Seligkeit / also daß sie auch nit wünschten noch begerten / in dises Jamerthal wider zu kehren . Derhalbẽ niemand vber jrõtodt zuuil sollen trawren / auff daß man jhnen die Seligkeit / zu welcher sie kom̃en / nit mißgönne . S. Paulus schreibt darum̃ 1. Thess 4 . an seine Thessalonicher / vnd zeigt jnen an / wie es mit den Todten / so gläubig geweßt / geschaffen sey / auff dz die Thessalonicher nicht trawrig seind wie die andern / die keine Syr. 22 . hoffnung habẽ . Vñ Syrach sagt : Man solle nit zu sehr
trawren vber den Todten / dann er sey zur rhu kommen . So wissen wir nun für das erst / was es für ein gstalt habe mit der Frommen todt / nämlich / vor der Welt kommen sie zwar vmb / aber eigentlich kommen sie zum friden / vnnd von jhrer Arbei .
Vom andern .
Nöcht jemandt jetzunder fragen / warumb der Prophet allein von den Frommen sagte / daß sie vmbkommen / vnd warumb Gott ( wie es die erfahrung lehret / vnd die Exempel bezeugen ) etwann fromme Leut / für den Gottlosen durch den zeitlichen todt weg neme ? Antwort . Hierauff erkläret sich der Prophet selber vnnd sagt : Heilige Leut werden auffgerafft / vnnd die Gerechten werden weg gerafft für dem vnglück . Das ist / wann Gott ein grosse straff vber den vngläubigen vnnd Gottlosen hauffen beschlossen habe / so samble er jhm vor auß demselbigen / die Gläubigen vnnd Außerwehlte / auff daß nicht auch sie in das gemein vnglück eingemischt werden / vnd verderben . Er sagt : Gott raffe sie auff / oder raffe sie hinweg : Welches gleichnußweiß geredt ist . Dann wann ein Brunst auffgehet in eim Hauß / so sihet der Haußherr vnd die Haußmutter / daß sie das best / köstlichst vnnd liebst / so sie haben / dannen bringen / entweder jhre liebe Kinder / oder ( da sie keine Kinder haben ) jhre Kleinoter / Gelt / vnd was dergleichen / das raffen sie eilendts zusamen / vnnd machen sich darmit auß dem Fewer . Oder wann ein groß vnnd schwer Wetter am Himmel ist / vnd es anfahet zu hageln / so sehen sich die El-
tern nach jhren Kindern vmb / suchen sie auff der Gassen / vnder dem jungen Gsind / vnd wenn sies gefunden / raffen sies hinweg / vnd eylen mit jhnen zu hauß / biß das Wetter fürüber gehe / vnd die Kinder kein schaden nemen . Gottes 5. Mos. 4 . zorn / wann er anbrinnt / ist ein rechte Brunst / vnd ein verzehrendts Fewer : Er ist ein schwer vnnd schröcklich Wetter / welches alles verhergt / was es antrifft . Die Esa. 49. Gläubigen aber seind seine Kinder / die er vil lieber hat / denn ein Mutter jhren Sohn / vnnd die er mit grösserm Zach. 2 . fleiß bewaret / dann ein Mensch seinen Augapffel . Wann er nun seinen zorn will angehn lassen / vber die Gottlosen / so rafft er zuuor das fromb häufflin durch den todt hinweg / damit sie nicht auch vom Fewer seines zorns auffgefressen werden / vnd vom Wetter seiner Straffen schaden nemmen . Also hat Esaias droben Cap. 26. auch hieuon Esa. 26 . geredt : Gehe hin mein Volck / spricht er / in eine Kam̃er / vnnd schleuß die Thür nach dir zu / verbirge dich ein klein Augenblick / biß der zorn fürüber gehe . Denn sihe / der HERr wirdt außgehen von seinem Ort / heim zusuchen die boßheit der Einwohner des Lands vber sie . Sprichsiu : Kan dann Gott die bösen nicht straffen / vnnd dannech die seinen mitten in der Straff / vnd vnglück vnderm Gottlosen hauffen / lebend erhalten ? Antwort . Ja freylich kan ers . Dañ also hat er Noah im Sündtfluß erhalten / mit 1. Mos. 7 . den seinen in der Arch : Den frommen Loth mit seinen 1. Mos. 19. Töchtern im Stättlin Zoar / als Sodoma vnnd die genachbarte Stätt vndergiengen : Den Propheten Jeremiam Jerem. 39 . / vnnd den frommen König Ebdemelech / in der Eroberung der Statt Jerusalem : Seine Frommẽ in der letsten zerstörung der Statt Jerusalem / im Stättlin Pella genannt . Aber hie können wir ein andere vrsach bringen /
Sap. 4. auß dem Büchlin der Weißheit Cap. 4. nämlich / daß Gott die From̃en durch den tod auß dem Gottlosen hauffen wegnem̃e / auff daß sie nicht in Sünden vnd sicherheit fallen / vñ also mit den Gottlosen nit in die zeitlich Straff allein / sonder auch in das ewig verderben gerathen . Er wirdt hingeruckt ( der Gerecht ) sagt die Weißheit Cap. 4. daß die boßheit nicht seinen verstand verkehre / noch falsche Lehr sein Seel betrüge . Deñ / spricht sie ferner / die bösen Psal. 73. Exempel verfüren vnd verderben eim das gute . Asaph / der ohn zweifel ein frommer Mann gewest ist / wie es seine schöne Psalmẽ gnugsam bezeugen / klagt dises võ jm selbs / er wer schier vom Gottlosen hauffen verführet worden / dz er jrem Exempel vnd bösen leben gefolget hette / Psal. 73 .
Ey sagstu / dem kan Gott wol thun / dañ er kan die frommen regieren durch seinen Geist / vñ kan sie in der Gottsforcht stercken vnd bestendig erhalten / auch mitten vnder den Bösen . Ist also vnuonnötten / daß sie deßhalben sterbẽ / damit sie nicht verführt werden . Antwort . Dises ist war . Phil. 1 . Dann Gott ists / der das gute Werck / des Glaubens vnnd der Gottseligkeit / bey den seinẽ nicht allein anfahet / sonder auch bstendiglich volführet / biß auff den tag Jesu Christi . Philip . 1. Aber noch ist ein vrsach fürhanden / vnnd zwar schier die fürnembste / darumb Gott in vorstehendem vnglück / die seinen durch den Todt hinnimpt / auff daß sie / nämlich mit jhrem Gebett Gottes Zorn / vnnd Straffen vber den Gottlosen hauffen beschlossen / nicht auffhalten . Dann daß der Frommen gläubig vnnd ernstlich Gebett / Gottes Straffen möge verhindern / dessen haben wir 1. Mos. 18 . Zeugnuß vñ Exempel in Gottes Wort . 1. Mos. 18 . Hatte Gott beschlossen / Sodoma vnd die genachbarte Stätt / von wegen jhres Gottlosen lebens außzutilgen / aber er
verheißt dennoch dem Abraham auff sein Gebett / wann er in Sodoma nur zehen fromme Männer wurde finden / so wölte er vmb diser willen auch deß Gottlosen hauffens verschonen . Also verschonet er auff Loths fürbit / der Einwohner 1. Mos. 19 . zu Zoar / die auch mit den Sodomitern solten vndergehn : Sihe / spricht der HERr / Ich habe auch in disem stuck dich angesehen / daß ich die Statt nicht vmbkehre / für die du geredt hast . Eyle vnnd errette dich daselbst / dañ ich kan nichts thun / biß daß du hinein kommest . Zu Mose sagt er / 2. Mos. 32. Lasse mich ( gleich als ob jhn 2. Mos. 32. Mose hielte ) daß mein zorn vber sie ( das Volck Israel ) ergrimme / vnd sie aufffresse . Die Bande / darmit Mose GOtt gefangen hielte / waren das Gebett . Dann es volgt gleich drauff im selben Capitel : Mose aber flehet für dem HERrn seinem Gott . Ezech. 13. klagt der HERr Ezech. 13. von Propheten seines Volcks ( verstehet aber die falsche Propheten ) daß sie mit jhrem Gebett nicht für die Lucken tretten / vnd machen sich nicht zur Huren vmb das Hauß Israhel / vnd stehet nicht im streit am tag des Herren . Vnd Cap. 22. sagt er : Er habe einen gesucht / der sich Ezech. 23 . ein Mawr machte / vnnd wider den riß stünde / gegen jhm für das Lande / das ers nicht verderbte .
Darauß wir lehrnen sollen / wie nutzlich in einer Statt oder in einem Volck from̃e Leut seyen . Sie seind Säulen / auff welchen eines gantzẽ Volcks / zeitliches glück vñ wolfahrt stehet / gleich wie die Säulen einẽ Baw tragẽ müssen . Sie seind Mauren / welche einem Vock die woluerdiente straffen ettwan lange zeit aufshaltẽ könnẽ . So lang nu dise mauren vñ säulen stehn / so lang kan ein Volck fridẽ / glück vñ segen haben . Derhalbẽ soll man Gott fleißig anrüffen / das er fromme Leut zu gemeinem nutzẽlange zeit erhalte .
Vnnd ob wol etwann einer in eim groben Küttel / wenn er fromb ist / eben so ein starck Vatter vnser betten / vnnd GOTTES zorn auffhalten mag / als ein frommer / der in eim grossen ansehen ist : soll man dannoch GOTT für die Hauptsäulen fürnämlich bitten / auff welchen der gantze Bawstehet / als für fromme Regenten vnnd trewe Prediger . Dann so lang vns dise Säulen bleiben / so haben wir vns keines vnglücks zubefahren . Da wir aber je sehen / daß GOTT die Frommen weg nimbt / so sollen sie auch mit jhrem todt vns nutzen / dauon wir jetz zum dritten reden wöllen .
Vom dritten .
DEnn sie sollen fürs dritt vnsere Bußprediger sein / vns vermahnen zur Buß vnd besserung des Lebens / vnnd vns auffmundern zum Gebett / auff daß wir die Straffen / so sie vns mit jhrem todt verkündigen / wider mögen abwenden . Ja sie soltens wol sein / vnd thund auch jhr bestes / aber Esaias klagt / sie schaffen bey dem grösten theil keinen nutzen . Der Gerechte kompt vmb / spricht er / vnnd niemand ist der es zuhertzen neme / vnd heilige Leut werden auffgerafft . Vnd niemand achtet drauff . Dz ist / die Welt ist so sicher vnnd ersoffen in den Sünden / daß sie Gott nicht mag zur Buß bringen / wann er schon jhr an from̃er Leut todt / alle tag vorbotten künfftiges vnglück schicket . Dann Gottlose Leut / die auff keine Menschliche oder Göttliche Warnungen geben / können allweg etwas finden / damit sie
der sach ein Nasen drehen / wenn ein Frommer stirbt / so muß es vilen ein ohngfahr ding sein / weil der todt heut den / morgen jenen nemme : Ist er alt gwesen / so legt man die vrsach seines todts dem alter zu : Ist er jung gewesen / so muß jhm Gott sein Stündlin jetz auffgesetzt / vnnd sein zil gesteckt haben / das er nicht habe vbergehen können / ( welches zwar wol an jhm selbsten war ist : soll vns aber nicht zur fleischlichen sicherheit dienen ) oder sie sagen / wir werden alle sterblich geboren / vnnd seie keiner nie vberbliben / wie fromm er auch geweßt sey . Daß es aber jhnen zur warnung geschehe / das wöllen sie nicht sehen . Dises erfahren wir leider auff disen tag bey vns . Dann ob wir schon sehen / daß Gott die seinen weg nimmet / vnd samblet durch den Todt / nicht nur durch gemeine Kranckheiten / sonder nu mehr zwey Jar her / oder lenger / durch Pestilentz an etlichen orten / vnd andere vngwohnliche Kranckheiten : so sein dennoch deren wenig / die ernstlich buß thun / vnd Gott bitten / daß er vns die vbrige Säulen / das ist / die Frommen / welche wir durch sein gnad noch vnter vns haben / erhalte / damit nicht / wann alle Säulen hinweg seind / der gantze Baw zu hauffen falle : Sonder der gröste hauff führet ein gantz sicher vnd Epicurisch leben : Die verachtung Gottes / seines heiligen Worts / vnnd seiner heiligen Sacramenten / Geitz vnd Finantz / Fressen vnnd Sauffen / Hurerey vnd vnzucht / Fluchen vnnd schwören / will sehr gemein werden / bey Jungen vnd Alten / vnnd der massen vberhand genommen / daß mans numehr schier für Tugent / vnnd Heldenthaten halten will . Wenig seind / die Gottes warnungen zu hertzen nemmen / sich vorn künfftigen Straffen von hertzen fürchten / ware Buß würcken /
vnd jhr sündtlich leben abstellen : Also daß wir warhafftig in der zeit leben / von welcher der HERR Christus Matth. 23 . Matth. 23. geweissagt hat / daß sie werden gleich sein / den zeiten Noah vorm Sündfluß . Dann wie die Leut damalen sicher geweßt seien / vnnd auff vilfältige trewhertzige warnungen des Patriarchen Noah / sich nicht wöllen bekennen / auch kein vnglück geförcht habẽ : Also werde auch zun letsten zeiten / bey meniglich grosse sicherheit sein / daß man alles warnen / vermahnen / straffen / werde verlachen vnd verachten . Sie sprechen / die Gottlosen / wie Paulus 2. Thess 5 . 1. Thess. 5. von jhnen sagt : Es ist fride / es hat kein gfahr . Esa. 28 . Vnd wie sie Esa. 28. sagen : Wir haben mit dem Tod einen Bund / vnd mit der Hellen einen Verstand gemacht / wann schon eine flut ( Plage / Straffe ) daher gehet / würt sie vns nicht treffen . Wie aber solche sicherheit endtlich werde außschlagen / wöllen wir jetz zum Beschluß hören .
Vom vierdten .
DEnn Esaias sagt : Die Gerechten vnd Heiligen Leut werden weg gerafft / für dem vnglück . Darauß wir sehen / daß auff from̃er Leut todt / gemeinlich grosse Straffen / vnd gemeines vnglück folge . Dañ die From̃en seind die Säulen eines Volcks / darauff sein zeitlich Heil vnd Wolfahrt stehet : Weñ nu die Säulen vmbgerissen seind / so muß der gantze Baw zuhauffen fallen . Die From̃e seind wie ein starcke Maur / weil sie mit jhrem Gebett Gottes zorn auff halten . Wenn nu Gott dise Maur wegreißt / so fehret Gottes zorn daher / vñ vberschwemmet ein gantz Land / wie ein Sündflut / das ers verderbe : sonderlich aber wañ die Hauptsäulen auch hinweg
seind / als trewe Prediger / vnd fromme Oberkeit . Die Exempel lehrens vns : So bald Noah in die Arch kompt / schicket Gott den Sündfluß vber den gantzen Erdboden . So bald Loth auß Sodoma kompt gehn Zoar / regnet es Schweffel vnd Fewr vber die Sodomiter . Als nach der Him̃elfahrt Christi / die gläubigen von Jerusalem flohen / vñ ein theil schon gestorben warẽ / ist ein vnglück nach dem andern vber die Juden kom̃en / biß sie gantz vñ gar verderbet worden . Vnnd deren Exempel haben wir noch mehr in H. Schrifft : Das ist in gemein war / was Petrus in gemein sagt : 1. Pet. 4. Weñ das Gericht Gottes am Hauß 1. Pet. 4. Gottes / das ist / an den Gläubigen anfahe / so werde es mit den Vngläubigen vnnd Gottlosen / ein grewliches end nemmen . Vns hat zwar Gott noch so hart nicht angriffen / daß er die Hauptsäulen hette weg genommen : sonder raumet allein etliche Pfosten / oder Rigel hinweg / darauff der Einbaw bestehet . Dann er ist langwürig vnd gedultig / der des Sünders todt nicht will / sonder daß er sich bekehre vnd lebe / Ezech. 18. Allein sollen wir zusehen / daß wir Gottes Ezech. 18 . langmut vnd gedult nicht verachten / seinen zorn vnnd wol verdiente Straffen nicht mehr häuffen / vnd jhn nicht zwingen / mit vnsern Sünden / den Bawgar einzureissen / vnnd allerdings zuuerderben : Sonder wir sollen rechtschaffne buß thun / das sündtlich lebẽ abstellen / vnd from̃en Leuten helffen Gott bittẽ / daß er dz woluerdienet vnglück abwende / vñ vns an Leib vnd Seel zeitlich vñ ewig erhalte .
Ein solches Pföstlin / ist auch vnser lieber Mitbruder in Christo gewest . Dann er war auch deren einer / von welchen hie Esaias schreibet : Gerecht vnnd heilig war er im Leben vnnd im Sterben / zwar nicht für sich selbs : die-
weil er von Natur ein armer Sünder gewest / welches er auch erkennet vnd bekennet hat : sonder er hette durch den Glauben die Gerechtigkeit vnnd Heiligkeit Christi des Sons Gottes / welchen er anfangs im heiligen Tauff angezogen / darnach auß seinem heiligen Wort ( welchs er gern gehört vnnd fleißig gelesen ) hat lehrnen recht erkennen : Vnd denn im heiligen Nachtmal / wie ohn zweiffel bey gsundem Leib mehrmalen / also auch in seinem Todtbeth sich mit Christo vereinigt / vnd seinen Glauben an jn gesterckt vnd bekennet hat : welchen Glauben an Christum er auch bestendig / biß in den letsten seufftzen hat behalten . Darnach ist er auch richtig für sich gewandelt . Dann ob er wol seine Menschliche fehl vnnd gebrechen / wie wir alle / gehabt : welche er auch erkennet / vnnd von hertzen berewet hat : so hat er sich dennoch in seinem gantzen leben beflissen / seinen Glauben durch die Gottseligkeit zubeweisen . Ist seinen lieben Eltern von jugendt auff gehorsam gewest / von denen er auch zur Gottsforcht fleissig ist angehalten worden : Gegen dem Nechsten hat er vnärgerlich vnnd vnsträfflich gelebt : Der Sünd / vnnd sonderlich den gemeinen Lastern / ist er von hertzen feind geweßt : zuforderst aber ist er in seinem Beruff geweßt trew vnnd fleissig . Dann nachdem er von seinen Eltern zum studieren bald ist angehalten worden / hat er die Gaben / so jhme von Gott verliehen / dermassen gebraucht vnnd angelegt / daß er zu Tübingen auff der hohen Schul / offentliche zeugnuß seines fleiß vnnd geschicklichheit hat vberkommen . Auch weil er jhm fürgenommen / in der Artzney / auff die er sich sonderlich begebẽ / zu gemeinem nutzen
seines Vatterlands für andern etwas zuerlehrnen / hat er mit bewilligung der seinen / auch auff andern Vniuersiteten / in frembden Landen sich etlich Jar gehalten / vnd souil außgericht / daß er mit sonderm rhum den gradum Doctoratus in der Artzney erlanget hat .
Vnnd daß er deren einer gewesen / von welchem hie Esaias redet / ist auch auß dem offenbar / daß jhn Gott in seinem besten Alter hat hin genommen / da er die Gaaben / so GOTT jhuure für andern verlihen / zu gemeinem nutz seines Vatterlands / hat können bald vnd wöllen anlegen : vnnd hat jhn also weg gerafft / entweders für dem künfftigen vnglück : oder daß er durch böse Exempel nicht verführt wurde : oder / daß er / als ein frommer / eifferiger Mann ( wie er in der warheit gewesen ) des HERrn grim̃ / mit seim Gebett / neben andern guthertzigen Christen / nicht zu lang auffhielte . Aber es sey gleich welches da wölle / so haben wir vrsach vber seinen todt zu trawren : nicht vmb seiner Person willen / dann dieweil er zum Friden ist kommen / vnnd sein Seel in Gottes Hand / sein Leib aber im Grab ruhet / vnnd der frölichen zukunfft Christi erwartet / so ists jhm wol gangen : dahin er dann in seiner Kranckheit sich gesöhnet / vnnd Gott vmb sein Erlösung auß disem Jamerthal offt gebetten hat . Sonder also sollen wir trawrig sein / daß wir vnser sündtlich vnnd sicher leben erkennen / vns fürchten für Gottes gerechten Zorn vnnd woluerdienten Straffen / von hertzen vns zu GOTT bekehren / vnnd vnser sündtlichs leben abstellen : auff daß wir Gottes Zorn vnnd seine Straffen abwenden / mit freudigem Hertzen vnnd gutem Gewissen
des Sterbstündlins warten / vnnd einmal mit vnserm lieben Mitbruder / vnnd allen Außerwehlten Gottes / aufferweckt werden mögen / zum ewigen Leben / durch vnsern HERRN Jesum Christum / Amen .
ENDE .