Zweiter Auftritt.
Vorige. Lumpacivagabundus.
Lumpaci
(nach der Muſik).
Da bin ich! Was ſteht zu Befehl?
Stellaris.
Du biſt Lumpacivagabundus?
Lumpaci.
Der bin ich, und zugleich Beherrſcher des luſti-
gen Elends, Beſchützer der Spieler, Protektor der
Trinker ꝛc. ꝛc.; kurzum, ich bin ein Geiſt auſ’n F.
Stellaris.
Verwegener! der Du’s wagteſt, in das Feen-
reich zu dringen, ich verbanne Dich von dieſem Au-
genblick auf ewige Zeit.
Lumpaci.
Ha, ha, ha, ha, ha!
(Verſinkt lachend.)
Stellaris
(ehe er noch ganz verſunken iſt).
Halt!
Lumpaci
(kommt wieder in die Höhe).
Haben mir Eu’r Herrlichkeit noch was zu ſagen?
Stellaris.
Du haſt meinen Urtheilsſpruch mit Hohngeläch-
ter erwiedert?
Lumpaci.
Natürlich, weil er nichts nutzt. Ob ich da bin
oder nicht, dieſe jungen Herren bleiben auf alle Fäll’
meine getreuen Anhänger; denn meine Grundſätze
leben in ihnen fort.
Stellaris (zu den Söhnen).
Wie? Ihr ſeid nicht ernſtlich entſchloſſen, zur
Ordnung zurückzukehren?
Fludribus (vortretend).
Ich nehme im Namen meiner Kameraden das
Wort. Wir haben den größten Theil unſers Vermö-
gens durchgebracht, ob wir das Reſtel haben oder
nicht, das iſt uns gleichviel; darum wollen wir das
auch noch verjuxen.
Alle Söhne.
Ja, wir wollen es verjuxen.
Die Väter.
Entſetzlich!
Stellaris.
Und wenn Ihr nichts mehr habt, was dann?
Fludribus.
Dann machen wir Schulden.
Die Söhne.
Wir machen Schulden!
Stellaris.
Und wenn Ihr nicht bezahlen könnt, was
dann?
Fludribus.
Dann laſſen wir uns einſperren.
Die Söhne.
Ja, ja, wir laſſen uns einſperren.
Fludribus.
Da gibt ſich hernach die Ordnung von ſelbſt.
Lumpaci
(ſich triumphirend die Hände reibend).
Das ſind meine Grundſätze.
Myſtifax (zu Stellaris).
Was ſagen Euer Herrlichkeit nun dazu?
Stellaris (zu den Söhnen).
Wenn Ihr aber wieder bekämet, was Ihr lie-
derlicher Weiſe verpraßt habt, würdet Ihr dann or-
dentlich mit dem Eurigen haushalten?
Hilaris.
Der macht uns wieder reich.
Fludribus (zu Stellaris).
Ja, wenn wir wieder reich würden, würden
wir auch wieder brav.
Die Söhne.
Ja, dann würden wir brav.
Stellaris.
Nun denn, Fortuna, nahe dich!
(Muſik. Mehrere Nymphen mit Füllhörnern treten auf,
zuletzt Fortuna, ihr folgt ihre Tochter Brilliantine.)
Stellaris
(nach der Muſik).
Fortuna, dieſe jungen Männer haben ihr Ver-
mögen vergeudet; gib ihnen den verlornen Reich-
thum wieder.
Fortuna.
Beherrſcher des Feenreichs! befehlen laſſe ich
mir nichts, auch nicht von Dir: doch weil ich gerade
guter Laune bin
(zu Lumpacivagabundus) und Dir,
Elender, zum Trotze, mag es ſeyn.
(Zu den Söhnen.)
Ich ſchütte mein Füllhorn über Euch.
Die Söhne.
Tauſend Dank!
Lumpaci.
Ha, ha, ha! das iſt zum Todtlachen! Durch
die Fortuna will Der mir meine Anhänger ent-
reißen! Da werden g’rad noch ärgere Lumpen d’raus.
Hilaris.
Ich will aufrichtig ſeyn; Reichthum wird mich
nie beſſern.
Myſtifax.
Wie? Was? Mein Sohn, Du wärſt der In-
curabelſte von Allen?
Hilaris.
Nur ein Mittel gibt’s, das mich feſthalten
wird auf dem Pfad der Tugend: es iſt Brillianti-
nens Hand.
Alle.
Was?
Hilaris.
Wir lieben uns.
Fortuna (entrüſtet).
Tochter!
Brilliantine.
Verzeihung, Mutter!
Lumpaci
(auf Hilaris zeigend).
Den geb’ ich auf; die Andern alle aber ſind und
bleiben in meiner Macht.
Stellaris.
Warum, Unhold?
Lumpaci.
Weil die Fee Fortuna nicht im Stand iſt, mir
einen Anhänger abwendig zu machen; aber Der,
(auf Hilaris zeigend) der ſteht unter dem Schutz mei-
ner größten Feindin, die mich einzig und allein
überall vertreibt.
Fortuna (ſtolz).
Wer iſt die Fee, die mächtiger iſt als ich?
Lumpaci.
Amoroſa iſt’s, die Beſchützerin der wahren
Liebe.
Stellaris.
Amoroſa!
(Muſik fällt ein. Amoroſa ſchwebt in einer lichten Wolke,
mit zwei Genien hernieder.)
Lumpaci.
Sie naht ſchon, die Mächtige, die mir oft
meine fidelſten Brüderln entreißt. — Jetzt empfehl’
ich mich! Aber noch einmal, Madam Fortuna, Sie
fürcht’ ich nicht; denn was meine wahren Anhänger
ſind, die machen ſich nicht ſo viel aus Ihnen.
Kommt’s Glück einmal, ſo werfen ſie’s beim Fenſter
hinaus, und kommt’s zum zweitenmal, und will ſich
ihnen aufdringen auf eine dauerhafte Art, ſo treten
ſie’s mit Füßen. — So behandeln meine echten
Brüderln das Glück. — Gehorſamer Diener allerſeits.
(Tritt auf die Verſenkung, und verſinkt unter Muſik.)Dritter Auftritt.
Vorige, ohne Lumpacivagabundus. Amoroſa.
Amoroſa
(Hilaris und Brilliantinen an der Hand faſſend,
und ſich Fortunen nähernd).
Fortuna! ich vereine meine Bitte mit dem Fle-
hen dieſer Beiden, beſelige durch günſtigen Aus-
ſpruch zwei Herzen, die ſich der wahren Liebe geweiht.
Fortuna (zu Amoroſa).
Wie, Thörichte! Du hoffſt, ich werde mich Dei-
nem Wunſche fügen, in einem Augenblick, wo eben
ein frecher Unhold zu Deinen Gunſten mich erniedrig-
te, und Du mit ſtolzem Blick auf mich hernieder
ſiehſt? Ich zerreiße das Band, das Du um dieſe
Herzen geſchlungen.
Brilliantine und Hilaris.
Weh’ uns!
Stellaris.
Halt ein! Bedenk’ erſt, was Du ſprichſt. Des
Feenreiches unumſtößliche Geſetze erlauben Dir nicht,
Hilaris Antrag unbedingt zu verwerfen; nur eine
ſchwere Bedingung feſtzuſetzen, deren Erfüllung die
Liebenden trennt, deren Nichterfüllung aber ſie auf
immer vereint, nur dieß iſt Dir geſtattet.
Fortuna.
Nun denn, ſo ſei’s. Ich will eine Bedingung
ſetzen, die zugleich jenen Frechen, der meine Macht
verſpottet, und glaubt, nur Du
(zu Amoroſa) ſeiſt
ihm gefährlich, das Gegentheil beweiſen ſoll. — Ich
wähle unter den Sterblichen drei ſeiner Anhänger,
lockere Geſellen, jedoch nur ſolche, welche ſchon der
Armuth drückend Los gefühlt. Dieſe will ich mit
Reichthum überſchütten; werfen ſie, wie er geſagt,
das Glück zum Fenſter hinaus, ſo dringe ich es ihnen
zum zweiten Male wieder auf; treten ſie es dann mit
Füßen, ſo erkenne ich mich als beſiegt, und Hilaris
werde meiner Tochter Gemahl; doch, wenn ſie, wie
kaum zu zweifeln iſt, das Glück mit Dank empfan-
gen, und aus Furcht vor neuer Dürftigkeit, mit
weiſer Mäßigung, es ſich für’s ganze Leben bewahren,
und ich ſie ſo dem Lumpacivagabundus entreiße, dann
bin ich Siegerin, und Hilaris werde auf immer von
meiner Tochter getrennt.
Stellaris.
Wohlan! Nur eines habe ich noch hinzu zu
ſetzen, es gilt für beide Theile gleich. — Gelingt es
Dir, dem Lumpacivagabundus von den drei lockeren
Geſellen auch nur Zweie zu entreißen, ſo haſt Du
ſchon gewonnen; treten hingegen auch nur Zwei von
ihnen das Glück mit Füßen, ſo haſt Du verloren.
Dieß beſchwöre hier vor meinem Thron.
Fortuna
(geht an die Stufen des Thrones, und erhebt die Hand
zum Schwur).
Ich ſchwöre!
(Drei kurze, ſtarke Accorde.)
Stellaris.
Dein Schwur iſt angenommen.
Myſtifax (zu Amoroſa).
Und für die andern verlornen Söhne hier, iſt
keine Rettung aus den Krallen des Lumpacivagabun-
dus zu hoffen?
Amoroſa.
Nicht eher, als bis wahre Liebe in ihrem Her-
zen Eingang gefunden.
Hilaris
(Brilliantinen umarmend).
So leb’ denn wohl auf ewig! Unmöglich
kann die Bedingung zu unſerm Beſten ſich er-
füllen.
Amoroſa.
Verzweifelt nicht, baut auf die Beſchützerin
wahrer Liebe.
(Sie beſteigt ihren Wolkenwagen.)
(Kurze Muſik fällt ein, Alle ziehen ſich zurück.
Chor.
So iſt in dunkler Zukunft Schoß
Verborgen unſ’rer Söhne Los.
(Die nächſte Decoration fällt vor.)
Verwandlung.
(Kurze freie Gegend, die Landſtraße vorſtellend, links eine
hölzerne Bank unter einem Meilenzeiger.)Vierter Auftritt.
Leim — dann Knieriem — dann Zwirn.
Leim
(mit einem Felleiſen, tritt gleich nach der Verwand-
lung auf).
Da wär’ ich beim Thor. Es iſt aber, ſo viel ich
merk’, eine ungefällige Stadt; denn wenn ſie gefäl-
lig wär’, ſo wär’ ſie mir auf halbem Weg entgegen
gekommen. Im Grund betracht, iſt’s a Schand, ich
bin ein ausgelernter Tiſchler, und es geh’n mir or-
dentlich d’Füß aus’n Leim. Iſt’s denn aber anders
möglich? Die Wirth auf der Straßen haben ja Her-
zen, ſo hart als ein Aſt in ein buchsbaumenen Pfo-
ſten. Woher kommt das aber? Weil die Leut keine
Bildung haben auf’n Land. Und warum haben’s
auf’n Land keine Bildung? Weil’s lauter eichene
Möbeln haben, d’rum kennt das Volk keine Politur;
und wer keine Politur kennt iſt ein Socius. — Jetzt
will ich halt a biſſel ausraſten da, und nachher um
d’Herberg frag’n.
(Setzt ſich auf die Bank.)
(Das Ritornell des folgenden Liedes beginnt. Knie-
riem, ein Ränzchen auf dem Rücken, tritt auf.)
Knieriem.
Es kommen d’Stern, es wird ſchon ſpat,
Zeit is, daß’s einmal da is d’Stadt,
Ich brauch’ ein Guld’n jetzt zum verhau’n,
Da muß i gleich zum Fechten ſchau’n.
Und wie i ein Guld’n z’ſammbettelt hab’,
Da laßt’s mir drei Maß Bier hinab,
A drei Maß Bier laßt’s mir hinab.
Mein Rauſch hab i Jahr aus Jahr ein,
Es wird doch heut kein Ausnahm ſeyn.
(Er ſetzt ſich auf die Bank rechts.)
(Die Muſik verändert ſich. Zwirn tritt von derſelben
Seite ein, er iſt abgeſchaben, aber dennoch ſo viel
wie möglich geputzt, und trägt ebenfalls den Wan-
derbündel auf dem Rücken.
Zwirn (äußerſt luſtig).
D’Stadt iſt in der Näh’,
D’rum ſchrei’ ich Juheh!
Juheh! Juheh! Juheh!
Wer d’Madeln gern hat,
Find’t g’nug in der Stadt,
Juheh! find’t g’nug in der Stadt.
Blauer Montag is alle Tag,
Darum laß ich nicht nach,
Bis die Sonn’ morgen ſcheint,
Grad’ ſo lang’ tanz i heunt;
Ich tanz mir doch nit gnu,
Darum gib ich kein Ruh’,
Spring wie a Gas in d’Höh,
Und ſchrei Juheh!
Was ſitzen denn da für ein paar Maner?
Leim.
Ich bin ein Tiſchler.
Knieriem.
Und i bin a Schuſter.
Zwirn.
Seid’s ös ſchon ſo weit gangen heut, daß’s ſo
müd ſeid’s.
Leim.
Das juſt nit, aber mit’n Eſſen hat’s ſchlecht
ausg’ſchaut. Ich hab’ nit mehr als zwei Meilen
g’macht.
Knieriem.
Und ich hab’ mir eine halbe Stund von hier
ein Rauſch ausg’ſchlafen, das war aber ſchon ein
Millionhaarbeutel das — und was hab’ i trunken?
Neun halbe Bier; aber ſeit dem letzten Kometen
greift mich Alles ſo an.
Zwirn.
Pfui Teuxel! Schamt’s Euch nit? Auf ſo ein
Trümmerl Weg raſten’s aus! Ich geh’ heut’ ſchon
meine drei Stationen, und kann den Augenblick nit
erwarten, wo ich zum Tanzen komm.
Leim.
Hör auf, Brüderl, Du ſchneid’ſt auf. Ich bin
g’wiß nit ſchlecht auf die Füß; aber drei Stationen
geh’n, und noch tanzen woll’n, das is g’log’n.
Jetzt ſchaun wir halt, daß wir g’ſchwind auf d’Her-
berg kommen.
Knieriem.
Ich hab einen enormen Durſt.
Leim.
Zuerſt geh’n wir fechten.
(Das Betteln parodirend.)
Euer Gnaden, ein armer reiſender Handwerksburſch
bitt gar ſchön um a biſſel was auf a Muſik; nachher
wird’s ein Leben werden heut Nacht.
Zwirn.
Fidel muß’s zugeh’n.
Knieriem.
Ich dudl mir heut ein’ an, wie ich ſeit’n letzten
Kometen kein g’habt hab’.
Leim.
Alſo friſch in die Stadt marſchirt.
Alle Drei.
Lied.
Wir wollen in die Stadt marſchiren,
Und dinnen unſer Glück probiren.
Der Weg wird uns zur Herberg führen,
In der Herberg nacher da gehts an.
Was uns ’s Fechten g’winnt,
Durch die Gurgel rinnt,
Und is All’s verthan,
Liegt uns a nix dran;
Darum nicht lange ſpekuliren,
In der Herberg zeigt ſich was man kann.
(Gehen Arm in Arm ab.)
Verwandlung.
(Schenkſtube in der Herberge.)Fünfter Auftritt.
Faſſel. Mehrere Bräuknechte und Hand-
werksburſchen von verſchiedenen Profeſſionen.
Pantſch. Nannett. Sepherl. Hannerl. —
Dann Zwirn, Leim und Knieriem.
(Alle ſitzen theils an den Tiſchen und trinken, theils tan-
zen ſie mit Hannerl und Sepherl, Faſſel tanzt mit Nan-
netten.)
Alle.
Vivat! der Herr Beſtgeber ſoll leben!
Faſſel (im Tanzen).
Ein Glas her!
(Pantſch gibt ihm während dem
Tanz eine Flaſche.) Die ganze Geſellſchaft Vivat!
(Er trinkt im Tanzen die Flaſche aus, wirft ſie dann zur
Erde, und tanzt weiter.)
(Zwirn, Leim und Knieriem treten ein.)
Zwirn.
Halloh! da hab’ ich a Muſik g’hört!
Knieriem.
Herr Vater! a Halbe, G’miſchts.
(Setzt ſich links.)
Leim.
Mir eine Halbe, und eine Portion Niernd’ln.
Hannerl.
Wie ſchaffen Sie’s denn?
Leim.
Mit Semmelbröſeln oder mit Sagſchaten, das
iſt ein hungerigen Tiſchler alles eins.
(Setzt ſich.)
(Die Kellnerinnen bringen das Verlangte.)
Zwirn
(zu einem Muſiker).
Da ſeyn acht Groſchen, jetzt machts mir einen
ſaubern Walzer auf.
(Gibt ihm Geld.)
Faſſel (bei Seite).
Das iſt ein fideler Kerl.
Zwirn
(zu Faſſel, neben welchem Nannette ſitzt).
Sie erlauben ſchon eine Tour. Nannette auffor-
dernd.) Mein Fräulein, darf ich ſo frei ſeyn?
(Ein Ländler beginnt, Zwirn haut auf, und ſchlagtſchlägt un-
geheure Fußtriller.)
Leim.
Ah wart, Schneider, du ſollſt mich nicht
ſpotten.
(Nimmt Hannerl, welche ihm das Bier bringt,
und tanzt mit ihr ein paarmal herum, endlich ſieht er ei-
nen Handwerksburſchen ſehr ärmlich und traurig da ſitzen
— er hört zu tanzen auf, und ſagt zu ihm) Ich glaube
gar, das iſt ein Tiſchler?
(Die Muſik hört auf)
Handwerksburſch.
Ja leider!
Leim.
Wo fehlt’s denn?
Handwerksburſch.
Ueberall.
Leim.
Mir auch; aber wer wird denn deßwegen trau-
rig ſeyn? — Heda! Eing’ſchenkt da für den eine
Halbe Wein auf meine Rechnung.
Faſſel.
Nix, das laß ich nit angehn, heut geht Alles
aus mein Sack. Ich hab’ tauſend Thaler g’wonnen
in der Lotterie, heut traktir ich ganz allein.
Knieriem.
Tauſend Thaler? — A Halbe G’miſcht’s!
Leim.
Ah ſchön! da werd’n wir ſchon ſo frei ſeyn,
und werden’s uns ſchmecken laſſen.
Zwirn.
Das wird ſchon ein ſchön’s Glück ſeyn; wenn
ich das hätt, ich ſetzet mich gar nicht mehr nieder,
da gings alleweil a ſo.
(Er haut auf.) Ah verdammt!
ich hab’ mir den rechten Wadel überſtaucht — ich
muß mich ſchon niederſetzen.
Faſſel.
Warum ſetzt’s Euch denn nicht zu unſerm Tiſch,
Kameraden?
Leim und Zwirn.
Mit Verlaub.
(Setzen ſich zu Faſſel und den Brauknechten.)
Knieriem.
Noch ein G’miſcht’s!
(Gibt der Kellnerin das
leere Zimment, und ſetzt ſich ebenfalls an dieſen Tiſch.)
Ein ſchlechter Zeitpunkt war’s halt doch, jetzt was
z’gwinnen.
Faſſel.
Warum?
Knieriem.
Weil man’s nicht mehr anbringen kann. Auf’s
Jahr kommt der neue Komet, der die Welt z’Grund
richt, nacher iſt der Herr Pfutſch mit ſammt ſein
Treffer.
Leim.
Red nit ſo dumm, gar nichts g’ſchieht, mir
hat’s ein Profeſſor g’ſagt.
Knieriem.
Ich werd’s doch beſſer verſteh’n als ein Pro-
feſſor? Ich hab die Aſtronomie aus’n Büchel g’lernt,
und mach’ alleweil meine Beobachtungen, wenn ich
ham geh in der Nacht.
Leim.
Ja, wenn Du beſoffen biſt.
Zwirn.
Mit’n Tanzen iſt’s heut ſchon Feierabend bei mir.
Faſſel.
So ſingen wir eins, weil wir ſo in carita-
tibus beiſammen ſitzen.
Knieriem.
Gut is! Ich hab’ ein ſuperbes Lied g’macht.
Leim.
Heraus damit!
Knieriem.
OesDes müßt’s aber Alle mitſingen. Der Text iſt
von mir nach einer Rittergeſchichte frei bearbeitet.
Faſſel.
Das is recht. O ich hab’ die romantiſchen Sa-
chen ſo gern.
Knieriem.
Schaut’s mir auf’s Maul, und ſingts Alle mit
mir zugleich.
Geſang.
Eduard und Kunigunde,
Kunigunde und Eduard,
Eduard und Kunigunde
Kunigunde und Eduard.
Eduard und Kunigunde,
Kunigunde und Eduard.
Faſſel.
Das iſt wirklich einzig.
Leim.
Ordentlich rührend.
Knieriem.
Ein G’miſcht’s! — Alſo jetzt ſingen wir die
zweite Strophe, die is noch ſchöner.
Geſang.
Eduard und Kunigunde,
Kunigunde und Eduard,
Eduard und Ku —
Leim.
Hörts auf! Das is ja allweil ’s Nämliche.
Knieriem.
Ihr wißt nicht, was ſchön iſt.
Faſſel.
Halt! Ich weiß was ſchön iſt. Wir ziehen Alle
da in’s Kaffeehaus hinüber, und ich zahl dort ein
Jeden ein Glaſel Punſch. Wer mitgehn will, geht
mit. He, Muſikanten! Aufgrebellt!
(Chor und Alle ab, bis auf)Siebenter Auftritt.
Zwirn. Leim. Knieriem. Pantſch.
Kellnerinnen.
Leim.
Dem ſähet man’s auch nicht an, daß er tauſend
Thaler gewonnen hat.
Knieriem.
Warum? er ſchaut dumm genug aus.
Zwirn (zum Wirth).
Wer iſt er denn?
Pantſch.
Der Oberknecht in der Bräuerei da darneben.
Zwirn.
Da haben wir’s, ſo ungebildetes Volk hat ein
Glück. Ein Schneider gewinnt in ſeinem Leben nichts.
Pantſch.
Ich bin ihm d’rum gar nicht neidig, ich dank
2
Gott, daß ich die tauſend Thaler nicht g’won-
nen hab’.
Leim.
Iſt der Herr verruckt?
Pantſch.
Könnt’s nit ſagen. Morgen Vormittag iſt die
Hauptziehung, da gewinnt man hunderttauſend
Thaler, und das wär’ ſo meine Paſſion.
Leim.
Na, die Paſſion wär’ freilich nicht ſchlecht.
Pantſch.
Ich g’winn’s auch; denn meiner Frau Ahnl hat
ja ’s Nummero traumt.
Leim.
Ah, nachher iſt’s ſchon g’wiß. — Weil aber der
Herr heut noch kein Kapitaliſt iſt, ſo macht’s uns
ein Stroh herein, daß wir uns niederlegen; es wird
ſo bald Tag.
Pantſch.
Recht gern. O mich macht’s Glück nicht ſtolz.
(Zu den Kellnerinnen.) He! laßt’s Stroh bringen.
(Ab mit Hannerl und Sepherl.)
Leim.
Das iſt ein recht ein rarer Mann der Wirth,
er iſt gar nicht ſtolz auf den Treffer, der noch gar
nicht gezogen iſt.
Knieriem.
Hunderttauſend Thaler! das gibt über eine
Million Maß G’miſcht’s — die kann der Menſch
nicht verſaufen, mit’n beſten Willen nicht. —
Zwirn.
Schuſter, Du biſt ein gemeiner Kerl.
Knieriem (auffahrend).
Du Schneider, trau mir nicht!
Leim (ſie beruhigend).
Seid’s ruhig — ſchamt’s Euch. — Schaut’s,
wenn ich mir’s recht überleg, glücklich — ſo was
man ſagt, recht glücklich, machet mich halt doch
das viele Geld nicht, wenn nicht noch etwas dabei
wär’ —
(ſeufzend) ein Etwas —
Knieriem.
Da biſt Du ein Nimmerſatt.
Zwirn (zu Knieriem).
Aber merkſt denn nicht, er iſt ja verliebt.
Knieriem.
Schwachheit.
Zwirn.
Ja wohl Schwachheit, in meiner Gegenwart
von Madeln und Verliebtſeyn ſprechen. Da müßt’s
mich erzählen laſſen, ich könnt Euch meine Amouren
Bataillonweis aufmarſchiren laſſen.
2 *
Leim.
Ich war nur in ein Einzige verliebt.
Zwirn.
In eine Einzige? Brüderl, das iſt ja gar nicht
der Müh’ werth, daß man davon redt. Wie ich in
der Lehr war, war ich ſchon in Zehne verliebt. Mein
erſter Meiſter, zu dem ich als G’ſell kommen bin,
hat ein ſchön’s jung’s Weiberl g’habt, das Weiberl
hat mir g’fallen, und ich ihr auch, denn ich war da-
mals ein ſehr ein liebenswürdiger Jüngling. —
Einmal gibt mir das Weiberl ein Buſſel, da kommt
der Meiſter dazu, und der Eſel halt ſich drüber auf,
daß mir ſein Weib ein Buſſel geb’n hat, und jagt
mich auf der Stell davon. — Mein zweiter Meiſter
hat fünf Töchter g’habt — das waren Zwilling — da
war ich Dir aber in alle fünfe zugleich verliebt. —
Einmal haben wir Pfänder g’ſpielt — no Du weißt,
das geht auch mit’n Buſſelgeben aus —
Knieriem.
Allemal.
Zwirn.
Wie wir die Pfänder ausg’löst haben, kommt
der Meiſter dazu — der geht her, gibt mir für eine
jede Tochter zwei Watſchen, und jagt mich fort.
Knieriem.
Zwei Watſchen? Das iſt zu viel.
Zwirn.
Nicht wahr? Ich wär’ ja hinlänglich zufrieden
geweſen, wenn er mir für eine jede Tochter eine
Watſchen gegeben hätte, aber zwei Watſchen, das
iſt ja ein offenbarer Luxus. — Mein dritter Mei-
ſter, der hat ein G’ſchwiſterkind g’habt von 21 Jah-
ren — aber hörſt, Schuſter, ſo ein ſchönes G’ſchwi-
ſterkind hab’ ich in meinem ganzen Leben nit g’ſehn.
Da hab’ ich aber hernach eine ſaubere Köchin kennen
g’lernt, mit der bin ich durchgangen, und ’s G’ſchwi-
ſterkind hab’ ich ſitzen laſſen.
Knieriem.
Meine G’ſchicht iſt nicht ſo lang, aber äußerſt
tragiſch. Erſtens iſt mir meine Profeſſion z’wider,
ich hab’ nur Sinn für die Aſtronomie — und
dann hab’ ich nichts als unverſchuldete Unglücksfälle
g’habt. — In Budweis hab’ ich mein Meiſter
g’haut.
Leim.
Warum denn?
Knieriem.
Weil ich ein Rauſch g’habt hab’, alſo kann ich
nix davor. In Altbrünn hätt’ ich bald ein Lehrbu-
ben zerriſſen.
Leim.
So was iſt aber auch abſcheulich.
Zwirn.
Aber was ſoll denn ein zerriſſener Lehrbub an-
fangen? Und gar ein Schuſterlehrbub — kann es
denn etwas Zarteres geben als einen Schuſterbuben?
Knieriem.
Ich hab’ damals einen unſinnigen Haarbeutel
g’habt, alſo kann ich nix davor. Ich ſag’ Euch, ich
hab ſchon ſo viel Malheur g’habt, und allzeit durch
meine Räuſch. Wann ich mir meinen Verdruß nit
verſaufet, ich müßt mich g’rad aus Verzweiflung
dem Trunk ergeben.
(Zwei Hausknechte kommen mit Stroh, und bereiten
die Schlafſtellen.)
Leim.
Sie, machens mir mein Bett etwas in Ent-
fernung von den Andern, denn ich ſchlag furchtbar
herum bei der Nacht.
Zwirn.
Warum denn?
Leim.
Das iſt alles mein Herzenskummer. Ihr wer-
det mir’s nicht glauben — ich ſeh’ einem luſtigen
Kerl gleich, aber das is Alles nur auswendig, inn-
wendig ſchaut’s famos aus bei mir. Wie ich trink,
glaub’ ich, ein jeder Tropfen iſt Gift — wie ich
iß, ſo ißt der Tod mit mir — wenn ich ſpring
und tanz, ſo iſt mir inwendig, als wenn ich mit
meiner Leich’ ging — wie ich ein Kameraden ſeh’,
der nix hat, ſo gib ich ihm gleich Alles, obwohl ich
ſelbſt nix hab’, und das bloß, weil ich in Gedanken
alleweil mein Teſtament mach’.
Zwirn.
Ja, Brüderl, wer iſt denn Deine Geliebte,
daß ſie Dich gar ſo enderiſch macht?
Leim.
Sie iſt eine Tiſchlermeiſteriſche.
Knieriem.
Hat’s Laſchi?
Leim.
Was? —
Knieriem.
Knöpf.
Leim.
Wie? —
Zwirn.
Nein, nein — er fragt, ob ſie Batzen hat.
Leim.
Geld? — Freilich hat’s Geld. Sie iſt die Toch-
ter vom reichen Meiſter Hobelmann in Wien.
Zwirn.
Von dem? — Schuſter, den reichen Tiſchler-
meiſter Hobelmann mußt ja kennen.
Knieriem.
Ich bin ein Schuſter, was geht mich ein Tiſch-
ler an. Beleidigt’s mich nicht!
Zwirn.
Wart, ich werd’ Dir gleich d’raufhelfen. Der
reiche Tiſchler Hobelmann logirt in — — in Wien
logirt er. — Du kennſt den reichen Tiſchler Hobel-
mann nicht?
Knieriem.
Nein.
Zwirn.
Ich kenn’ ihn auch nicht.
Knieriem (zu Leim).
Da weiß ich Dir ein Rath, ſchau daß Du’s
kriegſt.
Leim.
Das hätt’ ich ſelber g’wußt; aber da iſt’s zu
mit’n kriegen, ich glaub’ es hat’s ſchon ein Anderer.
Knieriem.
So nimm Du Dir auch eine Andere.
Leim.
Das bring’ ich nicht über’s Herz. O meine
Peppi!
Zwirn.
Ja, mag ſie Dich, oder mag ſie Dich nicht?
Leim.
Das iſt’s eben was ich nicht weiß. Ich hab’ drei
Jahr bei ihrem Vater gearbeitet —
Zwirn.
Und weißt nicht, ob Dich ’s Madel mag? —
Tiſchler, Du haſt ja Hobelſchatten im Kopf?
Leim.
Der Vater iſt reich, er lebt in Pracht und
Herrlichkeit, er war zwar ſelbſt immer beim Geſchäft,
aber die Tochter haben wir Geſellen kaum alle Mo-
nat einmal zu ſehen kriegt. Einmal bringt meine
himmliſche Peppi ihrem Vater eine Schale Kaffee in
die Werkſtatt — ich ſchau ſie zärtlich an, ſie laßt
ihre Blicke auf mich, und die Schalen auf die Erd
fallen — der Vater, der gähzornigſte Patron von
der Welt, wirft’s Stemmeiſen auf ſie — ich erſeh’
das, halt mich vor, und das Stemmeiſen fahrt mir
zolltief in die Achſel hinein.
Zwirn.
Ah Spectakel!
(Setzt ſich auf’s Stroh.)
Knieriem.
Haſt’n nit g’haut den Alten? — Wann mir
das g’ſchehn wär!
Leim.
Warum nicht gar! Ich bin umg’fallen, und
wie ich wieder zu mir kommen bin, war der Alte und
die Peppi bei meinem Bett. Der Alte hat g’ſagt,
ich möcht’ das nicht übel nehmen, es war nicht ſo
bös gemeint.
Knieriem.
Bedank mich.
Leim.
Es wird Sein Schaden nicht ſeyn, hat er g’ſagt,
Er hat meiner Tochter das Leben gerettet; bis Er wie-
der geſund iſt, wollen wir weiter reden über Sein
künftiges Glück.
(Mittlerweile hat Zwirn ſich mit einem
zerriſſenen Tüchel den Kopf eingebunden, ſich auf das
Stroh gelegt.) Ein paar Wochen darauf, wie ich
ſchon wieder hergeſtellt war, hör’ ich auf einmal,
der dicke reiche Strudl, der Wirth vom goldenen
Nockerl, heirath — ich frag’ wem? ſo heißt’s: die
Hobelmanniſche. — Das hat mir den Gnadenſtoß
geben; denn der Meiſter Hobelmann hat keine an-
dere Tochter g’habt, als meine Peppi.
Knieriem.
Na, da wirſt aber doch aus Verzweiflung
g’redt hab’n?
Leim.
Nein — es war g’rad Samſtag, der Meiſter
hat uns auszahlt — da bin ich den andern Tag in
der Fruh aufg’ſtanden, hab’ auf ein Zettel g’ſchrie-
ben: »Adieu Peppi, aus Bosheit heirath ich jetzt
auch« — und dann bin ich fort über Berg und
Thal, ohne b’hüt dich Gott und ohne Allem; und
ſo flankir ich jetzt ſchon über zwei Jahr in der
Welt herum.
Knieriem.
Ich hätt’ den Alten und den Wirth g’haut,
und ’s Mädel hätt’ ich g’heirath.
Leim
(legt ſich nieder).
Mit mir iſt’s aus, ich hab’ nichts mehr zu
hoffen. Ich lauf halt ſo mit, ſo lang’s ſeyn muß.
Knieriem.
Und ich ſauf halt ſo mit, ſo lang’s geht.
(Zieht
den Rock aus.) Ich hätt’ jetzt ein Guſto zu aſtrono-
miſchen Beobachtungen; denn mich hat’s G’miſchte
ein wenig duslich g’macht.
(Gähnt.)
Leim.
Ich hab’ ſchon ſeit ein paar Jahren kein Schlaf
mehr.
(Gähnt.)
Knieriem
(löſcht das Licht aus und legt ſich nieder).
Zwirn.
Werd’s nit bald ſtill ſeyn?
(Schläft ein.)
Leim
(einſchlafend).
Peppi — Pep — pi —
Knieriem (eben ſo).
Noch — ein — G’miſchtes — denn der Komet —
(Leiſe Muſik beginnt. Wolken ſenken ſich über den Hintergrund.
Nach einer Weile theilen ſich die Wolken, Fortuna
wird ſichtbar mit einem Füllhorn, daraus kommt die
transparente Zahl 7359. — Der Schlaf der drei Geſel-
len wird unruhig. Die Wolken erheben ſich wieder.)
Leim
(ſich nach und nach ermunternd).
Ah — ah —
(Gähnt.) Das war ein kurioſer
Traum — 7359. — Wenn ich’s nur nicht vergiß. —
Ah, ich merk’ mir’s ſchon bis morgen.
(Will wieder
ſchlafen.) Es laßt mir keine Ruh’, ich muß — He,
Schneider! Schneider! — Der ſchlaft feſt. —
Landsmann!
Zwirn
(ſich ermunternd).
Was iſt’s denn?
Leim.
Haſt keine Kreiden?
Zwirn.
Ich glaub’ nit. — Zu was denn?
Leim.
Mir hat ein Nummero traumt.
Zwirn
(ihm eine Kreide gebend).
Ein Nummero hat Dir traumt?
Leim.
Ja. Nro. 7359.
Zwirn.
Und mir hat auch ein Nummero traumt —
es war Nro. 7359.
Leim.
Was? das nämliche Nummero? — Bruder,
das hat was zu bedeuten. Nur g’ſchwind aufg’ſchrie-
ben.
(Schreibt das Nummero auf den Tiſch.)
(Es wird von Außen ſtark geklopft.)
Stimmen (von Außen).
Heda! Aufg’macht! Aufg’macht!
Neunter Auftritt.
Vorige. Ein Hauſirer.
Hauſirer
(mit ſeinen Anhängtrüherl, worin verſchiedene Waaren
ſind, eintretend).
Guten Morgen allerſeits. Kaufen die Herren
Hoſenträger, Brieftaſchen, Pfeifenröhr’ln, Tabaks-
beuteln — auch noch einige Lotterieloſe hab’ ich —
die Ziehung geht ſchon in einer Stunde vor ſich.
Kaufen Sie, vielleicht gewinnen Sie heut das gro-
ße Los, probiren Sie Ihr Glück.
Leim.
Laß anſchau’n, was ſeyn’s denn für Nummern?
Hauſirer (zeigt die Loſe).
Nr. 439.
Leim.
Das kann ich nicht brauchen.
Hauſirer.
Nr. 8521.
Knieriem.
Das iſt ein alt’s Nummero.
Hauſirer.
Nr. 7359.
Zwirn
(auf ihn losſpringend).
Der hat unſer Nummero!
Knieriem (zu Leim).
Frag ihn, was’s koſt’t.
Leim
(zum Hauſirer).
Was koſt’t das Los?
Hauſirer.
Sechs Gulden Silber.
Leim
(zu ſeinen Kameraden).
Sechs Gulden Silber hat er g’ſagt.
Zwirn.
Das bringen wir nit z’ſamm. — Wißt’s was
wir thun? — Schlag’n wir’n todt.
Leim.
Ah, wer wird denn ſo grob ſeyn? Ein Men-
ſchen, den wir ’s erſtemal ſeh’n — wir wurden aus-
g’richt.
Knieriem.
Ja, hing’richt wurden wir. — Ich hab da in
mein Bruſtfleck ein Thaler eing’naht.
(Trennt ihn heraus.)
Leim.
Ich hab’ auch ſechs neue Zwanziger.
Zwirn.
Da ſeyn fünf Zwanziger — und zwei Zehnerln.
Hauſirer.
Na, wie iſt’s? kaufens die Herren?
Leim
(legt den Thaler auf das Trüherl).
Da iſt ein Thaler vom Schuſter — und da
ſeyn ſechs neue Zwanziger von mir.
(Wendet ſich zum Schuſter.)
Knieriem.
Der Thaler iſt von mir, daß keine Irrung
g’ſchieht.
Zwirn
(zum Hauſirer).
Der Thaler iſt vom Schuſter — und die ſechs
Zwanziger ſeyn vom Tiſchler.
(Steckt den Thaler in die Weſtentaſche und tritt bei Seite.)
Hauſirer.
Ja, wo iſt denn der Thaler?
Knieriem.
Der Thaler iſt von mir.
Leim.
Da hab’ ich ihn hergelegt.
Hauſirer.
Er iſt aber nicht da.
Leim
(zieht den Zwirn herbei).
Du haſt g’ſehn, daß ich den Thaler da her
g’legt hab.
Zwirn (verlegen).
Ja — ja — der Thaler iſt eh’nder da g’leg’n.
Hauſirer.
Aber wo iſt er denn jetzt?
Zwirn.
Wo er jetzt iſt, wollen’s wiſſen? — Eh’nder
iſt er da g’leg’n
Hauſirer.
Wo er aber jetzt iſt?
Zwirn.
Eh’nder iſt er da g’leg’n, und jetzt —
(zieht
den Thaler aus der Taſche) iſt er da.
(Legt ihn hin.)
Leim.
Aber Schneider!
Knieriem.
Wenn wir ’s Geld allein hätten, ſo därfet er
gar nit mit ſetzen.
Zwirn.
Nur nit kindiſch — ich hab den Thaler nur
wechſeln woll’n.
Knieriem.
Ja, Du biſt der, der ’s Geld wechſelt.
Leim
(zum Hauſirer).
Alſo, da iſt der Thaler vom Schuſter — da
da ſeyn die ſechs Zwanziger von mir — und da
ſeyn fünf Zwanziger und zwei Zehnerln vom Schnei-
der. — Jetzt her mit’n Los.
Hauſirer.
Da haben Sie’s. Ich wünſch, daß Sie damit
gewinnen. Schaffens ein Andermal.
(Ab.)Eilfter Auftritt.
Vorige. Pantſch.
Pantſch
(rabiat hereinſtürzend).
Das iſt entſetzlich!
Alle.
Was iſt’s denn?
Pantſch.
Das iſt unbegreiflich! Ich hab den Haupttref-
fer nicht.
Alle.
Iſt er ſchon da?
Pantſch.
Auf’n erſten Zug war er heraus. Nr. 7359.
Leim. Zwirn. Knieriem
(außer ſich vor Freude).
Mich trifft der Schlag!
(Alle Drei fallen um.)
Alle.
Was iſt denn das? Zu Hülf!
Leim. Zwirn. Knieriem
(ſpringen jubelnd auf).
Den Treffer haben wir! Den Treffer haben
wir! Juheh!
Alle.
Was? Nicht möglich!
Leim.
Da iſt’s Los, was wir grad kauft haben. —
Wir wollen uns luſtig machen. Alle Tiſchler von
der ganzen Stadt ſind eingeladen.
Knieriem.
Herr Wirth! alle Schuſter vom ganzen Land.
Zwirn.
Alle Schneider von der ganzen Welt!
Alle.
Juheh! Juheh! Juheh!
(Alle ab.)
Leim
(indem er mit Zwirn und Knieriem vortritt).
Jetzt ſagt’s mir aber, Kameraden, was fangen
wir mit unſerm Reichthum an? Ich hab’ meinen
Plan.
Zwirn.
O ich auch. Aber nur nobel!
Knieriem.
Ich hab’ ganz eine eigene Idee.
Leim.
Ich reiſ’ nach Wien morgen in aller Früh;
find’ ich meine Peppi noch ledig, ſo bin ich der
glücklichſte Menſch auf der Welt; iſt ſie verheirathet,
dann nutzt mich mein ganzer Reichthum nichts —
da geh’ ich dann nach Haus, bau ein Spital für
unglückliche Tiſchlergeſellen, und da leg’ ich zuerſt
mich ſelber hinein, und ſtirb auch d’rin.
Zwirn.
Nein, dieſer Plan iſt mir zu traurig. Ich
werde von nun an mehr Don Juan, als Schnei-
der ſeyn.
Knieriem.
Und ich hab’ keine Leidenſchaft, als die Aſtro-
nomie, d’rum g’wöhn’ ich mir’s Bierſaufen ab, und
verleg mich von heut an bloß auf’n Wein. Auf’s
Jahr geht ſo die Welt zu Grund, da zieh’ ich halt
heuer noch von einen Weinkeller in den andern her-
um, und führ’ ſo ein zufried’nes, häusliches Leben.
Leim.
Mir iſt leid, daß wir auf die Art nicht bei-
ſammen bleiben können.
Zwirn.
Wir haben Jeder unſre apparte Paſſion.
Knieriem.
Auseinander müſſen wir.
Leim.
Aber, wie Einer vom Andern hört, daß er im
Unglück iſt —
Knieriem.
Von Unglück iſt gar keine Red’ nicht, wenn
der Menſch einen Treffer macht.
Zwirn.
Wenn’s halt aber doch der Fall iſt, ſo wollen
wir Einer dem Andern beiſteh’n.
Leim.
Die Hand d’rauf!
Zwirn und Knieriem.
Gilt allemal.
(Reichen ſich die Hände.)
Leim.
Und heut über’s Jahr, am heutigen Tag, an
dem Gedächtnißtag unſers Glücks, kommen wir alle
Drei in W’ien zuſammen beim Meiſter Hobelmann,
dort bin ich entweder glücklich, oder Ihr erfahrt
wo ich in meinem Unglück zu finden bin.
Zwirn und Knieriem.
Gilt detto.
(Reichen ſich die Hände.)
(Pantſch und viele Männer und Weiber treten ein.)
Alle.
Wir gratuliren!
Leim.
Danke, danke! — Herr Wirth!
Pantſch.
Euer Gnaden!
Knieriem.
Wir geben eine Tafel bei Ihm.
Pantſch.
Euer Excellenz —
Zwirn.
Heute iſt bei mir balparée.
Pantſch.
Euer Durchlaucht — mein Saal in der Vor-
ſtadt hab’ ich auf’s Prächtigſte neu arrangiren laſ-
ſen, es kann alle Stund der Ball anfangen.
Leim
Und jetzt aufgrebellt, Muſikanten! Jetzt mar-
ſchiren wir im Zug zu der Ausſpielung, um unſer
Geld z’holen, und nachdem geht’s gleich ans Eſſen,
Trinken und Tanzen bis morgen Fruh.
3
Chor.
Es kommt halt das Glück
Auf einmal oft dick;
Die Hüt’ werft’s in d’Höh’,
Schreit’s Juheh! Juheh!
(Unter dem Chor Alles jubelnd ab.)
(Der Vorhang fällt.)
Ende des erſten Aufzuges.