Es wird wieder abgewickelt!
Marburg, 8. Mai.
Nun iſt auch der Fall Albanten für uns in-
ſoweit erledigt, als eine gemeinſame militäriſche
Aktion Öſterreich-Ungarns und Italiens in Frage
kam. Noch an jenem Tage, an welchem bekannt ge-
geben wurde, daß König Nikita ſich zur Räumung
Skutaris entſchloſſen habe, verkündeten die von der
Regierung inſpirierten Blätter, daß die Räumung
Skutaris auf die militäriſche Beſetzung Albaniens
durch öſterreichiſch-ungariſche und italieniſche Truppen
keinen Einfluß ausübe; das militäriſche Eingreifen
in Albanien müſſe trotzdem erfolgen. Aber wie mit
einem Schlage iſt dies anders geworden. In Wien
hat man urplötzlich an dieſer angeblichen Notwen-
digkeit den Geſchmack verloren und es wird nun wieder
ſachte abgewickelt; von dieſer „notwendigen“ gemein-
ſamen militäriſchen Aktion iſt heute keine Rede mehr.
Aus welchen Quellen fließt dieſe neue Erkenntnis,
welches Wunder mag dieſen urplötzlichen Umſchwung
herbeigeführt haben? Schon hatten ja klerikale Blätter
die Forderung durchblicken laſſen, daß es nicht bei
einer zeitweiligen Beſetzung Albaniens bleiben dürfe,
ſondern daß eine regelrechte Teilung des Landes
durch die beiden Adriamächte erfolgen ſolle, daß der
Beſetzung die Beſitzergreifung folgen müſſe. Und nun
iſt das alles weggeblaſen und dieſe „Notwendigkeit“
iſt über Nacht verſchwunden. Zweifellos haben die
Mächte des Dreiverbandes, vor allem Rußland und
Frankreich, in den Staatskanzleien von Wien und
Rom ganz unzweideutige Erklärungen abgegeben, die
ſich gegen das geplante Unternehmen in Albanien
kehrten und ſchließlich dürften in Wien auch Be-
denken darüber aufgetaucht ſein, ob es denn wirklich
ein gar ſo vorteilhaftes Geſchäft ſei, Nordalbanien
einzuſtecken, Südalbanien aber den Italienern zu
überlaſſen, die im Beſitze Valonas die Herren der
Meerenge von Otranto wären und die Adria uns
dort ſperren könnten. Und ſo kam es, daß die frühere
Notwendigkeit urplötzlich nicht mehr vorhanden iſt
und daß der großen, auf Albanien zeigenden Geſte
der ſtille Rückzug folgt. Aber es iſt charakteriſtiſch,
daß man auch im zwanzigſten Jahrhundert noch
immer die Bevölkerung wie ein unmündiges Kind
behandelt; man ſagt ihr heute, daß dies und das
eine „Notwendigkeit“ für Öſterreich-Ungarn ſei und
ſie hat es zu glauben; man ſagt ihr, Öſterreich-
Ungarn verlange dies und das — die Bevölkerung,
welche doch dieſes Öſterreich-Ungarn darſtellt, weiß
zwar davon gar nichts, hat aber zu glauben, daß
ſie ſelbſt es verlangt! Und wenn dann über Nacht
in einigen Köpfen in Wien ein großer Umſchwung
erfolgt, dann hat die Bevölkerung dies wieder zur
Kenntnis zu nehmen und es heißt dann einfach:
Öſterreich-Ungarn hat beſchloſſen .... Die Aus-
gaben für eine kleine Lokalbahn, die Errichtung einer
Mittelſchule und noch weit geringere Umſtände ver-
mögen im Parlamente die höchſten Erregungen aus-
zulöſen; wenn es ſich aber um die höchſten Werte
im Leben handelt, um eine Politik, die unmittelbar
zum Kriege führt und die ſchwerſten Kataſtrophen
auszulöſen vermag, wenn hunderte von Millionen
Kronen zu heimlich gehaltenen Zwecken verwendet
werden, zu Zwecken. die gar nicht Erfüllung finden,
dann, wenn es ſich um das Höchſte und Wichtigſte
handelt, um Gut und Blut, hat die Bevölkerung
und das Parlament kein Wörtlein drein zu reden;
von der Entſchließung einiger Perſonen hängt die
geſamte auswärtige Politik und hängen ihre
letzten und furchtbarſten Konſequenzen ab. Dies
haben die letzten Wochen wieder einmal zur Genüge
gezeigt und wenn dieſe Tatſache auch in der Ver-
faſſung begründet und daher unangreifbar erſcheint,
ſo nimmt es immerhin die weiteſten Schichten der
Bevölkerung wunder, daß das Parlament die Er-
richtung einer kleinen Brücke durch den Staat be-
willigen oder verweigern kann, daß es aber ohne
jede Einflußnahme daſteht gegenüber der äußeren
Politik, die mit der Verwendung von Millionen
Soldaten und mit Geldopfern rechnet, die ſich in
beſtimmten Fällen raſch auf Milliarden von Kronen
belaufen würden. Mit ämtlich abgeſtempelter Poeſie
ſprach noch vor einigen Tagen die Militäriſche
Rundſchau von dem wunderbaren und ſtarken Empfin-
den, welches dem Einmarſche in die wilden Mon-
tenegriner- und Albanerberge entgegengebracht werde;
dadurch erſt erfuhren es die verſchiedenen Nationen
Öſterreichs, welche Gefühle ſie in dieſem Falle be-
ſeelen. Sie wurden dadurch über ihr Seelenleben,
welches ſie offenbar ſelbſt nicht verſtanden hatten,
aufgeklärt; vorher gabs im Norden und Süden
allſlawiſche Demonſtrationen für Nikita in Hülle
und Fülle und ſogar ein wirklicher Staatsanwalt
ſlawiſcher Nationalität in Dalmatien mußte abge-
ſetzt werden, weil er ſich weigerte, gegen einen des
Hochverrates beſchuldigten Notar die Anklage zu
erheben. Nun aber kommen Steuerzahler und Wiener
Staatskanzlei mit einem blauen Auge davon! N. J.
Um hohen Preis.
Roman von Fred. M. White.
Deutſch von Ludwig Wechſler.
3 Nachdruck verboten.
Je länger Flower über den Gegenſtand nach-
dachte, umſo unerklärlicher erſchien er ihm.
Beatrices Entdeckung war ſchon ſchlimm
genug; aber der Vorfall mit dem Einſchreibe-
brief war noch tauſendmal ſchlimmer. Niemand
ſchätzte Kühnheit, Mut und Energie höher wie
Flower; er wußte, welche wichtige Rolle dieſen
Eigenſchaften im Leben zufalle, und ihnen hatte
er auch zu danken, was er heute war. Allein
dieſe Kühnheit und Liſt ließen ſeine eigene weit
hinter ſich. Unwillkürlich griff er nach der ſeidenen
Schnur und drehte ſie nervös zwiſchen den
Fingern.
„Was ſoll das eigentlich bedeuten?“ murmelte
er. „Und weshalb läßt man mir dieſe Warnung
zukommen? Einfach gräßlich! Man iſt jetzt heil
und geſund und im nächſten Augenblick ein toter
Mann, ohne daß ein Arzt zu ſagen vermöchte,
wie das zuſtande gebracht wurde. Und ſelbſt
wenn man die Kerle hinter Schloß und Riegel
ſetzte, ſo iſt damit doch nichts erreicht. Nichts
leichter, wie irgend einen verlotterten Land-
ſtreicher zu beſtechen, damit er das nämliche voll-
bringe, nachdem man ihm einmal den Weg ge-
zeigt hat. Ich kenne Dutzende von Menſchen in
London, die mir mit einer wahren Wonne das
Lebenslicht ausblaſen würden, wenn ſie es ſtraflos
tun könnten!“
Müde erhob ſich Flower und verließ die
Bibliothek. Er war der eigenen Gedanken über-
drüſſig und ſehnte ſich mit einemmale nach
menſchlicher Geſellſchaft. Auf ſeinem Wege in
die große Vorhalle kam ihm im Korridor eine
Magd mit leichenblaſſem Geſicht und allen Anzeichen
des Schreckens entgegen. In ſeiner Erregung
konnte er ſich nicht enthalten, die Perſon anzuhalten
und zu fragen, was geſchehen ſei.
„Sind Sie nicht eine der Mägde meiner
Nichte? Und weshalb ſehen Sie ſo geiſterbleich
aus?“ herrſchte er ſie an.
„Ja, ich bin bei Miß Galloway bedienſtet,
Sir“, murmelte das Mädchen. „Als ich vorhin
aus dem Dorfe heimkam und durch den Wald
ſchreitend beim Hinterhauſe anlangte, wurde ich
von großem Schrecken erfaßt. Ich berichtete es
Miß Galloway, und ſie ermahnte mich, ich möge
nicht töricht ſein. Ich wage aber zu behaupten,
daß, wenn ich näher zugeſehen hätte, ſicherlich ent-
deckt hätte, daß ...“
Die Stimme der Magd wurde undeutlich,
ihre Sprache unzuſammenhängend und Flower
ließ ſie ihres Weges gehen. Es war nicht ſeine
Art, ſich über die Schrullen und Einfälle ſeiner
Dienſtleute Gedanken zu machen, und unter an-
deren Umſtänden hätte er ſicherlich keine Neugierde
empfunden. Allein im Hinblick auf die jüngſten
Ereigniſſe beſaßen ſelbſt unſcheinbare Vorfälle wie
dieſer ihre Bedeutung, und jedenfalls wollte er
ſeine Nichte über die Sache befragen. Er traf ſie
im Geſellſchaftszimmer an, wo ſie im Begriffe war,
Blumen anzubringen.
„Ich bin ſoeben einer Deiner Mägde begegnet“,
ſprach Flower.
„Was iſt denn der Perſon nur eingefallen?
Sie ſieht aus, als hätte ſie einen Geiſt erblickt.
Ich hoffe nur, es wird kein dummes Gerede
daraus entſtehen, damit es nicht etwa heißt,
einer der früheren Beſitzer von Maldon Grange
ſpuke nächtlicherweiſe in den Korridoren herum.
Wenn irgend etwas, ſo verabſcheue ich einen
ſolchen Aberglauben aufs höchſte!“
„Man könnte Anna beim beſten Willen nicht
abergläubiſch nennen“, erklärte Beatrice.
„Sie hält ſich ſonſt immer nur an Tatſachen.
Doch vorhin kam ſie mit einer ſeltſamen Geſchichte
nach Hauſe. Sie war im Dorf, um etwas für
mich zu beſorgen, und da ſie ſich ein wenig
verſpätet hatte, kam ſie auf dem Rückwege durch
den Fichtenwald. In der Mitte des Waldes habe
ſie nun zwei große Affen erblickt, die im Graſe
hockend miteinander geſtikulierten. Natürlich wollte
ich ihr beweiſen, daß dies ein Unſinn ſei; aber
ſie beharrte bei ihrer Ausſage und ergänzte ſie
dahin, daß es zwei Orang-Utangs geweſen ſeien,
die ſie ganz deutlich geſehen habe. Als dieſe ihrer
anſichtig wurden, verſchwanden ſie, als hätte der
Boden ſie verſchlungen. Sie weiß ſelbſt nicht,
In Skutari.
Die Belagerung von Skutari machte der
Schriftleiter Gino Verri des „Corriere della Sera“
in Skutari mit. Seine Aufzeichnungen über die
Vorgänge in Skutari ſind beſonders von dem Zeit-
punkte an bemerkenswert, wo in Skutari der Hunger
um ſich griff. Darüber ſchreibt er:
15. April.
Seit drei Tagen eſſen die Soldaten nicht mehr
Brot, ſondern nur Militärzwieback. Die Fleiſch-
portion iſt vermindert worden und häufig wird
das Rindfleich durch das Fleiſch verendeter Pferde
erſetzt, Die Anzahl der Kranken ſteigt.
Diebſtähle werden immer häufiger. Ein Muſel-
mann, der vergeblich für ſeine Familie Brot ver-
langt hatte, ſtahl einen halben Sach Gerſte. Als
er erfuhr, daß ein anderer wegen dieſer Tat ver-
haftet worden ſei, ſtellte er ſich ſelbſt der Polizei
und ſagte: „Ich habe den halben Sack Gerſte ge-
ſtohlen. Seit drei Monaten bin ich Tag und Nacht
in den Laufgräben. Meiner Frau und meinen Kin-
dern hat man das Brot verweigert und ſo habe ich
mir ſelbſt geholfen. Hütet euch, meiner Familie auch
nur ein Körnchen wegzunehmen, denn ſonſt werden
ich und Hunderte meiner Kameraden dieſer Re-
gierung, die uns kein Brot gibt, ein Ende bereiten!“
Der Polizeioffizier ließ den geſtändigen Dieb ruhig
ſeines Weges gehen.
19. April.
Der Hunger fordert täglich ſeine Opfer. In
allen Straßen herrſcht ein Wehklagen der dem
Hungertod Verfallenen. Mütter halten ihre weinen-
den Kinder im Schoße und flehen die Vorüber-
gehenden an, ihnen zu helfen. Täglich ſterben fünf-
undzwanzig Perſonen an Hunger.
Auch die regulären Truppen ſind unzufrieden.
In Bardanjolt ſchrien die Soldaten, daß ſie des
verdorbenen Pferdefleiſches überdrüſſig ſeien und
zum Feinde übergehen wollten, wenn ſie nichts
Beſſeres zu eſſen bekämen.
20. April.
Die Soldaten von Berditza haben ernſtlich
daran gedacht, zum Feinde überzugehen, und knüpf-
ten mit den Serben bereits Unterhandlungen an.
Die Serben antworteten, ſie würden ſie mit offenen
Armen aufnehmen. Nur die Verſicherung der Of-
fiziere, daß die Zwiebackration vermehrt werden
würde, hielt die Soldaten davon zurück, ihren Vor-
ſatz auszuführen.
Wenn die Soldaten ſolche Geſinnungen hegen,
dann kann der Kommandant nicht mehr auf ſie
rechnen. Davon muß ſich Eſſad Paſcha überzeugt
haben, als ihm heute vom Taraboſch telegraphiert
wurde, daß einige hundert Soldaten die Laufgräben
verlaſſen und ausgerufen hätten, daß ſie dieſes
Lebens müde ſeien. So ſah man bald darauf ein
türkiſches Schiff das Hafenbecken des Zollamtes
verlaſſen. Drei Offiziere waren an Bord, die einen
Auftrag wegen der Übergabe der Stadt zu über-
bringen hatten.
23. April.
Skutari iſt gefallen. Fünfzehn Paragraphen
regeln die Übergabe. Den Türken wird der Ab-
zug mit allen ihren Waffen geſtattet. Wer will,
kann den Türken folgen. Wer bleibt, empfängt
volle Strafloſigkeit, auch wenn er ſpioniert oder
den Montenegrinern in anderer Weiſe geſchadet hat.
Achtung der Gebräuche und religiöſen Bekenntniſſe
wird gewährleiſtet.
Obgleich der Übergabevertrag ſchon unterzeichnet
war, berief Eſſad Paſcha geſtern noch die moham-
medaniſchen und chriſtlichen Notabeln. Die Mehr-
heit der Verſammelten war mit der Übergabe ein-
verſtanden, nur einige Mohammedaner erhoben Ein-
wendungen und verſprachen, jetzt ihre ganzen Vor-
räte an Lebensmitteln zur Verfügung zu ſtellen.
Aber Eſſad Paſcha antwortete ihnen im Tone größter
Entrüſtung: „Ihr habt es zugelaſſen, daß ich meine
armen Soldaten mit verdorbenem Pferdefleiſch
vergiftet habe, und eure Rinder ſo gut verſteckt, daß
ſie niemand aufgeſpürt hat. Jetzt iſt es zu ſpät.
Zweitauſend Kranke und Verwundete liegen in den
Spitälern. Einen Angriff der Montenegriner könnte
ich nur eine Viertelſtunde lang mit den Geſchützen
beantworten. Ihr ſeht alſo, daß mir kein anderer
Ausweg geblieben iſt!“ Als einer der Mohammedaner
hervorhob, daß die Bewohner von Skutari ihrerſeits
ihre Pflicht gewiſſenhaft erfüllt hätten, da warf
Eſſad Paſcha in hellem Zorn den Verſammelten
alle ihre Verſäumniſſe vor und ſchloß ſeine Rede
mit den Worten: „Trachtet, euer Vaterland nicht
zu verlieren! Ich verlaſſe eure Stadt, aber euch
laſſe ich die Forts von Stoi, Bardanjolt, Berditza
und Taraboſch, die der Feind nicht zu erobern ver-
mochte. Mögen dieſe Orte euch heilig ſein!“
24. April.
Auch auf dem Taraboſch ſind die Montene-
griner. Sie konnten ihre Bewunderung nicht ver-
hehlen, als ſie die geringen Mittel ſahen, mit denen
die Verteidiger des Taraboſch ihnen Widerſtand ge-
leiſtet hatten. Ein paar Laufgräben, einge Erd-
ſchanzen, hie und da eine Mauer, das waren die
einfachen Befeſtigungswerke, die den Angriffen der
Belagerer ſo lange widerſtanden hatten.
Der Krieg.
Die Übergabe Skutaris.
Die Übergabe Skutaris an die Mächte dürfte
heute erfolgen. Übernommen wird die Stadt und
die Feſtung werden von den Landungstruppen der
internationalen Blockadeflotte, die längs des Bojana-
fluſſes nach Skutari marſchieren dürften.
Serbiſcher Abzug aus Albanien.
Die Abtransportierung der ſerbiſchen Truppen
aus Mittelalbanien iſt vollendet. Im Laufe der
letzten drei Wochen haben die Serben ihre Truppen-
abteilungen aus den von ihnen beſetzten Orten
Mittelalbaniens nach Durazzo zurückgezogen und
deren Einſchiffung auf griechiſchen Transportſchiffen
nach Saloniki in mehreren Staffeln vorgenommen.
Samstag den 3. Mai hat der letzte ſerbiſche Soldat
Durazzo verlaſſen.
Eine „brüderliche“ Sprache.
Griechenland will den Stand ſeiner Truppen
in und um Saloniki auf 180.000 Mann erhöhen,
um den bekannten bulgariſchen Anſprüchen auf Sa-
loniki mit Gewalt begegnen zu können. Das grie-
chiſche Blatt Theſſalia bemerkt dazu: „Wenn unſere
Bundesgenoſſen nicht auf Raub ausgehen, ſo brau-
chen ſie weder unſere Truppenzuſammenziehungen,
noch die der Serben zu fürchten, die 50.000 Mann
in Mazedonien konzentriert haben. Wenn aber die
Bulgaren ihre Augen von Thrazien auf Mazedonien
richten, ſo werden ſie die Straße nach Mazedonien
nicht mit Teppichen und Grün geſchmückt finden,
ſondern den griechiſchen Bajonetten begegnen. Was
die Bulgaren bisher erreicht haben, das haben ſie
mit Hilfe der Serben und der griechiſchen Flotte er-
reicht, die für ſie den Tiſch gedeckt haben, an dem
ſie es ſich jetzt mit ſolcher Frechheit ſchmecken laſſen.“
Von beſonderer „Brüderlichkeit“ der verbündeten
Balkanchriſten iſt in dieſer Sprache gerade nichts
zu merken!
Tendenzlügen!
Bekanntlich wurde aus einer Quelle, die ſich
nicht genau feſtſtellen läßt, die Behauptung aufge-
ſtellt, Eſſad Paſcha habe bei der Übergabe Skutaris
ein verräteriſches Spiel getrieben. Er habe, ſo wurde
berichtet, Skutari deshalb übergeben, weil ihm die
Montenegriner und Serben und das hieter dieſen
ſtehende Rußland dafür verſprochen hätten, daß er
König von Albanten werden ſolle. Aus dieſem Grunde
habe er Skutari an die Monteneginer und im Süden
ein Stück Albanien an die Griechen abgetreten. da-
mit er auch von den Griechen in ſeinen Königs-
plänen gefördert werde. Die Preſſe von ganz Europa
mußte dies natürlich glauben und in Wien erklärte
man mit einer auffallenden Raſchheit, daß dieſer
Umſtand zum militäriſchen Eingreifeen in Albanien
nötige. Nun ſtellt es ſich aber heraus, daß es ſich
um eine Tendenzlüge ſchlimmſter Art handelt,
deren Zweck ziemlich durchſichtig iſt ..... Skutari
wurde wegen der Hungersnot übergeben. Hinſichtlich
der Eſſad Paſcha unterſchobenen verräteriſchen Königs-
pläne hatten der öſterreichiſch-ungariſche, italieniſche
und franzöſiſche Konſul in Tirano Unterredungen
mit Eſſad Paſcha, aus denen folgendes hervorging:
Eſſad Paſcha hat weder ein Königtum unter
türkiſcher Souveränität ausgerufen, noch hat er
die Abtretung albaniſcher Gebiete im Norden oder
Süden zugeſagt. Die Berichte des italieniſchen Kon-
ſuls laſſen die Haltung Eſſads als eine korrekte er-
ſcheinen. Eſſad Paſcha hat in Erfüllung der Kon-
ſtantinopler Anordnungen ſeine albaniſchen Truppen
entlaſſen und wird ſeine regulären Truppen mit
den Mannſchaften Dſchawid Paſchas vereinigen, um
deren Transport nach der Türkei durchzuführen.
Es iſt alſo tendenziös zu gewiſſen Zwecken ge-
logen worden, geradeſo, wie die „Ermordung“ des
Franziskanerpaters Palic erlogen und erfunden war
Palic wurde bekanntlich erſchoſſen, weil er während
eines Transportes (Palic war wegen Aufreizung
wie ſie nach Hauſe kam, aber jedenfalls befand
ſie ſich in einer unbeſchreiblichen Aufregung. Immer-
hin iſt es möglich, daß Anna nicht von ihrer
Phantaſie — deren ſie nur in ſehr geringem Maße
beſitzt — irregeleitet wurde, denn ich las letzthin
in einem Lokalblatte, daß ſich in Caſtlebridge ein
Zirkus befinde, der dort den Winter zu verbringen
gedenkt. Die Zeitungsnotiz beſagte auch, daß
einige Tiere aus ihren Käfigen entwichen ſeien und
ſchon ſo manchen Schrecken in der Umgebung
verurſacht hätten. Da Caſtlebridge nur etwa fünf
Stunden weit von hier iſt, ſo mag Annas Bericht
auf Wahrheit beruhen“.
Flower brummte etwas Unverſtändliches als
Antwort. Er war viel beſorgter als er merken laſſen
wollte; allein die Mitteilungen ſeiner Nichte über
den Zirkus ſchienen ihn ein wenig zu beruhigen.
„Merkwürdig iſt nur“, fuhr das junge Mäd-
chen fort, „daß wir dieſe beunruhigenden Zwiſchen-
fälle ſozuſagen zu gleicher Zeit zu verzeichnen haben.
Die letzten zwei oder drei Jahre verfloſſen in der
langweiligſten Einförmigkeit und nun haben wir zwei
erſtaunliche Vorfälle an einem einzigen Tage erlebt.
Kann irgend ein Zuſammenhang zwiſchen ihnen be-
ſtehen?“
„Keine Spur!“ erklärte Flower raub. „Trage
der Perſon nur ſtreng auf, ihre Wiſſenſchaft für
ſich zu behalten. Es ſoll nicht das Gerücht entſtehen,
daß es in unſeren Wäldern von wilden Tieren wim-
melt, ſonſt laſſen uns die Dienſtleute ſchmählich im
Stich. Morgen ſchreibe ich an die Polizei und wenn
ſich tatſächlich entſprungene Menageriebewohner in
der Gegend herumtreiben, ſo müſſen ſie ſchleunigſt
unſchädlich gemacht werden“.
Damit machte Flower Kehrt, um ſich in ſein
Zimmer zu begeben und ſich zum Diner umzukleiden.
Für gewöhnlich war er auch kein Freund geſell-
ſchaftlicher Veranſtaltungen; er hatte nur einen Zweck
im Leben: Geld zu verdienen, huldigte nur einem
Vergnügen: Reichtümer zu ſammeln. Immerhin hatte
es Zeiten gegeben, da er mit einer gewiſſen Freude
mit ſeinem Wohlſtande prunkte und Beatrice in der
Wahl und Bewirtung der Gäſte freie Hand ließ.
Heute aber war er ordentlich froh, daß ihm der
Abend behilflich ſein würde, ſeinen peinvollen Ge-
danken eine andere Richtung zu geben, denn vor-
läufig wollten die Sorgen nicht von ihm weichen,
ſondern hielten ſeinen Geiſt auch noch in ihrem Bann,
als er ſich bereits umgekleidet hatte und in den
Salon hinabging.
War es denkbar, fragte er ſich, daß zwiſchen
der Erzählung der Dienerin und den übrigen er-
ſtaunlichen Ereigniſſen des Tages irgenb ein Zu-
ſammenhang beſtand? Es war gewiß nicht unmöglich,
daß ſich ein hyſteriſches Frauenzimmer im Dunkeln
geirrt und Geſpenſter geſehen habe, ohne daß ein
Anlaß dazu vorhanden war.
Er konnte nicht länger über dieſe Dinge nach-
denken, denn ſeine Gäſte begannen nun anzulangen.
Sie waren eher die Freunde ſeiner Nichte wie ſeine
eigenen. Unter den buſchigen Brauen hervor be-
obachtete er ſie alle voll Geringſchätzung, wohl
wiſſend, daß ſie keinen Fuß in ſein Haus ſetzen
würden, wenn er nicht der reiche Reeder wäre.
Zum überwiegend größten Teil führte ſie nur die
Neugierde herbei, der Wunſch, die Kunſtſchätze zu
bewundern, die Maldan Grange in ſich barg. Nur
zwei oder drei unter ihnen waren Leute nach Flo-
wers Geſchmack. Aber das hatte ſchließlich nichts
zu ſagen. Jeder Anlaß war gut genug, wenn er
ihm nur eine Ablenkung ſeiner Gedanken brachte,
und wortkarg und finſter faß er da, bis gemeldet
wurde, daß aufgetragen ſei.
5.
In tiefen Gedanken war Wilfried Mercer nach
Öldborough zurückgekehrt. Die Ereigniſſe der letzten
Stuuden ſchienen ſeiner Lebensweiſe eine völlig ver-
änderte Richtung gegeben zu haben. Er hatte ſeinen
früheren Beruf aufgegeben und ſich in einem kleinen
Landſtädtchen niederlaſſen, um ſich mit Mühe und
Not ein paar Kunden zu ſchaffen. Nun gab es
keine langen Seereiſen, keine aufregenden Abenteuer
mehr, als den Gewinn eines neuen oder den Ver-
luſt eines alten Patienten. Und jetzt hatte ſich das
alles mit einem Schlage geändert, geändert infolge
eines kleinen Unfalls, der Samuel Flower betroffen.
Den Mann umgab ein undurchdringliches Geheim-
nis, zu dem Wilfried gewiſſermaßen den Schlüſſel
beſaß. Es wollte ihm bedünken, als wüßte er über
den rätſelhaften Vorfall in Maldon Grange mehr
zu berichten wie Flower ſelbſt.
[ ](Fortſetzung folgt.)
Eigenberichte.
Rothwein, 7. April. (Fund). In Neu-
dorf wurde von einem Schüler der deutſchen
Schule ein Zwicker gefunden und auf dem Ge-
meindeamte Rothwein hinterlegt.
Pickerndorf, 7. Mai. (Blumentag.)
Wie bereits mitgeteilt wurde, wird von der Orts-
gruppe Bachern des Deutſchen Schulvereines in
Pickerndorf an den Pfingſtfeiertagen ein Blumen-
tag abgehalten werden. Die hiezu nötigen Vor-
bereitungen ſind ſoweit gediehen, daß die Beſucher
des lieben Örtchens mit Befriedigung des Tages
denken werden. Es iſt nur zu wünſchen, daß die
geehrte Bevölkerung Marburgs und der Umgebung
das nationale Bemühen der Ortsgruppe unterſtütze.
Heil!
Leutſchach, 5. Mai. (Geſuchter Schaf-
dieb.) Am 3. Mai wurde dem Beſitzer Joſef
Paler vulgo Oblak in Remſchnig aus dem Stalle
ein ſchwarzes, halbjähriges Mutterſchaf, weiters
dem Beſitzer Anton Puſchnig vulgo Gradiſchnig
in Heiligengeiſt zwei weiße, zirka zwei Jahre alte
Schafe — ein Widder und ein Mutterſchaf —
entwendet. Dieſer Diebſtähle verdächtig iſt der
1853 geborene, nach St. Georgen zuſtändige
Vagant Thomas Skof, der bereits vierzehnmal,
darunter wiederholt wegen Schafdiebſtähle, vor-
beſtraft iſt, gute Lokal- und Perſonenkenntniſſe
beſitzt. Er treibt ſich meiſt in Unterkärnten und
Unterſteiermark herum.
Friedan, 6. Mai. (Windiſche Frech-
heit.) Wie kurz berichtet wurde, gefiel es dem
klerikalen windiſchen Friedauer Vorſchußvereine, auf
ſeinem Hauſe anläßlich des Falles Skutaris in
unſerer deutſchen Stadt eine ſloweniſche Trikolore
zu hiſſen. Daran, daß dies der Anlaß war, kann
nicht gezweifelt werden, denn die Geſinnung des
jetzigen Sekretärs, des penſionierten Gendamerie-
wachtmeiſters Rojs, iſt hinlänglich bekannt. Dieſe
Fahne wurde entfernt, nachdem der Gemeinde-
ſekretär mit dem Sicherheitswachmanne nichts aus-
gerichtet und daher Gendarmerieaſſiſtenz herbei-
geholt hatte. Als die Entfernung der Fahne ver-
langt wurde, verſpottete man noch den Gemeinde-
ſekretär, indem man ſagte, die Fahne ſei zu Ehren
der Markusprozeſſion ausgehängt. Die Prozeſſion
hatte in der Früh ſtattgefunden, die Fahne aber
wurde erſt nachmittag gehißt! Und warum wurde
denn in früheren Jahren zu Ehren des heiligen
Markus keine Fahne gehißt? Jetzt ſchreien dieſe
windiſchen Helden in den Zeitungen nach der Be-
hörde gegen den deutſchen Gemeindeſekretär, der
nur ſeine Pflicht erfüllte, lügen darauf los — Li-
berale und Klerikale in ſchönſter Eintracht — und
ſprechen von einer Geſetzesverletzung ſeitens des
Gemeindeſekretärs uſw. Wir ſind an die Frechheit
und Verlogenheit der Hetzſlowenen gewohnt;
allein dieſer Fall zeigt ſo recht deutlich, was ſie
ſich alles erlauben. Freilich wird Rojs immer
kecker werden; denn er hat die Unterſtützung des
Sokoliſten und „Buchowka-Trägers“, des Richters
Zemljič hinter ſich, der ihn auch ſeinerzeit
liebevoll behandelte, als er in Friedau Gendarmerie-
wachtmeiſter und ſeiner nationalen Geſinnung
durch Taten Ausdruck gab. Wir ſind wirklich
neugierig, was nun die Behörde unternehmen wird.
Freilich nach dem, wie die Slowenen in letzter
Zeit liebevoll behandelt wurden, kann man auch
da auf verſchiedenes gefaßt ſein. Allein wir Deut-
ſche werden uns von keiner Seite etwas bieten
laſſen. —
Tüffer, 6. Mai. (Tötlicher Unfall im
Bergwerke.) Am 2. Mai ſtieß ſich der 52 Jahre
alte Bergarbeiter Anton Rebov des Bergwerkes
Trifail während der Arbeit mit einem Krampen
derart in den Bauch, daß er bewußtlos zuſammen-
ſtürzte und ſogleich in das Krankenhaus nach Lai-
bach gebracht werden mußte, wo er, ohne das Be-
wußtſein erlangt zu haben, am 4. Mai unter
fürchterlichen Schmerzen ſtarb.
Cilli, 5. Mai. (Vereinsauflöſung.)
Die Ortsgruppe Cilli des Deutſchnationalen Hand-
lungsgehilfenverbandes in Wien hat ſich wegen
Mangels an Mitgliedern aufgelöſt.
Cilli, 6. Mai. (Beſitzwechſel.) Das der
Frau Anna Laß gehörige Gut „Forſthof“ in der
Umgebung von Cilli ging durch Kauf in den Beſitz
des Bäckermeiſters Joſef Kürbiſch über.
Cilli, 5. Mai. (Ein gefährlicher Ein-
brecher feſtgenommen.) In Lakendorf ver-
haftete die Gendamerie den langgeſuchten, wieder-
holt vorbeſtraften Einbrecher Anton Uſiretz, der
in Unterſteier und Krain Einbrüche und Diebſtähle
verübte. Er verdingte ſich bei Grundbeſitzern als
Knecht, erſpähte einen günſtigen Augenblick zum
Einbruch und verſchwand dann. So führte er
größere Diebſtähle in den Bezirken Pettau und
Stein in Krain und in Arndorf bei Cilli aus.
Auch hatte er es auf Fahrräder abgeſehen, die er
in abgelegenen Gemeinden an Bauernſöhne ver-
kaufte.
Rann, 5. Mai. (Totſchlag durch
Wegelagerer). Die Brüder Joſef und Johann
Pecnik aus Jarovec wurden unweit ihrer
Behauſung am Waldesrande von Auguſt Savnik,
Franz Lapuh und Andreas Ban aus Jarovec
überfallen. Savnik hieb ſogleich mit dem ſcharfen
Teile einer Weingarthaue dem Joſef Pecnik
mehrmals über den Kopf und den linken Oberarm,
ſo daß er zu Boden ſtürzte. Er erhob ſich zwar
wieder und ging einige Schritte, worauf er vor
dem Elternhauſe abermals zu Boden fiel und
liegen blieb. Seine Geſchwiſter trugen ihn hierauf
im bewußtloſen Zuſtande in das Haus. Infolge
Eindringens von Blut in das Hirn, hervorgerufen
durch die ſchweren Verletzungen des Kopfes mit
der Haue, ſtarb er. Savnik und Lapuh wurden
verhaftet, Ban hingegen ergriff die Flucht nach
Kroatien und konnte bisher nicht feſtgenommen
werden. Savnik und Lapuh werden ſich wegen
Totſchlag vor dem Kreisgerichte in Cilli zu ver-
antworten haben.
Tagesneuigkeiten.
Mord- und Selbſtmordverſuch eines
— dreieinhalbjährigen Knaben. Aus Ofen-
peſt wird den 5. Mai telegraphiert: Als der
Bauunternehmer Emmerich Ehrenwald geſtern abends
von einem Ausflug in ſeine Wohnung zurückkehrte,
fand er ſeinen dreieinhalbjährigen Knaben und ſein
anderthalbjähriges Töchterchen auf einem Diwan
in der Wohnung bewußtlos auf. Die Wohnung
war von einem ſcharfen Gasgeruche erfüllt, der
Gashahn war geöffnet. Mit vieler Mühe gelang
es, die beiden Kinder wieder zum Bewußtſein zu
bringen. Der Knabe gab an, er habe ſich und
das Schweſterchen töten (!!) wollen, weil das
Mütterchen ſie nicht ſpazieren führte. Die Er-
klärung dieſes Vorfalles liegt darin, daß der
Vater beim Mittagmahl von einem Selbſtmord
erzählte, der durch Öffnen eines Gashahnes ver-
übt wurde. Der Kleine hatte der Erzählung mit
großer Aufmerkſamkeit zugehört.
Selbſtmord des Königsmörders Schi-
nas. Der Mörder des Königs Georg von Griechen-
land, Alexander Schinas, der am 18. März d.
J. in Saloniki den König erſchoß, hat am 6. d.
im Gefängnis Selbſtmord verübt. Er ſtürzte ſich
aus einem Fenſter des Gerichtsgebäudes in Saloniki,
in dem er interniert war und blieb auf der Stelle
tot. Der Prozeß gegen Schinas ſollte bereits in
nächſter Zeit durchgeführt werden.
Große Spende für ein kroatiſches
Vereinshaus. Der Erzbiſchof Koadjutor Dr.
Ä. Bauer aus Agram hat für den Bau des
„Napredak-Heimes“ in Sarajewo 50.000 Kronen
geſpendet. — Wo gibt es einen einzigen deutſchen
katholiſchen Biſchof, der gleiches tut für ein deutſch-
nationales Vereinshaus wie der Kroatenbiſchof mit
dem deutſchen Namen für ein kroatiſchnationales
Unternehmen! Dieſe Erkenntnis muß aus völkiſchen
Gründen jeden Deutſchen los von Rom führen!
Feuer auf einem Kriegsſchiffe. In
Leros brach vorige Woche auf dem vor der Inſel
liegenden italieniſchen Kriegsſchiffe „Quarto“ ein
Brand aus, der vier Tage andauerte und das
Innere des Schiffes vollſtändig zerſtörte. Die Ur-
ſache des Feuers iſt unbekannt.
Marburger Zeitung Nr. 55, 8. Mai 1913
„Erbauliches“ aus einem Mönchs-
kloſter. In dem Mönchskloſter bei Jekaterinoslaw
wurde während einer großen Zecherei der Abt
Ignatius, der gegen die Trunkſucht der Mönche
proteſtierte, erſchoſſen. Man hat drei Mönche
verhaftet.
Der Wetterſturz. In ganz Deutſchland iſt
ein heftiger Wetterſturz eingetreten. In Thüringen
führen infolge des dreißigſtündigen Regens und
anhaltender Schneeſtürme die Flüſſe Hochwaſſer.
In Sachſen iſt die Temperatur unter den Gefrier-
punkt geſunken. Vor Helgoland herrſcht orkan-
artiger Sturm. Die Schiffe mußten den Hafen
aufſuchen, da Gefahr beſtand, daß ſie auf den
Strand getrieben werden.
25 Mann ertrunken. Auf dem Miſſiſſippi
iſt der Dampfer „Konkordia“ in der Nähe von
Natchez mit einem Schwimmdock kollidiert und
geſunken. 25 Mann fanden den Tod in den
Fluten.
Der Bergarbeiterausſtand in Eng-
land. Im Kohlengebiet von Südwales befinden
ſich 50.000 Mann im Ausſtand.
45 Paſſagiere niedergemetzelt. In
Mexiko haben Rebellen bei La Cacada einen
Eiſenbahnzug zerſtört und 45 Paſſagiere nieder-
gemetzelt.
Verurteilung eines für Rußland
tätigen Spähers. Das Lemberger Gericht ver-
urteilte den Vorſtand des Poſtamtes in Halicz,
Thaddäus Konopinskt, wegen Späherei zugunſten
Rußlands zu neun Monaten ſchweren Kerkers.
Verhaftung eines öſterreichiſchen
Offiziers in Rußland. Das Reuterbureau
meldet aus Petersburg: Ein öſterreichiſch-ungariſcher
Generalſtabsoffizier ſoll in Czenſtochau unter dem
Verdachte der Späherei verhaftet worden ſein.
Er wurde im Petrowski-Gefängnis interniert.
Im Ammerſee ertrunken. Im Ammerſee
ertranken, wie aus München gemeldet wird, ſechs
Perſonen, vier Mädchen und zwei Männer, die in
einem Nachen auf offener See vom Sturm über-
raſcht wurden. Die Leichen konnten noch nicht ge-
funden werden.
Großer Sacharinſchmuggel. Montag
früh iſt in Prag ein neues großes Sacharinlager
entdeckt worden. Im „Hotel Libuſſa“ in der Vor-
ſtadt Weinberge wurden 700 Kilogramm Sacharin
im Werte von 20 000 Kronen aufgefunden. Die
Vorräte waren in fünf Kiſten und 38 Paketen vor
drei Tagen aus Zürich angekommen, doch konnte
bisher der Adreſſat nicht feſtgeſtellt werden. Zur
Aufdeckung dieſes Sacharinſchmuggels, der ſeit zwei
Jahren der größte iſt, der in Prag vorgekommen
iſt, werden noch weitere Erhebungen gepflogen.
Der Beſitzer des „Hotels Libuſſa“ ſowie die An-
geſtellten erklärten, von der ganzen Angelegenheit
nichts zu wiſſen.
Marburger Nachrichten.
Todesfall. In Radkersburg verſchied
Sonntag Herr Joſef Schmiderer, Haus- und
Realitätenbeſitzer und Verwalter des Puntigamer
Bierdepots, im 66. Lebensjahre.
Konzerte im Hotel Meran. Im Hotel
Meran finden nächſten Samstag und Sonntag
abends wieder Konzerte des Marburger Herrenſex-
tettes ſtatt. Näheres im Inſeratenteil.
An der Landes-Obſt- und Weinbau-
ſchule in Marburg findet vom 9. bis einſchließ-
lich 14. Juni ein Sommerkurs für Wein- und
Obſtbau ſowie ein ſolcher für Winzer ſtatt. Näheres
im Anzeigenteile des heutigen Blattes.
Pfingſt-Kouzert im Volksgarten. Am
Pfingſtſonntag findet in der Volksgarten-Gaſtwirt-
ſchaft mit dem Beginne um 3 Uhr nachmittags
ein Konzert des allſeits bekannten Marburger-
Schrammel-Salonterzettes ſtatt, bei welchem auch
der ſehr beliebte Komiker Herr Otto Golda mit-
wirken wird. Der Eintritt iſt frei und wird auch
für vorzügliche kalte Speiſen und bekannt gute Ge-
tränke der rührige Gaſtgeber Sorge tragen.
Die öſterreichiſche Urania hat vorgeſtern
unter den günſtigſten Auſpizien ihren erſten Vor-
trag über „Die Eroberung des Südpols“ abge-
halten. Nicht weniger als 109 Lichtbilder — wenn
man die künſtleriſch vollendeten Werke des berühmt
gewordenen Malers der Polarwelt, Fred Stilling,
ſo bezeichnen darf — ſind an unſeren Augen vor-
beigezogen, die uns in den herrlichſten Farben-
effekten den ganzen reichen Zauber der Antarktis,
aber auch deren Schreckniſſe vermittelten und die
uns alles das ergänzten, was der Sprache Reichtum
nicht mehr auszudrücken vermochte. Dazu die
inhaltsreichen Worte eines ebenſo glänzenden Er-
zählers als Redners, wie Prof. Müller, der in
einer verhältnismäßig kurzen Spanne Zeit uns
mit dem wiſſenswerteſten der ſüdpolaren Forſchungs-
frage vertraut machte. Und noch einen wichtigen
Umſtand müſſen wir gleich eingangs hervorheben:
Wir haben ſeit Alexander Strakoſch nicht ein ſo
klaſſiſch-ſchönes Deutſch gehört, als wie es Müller
beherrſcht! — Mit einem geſchichtlichen Rückblick
auf die Expeditionen des franzöſiſchen Admirals
Bouver, ſowie jener der Kapitäne Smith, Cooke
und Weddel leitete Prof. Müller ſeinen feſſelnden
Vortrag ein und beendete ſein erſtes Kapitel mit
der Entdeckung der großen Eisbarre und des
Viktorialandes durch den Kapitän James Clarke
Roß. Das zweite Kapitel behandelte die Forſchungs-
reiſen des Belgiers Gerlache, des Norwegers
Borchgrevink, des Deutſchen Drygalski und des
Schweden Nordenskjöld und bei der Schilderung
der entſetzlichen Leiden der letzteren Expedition
wirkten die Worte Müllers mit einem dramatiſchen
Effekt, wie ihn nur ſelten ein Redner zu erzielen
vermag. In der dritten Abteilung des Vortrages
befaßte ſich Müller ausſchließlich mit den Expeditionen
und deren Reſultaten des Engländers Shackleton
und des Norwegers Roald Amundſen. Leutnant
Shackleton drang bis auf 24 Meilen zum Südpole
vor, bis es Amundſen gelang, dieſe Reſtſtrecke
zu bewältigen und am Südpole die norwegiſche
Flagge aufzupflanzen. Hier gedachte auch Müller
in ehrenden Worten des Kapitäns Scott und
ſeiner Genoſſen, die in dem Kampfe mit der
antarktiſchen Sphinx den Heldentod fanden. Die
Beſprechung der petrographiſchen, geographiſchen
und meteorologiſchen Forſchungsreſultate, die Amund-
ſen erzielte und mit denen uns Prof. Müller im
Verlaufe ſeines Vortrages bekanntgemacht hat, hier
wiederzugeben, iſt nicht gut möglich.
Marburger Bioſkoptheater. Die dies-
wöchentliche Bilderſerie iſt tatſächlich als ein un-
gewöhnliches Prachtprogramm zu verzeichnen. Jeder,
der die Serie ſah, ſprach ſein vollſtes Lob darüber
aus. Selbſt fremde Beſucher äußerten ſich, daß
dieſes Programm hinter jenem der Großſtädte nicht
zurückſteht. Es wäre daher doch am Platze, das
Kinotheater durch einen beſſeren Beſuch zu unter-
ſtützen, damit die Bemühung halbwegs entlohnt
wird. Hoffentlich wird das Bioſkoptheater in
Zukunft einen beſſeren Beſuch verzeichnen können.
Der Theaterſaal iſt hübſch renoviert und entſpricht
allen Anforderungen. Für Samstag ſteht uns
wieder ein ganz ausgewähltes Pfingſtprogramm in
Ausſicht; die Direktion erwarb für dieſes zwei
große Schlager: „Wegen der Vergangenheit“ oder
„Ein Abſchied für ewig“ mit der berühmten Schau-
ſpielerin Ragna Wettergreen, Nordiskfilm, und „Der
Schatten des Böſen“; beide Dramen ſpielen ſich
in je drei Akten ab. Nebſtbei kommen noch andere
erſtklaſſige Novitäten zur Aufführung. Näheres
beſagen die Maueranſchläge.
Eine für Gaſtwirte und Kaffeehaus-
beſitzer wichtige Entſcheidung. Es kommt
ſehr häufig vor, daß Gaſtwirte und Kaffeehaus-
beſitzer ihren Stammgäſten über deren Erſuchen
ausgemuſterte Spielkarten entweder unentgeltlich
oder entgeltlich überlaſſen. Durch dieſe Handlungs-
weiſe macht ſich nach gerichtlicher Entſcheidung der-
jenige, der die Spielkarten veräußert oder verſchenkt,
ohne daß ſie mit der Verſchlußmarke verſehen ſind,
der Übertretung des Spielkartengeſetzes im Sinne
des § 13, Abſatz 1. Geſetz vom 14. April 1881,
ſchuldig und iſt mit dem Fünfzigfachen der
verkürzten Gebühr zu beſtrafen.
Das Volksfeſt anläßlich der Brücken-
eröffnung. Das ſind äußerſt rührige Männer, die
Mitglieder des Verſchönerungsvereines Magdalenen-
vorſtadt, beſeelt von einem außerordentlichen Eifer
und getragen von einem ſelten zu findenden Gemein-
ſamkeitsgefühl. Wenn der Ausſchuß dieſes Vereines,
wie am 5. Mai, eine Sitzung abhält, dann führt
das Intereſſe der Vereinsmitglieder ſoviele Nicht-
ausſchußmitglieder zu der Sitzung, daß dieſe ſtärker
beſucht iſt, als ſo manche Hauptverſammlung von
Vereinen in der Stadt. Wir haben bereits kürzlich
mitgeteilt, daß der Verſchönerungsverein Magda-
lenenvorſtadt den glücklichen Gedanken zur Aus-
führung bringen will, anläßlich der Eröffnung der
neuen Reichsbrücke über die Drau ein Volksfeſt zu
veranſtalten. In der Sitzung vom 5. Mai, die unter
dem Vorſitze des Obmannes Herrn Stationschefs
i. R. Fell ſtattfand, wurde nun beſchloſſen, dieſes
Volksfeſt am Sonntag den 3. Auguſt im Kreuz-
hofe, und zwar im Garten und in den Saal-
räumen abzuhalten. Für eine Menge von Luſtbar-
keiten wird geſorgt werden; das Feſt iſt im großen
Umfange gedacht, da es ja das Brückeneröffnungs-
feſt der ganzen Stadt ſein ſoll. Man rechnet
deshalb mit einer Beteiligung aus allen Kreiſen
Marburgs und der Umgebung. Zur Bewältigung
der umfangreichen Vorarbeiten wurde eine Reihe
von Ausſchüſſen gewählt, ſo ein Finanz-, Preß-,
Vergnügungs-, Wirtſchafts- und „Sanitäts“-Aus-
ſchuß; der engere Ausſchuß beſteht aus den Ob-
männern der einzelnen Unterausſchüſſe; an ſeiner
Spitze ſteht als Feſtobmann Herr Stationschef i. R.
Fell. Bei der Arbeitsfreude, welche in der Magda-
lenenvorſtadt dieſem Brückeneröffnungs-Volksfeſte
entgegengebracht wird, kann der geplanten Veran-
ſtaltung das ſchönſte Gelingen vorausgeſagt werden.
Die Gaſtwirtegenoſſenſchaft Umgebung
Marburg hält am Dienstag den 20. Mai um
2 Uhr nachmittags in Herrn Martin Pukls Gaſt-
haus in Roßwein ihre Generalverſammlung ab.
Konkurs. Das Kreisgericht hat die Er-
öffnung des Konkurſes über das Vermögen des
Buchdruckers Karl Rabitſch jun. bewilligt. OLGR.
Dr. G. Wokaun Konkurskommiſſär, Dr. Mühleiſen
einſtweiliger Maſſeverwalter.
Fußballwettſpiel. Über Einladung des
Grazer „Deutſchen Sportklub“ trägt der Marburger
Sportverein am Pfingſtmontag gegen denſelben ein
Wettſpiel aus. Beginn 3 Uhr im Volksgarten.
Hoffentlich bleibt der Sportverein Sieger, um die
große Niederlage vom Sonntag auszuwetzen. Der
Sportverein ſtellt ſeine beſte Mannſchaft ins Treffen.
D’Oberlandler aus Graz, mit ihrem vor-
züglichen Humortſten Herrn Hans Lückmann kon-
zertieren heute abends im Hotel zur alten Bier-
quelle (Edmund-Schmidgaſſe) und iſt der Beſuch
beſtens zu empfehlen. Eintritt frei. Beginn 8 Uhr.
Ein ausgeraubtes Schneidergeſchäft.
In der Nacht auf geſtern wurden dem in Theſen
befindlichen Schneidermeiſter Franz Krois durch
Einbruch in ſein Geſchäftslokal nachbenannte Effekten
entwendet: 25 bis 30 Stück Stoffhoſen, 25 bis
30 Stück Zeughoſen für Knaben, 12 Knabenanzüge,
15 Matroſen- und Steireranzüge für Knaben,
20 Stück Oxfordhemden und mehrere ganze Stücke
Stoffe. Der Schaden beträgt 900 K. Die bisher
unbekannten Täter ſchlugen das Vorhängſchloß
bei der Eingangstüre ab, nachdem ſie es teilweiſe
abgefeilt hatten. Zum Fortſchaffen der geſtohlenen
Sachen bedienten ſie ſich eines Wagens.
Vor der Hochzeit vom Tode ereilt.
Aus Windiſchfeiſtritz ſchreibt man: Montag ſollte
die Weißnäherin Marie Kollenz den Ehebund
ſchließen; ſie erlag jedoch im letzten Augenblicke
vor der Hochzeit einem Herzſchlag.
Die Freiwillige Rettungsabteilung
wurde im Monate April in 48 Fällen um Hilfe-
leiſtung angeſprochen. Ausfahrten mit dem Rettungs-
wagen, bezw. Hilfeleiſtungen außer dem Rüſthauſe
fanden 27 ſtatt. Die Zahl der geführten Patienten
betrug 24. Im ganzen behandelt wurden 35
männliche und 11 weibliche Perſonen. Es handelte
ſich in 32 Fällen um Betriebs- und andere Unfälle,
in 14 Fällen um plötzliche Erkrankungen und in
je einem Falle um Mißhandlung bezw. Raufhandel,
bei zwei Ausfahrten wurde nicht in Tätigkeit ge-
treten, einmal wegen bereits eingetretenem Tode
(Unfall), das anderemal bei einem Tobſuchtsfall.
Für Unteroffiziere des Reſerveſtandes.
Da ein größerer Bedarf an Fortifikations (Militär-
bau) werkmeiſtern bei den Militärbaubehörden vor-
handen iſt, wird beabſichtigt, Unteroffiziere des Re-
ſerveſtandes, welche zufolge ihrer Vorbildung für den
bautechniſchen Hilfsdienſt geeignet und der deutſchen
Sprache mindeſtens zum Dienſtgebrauche genügend
mächtig ſind, zur Aktivierung aufzufordern und zum
obgenannten Dienſte heranzuziehen. Demgemäß wer-
den derlei Reſerveunteroffiziere, welche im zivilen
Verhältniſſe als Baupoliere, Bauzeichner uſw. in
Verwendung ſtehen, aufgefordert, ſich für den bau-
techniſchen Hilfsdienſt bei den Militärbaubehörden
zu melden. Vorgenannte Unteroffiziere werden ſich
nach entſprechender Abſolvierung einer 12monatigen
Probedienſtleiſtung bei einer Militärbaubaubehörde
noch einer Prüfung bei dem Militärbauwerkmeiſter-
kurs zu unterziehen haben und werden ſodann nach
Maßgabe des Bedarfes zu Fortifikations (Militär-
Nr. 55, 8. Mai 1913 Marburger Zeitung
bau) werkmeiſtern ernannt. — Die an das K.-M. zu
richtenden, eigenhändig geſchriebenen Geſuche dieſer
Unteroffiziere, welche Geſuche eine kurze Schilderung
ihrer bisherigen techniſchen Verwendung im Zivil-
ſtande zu enthalten haben und mit etwa vorhandenen
Schulzeugniſſen, Beſtätigungen von Arbeitgebern uſw.,
ſowie mit einem Zeugniſſe über die politiſche Ver-
läßlichkeit der Aſpiranten zu ergänzen ſind, haben
im Wege der politiſchen Behörden bis ſpäteſtens
18. Mai 1913 beim k. u. k. Ergänzungsbezirks-
kommando in Marburg einzulangen.
Flüchtig gewordener Spediteur. Mit
Beſchluß vom 22. v. M. wurde über den hieſigen
Spediteur Chriſtian Unterkofler vom Kreisge-
richte der Konkurs eröffnet, zum Konkurskommiſſär
OLGR Dr. Wokaun und zum Maſſeverwalter
Dr. Krenn ernannt. Unmittelbar nach Verhängung
des Konkurſes wurde Unterkofler, der außer ſeinem
Speditionsgeſchäfte in der letzten Zeit auch ein
Autotaxunternehmen betrieb, welches er vom Cafetier
Herrn Wagner abgelöſt hatte, flüchtig, ohne daß
man weiß, wohin er ſich gewendet hat. Das Kreis-
gericht Marburg hat deshalb gegen ihn einen Steck-
brief erlaſſen.
Sommerfeſt des Marburger Stadt-
verſchönerungs-Vereines. Morgen Freitag
8 Uhr abends findet ein Gaſthof „zum ſchwarzen
Adler“, 1. Stock, eine Feſtausſchußſitzung ſtatt und
ergeht an alle jene Damen und Herren, die an dem
großen Sommerfeſt mitwirken wollen, die Einladung,
dieſer Sitzung beizuwohnen.
Es geht vorwärts in Steinbrück!
Sonntag nachmittags wurde in Steinbrück eine
Südmarkortsgruppe gegründet, die unſeren völkiſchen
Gegnern ganz beſonders ungelegen kam. Seit
Jahren ſind ſie bemüht, Steinbrück, dieſen alten
deutſchen Induſtrieort, zu einem ſloweniſchen Stütz-
punkt auszugeſtalten, wobei ihnen die Ernennung
vieler ſloweniſcher Poſt- und Bahnbeamten gute
Dienſte leiſtete. Das Deutſchtum von Steinbrück
iſt jedoch noch immer ſo ſtark, daß bei den letzten
Gemeindewahlen der erſte Wahlkörper leichten
Spieles erobert werden konnte. Die ſloweniſch-
liberalen Hetzer veranſtalteten eine Proteſtver-
ſammlung, an der aber aus Steinbrück nur etwa
zehn Leute teilnahmen, ferners einige aufgeregte
Leute aus Krain und 15 ſloweniſchnationale Berg-
arbeiter aus Trifail, die der Bahnbeamte Mohorko
am Bahnhofe empfing und ins Gaſthaus Juvancic
führte. Als Sprecher tat ſich Dr. Kukovec auf.
Die Behörde hatte Sicherheitsmaßnahmen getroffen.
In der Südmarkverſammlung, die Südbahningenieur
Heinrich Payr leitete, hielt der Südmarkwander-
lehrer Schneider eine prächtige Rede. Südmark-
Gauobmann Dr. Otto Ambroſchitſch ſprach als
Mitglied der Hauptleitung. Die Wahl des Aus-
ſchuſſes hatte folgendes Ergebnis: Obmann: In-
genieur Heinrich Payr, Bahnkommiſſär, Stellver-
treter: Betriebsleiter Joſef Nießner, Zahlmeiſter:
Buchhalter Adolf Prelog, Stellvertreter: Bahn-
reſtaurateur Alfred Petſchnigg, Schriftführer: Poſt-
aſſiſtent Joſef Namar, Beträte: Luſchitzky und
Jauſchnig, Werkmeiſter, Rechnungsprüfer: Bahn-
aſſiſtent Adolf Harbich und Poſtexpedient Karl
Schmelzer. Die Ortsgruppe zählt bereits 150
Mitglieder, die alle in Steinbrück ſelbſt wohnen.
Sie iſt ſomit eine der ſtärkſten Südmarkortsgruppen
des Unterlandes. Von den Begrüßungen wurden
mit beſonders ſtürmiſchem Beifall aufgenommen
jene Peter Roſeggers und Ottokar Kernſtocks. An
der Verſammlung nahmen auch Abordnungen der
Südmarkortsgruppen von Cilli, Tüffer, Lichtenwald,
Rann und Hraſtnigg teil. Heil Steinbrück!
Die ſpaniſchen Schatzſchwindler ver-
ſuchen immer wieder in Öſterreich Opfer zu ge-
winnen; ſo erhielt in Marburg wieder ein Ge-
ſchäftsmann einen Brief aus Barcelona folgenden
Inhaltes: Sehr geehrter Herr! Als Gefangener
hier wegen Bankerott, bitte ich Sie mir zur Zurück-
ziehung von 300.000 Frank zu verhelfen, welche
Summe ich in einem Koffer auf einem auslän-
diſchen Bahnhofe lagern habe. Es iſt dringend
notwendig, daß ſie nach Spanien kommen und
durch Bezahlung meiner Prozeßkoſten und Geld-
ſtrafe an das hieſige Gericht zuſammen 9.500
Franken, mein hier mit Beſchlag belegtes Hand-
gepäck auslöſen, in welchen ſich in einem Geheim-
fache gewiſſe Dokumente befinden, ohne welche es
unmöglich iſt, mein Vermögen beheben zu können.
Als Belohnung für Ihre Mühe und Dienſte trete
ich Ihnen den dritten Teil der obgenannten Summe
ab. Wenn Sie ernſtlich entſchloſſen ſind, die Reiſe
hieher anzutreten und den Betrag von 9.500
Franken einzuzahlen, ſo ſenden Sie mir ſofort bei-
liegendes Telegramm, nach deſſen Empfang ich Ihnen
die ganze Geſchichte genau und eigenhändig ſchil-
dern und meinen Namen bekannt geben werde.
Sprechen Sie mit niemanden über dieſe Sache
uſw. Der Geſchäftsmann hat jedoch auf den hier
ſchon zur genüge bekannten ſpaniſchen Schatzgräber
Schwindel ſelbſtverſtändlich nicht reagiert.
Schutzhilfe der Südmark. In der zweiten
Aprilhälfte wurden u. a. folgende Schutzmaßregeln
getroffen: Sieben Notſtandsſpenden (1250 K.), dar-
unter den obdachloſen Abbrändlern des Dorfes Nuß-
dorf in Salzburg eine raſche Hilfsgabe von 500
Kronen und ebenſo ſieben brandgeſchädigten Klein-
häuslern in Vöſendorf (N.-Ö.) 500 K. Darlehen
(14.470 K.) an ſieben Volksgenoſſen zur Erhaltung
und Erwerbung von Haus- und Grundbeſitz in Süd-
tirol, Kärnten und Steiermark. Ein Zinſenbeitrag
für ein Darlehen von 6000 K. an einen Klein-
beſitzer in Niederöſterreich. 500 K. für Studenten-
und Schülerherbergen in Südöſterreich. Eine größere
Spareinlage erhielt eine Darlehenskaſſe in Kärnten.
Schließlich wurden zwei Waiſenknaben in die Obhut
des Vereines genommen und bei einem vertrauens-
würdigen Landwirte in Pflege gegeben.
Die Fleiſchpreiſe im Monate Mai
1913 ſind bei nachſtehenden Fleiſchhauern folgende:
| Ochſen-
fleiſch
1. Qual. | Ochſen-
fleiſch
2. Qual. | Kuhfleiſch
oder
Jungrind | Kalb-
fleiſch | Schweine
fleiſch |
| K | K | K | K | K |
Mohorko .. | —·— | —·— | 1·60 | 1·80 | 1·80 |
Sollak Johann | —·— | —·— | 1·80 | 1.80 | 2·— |
Merkl Joſef . | —·— | —·— | 1·80 | 2·— | 2·— |
Rachle Kaſpar . | 1·68 | 1·60 | —·— | 1·80 | 1·80 |
Wombek Joh.. | 1.68 | 1.60 | 1.60 | 1.80 | 1.80 |
Holzknecht Joſef | 1·68 | 1·60 | 1·60 | 1·80 | 1·80 |
Trattar Joſef . | 1·68 | 1·60 | 1·60 | 1·80 | 2·— |
Detitſchek Franz | 1·80 | 1·68 | 1·52 | 1·80 | 2·— |
Nendl Johann . | 1·80 | 1·70 | —·— | 1·80 | 1·80 |
Pirſch Vinzenz | 1·80 | 1·60 | 1·60 | 1·80 | 1·80 |
Schifko Jakob . | 1·80 | 1·72 | 1·80 | 1·80 | 1·80 |
Pergdolt Franz | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 1·80 |
Welle Rudolf . | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 1.80 | 1·80 |
Wreßnig Peter | 1·84 | —·— | —·— | 1·84 | 2.— |
Polegeg Otto . | 1·88 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 1·80 |
Gſellmann Bl. | 1·88 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 1·80 |
Reißmann Fr. | 1·88 | 1·80 | 1·80 | 2.— | 2·— |
Sollak Rudolf | 1·90 | 1·60 | 1·60 | 1·80 | 1·80 |
Hochnetz Franz | 1·92 | 1·84 | —·— | 1.92 | 1·92 |
Muchitſch Ed.. | 1·92 | 1·80 | —·— | 1·80 | 2·— |
Schrott Georg | 1·92 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 2·— |
Stoßier Franz. | 1·92 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 2·— |
Zokaly Franz . | 1·92 | 1·80 | 1·80 | 1·80 | 2·— |
Benzik Johann | 1·96 | 1·92 | —·— | 2·— | 2·— |
Achtig Albert . | 2.— | 2.— | —.— | 2·20 | 2·40 |
Reißmann Th. | 2.— | 1.80 | —·— | 2·— | 2·40 |
Leyrer Joſef . | 2·— | 1·68 | —·— | 2·— | 2·40 |
Tſchernoſchek
M. | 2·— | —·— | —·— | 2.— | 2.40 |
Kirbiſch Joſef . | 2·— | 2·— | —·— | 2·— | 2·— |
Fritz Karl .. | 2·16 | 2·— | —·— | 2·— | 2·— |
Tſcherne Joh. | 2·20 | 2·— | 2·— | 2·20 | 2·40 |
Drei kleinere Anweſen in Egydi-
Tunuel gelangen durch Vermittlung des Vereines
„Südmark“ Graz zu vorteilhaften Bedingungen
an deutſche Volksgenoſſen zum Verkaufe und
ſollten eheſtens erworben werden. Zwei dieſer Be-
ſitze beſtehen aus villenartigen, netten Landhäuſern
mit kaum 3 Joch angrenzenden Grundſtücken,
während das dritte Anweſen aus einem für be-
ſcheidene Anſprüche beſtimmten Häuschen und 4
Joch Grundſtücken beſteht. Zum Zweck der Stär-
kung des Deutſchtums in der bekannten Sprach-
grenzgemeinde Egydi-Tunnel wäre auch eine regere
Anſiedlung von deutſchen Penſioniſtenfamilien
(deren es dort bereits über 20 gibt) ſehr er-
wünſcht.
Deutſche Sommerfriſchen am Fuße
der Karawanken in Kärnten. Die Südmark
empfiehlt den Volksgenoſſen dieſes hübſch bebilderte
Verzeichnis für die ſommerliche Reiſe- und Wan-
derzeit aufs beſte: wer bei der Wahl von Reiſe-
zielen verſprengte völkiſch bedrängte deutſche Orte
berückſichtigt, der unterſtützt dadurch wirtſchaftlich
die völkiſche Schutzbewegung und trägt viel zur
Stärkung deutſcher Grenz- oder Außenſtellungen
bei. Das genannte Flugblatt wird ſamt dem
Gaſtſtättenverzeichnis für Öſterreich vom Fremden-
verkehrsausſchuß der deutſchen Volksräte in Klagen-
furt, Gaſometergaſſe 4 koſtenlos zu Aufklärungs-
zwecken verſendet.
Alter Haß. Am 4. Februar dieſes Jahres
ging der Beſitzer Johann Schwarz mit ſeinen
Söhnen Lorenz, Johann und Anton Schwarz von
ſeinem Weingarten in Ternovetzberg, Bezirk Pettau,
heim. Als am Wege Schwarz d. Ä. mit dem
Johann Bresnik ſprach, weshalb alle ſtehen blieben,
rief der 20jährige Beſitzersſohn Johann Meſarec,
der ſchon ſeit längerer Zeit von tiefer Feindſchaft
gegen Schwarz beſeelt iſt, den Anton Schwarz auf
die Seite. Im nächſten Augenblicke erfaßte er ihn
ſchon am Rocke; Lorenz wollte ſeinen Bruder weg-
ziehen, erhielt aber von Meſarec ſofort einen
Prügelhieb. Nun war die Rauferei eingeleitet; an
ihr beteiligte ſich auch ein gewiſſer Franz Ornig,
der ſeinem Freunde Meſarec zu Hilfe kam. Und
nun hatten Prügel und Meſſer das entſcheidende
Wort. Alle Mitwirkenden wurden verletzt, am
ſchwerſten Lorenz Schwarz, der einen Meſſerſtich
in die Bruſt erhielt. Meſarec und Ornig blieben
Sieger: die Familie Schwarz ergriff die Flucht.
Bei der vorgeſtern vor dem Kreisgerichte durchge-
führten Verhandlung bekam Meſarec vier Monate
ſchweren Kerker zugemeſſen, während die anderen
Helden, die durchwegs ſloweniſch ſprachen, dem
Bezirksgerichte Pettau zur Aburteilung zugewieſen
wurden.