Neuigkeiten von Teutschland.
Zu Wien sprengt man abermahls neue Zeitungen vom Marquis
de Botta aus, denn ein Petersburger Courier, hat dem Be-
richt überbracht, daß gedachter Marquis in der Rußischen Resi-
dentz öffentlich vor unschuldig erkläret worden. Und durch eben
diesen Courier vernimmt man, daß sich die zwey Frantzösischen
Staats-Bothen, de la Chetardie, und Mr. Dallion, in ihren Zim-
mer so hefftig miteinander überworffen, daß ihr Mercurialischer
Schlangen-Stab sich so gar in blutige Degen verwandelt, wodurch
der eine ( man hat vergessen zu melden, welcher von beyden, ) sehr
verwundet worden. Zur Ursache giebt man an: weil einer klüger
als der andere seyn wollen, folglich immer eine moquerie und
Staats-Eifersucht der andern bis zum Duelliren die Hand gebo-
then. Jedoch dörfften unsere Leser dieses zur Zeit nicht eben vor
eine untrügliche Wahrheit annehmen, denn der Weg von Peters-
burg bis Wien ist vielen Ab- und Zugängen unterworffen; wir
läugnen aber nicht, daß uns wenigstens der neue Bericht wegen
der Bottaischen Affaire aus vielen hier nicht anzuführen nöthigen
Ursachen gantz wahrscheinlich vorkommt, weil die gantze Sache vor
eine solche in ihrer Beschaffenheit sehr delicate That viel zu schläffrig
geführet worden.
Zu Ende des Januarii hat der Hr. General Roth die unver-
muthete Königl. Ungarische Ordre bekommen, binnen 24. Stun-
den von Wien in Commiſſis Reginæ abzugehen, die Ursache, der
Ort und die Beschaffenheit dieses Befehls wird sehr geheim gehal-
ten.
Die Abreise der Bagage der Durchl. Ertz-Hertzogin, Maria
Anna, ist wieder anders befohlen worden, indem Höchst-Dieselben
annoch bis zu Ausgang künfftigen Kriegs, an hiesigen Hof bleiben
werden. Woraus sich sicher ergiebt, daß es in denen Niederlan-
den scharff wider einander gehen werde.
Der König in England ( wir meynen hier den also genannten
Franckfurther Gasthof, ) kömmt denen Frantzosen theuer zu stehen;
massen zu denen schon gemeldeten 8000. fl. noch 2000. vor Meu-
blen und 40000. fl. Caution vor etwanige Unglücks-Fälle accor-
dirt worden. Man hat es vor nicht thunlich gehalten, daß dersel-
be als eine künfftige Residentz des Hrn. Grafen von Bayern noch
ferner dergleichen Titul führe, gleichwohl ist es ohnmöglich gewesen,
das steinerne Bild wegzubringen, daher hat man sich begnügt die
Buchstaben nur auszulöschen.
Jhro Churfürstl. Durchl. zu Pfaltz haben den Vorsatz der Jü-
lichischen und Bergischen Ständte gut geheissen, daß man eine Hu-
saren-Compagnie aufrichten wolle, welche vor die Sicherheit der
Land-Strassen sorgen solte. Uns dünckt, dieses sey auch sehr wohl
gethan, indem man zweifeln könte, ob sich jemand besser zu einem
Hege- und Grentz-Reuter schicken solte, als ein Husar.
Nach und nach will sich das letztere neue vom Hrn. Obrist
Mentzel näher geben. Denn aus Regenspurg ist unterm 3. Febr.
berichtet: daß man lange Zeit nicht gewußt, wo sich der Obriste
Mentzel aufhalte, es sey aber nun ein Gerücht entstanden, daß der-
selbe incognito ohnweit München vorbey gereißt, und arretirt nach
Wien gebracht worden, um Rechenschafft zu geben, wegen der vie-
len Exceſſe, die seine unterhabende Völcker auf dem neutralen Ge-
biethe einiger Reichs-Ständte begangen. Wer weiß obs wahr ist.
Zudem wird er auch schon sich zu vertheydigen wissen. Die Rai-
ſon de Guerre kan nicht allemahl nach denen Apicibus Juris und
limitibus terræ genommen werden.
Das Portrait, welches man in denen öffentlichen Zeitungen
von dem neuerwählten Bischoff zu Lüttich macht, ist so schön und
rühmlich, daß wir es ohnmöglich unsern Blättern entziehen kön-
nen: Selbe dancken keinen der alten Bedienten ab, scheinen auch
sonsten zu Veränderungen, wie bey neuen Bedienungen gemeiniglich
geschicht, nicht geneigt zu seyn. Sie lassen einen jeden, der etwas
mündlich oder schrifftlich vorzubringen hat, vor sich kommen, und
gewinnen dadurch eine allgemeine Liebe. Man hat bemerckt, daß
dieser Printz, als nach erfolgter Wahl die Capitularen kamen, und
ihm nach Gewohnheit kniend die Hand küsseten, von dem Lehn-
Stuhl, worauf er neben dem hohen Altar saß, tief nieder langte,
und einem jeden liebreich umarmete. Das Compliment seines
nechsten Mitwerbers, als er sich großmüthig entschloß abzustehen,
ist gleichfalls merckwürdig und wohlgesetzt, er sagte: Gnädigster
Herr! indem wir jetzo Ew. Durchl. aufwarten, bringen
wir Jhnen zugleich 22. Stimmen mit; wir hätten zwar
Dero Erwählung obstatt halten können, allein die Liebe
zum Vaterland, und die Sorge, daß dessen uns so werthe
Ruhe durch Spaltungen gestöhret werden möchte, fürnem-
lich aber Ew. Durchl. hohe Tugenden haben uns schlüßig
gemacht diese Beweg Ursachen allen andern Betrachtun-
gen vorzuziehen. Es ist uns auch mehr als zu wohl be-
wußt, gnädigster Herr, daß solche Tugenden Dero Durchl.
Hause angestammet sind, daher wir hoffen dörffen, daß es
mit uns, so wie mit denen Arbeitern im Weinberg, davon
die Schrifft redet, ergehen werde, als welche, ob sie schon
zuletzt kamen, nichts destoweniger gleich den zuerst gekom-
menen wohl empfangen wurden.
Die streitige Dictatur Sache ruhet jetzo gäntzlich, und man
hoffet, es werde noch alles gut ausschlagen, wenn das Speravimus
nicht abermahls betrügt. Jndessen wird von Mayntz berichtet,
daß Jhro Churfürstl. Gnaden, als unser gnädigster Landes-Herr,
an Dero Tafel, dem Kayserl. Gesandten, Grafen von Bünau, die
Gesundheit auf baldige Aussöhnung des Kaysers mit der
Königin von Ungarn ausgebracht hätten; Jhro Churfürstl. Gna-
den soll auch zu dem Ende gewisse Vorschläge zum Vergleich ge-
than haben.
Dermahlen machen es Jhro Königl. Maj. von Preussen we-
der denen Evangelischen noch Catholischen Geistlichen recht. Denn
da Höchst-Dieselben den Canonicum, Hrn. Graf von Schaffgotsch,
zum Coadjutor des Breßlauischen Bischoffs, Cardinals von Sin-
zendorff ernennt, proteſtiret dasiges Capitul darwider, es wendet
die Päbstl. Privilegia ein, und beschweret sich über die dadurch be-
einträchtigte freye Wahl. Die Protestanten aber sehen scheel, daß
sie alleine im gantzen Röm. Reich diejenigen wären, welche mit de-
nen Catholischen das Oster-Fest zugleich feyern müsten; da ihnen
doch solches nicht einmahl von denen Oesterreichischen Regierun-
gen zugemuthet worden. Jhro Königl. Maj. werden sich aber an
beydes nicht kehren.
Se. Königl. Groß-Brittannische Maj. haben die unveränder-
te Ordre nacher Hannover geschickt, bey Nienburg ein Campement
vor 18. bis 20000. Mann anzulegen, und zu Hameln ein groß Ma-
gazin aufzurichten befohlen. Worzu auch einige Holländische
Trouppen vermuthen werden, weil man gewisse Frantzösische Pro-
jecte dechiffri rt haben will, dadurch man genöthiget wäre im Her-
tzen von Teutschland ſemper paratus zu seyn, ehe etwa der Hahn
anfieng daselbst zu krähen.
Franckreich.
Die Ursachen, warum sich der Königl. Frantzös. Hof über das in
der Dictatur- Sache an Kayserl. Majest. von dem König von
Groß-Brittannien abgelassene zweyte Schreiben so hoch beleidiget
befunden, sind keine andere, als daß Königl. Groß-Brittannische
Maj. in selbigen, diejenigen Intriquen und Chicanen entdeckt, wel-
che Franckreich nicht nur in Teutschland, sondern auch in gantz
Norden, ja so gar in Constantinopel zum völligen Umsturtz des
Oesterreichis. Hauses gespielet, und Jhro Allerhöchste Kayserl. Maj.
samt denen Reichs-Ständen mit denen allerwichtigsten Gründen
vorgestellt, daß es weit besser, sich ie eher ie lieber von der ohnehin
nur intereſſirlichen Crone Franckreich zu abſentiren, und endlich
einmahl ernstlich und mit Fleiß auf Europens Freyheit und Teutsch-
lands Ruhe bedacht zu seyn.
Die Kriegs- Declaration wider England soll so lange aufge-
schoben werden, bis der Admiral Mathews würckliche Feindselig-
keiten begehet. Und darzu dörffte man ihn nach unserer Einsicht
wohl nicht lange zu bitten Ursache haben, wenn die Frantzös. Esca-
dern nur erst aus ihren Löchern heraus kriechen, alsdenn wird sichs
zeigen, welcher Parthey Æolus und Neptunus günstig sind. Und
wie verlautet, sollen auch schon 5000. Grenadiers zu Toulon einge-
schifft seyn.
Ohnerachtet der König den Plan, die Engländer durch die
Escadre zu Brest in Jamaica heimzusuchen, nicht gebilliget, weilen
alsdenn vernünfftiger Weise die Holländer ihre Bunds-Genossen
ohnmöglich stecken lassen werden, so haben sie doch fest beschlossen,
obgleich ein sehr raiſonnables Friedens- Project vorgekommen, den
Krieg heuer zu pouſſiren, aus Ursach, weil man schon so viel dar-
auf gewendet. Man erlaube uns, daß wir fragen: Ob es die Kö-
nigl. Allerchristl. Willens-Meynung noch einmahl das Leben von
80000. Menschen und mehr, dem eigensinnigen Kriegs-Gott auf-
zuopffern, und doch dadurch vielleicht eben so wenig zu gewinnen,
als man sich jetzo nichts rühmen kan?
England.
Den 29. Januar. ist nach einem Wort-Streit mit 271. gegen 226.
Stimmen im Unterhaus der Schluß gefaßt, Jhro Königl.
Maj. 393773. Pf. Sterl. vor die Hannöveris. Trouppen, als vor
5513. Cavallerie, und 10735. Jnfanterie vom 26. Dec. 1743. bis
den 25. Dec. 1744. zu zahlen, und also hat dennoch die gute Sa-
che die Oberhand behalten.
Annechst sind alle Officiers und Boots-Knechte von 20. Kriegs-
Schiffen befehliget, bey Verlust Jhrer Gage und grösserer Straffe
längstens den 6. Februarii am Bord zu seyn. Dieses Geschwader
commandirt der Admiral Norris, und ist bestimmt die Frantzös.
Flotte zu Brest, wenn sie etwa nach Jamaica gehe, ( einige wollen
sagen, daß sie den 15ten hujus gewiß auslauffen ) zu obſerviren,
und ihr bey erster Gelegenheit das redi unde venis zu weisen.
Nun kan man auch mit aller Gewißheit sagen, daß der tapfe-
re Mathews die ausdrückliche unwiederruffliche Ordre habe, den
Frantzösischen Escadern tapfer unter die Augen zu gehen, und sie
wo, wie und wenn es am thunlichsten ist, anzugreiffen. Also dörff-
te der Tantz-Boden bald eröffnet werden.