Meine liebe, verehrte theure Freundin,
Es ist heute ein Tag, an dem sich, wie ich sicher weiß, unsere Gedanken
begegnen. Ich brauchte Ihnen das nicht auszusprechen, da Sie es auch unausge-
sprochen wissen werden, wie Sie auch gewiss davon überzeugt sind, daß wir
auch sonst in wehmüthig gehobener Eriñerung oft an die schönen vergangenen
Zeiten zurückdenken und ganz besonders gern von dem traulichen und iñigen Ver-
ein der „Glaßbrennerei“ sprechen. Leider! hat der Tod uns Theures entrissen;
aber um so mehr, denke ich, sollen wir Zurückgebliebenen uns wenigstens
von Zeit zu Zeit gegenseitig Mittheilung von unserem Ergehen machen und
dem Gefühl des iñigen Verbundenseins Ausdruck geben und so bitte ich
Sie deñ, obgleich ich weiß, wie schwer Sie Sich zum Briefschreiben entschließen,
uns – weñ auch nur ganz kurz – Etwas über Sich und Ihr Ergehen mitzu-
theilen. Früher erfuhr ich wenigstens von Zeit zu Zeit etwas Näheres
über Sie durch Richard SchmidtSchmidt-Cabanis, der mir jetzt auch nur höchst
selten schreibt und, wie ich glaube, nur wenig auskom̃t. Da sehnen
wir
wir uns dañ um so mehr nach einem Brief oder – Sie sehen, wie bescheiden
ich bin – wenigstens nach einigen Zeilen von Ihnen, in denen Sie uns, wie
wir von Herzen wünschen und hoffen, die erfreuliche Nachricht von Ihrem Wohlbe-
finden geben köñen.
Wir haben nach dem wir bald jährig werden den Tode meiner guten
Schwägerin ein Jahr der Trauer verlebt. Sie köñen Sich denken, wie schmerzlich
wir – und vor Allem mein armer Bruder – die große Lücke in unserem kleinen
Kreise füllen. Doch wir Menschen müssen uns ja alle in das Unvermeidliche
und Unabänderliche fügen! Körperlich sind wir – für unsere Jahre – gesund
und ich für meinen Theil suche und finde un aunausgesetzter Thätigkeit das, was mich
aufrecht hält. Wie oft ich dabei des Zusam̃en-Lebens u.und - Wirkens mit unserem
theuren Adolf gedenke, sagen Sie Sich selbst.
Und so deñ zum Schluss nur noch: Leben Sie so wohl, wie wir es
Ihnen von ganzem Herzen wünschen und göñen! Amen!
In alter unwandelbarer Freundschaft und Verehrung
treu ergeben der Ihre
Daniel Sanders.
Altstrelitz, d 25. Sept. 87