Gedichte
im
Geſchmack des Grecourt.
Μα υερυε ες ινδισκρεττε
Ιε λα κονδαμνε εν εφφετ:
Ες ιλ ȣν σαγε πωετε
Ες ιλ ȣν αμαντ δισκρετ?
χαουλιευ.
Frankfurt und Leipzig,
bey Dodsley und Compagnie, 1771.
Jnhalt.
1. Zuſchrift.
2. Geſpraͤch mit einer Statue der Venus.
3. Der Triumpf.
4. Erinnerung der Schaͤferſtunde.
5. Die Opferung.
6. Ein lehrreicher Traum vom Amor.
7. Denkzettelchen in Phyllis Schatzkaͤſtlein.
8. Billet an Dorchen.
9. An mein Maͤdchen.
10. Troſtgedicht.
11. Das Jahrfeſt des erſten Kußes.
12. Sinngedicht aus dem Oven.
13. Die gluͤcklich gehobne Beſorgniß.
14. Das Zeichen am Leibe.
15. Der Himmelsweg.
16. Der kluͤgſte Rath,
17. Die vorſichtige Agnes.
18. Die gute Chriſtin.
19. Hans Carvels Ring.
20. Das offenherzige Bekaͤntniß.
A 221.
21. Die Sehnſucht.
22. Maylied.
23. Die Jungferſchaft.
24. Der Maler und der Liebhaber.
25. An Doris nach einem kleinen Scharmuͤtzel.
26. Gedenk an jene Zeit.
27. Der Haarproceß.
28. Lied.
29. Wie mir es war, wie Jhr es ließ.
30. Trinklied.
31. Gemaͤlde.
32. Einladung auf das Feld.
33. Ermunterung zum Vergnuͤgen.
34. Gelegenheitsgedicht.
35. Zum Beſchluß.
Zuſchrift.
Zuſchrift.
A 3
Roſts abgeſchied’ner Schaͤferſeele
Und, Wieland, deiner, die noch lebt
Und in den Agathon und Jdris Wolluſt wedt,
Weih’ ich mein Lied — Was ich ſing und erzaͤhle
Sang und erzaͤhlte mir einſt eine Muſe vor,
Die ſich den allerfeinſten Flor,
Der nicht Ein blaues Aderchen verheelt,
Zum Morgennegligé erwaͤhlt:
A 4Froh
Froh wird ſie ſeyn, wenn deine Muſen,
Mit bloßen Knie’n und ofnen Buſen,
Voll Laune, und ſelbſt von der Glut beſeelt,
Die ſie bey Koxkox Beytr. z. Geh. Geſchichte des menſchl. Verſtandes und Her-
zens, 1 Thl. p. 33-38. Gluͤck in Leſerherzen hauchen
Stiefſchweſterlich ſie nur, als Kammermaͤdchen brauchen.
Geſpraͤch
mit einer Statue der Venus.
Du Tochter Zevſens von Dionen,
Was haͤltſt du da die ſchlaugebogne Hand,
Und hier das neidiſche Gewand
Vor die allmaͤchtge Schoͤnheitszonen?
Was ziehſt du deinen Marmorleib
So furchtſam ein, und blickſt beſchaͤmt zur Erde?
Was fehlt dir? Sprich. Es ſchickt ſich fuͤr kein Weib,
So ſchoͤn wie du, die aͤngſtliche Gebehrde:
Nun, Meergebohrne, wirſt du wieder aufwaͤrts ſehn,
Und niemals mehr ſo furchtſam ſtehn?
A 5Die
Die Statue.
Was hilfts mein Aug hier aufzuſchlagen,
Und meine Reize Schau zu tragen?
Hier bin ich doch nicht ſchoͤn, nicht Koͤnigin der Welt;
Zwar ſteht mein Bild hier aufgeſtellt,
Allein du darfſt dein Herz nur fragen,
So wird dir ſein Orakel ſagen:
Die Statue bleibt hier ſo lang nur aufgeſtellt,
Bis die, vor der ſich tauſend Herzen neigen
Bis Roͤschen es fuͤr dienlich haͤlt
Jn dieſem Heiligthum ſich ſelbſt zu zeigen.
3. Der
Der Triumpf.
Non ita Dardanio gaviſus Atrida triumpho eſt
Cum caderent magnae Laomedontis opes —
Quanta ego præterita collegi gaudia nocte:
Immortalis ero, ſi altera talis erit.
Propertius.
”So ruͤhrt Dich nicht dein Freund, der zaͤrtlich vor
Dir kniet?
”Soll er verſchmachten — Er, der doch fuͤr Dich
nur gluͤht?
”Soll er, nur er allein der Liebe Marter fuͤhlen,
Und nie das ſchoͤnſte Feur an deinem Buſen kuͤhlen?
”Erbarm
”Erbarm Dich, Maͤdchen, doch, hoͤr’ auf zu widerſtehn
”Der Zaͤrtlichkeit Genuß macht Dich gedoppelt ſchoͤn.
”Verſuch einmal den Rauſch aus Amors Zauberbecher,
”Und findt dein Herz nachher nicht alle Weltluſt ſchwaͤcher
”Als ihn, und ſchwimmt es nicht in nie empfundner Luſt,
”So huͤll’ in dichten Flor ſtets deine Marmorbruſt.
”O laß mich — laß mich doch der Wuͤnſche Ziel erreichen,
”Laß mich in deinem Arm begluͤckt den Goͤttern gleichen.
”Wie lang, wie lang blieb nicht mein Bitten unerhoͤrt!
”Wie lang hat nicht Dein Nein der Hofnung Gluͤck geſtoͤhrt?
”Was hilfts Dir, goͤttlichs Kind, ein Kleinod zu beſitzen,
”Ohn’ nach der Schoͤpfung Zweck es liebevoll zu nuͤtzen?
”Umarme
”Umarme mich, komm und genieß den Unterricht,
”Der Menſchen macht und Luſt mehr giebt, als er verſpricht.
”Es klopft Dein junges Herz, ſein zaͤrtliches Erbeben
”Mißbilligt Furcht und Zwang, es will der Freude leben;
”Der Liebe Morgenglanz faͤrbt Deine Wangen roth,
”Gehorſam heiſcht Natur von Dir fuͤr ein Geboth,
”Das ſie zum Gluͤck uns gab — Laß nicht die Zeit verfließen,
”Jn meines Armes Schutz komm alles Gluͤck genießen.
”Bluͤh Roſenknoͤſpchen auf” — Jn dieſem Augenblick
Schmolz Chloens Herz, ſie ſank in meinem Arm zuruͤck.
Jn halber Ohnmacht, ſchoͤn von Liebe uͤberwunden,
Berauſcht von einer Luſt, die ſie noch nie empfunden,
Las
Las ich das ſchoͤnſte Ja im Aug, das ſanft ſich ſchloß,
Jndem der Unſchuld Reſt in Thraͤnen ſtill verfloß.
O koͤnnt ich doch, wie Gleim, Catull und Wie-
land ſingen,
Um Chloens Reitzungen ein reitzend Lied zu bringen!
Was ſah ich nicht, was hat nicht hier die Hand beruͤhrt
Eh mich zu ihrem Werk die goldne Venus fuͤhrt!
Hoͤrbar ſah ich ihr Herz durchs ſeidne Halstuch pochen,
Und fuͤhlte raſch das Blut in allen Adern kochen.
O Wolluſt! Liebe! Gluͤck! o dreymal ſelger Tag,
Als Chloens ganzer Reiz in meinen Armen lag!
Das bluͤhendſte Geſicht mit braunem Haar umzieret,
Gebrochne Augen und der Buſen aufgeſchnuͤret,
Der
Der ſchoͤnſte Arm, und Fuß, ein Schenkel fleiſchig, zart
Am lockgen Wolluſtthron mit einem Leib gepaart
Schoͤn wie der Venus Leib, den Scopas ihr gegeben —
Pygmalions Meiſterſtuͤck, warm, voll Gefuͤhl und Leben
Lag hier und war ganz mein — An Chloens Lippen
hieng
Die ganze Seele wenn ich ihren Kuß empfing,
Der Pfeil war eingelegt, ich athmete geſchwinder,
Jch hauchte Wolluſt, und doch ward das Feur nicht minder.
Jn ſuͤßer Ohnmacht ſtarb jetzt Chloe neben mir,
Der Liebe milder Thau ergoß ſich ſanft aus ihr:
Selbſt ganz Empfindlichkeit nicht mehr der Sinnen Meiſter
Verſammelten in Eins ſich alle Lebensgeiſter,
Die
Die Augen brachen — Wir erſeufzten — und es floß
Cytherens Balſam in den guͤrtelloſen Schooß — —
Es weiß der Knabe ſchon wie ruͤhrend es entzuͤcket,
Wenn ihm die Hand vertraut ſein kleines Maͤdchen druͤcket,
Doch weiß er nicht wie viel die Wolluſt ſtaͤrker iſt
Wenn ſanft die Muſchel zuckt und ihren Liebling kuͤßt —
Auf Chloens heiße Bruſt halb ſchlummernd hingeſunken
Fuͤhlt ich jedweden Kuß, und ward von neuem trunken,
Und kaͤmpfte neu geſtaͤrkt durch Chloens Hand und Blick
Noch manchen Liebeskampf mit wiederholtem Gluͤck
Bis daß, erſchoͤpft von Luſt, Herz dicht an Herz geſchloßen,
Der Schlaf uns uͤberfiel die Quellen nicht mehr floßen.
Cythere
Cythere Koͤnigin der Herzen
Luſtſchoͤpferin, Quell ſuͤßer Schmerzen,
Heil Die und Seegen dem Altar!
Dir Goͤttin, der die Himmel ſingen,
Und Elemente Opfer bringen
Dir Goͤttin bring ich ganz mich dar.
Wohl Dir, wenn Du mein Gluͤck genoßen
Als Dich Adonis Arm umſchloßen,
Und Dein Arm ihn umſchloßen hielt:
Wohl ihm wenn er die Wolluſt fuͤhlte
Als er mit Deinen Reitzen ſpielte,
Die ich in Chloens Schooß gefuͤhlt.
BMein
Mein Herz ſchlaͤgt ewig Dir erkentlich;
So wie die Wolluſt war, unendlich
Dankt jede Nerve Deiner Kraft:
Du halfſt mir Chloen uͤberwinden,
Du halfſt der Wuͤnſche Hafen finden,
Dank ſey Dir fuͤr die Jungferſchaft.
Erinne-
Erinnerung der Schaͤferſtunden.
Mon Iris éperdue
Laiſloit mille beautés en proie à mon ardeur,
Comme elle oublioit ſa rigueur
I’ oubliois alors ma retenue.
Chaulien.
Die holde Glut, die ſelbſt Cythere fuͤhlte,
Wenn ihren Hals Adonis Arm umſchlang,
Wenn ihren Buſen ſeine Kuͤße waͤrmten,
Und ſein Reitz unter ihren Haͤnden wuchs:
B 2Die
Die Glut von der die jungfraͤuliche Kaͤlte
Der jagenden Latonenstochter ſchmolz,
Die ihr beym eingeſchlafnen ſchoͤnen Juͤngling
Sanft zurief: wachend iſt er ſchoͤner noch:
Die Glut, die Amors ſtaͤrkſte Pfeile ſtaͤhlet,
Oft auch zu kuͤhn den Bogen ſpannt, und ſprengt,
Die in den Myrtenkranz entzuͤckter Liebe
Den unſchaͤtzbarſten Demant kuͤnſtlich ſteckt:
O moͤchte doch die Glut dies Lied begeiſtern,
O Liebe! hoͤr’ des Juͤnglings heißes Flehn,
Des Juͤnglings, der Dich zehnfach mehr empfindet
Als einſt Adonis und Endymion.
Hoͤr’
Hoͤr’ mich, ich ſing die Freudenaugenblicke,
Da ich an Chloris Buſen ſchmachtend ſtarb,
Da ich in meiner Hebe Opferſchale
Der Wolluſt heilgen Nektar ſchaͤumend goß.
Wie in dem Buſen aufgeknoſpter Roſen
Der Morgenthau, der an den Blaͤttern hieng,
Zuſammenfließt, und dann im rothen Schooße
Geſchmolznen Perlen gleich ihr Roth erhoͤht:
So hiengen auch des fruchtbarn Thaues Tropfen
Hier um der Purpurmuſchel weichen Rand,
Und an dem ſeidnen Moos, das ſie umſchattet,
Und mehrten ihrer Farbe koſtbarn Reitz.
B 3Wohlthaͤ-
Wohlthaͤtige, luſtreiche Augenblicke,
Die Liebe und die Freude ſeegne euch,
Euch ſeegnete die Unſchuld, als mein Maͤdchen
Aus ihrer Muſchel mir die Perle gab.
O Wolluſt! welch ein unausſprechlich Opfer!
Hat den Altar je reiners Blut gefaͤrht?
Stets denkt mein Herz der Unſchuld ſanfte Roͤthe
Jhr Zittern, und des Opferſtales Wut.
O Chloris beſtes Maͤdchen, welch ein Opfer!
Beſtuͤrmt, erweicht durch meine Zaͤrtlichkeit
Gabſt du dein Kleinod hin. Jch brach das Roͤschen
Das jungfraͤulich im Schatten bluͤhend ſtand.
O
O feyre mit mir, Maͤdchen, die Minute,
Die dir manch Perlenthraͤnchen koſtete;
Jn ihr ſchlang Amors Hand den ſchoͤnen Kuoten
Der unſer Weſen heiligt und vereint.
Dem Tage Heil, an dem der kuͤhne Amor
Den erſten Pfeil in deinen Koͤcher ſtach,
An dem die Biene den geſchaͤft’gen Stachel
Jn deinen duftgen Bluhmenkelch vergrub.
So wie der Thau, der aus dem Thale rauchet
Mit waͤrmern Fruͤhlingsregen ſich vermiſcht;
So miſchte ſich der Wolluſt kraͤft’ger Balſam
Mit deiner keuſchen Grotte mildem Thau.
B 4Heil
Heil dir, o Tag, da ich den ganzen Umfang
Von deiner Tugend ſah, da mich dein Aug
Und ſeiner feinen Bogen ſeltne Schoͤnheit
Zu ſeufzen zwang: O waͤre Chloris dein!
Heil dir o Tag da ich zuerſt Dich kuͤßte,
Und deines Buſens Roſenknoſpen ſah’,
Da ich des Heiligthums Altar beruͤhrte
Mit jungfraͤulichen Locken taͤndelte.
Heil dir o Tag, da ich der Wangen Purpur,
Jm Aug dein Herz wolluͤſtig ſchmachten ſah,
Da bey der Zungen kuͤtzelnden Beruͤhrung
Der Lebensſaft aus Roſenlippen floß.
Heil
Heil dir o Tag, ſey Grazien und Muſen
Cytheren ſelbſt, ein ewig Myrtenfeſt,
Denn Amor ſang Triumpf, Triumpf und kraͤnzte
Sich ſechsmal am Altar mit Siegeslaub.
Feyr, Maͤdchen, ihn den Tag, da Du aus Liebe
Dich ganz dem Liebling zu genießen gabſt.
Er war des zaͤrtlichſten Vertrauens Urſprung
Und unſre Trennung labt noch jetzt ſein Troſt.
O, Maͤdchen, ha! wie kochten meine Adern
Wenn Deine weiche kleine Zauberhand
Cupidens Scepter ſanftverſchaͤmt beruͤhrte,
Und er von Wolluſt wuchs und uͤberſtoß —
B 5O
O koͤnnt ich doch den koſtbarn Rauſch beſchreiben
Den ich zu Deinen Fuͤßen oft gefuͤhlt,
Wenn jeder neidſche Vorhang aufgezogen,
Und jeder Sinn entzuͤckt befriedigt ward.
O Maͤdchen welche Schaͤtze ſah ich liegen!
Der ſeidnen lock’gen Haare Wohlgeruch,
Der Milchſaft in der Muſchel feinſten Falten
Wie Roſen unter Lilien gemiſcht.
Wie zaͤrtlich kuͤßt ich nicht die ſchoͤne Roſe,
Mein Mund ſog Wolluſt fuͤr das Herz aus ihr!
Wie freut ich mich wenn alles nach der Roſe
Nach ihrem Thau und ihren Blaͤttern roch.
Wie
Wie kuͤßt ich nicht die nachbarlichen Huͤgel
Die Venus Hand mit Atlas uͤberkleidt,
Die tauſend buhleriſcher Maͤdchen Buſen
An Form und feiner Farbe uͤbergehn.
Einſt will ich Roſenknoſpen auf ſie pflanzen
Sie ſollen dann mein zweyter Buſen ſeyn,
Bey ihrem Anblick werd’ ich Wolluſt athmen,
Auch ihre Grotte ſey mein Heiligthum.
Der Wolluſt Nektar wird ſie fruchtbar netzen,
Wenn er ſanft uͤbern Rand der Muſchel ſtroͤhmt,
Jhr heil’ger Buſch wird davon dichter wachſen,
Und ſtaͤrkre Duͤfte in die Gegend ſtreun.
Auf
Auf dieſe wolluſtreiche koſtbarn Huͤgel
Gelehnt erwart’ ich dich geliebter Schlaf,
Beſuche einſt mich da, und bring durch Traͤume
Die wachend ſchon genoßne Luſt zuruͤck.
O wenn ich dann von ihm geſtaͤrkt erwache
Dann kuͤß’ ich dich wolluͤſtiges Baßin,
Und laufe friſch nach jenem Lorbeerkrantze
Der lockend in dem Schooß des Maͤdchens haͤngt.
Du hilfft dann deines Helden Lanze fuͤhren;
Wie herrlich wie gewis wird dann ſein Sieg,
Und nach dem Sieg wird er das Ziel anſtaunen,
Und froh entzuͤckt die ofne Wunde ſehn.
Dann,
Dann einz’ges Maͤdchen, trocknen meine Kuͤße
Den Schaum von roſenfarbnen Lippen ab,
Mir trocknen ihn die duftenden Geſtraͤuche
Des Huͤgels uͤberm Kampfplatz zaͤrtlich ab.
O Liebe! o wie wirſt du uns begeiſtern!
Wie himmliſch ſchoͤn wird unſer Gluͤck durch dich,
Wenn unſre Seelen in einander fließen
Sey jeder Kuß ein Lob und eine Hymne.
Die
Die Opferung.
I’ benedico il loco, e’l tempo, e l’ora
Che ſi alto mirano gli occhi miei,
E dico: Anima aſſai ringraziar’ dei
Che foſti à tanto onos degnata allora
Petrarca.
Du biſt wie Paphia aus weißem Schaum gebohren,
Aus Muſchelſchalen ſtieg dein Leib ſo zart und fein,
Die Perle aber ward aus ihrem Schooß erkohren
Der jungfraͤuliche Stoff des feinen Geiſts zu ſeyn:
Du
Du gleichſt Cytheren, wenn der Grazien Hand ſie ſchmuͤckte,
Nur daß ihr Herz an Reiz lang nicht dem deinen gleicht;
Als ohne Guͤrtel ſie dort Priams Sohn erblickte
Ward ihr der Schoͤnheit Preiß im Apfel uͤberreicht:
Doch Paris haͤtt’ ihn Dir vor Venus hingegeben
Haͤtt er Dich guͤrtellos, verſchaͤmt, wie ich erblickt.
Ein Kuß nach zaͤrtlichem unſchuldgem Wiederſtreben
Auf Hoͤhn, die ſchwarz umdornt ein Roſenknospchen ſchmuͤckt,
Ein Blick ins ſanfte Thal das dieſe Huͤgel ſchaffen,
Und das an ein Gewoͤlb von Atlasglaͤtte grenzt,
Berauſchten mich — ich fiel — da ſiegten Amors Waffen,
Die er, des Siegs gewiß, mit Myrthen ſchon umkraͤnzt.
Da
Da fieng er mich im Netz gewebt von jenen Bogen,
Der Stirn und Augen Schmuck, von lockigſchwarzem Haar,
Das duftend, weich, bethaut den Wolluſt Thron umzogen,
Und fuͤhrte mich erſtaunt zum heiligſten Altar:
Den hatten Grazien mit ſeltnen Fleiß erbauet,
Und ihren Roſenmund beym Bau zum Riß geliehn.
Nach zarter Lippen Roth, mit Nektar uͤberthauet,
Erſchufen ſie den Rand, den Altar zu umziehn;
Der Zunge, die der Witz beredſam dort beweget,
Glich hier ein Streif, der ſich ſchmal und gefuͤhlvoll bog:
Hier winkt ein Vorgebuͤrg von Venus angeleget
Mit Mooß bedeckt, das ſich kraus um den Altar zog.
Am
Am Fuß lag unentweiht die wunderthaͤtge Grotte,
Die vor unheil’gem Blick ſorgfaͤltig ſich verſchließt,
Vom Prieſter nur beſucht der da dem Liebesgotte
Vertraut fruchtbringend Oehl in Opferſchalen gießt.
Es rauſcht ein Strohm aus ihr der oft die Gegend netzet
Und goldfarbklares Naß in ſeiner Urne haͤlt,
Ein Purpurbach, dem Flut und Ebbe Luna ſetzet,
Und dann der Thau, der nur an Opfertagen faͤllt.
”Hier” ſprach der Gott zu mir, biſt du beſtimmt zu dienen,
Er ſprachs, und ſtaͤrkte mich zu ſeinem Prieſterthum:
Jch pflickte von dem Mooß, ich ſog es gleich den Bienen
Und roch den Balſamduft aus Amors Heiligthum,
CFieng
Fieng an ſo Grottenwerk als Altar zu beſehen,
Und kam ans feuchte Thor vor dem ein Vorhang hieng,
Der Wunſch das Heiligſte des Tempels durchzuſpaͤhen,
Half mir beym erſten Schritt, der bis zum Vorhang gieng —
”Verzagter Prieſter wie kannſt du dich nicht entſchließen,
”Schmerzt dich des Opfers Tod? ſchrie’ Amor voller Wut —
Da ſcheut ich dann nichts mehr — der Vorhang ward
zerrißen,
Und aus dem Heiligthum, o Chloris, floß — dein Blut.
Ein
Ein lehrreicher Traum vom Amor.
Non iuvat in cœco Venerem corrumpere motu:
‒ ‒ oculi ſunt in amore duces
Propertius.
Der Liebesgott, geſchmuͤckt mit allen Reitzen,
Erſchien mir heut im leichten Morgentraum,
An ſeiner Hand ein loſes braunes Maͤdchen;
”Da, ſprach er, nimm die bluͤhende Brunette
”Kuͤß ſie, und druͤck ſie feſt in deine Arme.
Jch that es, und wir ſanken auf den Sopha:
C 2Wie
Wie ſchalkhaft laͤchelte der kleine Amor
Als er, gleich Wolken, die die Sonne decken
Den Vorhang von dem Sitz der Wolluſt hob.
”Sieh her, dies iſt der freudenreiche Becher
”Jn den einſt Bachus bey Ariadnen
”Den Nektar goß, und einen Rauſch ſich trank;
”Betrachte dieſes lockigte Gewede,
”Der Venus Guͤrtel iſt von ſolchen Faͤden,
”Betracht des Laubwerks Kunſt um dieſen Becher,
”Und athme ſeine Balſamsduͤfte ein.
”So groß iſt nicht die Kunſt der heilgen Schale
”Jn welcher Hebe dort und Ganymed
”Uns
”Uns Goͤttern des Olymps den Nektar reichen.
”Fuͤll den Pokal, den Grazien einſt ſchufen
”Zu dem ſie Roſen mit Granaten miſchten,
”Und den die Neuheit doppelt koſtbar macht.
”Fuͤll ihn wie Zevs ihn Danaen einſt fuͤllte
”Als er im goldnen Regen auf ſie ſiel,
”Und ſey dabey entzuͤckt wie Jupiter.
”Dies iſt, hier wieß er ſeinen kleinen Scepter,
”Der Heber der die wunderthaͤtgen Saͤfte
”Wolluͤſtig ein trinkt, und dann aus ſich ſpritzt;
”Leg ihn nur an den Rand der Nektarſchale
”Er wird ſich bald mit ihr vertraut vereinigen,
C 3”Und
”Und weißer Schaum wird ihn und ſie umziehn.
”Fuͤll lang, begluͤckter Juͤngling, Chloens Becher,
”Er oͤfne ſich wenn du dich duͤrſtig naͤherſt,
”Wie Roſen wenn ſich Weſt und Sonne nah’n,
”Und wenn du gnung aus dieſem Kelch getrunken,
”Dann kuͤß zur Staͤrkung Chloens vollen Buſen,
”Und trinke Wein aus ihrer hohlen Hand.
Denk-
Denkzettelchen
in Phyllis Schatzkaͤſtlein.
io ſo ben, ch’un amoroſo ſtato
In cor di donna picciol tempo dura.
Petrarca.
Ohn dir die weiche Hand, die weiße Bruſt zu kuͤßen,
Hab ich dich, Phyllis, juͤngſt verlaßen muͤßen!
Fuͤr mich, o Maͤdchen, welch ein tiefer Schmerz!
Auf deinen Lippen wohnt allein mein Leben,
Wenn unter Kuͤßen ſich die Marmorhuͤgel heben,
Dann wall’t auch Freude durch mein Herz —
C 4Und
Und bald — bald werd ich Dich lang gar nicht ſehen,
Ach dann wird wohl die Winterluft
Die Dich zum Contretantz und Schlittenfahrten ruf,
Die kleine Flamme ganz verwehen,
Die Flamme die vielleicht zu meinem Gluͤck
Jn manchem ſchoͤnen Augenblick
Dein Herz noch waͤrmt — dann wird der Sommer
meines Lebens
Nur Eine lange Klage ſeyn;
Dann bluͤht fuͤr mich die Welt vergebens,
Dann wird um mich ein ew’ger Winter ſeyn! —
Sieh, Phyllis, jene uͤberſchneyten Huͤgel
Sie luden uns, ſo lang als Zephyrs Flůgel
Jhr
Jhr gruͤn Gebuͤſch durchwehte zum Spaziergang ein,
Doch jetzt umbrauſen ſie des Nordwinds Fluͤgel,
Die Buͤſche trauren blaͤtterleer,
Kein Sterblicher beſucht ſie mehr;
Da ſtehn ſie jetzt verwaͤyßt die majeſtaͤtſchen Huͤgel —
So werd ich auch die Marmorhuͤgel,
Wo jetzt Empfindung wohnt und Roſenknoſpen bluͤhn
Von weitem ſehn, vor ihrer Kaͤlte fliehn. —
O welch ein Gram fuͤr mich wenn dieſe Buſenhoͤhen
Kein Lenz der Liebe mehr fuͤr mich umbluͤh’t,
Wenn ſie ein andrer kuͤßt, und ihren Reitz zu ſehen
Den ſeidnen Flor von weißen Schultern zieht!
C 5O
O Maͤdchen laß doch nie entfernt von mir den Winter
Dein Herz mit Eiß fuͤr mich umziehn,
Wenn du mich wiederſiehſt, dann wall’ dein Blut
geſchwinder,
Und laß auf deinen Wangen Liebe gluͤhn.
Billet
Billet an Dorchen.
Angelica a Medor la prima roſa
Coglier laſcio, non ancor tocca inante,
Ne perſona fu mai ſi auventuroſa
Ch’in quel giardin poteſſe por le piante
Arioſte.
Wie lebſt du Dorchen denn du kleine Kloſternonne,
Huͤbſch fromm, huͤbſch keuſch, huͤbſch ſtill, und froh auf
eigne Hand?
Hat beym Spazierengehn Dir nicht die Fruͤhlingsſonne
Die weiße Haut zu ſehr auf Stirn und Hals verbrandt?
Bluͤhn
Bluͤhn deine Wangen noch wie junge Fruͤhlingsroſen
Jn deren rothen Schooß kein Sonnenſtral noch ſah?
Kommt auch kein Stuzerchen vertraut Dir liebzukoſen
Mit gar zu freyer Hand dem Buſen gar zu nah?
Haſt du zur Einſamkeit Dich ruhig ſchon bequemet?
Bekommt die Landluft dir, macht dich das Landbrod fett?
Hat Strick- und Naͤhzeug noch kein Fingerchen gelaͤhmet,
Und kraͤuſelſt du noch jetzt dein ſeidnes Haar ſo nett?
Vergießt auch Dorchen nicht in Handſchuhn huͤbſch
zu gehen,
Wird auch der Sonnenhut nicht blos im Schrank bewahrt?
Sind Buſen, Schenkel, Hals, und was ich ſonſt geſehen
Noch fleiſchig wie vorher noch atlasglatt und zart?
Was
Was macht der heilge Buſch der jenes Thal beſchattet,
Das ſich mit Balſam netzt, und zum Entzuͤcken riecht,
Wo mit den Grazien der Liebesgott ſich gattet,
Und ſicher wie der Kern in zarten Pfirſchen liegt?
O Dorchen koͤnnt ich doch die ſuͤße Pfirſich kuͤßen,
Koͤnnt ich doch, wenn ich ſie erſt tauſendmal gekuͤßt
Jn das geſpaltne Herz den Thau des Lebens gießen,
Der gleich dem waͤrmſten Punſch der ſchoͤnſte Schlaf-
trunk iſt!
O Dorchen koͤnnt ich Dich doch an mein Herz jetzt druͤcken,
An deinem Buſen mich ganz meines Gluͤcks erfreun —
O laß doch keinen nur kein einzges Roͤschen flicken,
Mich mich laß ganz allein der Bluͤthenſammler ſeyn.
An
An mein Maͤdchen.
Te juvet in noſtris poſitam languere lacertis,
Me juvet in gremio, Vita, cubare tuo,
Et cum ſuaviolis animam deponere noſtris
Eque tuis animam ſugere ſuaviolis,
Sive meam, Lux, ſive tuam, ſed ſit tua malim
Ipſe tuo vt ſpirem pectore, tuque meo.
I. Secundus.
Mein Auge findt Dich ſchoͤn, mein Herz liebt Dich
unendlich,
Doch Maͤdchen biſt du auch erkenntlich,
Siehſt Du mich auch ſo gern, liebſt Du mich auch ſo ſehr?
Ha! wenn ich jetzt doch bey Dir waͤr,
Dir
Dir meiner Liebe Glut, die wie ein Meer
Jn allen Adern wallt, wolluͤſtig auszudruͤcken!
Wie emſig wollt ich nicht, da heut ‒ ‒ ‒ iſt
Dein rundes Knie mit dieſem Baͤndchen ſchmuͤcken,
Weil mir der Winter, der noch Tellus Schooß verſchließt,
Jetzt nicht erlaubt Dir einen Kranz zu pflicken.
Doch Maͤdchen hielt ich Dich nur jetzt in meinem Arm
So wollt ich Dir die Lielienhoͤhen,
Auf denen von Natur ſchon Roſenknoſpen ſtehen,
So lange kuͤßen, bis von tauſend Kuͤßen warm
Die ganze Bruſt, ſo wie die Knoſpen, ihre Zierde,
Auch roth wie bluͤhende Roſen wuͤrde.
Wenn
Wenn ich den Buſen nun erſt heiß und roth gekuͤßt,
Dann ſollten meine Lippen weiter klettern,
Und Zephyrn gleich, wenn er in Myrthenblaͤttern
Vergraben und geſchaͤftig iſt,
Jm Haar das deine Stirn umfließt,
Und Bogen gleich dein Aug umſchließt,
Sich auch vergraben und beſchaͤftgen,
Und eine Saat von Kuͤßen ſollte da
Erzaͤhlen, was in mir geſchah’
Als ich noch mehr von Dir als Aug und Buſen ſah’,
Und was ich je verſprach Dir feyerlichſt bekraͤftgen.
Wenn ich auf Bruſt und Stirn Dich roth genung gekuͤßt,
Dann
Dann floͤg’ ich gleich den honigvollen Bienen
Zum Koͤrbchen hin, das wie ein Jungferchen im
Gruͤnen
Ein zart Geweb’ kunſtlos umſchließt, —
Hin zum Aurikelchen, das Wohlgeruͤche,
Balſamiſcher als Hybelns Honigbruͤche,
Und was ein Stuzer je zum parfuͤmiren braucht
Jn die bildſchoͤne Gegend haucht;
Da wuͤrd ich mich am laͤngſten wohl verweilen,
Um Dir getreu die ganze Erndte mitzutheilen.
Ach Maͤdchen wenn ich doch jetzt bey Dir waͤr!
Von Dir entfernt zu ſeyn war nie ſo ſchwer,
Nie war mein Herz ſo freudeleer,
DNie
Nie wuͤnſcht ich heftiger die Schaͤferzeit zuruͤcke,
Als heute da ‒ ‒ ‒ ‒ iſt.
Wenn Dir in dieſem Augenblicke
Ein kleiner Schaur durch alle Glieder ſchießt;
So glaub, daß Dich mein Schutzgeiſt kuͤßt,
Der Geiſt der unſichtbar bis in dein Zimmer ſtreifet,
Dich wie dein Engel uͤberall bewacht,
Und Dir wenn Du in kalter Nacht
Den Buſen Dir im Traum zu blos gemacht
Das Schlafkamſoͤlchen feſter ſchleifet.
Vorm Spiegel treibt er oft mit deinem Haar ſein Spiel,
Und wenn Dir die Friſur nicht gleich recht gluͤcken will;
So
So kommts von ſeinen Neckereyen,
Er taͤndelt gern wie ich — Du muſts ihm ſchon verzeihen;
Dafuͤr hat er Dir auch von Hals und Stirn und Hand
Schon manchen Kraͤuſeleiſens Brand,
So wild er ſonſt auch iſt, behutſam abgewandt;
Dafuͤr ſtaͤrkt er Dir Fuß und Bruſt in Contretaͤntzen,
Und hilft, wenn ja was reißt, es Dir ergaͤntzen:
Wenn Dich nun dieſer Geiſt in meine Seele kuͤßt,
Dann laß, wofern Dein Herz noch mein Herz iſt,
Und ſanft von Wolluſt uͤberfließt,
Jm ſchoͤnen Aug ein Sehnſuchtstraͤnchen glaͤnzen,
Und ſey den ganzen Tag wie ich betruͤbt,
D 2Weil
Weil der, der Dich unendlich liebt,
Und Dir den Preiß der Schoͤnheit giebt,
Anſtatt Dein Nahmensfeſt mit Dir froh zu verkuͤßen,
Und ganz der Liebe Reichthum zu genießen
Gar ohne Handdruck, Blick und Kuß
Es feyren, und Dich blos im Geiſt umarmen muß.
Troſt-
Troſtgedicht.
Qvid ‒ metuis turbæ decreta ſeveræ?
Causſa meo tantum competit iſta foro.
I. Secundus.
Bin ich Dir denn nicht mehr als eine ganze Welt,
Als alles was ſich mit Grimaßen
Vertraut, und um Dein Gluͤck bekuͤmmert ſtellt?
So lang die Liebe mir Dein Herz erhaͤlt,
Und Wolluſt Dir in meinem Arm gefaͤllt;
So laß zu eignem Schimpf Dich Thoren laͤſtern, haßen:
D 3Jn
Jn ihren Adern fließt auch Menſchenblut,
Wie! haͤtten wir denn nur allein geſuͤndigt,
Und ſie der Pflicht bey reicherm Uebermut
Nie den Gehorſam aufgekuͤndigt?
Was weinſt Du Maͤdchen? Spar den Thraͤnenbach,
Aus Sehnſucht bloß nach mir laß ſeine Perlen fließen,
Der Kummer macht das Herz nur doppelt ſchwach,
Und laͤßt den Feind den Sieg zu leicht genuͤßen.
Bleib helter wenn Dich gleich verſtellte Lippen ſchmaͤhn,
Und Dir dein kleines Gluͤck beneiden:
Daß Wind und Wetter Dir die Haarfriſur verwehn,
Mußt Du das nicht geduldig leiden?
Allein
Allein Dein Herz, das frag, ob es Dich nicht verklagt,
Ob da nicht Falſchheit wohnt, ob da nicht Triebe lodern
Fuͤr dies’ der Tugend ganz entſagt,
Und die nur Wolluſt zur Befried’gung fodern?
Ob nicht der Wunſch fuͤr jeden ſchoͤn zu ſeyn
Und jedem Juͤnglinge erobernd zu gefallen,
Sein Hauptwunſch iſt? — O moͤcht ers doch nicht ſeyn?
O moͤcht doch nur fuͤr mich Dein voller Buſen wallen!
Giebt Dir dein eignes Herz nur Recht,
Und zwingt Dich nicht vor Dir ſelbſt zu erroͤthen;
So wird der Neider ſchlangenartiges Geſchlecht
Sich einſt mit eignem Gift zu Deiner Rache toͤdten.
D 4Schwer-
Schwermut macht nur die Roſenwangen blaß,
Und welkt die glatten Marmorhuͤgel,
Der Kummer, und der Thraͤnen ſalzges Naß
Verdirbt der Augen Glanz, beſchneidt des Geiſtes Fluͤgel.
Wein nicht, denn Liebe war nie eine Frewelthat
Die Herzen ehrlos macht; nur dann entehrt ſie Herzen
Wenn Unbeſtand und Leichtſinn und Verrath
Mit ihren Flammen treuloß ſcherzen;
Wenn Lippen ſprechen, was das Herz nicht fuͤhlt,
Wenn ihre Glut Entfernung tilget,
Wenn buhleriſch zu frey das Auge ſpielt,
Wenn jeder Kuß ihr Jrrlichtsfeuer kuͤhlt,
Sie
Sie jedes Schmeicheley und jeden Handdruck bil’get.
Nur Eines Herzens Abgott ſeyn,
Nur Einen voll Gefuͤhl ganz gluͤcklich machen,
Nur Einem jeden Raub der Zaͤrtlichkeit verzeihn,
Und ſelbſt der Wolluſt Altar nicht entweihn,
Jn Eines Armen nur die Welt verlachen;
Das iſt die Liebe, die die Welt umſonſt beneidt,
Die ſie umſonſt verleumdet und verſchreit.
Zwar lebt ſie auch nicht ohne Zaͤhren:
Doch mild wie Balſam iſt ſtets ihre Traurigkeit.
Wenn Deine Thraͤnen doch auch ſolcher Balſam waͤren!
Schmaͤhſucht und Haß der Zeit ſind keine Thraͤnen werth,
D 5Laß
Laß keine mehr um ſie den weißen Buſen netzen,
Stets glaͤnz’ die freye Stirne aufgeklaͤhrt,
Sey ſtets vergnuͤgt mit deinen Schaͤtzen;
Mit Schaͤtzen, die Dir die Natur, als ſie Dich ſchuf
Freygebig zugewandt, ſey froh mit dem Beruf
Von mir geliebt zu ſeyn, und mich zu lieben.
Blos die Jde einſt nicht mein Maͤdchen mehr zu ſeyn,
Nur die muß Deiner Freude Sonnenſchein
Mit einem Kummerwoͤlkchen truͤben:
Denn der Gedank’ nicht mehr von Dir geliebt zu ſeyn,
Und mich vergeßen, Dich in fremden Arm zu ſehen,
Der ſchreckliche Gedank’ allein
Reißt
Reißt alle meine Freudenſchloͤßer ein,
Und kann jedweden Troſt ſo leicht zerſtreun,
Wie Roſenblaͤtter, wenn die Stuͤrme wehen.
Kleine Wittwe weine nicht,
Und verhuͤlle Dein Geſicht
Nicht ſo fruͤh in des Kummers Schleyer,
Wenn des Lebens Morgen flieht,
Und die Roſe abgebluͤht,
Dann verloͤſcht ſo der Freude Feuer.
Sterben — ſreylich iſts wohl gut,
Und wohl dem der ewig ruht,
Leben iſt aber doch noch beßer.
Muth
Muth mein Kind! denn Kampf und Streit
Daͤmpft der Thoren Dreiſtigkeit
Und Gedult, macht ſie oft nur groͤßer.
Kleinmuth nur wuͤnſcht ſich den Tod.
Wider Haß, der jetzt Dir droht,
Maͤdchen, ſoll meine Glut Dich ſchuͤtzen,
Wenn Dein Buſen nicht mehr ſchlaͤgt,
Nichts mehr nach der Liebe fraͤgt,
Was kann da Dir mein Beyſtand nuͤtzen?
Das
Das Jahrfeſt
des erſten Kußes.
Hæc ſacris noſtræ ſemper ſolennia Muſæ
Tempora ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ erunt.
Hic enim noſtros primum paleſcere vultus
Menſis ‒ ‒ ‒ vidit ‒ ‒
Vidit & ille idem carpentem gaudia mille
Lenibus ex oculis molle tuentis heræ
I. Secundus.
Schoͤn wie die bluͤhende Natur jetzt iſt
Da ſie der Fruͤhling laͤchelnd gruͤßt;
So ſchoͤn warſt Du mein Maͤdchen an dem Tage
Als mir Dein Kuß auf meines Kußes Frage
Die
Die ſchoͤnſte Antwort gab — Dort ſchlaͤgt die Nachtigal
Jm Weidenbuſch im bachdurchſchlungnen Thal:
Jhr unnachahmlich Lied ſingt Freude und Entzuͤcken
Jns Herz, und doch dringt keiner Nachtigal Geſang
So tief ins Herz, wie der Kuß drang.
Verſchaͤmt um einer Saat von Kuͤßen auszuweichen
Bogſt, du fuͤr mich zum groͤßern Gluͤck,
Mit Maͤdchenheucheley den Nacken ſchlau zuruͤck —
Doch konnten gleich den Mund die Kuͤße nicht erreichen
So ſiel doch keiner auf ein undankbares Feld —
Sie trafen in das Thal, wo Venus Courtag haͤlt,
Und auf die Huͤgel, die der Liebe Segen ſchwellt.
Ein
Ein maͤchtigers Entzuͤcken
Durchſchaurte mich als ich in deinen Blicken
Ein auch ich lieb Dich ſchmeichelnd laß.
Ha! Maͤdchen Deine Wangen bluͤhten
Roth, wie die Lippen die vom Kuße gluͤhten,
Der Perlenreihen traf, die, wenn Dein Mund mir lacht
Und Amor Dir, ins Kinn ein Gruͤbchen macht,
Der Lippen Purpur ſanft erheben,
Und deinem Laͤcheln neue Reitze geben.
Schoͤn iſt der Maͤy in ſeinem Beilchenkrantze,
Wenn er fuͤr Grazien zum Reihentanze
Gefilde ſchmuͤckt, warm die mondhelle Nacht,
Und liederreich den Morgen macht!
Doch
Doch himmliſcher wenn er in Maͤdgenbuſen
Den Keim der Liebe ſtreut, zum Aufbluͤhn treibt,
Und wenn des Juͤnglings Aug an dieſen Buſen,
So wie ſein Herz gefeſſelt, bleibt,
Wenn er die weiße Bruſt dann wallen,
Und ſimpathetiſch fuͤhlen lehrt,
Und bey dem Brautgeſang der Nachtigallen
Des Juͤnglings Muth, des Maͤdchens Sehnſucht mehrt.
Hoͤr’ wie er traͤufelnd rauſcht der Fruͤhlingsregen
Sanft zittert unter ihm der Buͤſche neues Kleid;
So Maͤdchen zittern deine Locken, wenn der Segen
Entzuͤckender wolluͤſtger Zaͤrtlichkeit
Das
Das Balſammooß des Roſenthals erfriſchet,
Und mit dem eignen Thau des Roſenthals ſich miſchet.
Wenn mild der Wolken Schooß die Huͤgel uͤbergießt,
Dann wird der Rand der Thaͤler bluhmenreicher,
Und auf dem Klee, der dichter ſprießt,
Ruht dann der Wanderer erquickender und weicher:
Wenn auf den kleinen Hoͤh’n in Deines Thales Schooß,
Der Regen Amors faͤllt, dann waͤchſt das Mooß
Duftreicher, krauſer um die heilge Grotte
Und wird zum netten ſchatt’gen Myrthenhaͤyn,
Wo nakte Grazien dem Liebesgotte
Um ſeinen Altar Bluhmen ſtreun,
EUnd
Und wo die ganze Schaar, wenn ſie ſich ſatt gegauckelt,
Und wo Citherens loſer Sohn,
Wenn ihn in ſeiner Mutter Phaeton
Die muntern Spatzen muͤd geſchaukelt,
Viel ſanfter ſchlaͤft und ſich zum neuen Spiel
Viel ehr erholt als auf dem weichſten Atlasphuͤl.
Himmelvolle Augenblicke,
Wenn die Sonne heitrer Blicke
Juͤngling deine Adern ſchwellt!
Himmelvollre wenn der Seegen
Amors, wie ein Perlenregen
Aufs geſpaltne Erdreich faͤllt.
Wie
Wie aus dem tiefſten Schlaf und ſuͤßten Traumgeſicht
Des Juͤnglings Kuß ſein Maͤdchen wecket,
Wie dann wenns ſchoͤnſte Aug halb Schlaf halb Wolluſt
bricht,
Er ihr den Arm ſanft um den Nacken flicht,
Das Nachtgewand verſchiebt und Schoͤnheiten entdecket,
Die einſt Romanos Kunſt ſo lebhaft traf;
So kuͤßt der Fruͤhling aus dem Winterſchlaf
Jetzt die Natur. Den dichten weißen Schleyer
Hat er ihr laͤngſt vom Buſen abgeſtreiſt,
Er athmet jetzt im bluhmigten Gewande freyer.
Der May der ſie mit Kuͤßen uͤberhaͤuft
E 2Spielt
Spielt mit dem Reitz, der ihm entgegen bluͤhet,
Und Zephyr, den ein gleich Gefuͤhl
Magnetiſchſtark zur Bluhmengoͤttin ziehet,
Miſcht taͤndelnd ſich mit in ihr Spiel.
Steht denn der Natur und dem May
Nur allein das Taͤndeln frey?
Darf nur dies Paar zaͤrtlich kuͤßen,
Buſen ſanft an Buſen ſchließen,
Und in Zaͤrtlichkeit zerfließen?
Maͤdchen nein die Taͤndeley
Holder Glut ſteht uns auch frey,
Auch wir doͤrfen zaͤrtlich kuͤßen,
Buſen
Buſen ſanft an Buſen ſchließen,
Und in Zaͤrtlichkeit zerfließen.
Hurtig komm in meinen Arm,
Schluͤpf ſie ab die Nachtgewaͤnder,
Schleif ſie auf die ſeidnen Baͤnder,
Komm und werd in meinem Arm
Wie die Sommerluͤfte warm,
Und laß uns ganz in Zaͤrtlichkeit zerfließen.
Jch bin dein Lenz, ich bin dein May,
Du mein Gefild, und meine Mayenbluhme,
Jn deinem Grottenheiligthume
Auf deinen Marmorhoͤh’n, ſteht jede Taͤndeley,
E 3Und
Und jede Art des zaͤrtlichſten Genußes,
Mir heut am Feſt des erſten Kußes
Unwiderſprechlich frey.
Hurtig komm in meinen Arm
Schluͤpf ſie ab die Nachtgewaͤnder,
Schleif ſie auf die ſeidnen Baͤnder,
Komm und werd in meinem Arm
Wie die Sommerluͤfte warm,
Und laß uns ganz in Zaͤrtlichkeit zerfließen.
Sinn-
Sinngedicht
aus dem Qven.
Der Liebhaber.
Durch meinen muntern Fleiß gebahr die Frau den
Sohn,
Allein der Herr Gemahl traͤgt allen Ruhm davon;
So wird der Honig nie der emsgen Bienen Lohn.
Der Ehmann.
Jch ließ Clorindens Hand mir ehrbar anvertrauen,
Allein Amint gewann die Liebe meiner Frauen,
So pflegt der Vogel auch nicht ſich das Neſt zu bauen.
E 4Die
Die
gluͤcklich gehobene
Beſorgniß.
Heureux ſont ceux, qu’on trompe à leur profit
la Fontaine.
Es war einmal, doch wo, das weiß ich nicht gewiß,
Die Suͤndfluth hat den Ort laͤngſt weggeſpuͤhlet,
Ein Maͤdchen, das mit Recht das Wundermaͤdchen hieß,
Weil noch ihr zwanzigjaͤhrger Mund
Die Suͤßigkeit des Honigs nicht gefuͤhlet,
Den Adam einſt in Ewens Koͤrbchen trug.
Sie
Sie war reich, ſchoͤn und hatte Freyer gnug;
Allein, da ſie beym Antrag jeden frug,
Wie groß ſein Finger ſey?
So wollte, weil die Herrn aus Freyersprahlerey
Des Dinges Maaß und Ziel vergaßen,
Kein einziger in ihren Fingerhut,
Den ſie durchaus nicht wollte weiten laſſen,
So recht bequem nach ihrem Sinne paßen,
Doch Amor der nicht eher ruht
Bis Maͤdchen ihm ihr Theil geopfert haben,
Bracht’ den Amint auf eine Liſt. Er meldte ſich
Und ſprach: ”O Schoͤne waͤhle mich
E 5”Jch
”Jch habe dreyfach das, was andre einfach haben,
”Und glaub gewiß die kleinſte dieſer Gaben
”Wird deinem Fingerhut recht angemeſſen ſeyn”.
Zugleich reicht er den Riß der dreyen Finger ein.
Sie nimmt den Riß in hohen Augenſchein,
Und waͤhlt, weil ihr vielleicht das dreyfach wohl
behagt,
Aminten, der zuvor ihr eidlich zugeſagt
Nur ganz allein den kleinſten zu gebrauchen.
Er nahm ihn auch, ließ ſanft ihn untertauchen,
Man fand ihn gut — der Fingerhut ward feucht,
Und Phyllis ziſchelte: den groͤßeren — vielleicht
Paßt
Paßt der wohl auch” Er nimmt den Mittelſiuger,
Und kuͤtzelt friſch den Liebeszwinger;
Da wurde aus Erkenntlichkeit
Der roſenfarbne Rand des Ringchens ziemlich weit.
Ach Beſter, ſeufzt ſie jetzt, dir kann ich nichts
verſagen,
Wenns dir gefaͤllt, ſo magſt du auch den groͤß-
ten wagen.
Kaum ſprach ſie es; ſo ſtach der rechte ſchon im Ziel
Vermehrte da der Luͤſternheit Gefuͤhl
Drang weit empfindlicher zum Herzen,
Und Wolluſt half die kleine Pein verſchmerzen,
Jndem
Jndem ſie Balſam, der wie Milch und Honig floß
Jn Phyllis Roſenwunde goß.
Das weichliche ſittſame Kind zerfloß,
Und ſtarb vor Luſt, doch bald, erweckt von neuen Flam̃en,
Schien jetzt der Fingerhut ein niedlicher Pokal,
Und leiſe ſprach ſie? Ach Amint ach! noch einmal,
”Und wenn du kannſt, ſo bind’ ſie alle drey
zuſammen.
Das
Das Zeichen am Leibe.
Nous ſerons auſſi ſages qu’elle
Quand nous en aurons fait autant
la Fontaine.
Finette gieng aus ihrem zwoͤlften Jahr,
Ohn daß ſie ihren Leib, noch jene Regung kannte
Von der die Frau Aebtißin brannte,
Die ſonſten doch ihr Mentor war.
Einſt wuſch das Maͤdchen ſich die Meeresenge
Die zwiſchen fleiſchern Saͤulen liegt,
Durch die mit ſchmerzlichem Gedraͤnge
Der Menſch ins Reich des Lebens kriecht.
”Ach
”Ach ſchrie ſie, ach! da ſie die Sproßen
Der kuͤnftgen ſchwarzen Locken ſah’
”Ach ich ungluͤckliche! — Und ihre Traͤhnen floßen
”Was wird aus mir — was waͤchſt mir da!
Mit jedem Tage wuchs die Zierde des Geſtades,
Es kraußte ſich das Schilf ums rothe Meer:
So bluͤhet um die Quelle eines warmen Bades,
Ein zart Geſtraͤuch, und ſtreuet Schatten um ſich her.
Aus Gram vergaß ſie Spiel und Eſſen,
Oft blieb ſie ganze Naͤchte wach,
Und konnte nicht das Wunderding vergeßen
Das ſichtbarlich aus ihrem Leibe brach.
Die
Die bleiche Wange wies wie ſehr ſie ſich betruͤbte,
Der Nonnen Troſt war ohne Frucht,
Auch die Aebtißin die ſie zaͤrtlich liebte
Fleht, predigt, ſchillt, verſucht
Durch Schmeicheln ihr den Grund des Kummers
abzufragen —
”Ach gnaͤd’ge Frau, ſo hub ſie endlich an,
Und ſeufzt und weint, ”was hilfts mein Leid zu klagen
”Da doch kein Menſch mir helfen kann,
”Mich hat des Himmels Zorn geſchlagen,
”Ein Zeichen hat ſein Grimm an meinem Leib gethan,
”Das werd ich wohl bis in die Grube tragen,
”Da ſehn ſie ſelbſt das Thier nur an —
Hier
Hier hob das ſchoͤne Kind den Vorhang ſeiner Kleider,
Und wieß der gnaͤd’gen Frau das kleine Wunderthier,
(Ein Moͤnch der ſtill im Oratorio ſaß
Half dieſes Thierchen mit beſehen,
Und glaubt’ indem er juſt vom heilgen Paulus laß
Er ſaͤhe auch den Himmel offen ſtehen)
Madam ſahs laͤchelnd an, und dacht wohlthaͤtig: leider
Jſt unſer Prior jetzt nicht hier,
Der wuͤrd’ geſchwind’ mit dieſem Kaͤzchen ſpielen,
Der ſtrich ihm gern das zarte Haar,
Und wuͤrd’ ihm gleich ins kleine Maͤulchen fuͤhlen —
Jch weis wie taͤndelnd er bey mir einſt war.
Jetzt
Jetzt ſprach ſie: ”Liebes Kind laß dich das nicht
erſchrecken,
”Jedwede Nonn’, auch ich, hat ſo ein Kaͤzchen da,
”Sieh’, ich erlaub es dir das mein’ge aufzudecken —
Finette deckt ſie auf — ſie ſah —
Und ſchrie: Ha! welche Katz! die hat ja Maͤhnen —
Und als ſie ihr den Balg mit zarten Haͤnden ſtrich’
Fieng ſie wolluͤſtig an zu gaͤhnen —
”Ach welch ein Maul — Ach Gott erbarme ſich! —
Doch die Aebtißin ſprach: ”Mein Kind wie manche Ratze
”Hat auch das Thier nicht ſchon zunicht gebracht
”Erleg’ du erſt ſo viel, wer weis ob deine Katze
”Nicht einſt das Maul noch groͤßer macht.
FDer
Der Himmelsweg.
Ein Nonnchen, das mit ſeinen Mienen
Beruf wies Tag und Nacht im Chor und ſonſt zu dienen,
War faſt von Mutterleib zween Geiſtlichen bekannt,
Die ihr Geluͤbd zwar keuſch zu ſeyn verband,
Doch ohne Ausnahm nicht. Den Frevel zu vermindern,
Behalfen ſie ſich bloß mit Kloſterkindern,
Und machten uͤberhaupt den Leib nur darum ſchwach
Damit er nicht die Seele unterbrach,
Wenn ſie ein frommes Ave ſprach.
Allein
Allein der Tod, dem Weiber, Ordensmaͤnner,
Antikenſammler, Maͤdchenkenner
Ein gleichgefaͤllges Opfer ſind, erſchien,
Und nahm den juͤngſten mit. Die arme Clausnerin
Wie klaͤglich that ſie nicht um ihn,
Wie bruͤnſtig bat ſie nicht in der verwaͤyßten Zelle
Um andre zween in die vakante Stelle.
Um zween? ja ja um zween, denn ſo ein Held wie der ‒ ‒
Doch gnug, es war alſo ein Plaͤtzchen leer,
Und wers verſteht, der weis wie ſehrs die Weiber haßen,
Dergleichen Plaͤtzchen leer zu laßen.
Der andre Pater gab ſich zwar
Die groͤßte Muͤh ſie kraͤftiglich zu troͤſten,
Allein es ſchien als ob dabey kein Seegen war.
F 2Einſt
Einſt als ſie ſich vertraut Gewiſſenszweifel loͤßten,
Und Claͤrchen ihn ſo in die Enge trieb,
Daß ſein Talent ſtumm auf dem trocknen blieb,
Da ließ ſie leiß’ und ſeufzend ſich vernehmen:
Warum mußt ihn doch GOtt ſo fruͤh gen Him-
mel nehmen —
Gen Himmel? fiel ihr ſchnell der Pater ein
”Jm Himmel glaubſt du wird er ſeyn?
”Nein, nein der Himmelsweg, ſo ſpricht die Schrift,
iſt enge,
”Und die er hier betrat, das ſind ſehr weite Gaͤnge.
O Juͤngling folge meinem Rath,
Und haß, wenn dir der enge Himmelspfad
Stets treu ſoll im Gedaͤchtniß haften
Jedweden großen Mund — und ſuch dir Jungferſchaften.
Der
Der kluͤgſte Rath.
Inter utrumque tene, medio tutiſſimus ibis.
Ovidius.
Petron ſah juͤngſt voll Luͤſternheit
Gewandlos Sylvien im Bade;
Was ſich ein Maͤdchen ſonſt zu zeigen ſcheut,
Lag da vor ihm wolluͤſtig en Parade,
Fuß, Schultern, Buſen, Wade
Sah er, und wer das ſieht bekommt auch mehr zu ſehn.
Und alles war zum malen ſchoͤn.
F 3Nur
Nur aus Petronens raͤthſelvollen Blicken
Sprach Kummer und Verlegenheit,
Er ſah mit unentſchloßnen Blicken,
Selbſt bey dem ſanftſten Haͤndedruͤcken,
Bald rechts aufs Bein wie Schnee, bald links aufs
weiße Knie.
Fuͤr jedes fuͤhlt er Sympathie,
Und doch nicht Kraft zur Wahl — mit heimlichen
Entzuͤcken
Sah’ Sylvia Petronens innern Streit:
”Was fehlt dir Kind? Wozu denn die Verlegenheit?
”Willſt du, ſprach ſie, daß ich entſcheide?
”So thu’ das ſicherſte, damit kein’s unrecht leide’,
”Und leg dich hurtig zwiſchen beyde.
Die
Die vorſichtige Agnes.
quid lumina tingis
Virgo? Crede mihi, quem nunc horreſcis amabis.
Claudianus.
Ein Maͤdchen, das noch kaum an Amors langem Seile
Jn ſeiner Reitbahn ausgetrabt,
Das niemals was von ſeinem Pfeile
Geſehn, vielweniger je rem in re gehabt.
Ein Maͤdchen das alſo ganz ſonnenklar
Noch lauter liebe Unſchuld war,
F 4Trat
Trat vor den Richterſtuhl und klagte:
”Herr Richter, hub ſie ſeufzend an,
”Hier dieſer ehrvergeßne Mann,
”Der mich bisher umſonſt mit Schmeicheleyen
plagte,
”Hat endlich mir das mit Gewalt geraubt,
”Was ich ihm auf ſein Flehn auch nicht um
Gold erlaubt’
Beklagter frug wie ſie ihm das beweiſen wollte?
Sie haͤtte ja mit eigner Hand
Den Dolch juſt nach dem Ort qvaͤſtionis hingewand
Damit er nur nicht fehlen ſollte.
”Schon
”Schon recht, ward ihm von Agnes replicirt
”Schon recht, ich hab ihn auch dahin gefuͤhrt,
”Allein war wohl ein andrer Rath zu faſſen?
”Du ſtießeſt ja mit ſolcher Wut und Eil
”Mahl uͤber mahl auf mich, daß ich zu meinem Heil
”Kein andres Rettungsmittel ſah,
”Als ihn der alten Wunde einzupaßen,
”Denn, dacht ich, die iſt einmal da,
”Und ſollſt du dir jetzt eine friſche machen laſſen?
F 5Die
Die gute Chriſtin.
Gloria Martyrii ſie celebrata nitet
Fertunatus.
Ew. Gnaden koͤnnens ſich nicht denken,
Wie witzig Mohren ſind das Chriſtenvolk zu kraͤnken,
Oft ſieht man Sclaven um ein klein Verſehn
An Haaken haͤngen, geißeln, kreuzigen,
Ja ſelbſt die Schoͤnheit der Sklavinnen
Floͤßt ihnen kein Erbarmen ein:
Sie
Sie muͤßen insgeſamt der frechſten Wolluſt dienen,
Und — ganz unglaublich ſcheints zu ſeyn,
Sie treibens gar ſo weit, daß mitten im Genuß
Manch braves Maͤdchen bleiben muß —
”Das heiß ich Chriſtin ſeyn und fuͤr den Glau-
ben ſterben,
”O koͤnnt ich doch auch ſo die Maͤrtrerkron’
erwerben.
Hans
Hans Carvels Ring.
Da wohl kein Menſchenkind die Lunge
Zu ſeiner Nebenchriſten Ruhm
Je uͤberhitzt, ſo ſpringt man drum
Mit Engeln ſelbſt nicht beſſer um,
Und ſpricht: es geh” von Satans Zunge
Kein wahres Wort, doch ich will zu der Wahrheit
Ruhm
Durch folgende Geſchichte zeigen,
Sie ſey auch ſelbſt den Teufeln eigen.
Der
Der Himmel, der die Ehen ſchließt,
Gab Carveln einſt Trotz ſeiner grauen Haare,
Und ſeiner hoͤchſt verlegnen Waare
Den Einfall ein, der oft beym Juͤngling mislich iſt,
Ein junges Weib, das ſeines Durſtes ſich zu ſchaͤmen,
Gar nicht geſonnen war, zu nehmen.
Zwar hoft er ganz getroſt ſein Kaͤtchen wuͤrde ſich
Aus treuer Zaͤrtlichkeit zum Faſtentiſch bequemen,
Doch ſtatt des Woͤrtchens kuͤmmerlich
Das vor der Stirn ihm ſtand, ſtand zu Hans Cay-
vels Jammer
Ein andres Wort vor Kaͤtchens Herzenskammer;
Und Carvel ſann drum Tag und Nacht
Auf
Auf Mittel um ſein Haupt fuͤr Ungluͤck zu behuͤten:
Allein ſtets zog er Rathhaus Nieten,
Und ſelbſt ein kleiner Rauſch, der Herzen freudig macht
Half Carveln nicht. Um Kaͤtchens Fleiſch zu quaͤlen,
Und zur Erbauung ihrer Seelen
Ließ ers indeſſen nicht an guten Lehren fehlen,
Doch da er bloß die kuͤnftgen Gaben prieß,
Und gar kein zeitlich Proͤbchen wieß;
So ward durch die Gardienenpredigt
Sie nicht erbaut, und er nicht ſeiner Angſt entledigt.
Sein Leben war nunmehr Ein boͤſer Traum,
Selbſt wenn er Kaͤtchen ſah ſo glaubt er kaum —
Und
Und Thomas, der auch ehr nicht glaubte
Bis ſeines Meiſters himmliſche Geduld
Jhm eine Wundenprob erlaubte,
Das war ſein Mann. Ganz ohne Kaͤtchens Schuld,
Die nie ihn weckte, denn wozu waͤrs nuͤtz geweſen,
Wer kann von Dornen Trauben leſen?
Schlief er nie feſt — Als er nun einſt ſo ſchlief,
Duͤnkts ihm, daß Asmodi ihn rief,
Und ſprach: ”nimm dieſen Ring, ſo lange
”Er dir am Finger ſticht,
”Sey, Carvel, dir nicht bange,
”Daß man in deinen Garten bricht —
O
O Gott bezahl es dir! ſchrie hier der gute Alte;
So werd ich denn wenn ich den Ring behalte,
Doch wieder meines Lebens froh —
Und als er dies ſo eifrig dachte,
Daß er entzuͤckt davon erwachte,
Da ſtach ſein Finger — Rathet wo?
Das
Das offenherzige
Bekaͤnntniß.
Juvenilis ardor impetu primo furit
Languescit idem facile nec durat diu.
Seneca.
Juͤngſt ſaß ich am ſchattgen Huͤgel,
Als ein dreiſter Sperling kam,
Und ſanft unter ſeine Fluͤgel
Das geliebte Siechen nahm,
Wiederholte Freudenzeichen,
Floͤßten da den Wunſch mir ein:
Moͤcht Damoͤt den Spatz doch gleichen,
Und Jch denn das Siechen ſeyn.
GAls
Als ich noch vor mich ſo dachte:
Sah ich ihn ſchon bey mir ſtehn:
Nie hat, wer ſein Gluͤck je machte,
Beßer ſeine Zeit erſehn.
Aller Triebe Glut erwachte,
Und im waͤrmſten Augenblick,
Da ich nichts als Jhn nur dachte,
Machte er ſein Schaͤfergluͤck.
Aber Liebe deinen Freuden
Jſt die Dauer unbewußt,
Jahre durch waͤhrt oft das Leiden,
Und Minuten nur die Luſt.
Jener Taumel von Vergnuͤgen
Ward Damoͤten bald zu ſchwer,
Jch blieb zwar das muntre Siechen,
Aber er kein Spatzchen mehr.
Die
Die Sehnſucht.
O Roͤschen Roͤschen welch ein Gluͤck
Von Dir geliebt zu ſeyn!
Wem floͤßt ein himmliſch Meiſterſtuͤck
Nicht tauſend Wuͤnſche ein?
Wenn ſanft der ſchwarze Atlas wallt,
Dein blaues Auge lacht,
Wer bleibt bey ſolchem Anblick kalt,
Und fuͤhlt nicht Amors Macht?
G 2Ein
Ein Kuß auf Roͤschens Marmorarm,
Jhr Handdruck, noch ſo ſchwach,
Macht ſelbſt den Winter ſommerwarm,
Und alle Geiſter wach.
Wie Schnee zerſchmilzt wenn ihn der Strahl
Der Fruͤhlingsſonn’ erreicht,
Wie froh das Herz beym Freundſchaftsmaal
Jns ofne Antlitz ſteigt:
So ſanft freut ſich, ſo ſchmilzt mein herz
Wenn es den Himmel ſieht,
Der da iſt, wo der feinſte Scherz
Auf Roſenwangen gluͤht.
Heil
Heil dem, den Roͤschens Seele liebt,
Dem ſie, entzuͤckt gekuͤßt,
Den Kuß freywillig wiedergiebt
Der, auch geraubt, ſchoͤn iſt.
G 3Maͤy-
Maͤylied.
Da iſt der May Roſette,
Und ſeine Bluhmenkette
Haͤngt duftend uͤber Dir.
Er ſeegnet die Gefilde;
So ſanft wie er, ſo milde,
So ſey auch Roͤschen mir.
An
An Lieblichkeit am reichſten,
An Schoͤnheit Dir am gleichſten,
Nimmt er die Herzen ein.
Sein ſchoͤnſter Tag von allen,
Gefeyet von Nachtigallen,
Soll Roͤschens Jahrfeſt ſeyn.
Dem Flurenſchooß entſteigen
Des Lenzes fruͤhe Zeugen,
Die Lieblinge des Mays.
Sieh ihre weiße Glocken
Dort neben Veilchen locken,
Sprich, wem gebuͤhrt der Preiß?
G 4Dein
Dein blaues Aug Roſette,
Des Arms Albaſterglaͤtte,
Malt auch ein Bluhmenbeet;
Doch wer kann ihn entſcheiden
Den Preiß, wo tauſend Freuden
Der Bluhmenſammler maͤht?
Heil jeder Bluhmenerndte,
Und weh dem, der nicht lernte,
Daß kurz der Fruͤhling iſt,
Und alle Bluhmen ſterben —
O Roͤschen laß ſie ſterben
Wo Sterben Wolluſt iſt.
Die
Die Jungferſchaft.
Vt flos in ſeptis ſecretis naſcitur hortis,
Sic virgo, dum intacta manet.
Catullus,
Hoͤr Afterwelt mein Lied! es preißt
Das ſchoͤnſte Kleinod keuſcher Muſen,
Apoll doch nein — ſtaͤrk’ dich mein Geiſt
Durch Blicke auf die ſchoͤnſten Buſen!
G 3Der
Der Voͤlkerſchaſten Liebling dich,
O koͤnnt ich wuͤrdig dich beſingen!
Dies Lied, voll deines Ruhms, wuͤrd’ mich
Dann auf der Enkel Enkel bringen.
Laßt bey verſchwendter Odenwut
Um Eſelsſcheiteln Lorbeer gruͤnen,
Singt Schlachten, ſingt der Reben Blut
Um Brod und Titel zu verdienen
Und bleibt ſtets nuͤchtern — Mein Geſang
Preißt ſtolz das Schooßkind junger Schoͤnen,
Und wuͤnſcht ſich nur der Maͤdchen Dank,
Die noch der Unſchuld Myrthen kroͤnen.
O
O Guth, fuͤr das die Luͤſternheit
Jm Rauſch oft hundert Welten gaͤbe,
Dich ſing ich, Preiß der Zaͤrtlichkeit,
Dich, erſter Keim der Ehſtandsrebe;
Dich Guth, das einmal nur ergoͤtzt,
Das Amors Sieg kraͤnzt und vollendet,
Fuͤr das, oft zehnmahl ſchon erſetzt
Der Britte ſelbſt ſein Gold verſchwendet.
Dich Kleinod, oft ſchlecht angebracht,
Und oft im Entrechat verſchwunden,
Bey allen Maͤdchen zwar gedacht,
Bey vierzehnjaͤhrgen kaum gefunden,
O
O Gabe, die die Cleriſey
Gern ſtatt des erſten Beichtgelds naͤhme,
Die jeder Mann, wie Weibertreu,
Sehr gern zum Brautſchatz mit bekaͤhme.
Dich Bluͤhmchen, das der Roſe gleicht,
Die roth und friſch die Sonne gruͤßet,
Vom Mittagsſtral beruͤhrt, verbleicht,
Und nie ſich mehr als Knoſpe ſchließet;
Dich Guth, das Buͤrgermaͤdchen ziert,
Und ſtolz die Koͤnigstoͤchter ſchmuͤcket,
Das jenen oft ein Prinz entfuͤhrt,
Und hier ein Kammerdiener pfluͤcket.
Magnet
Magnet von ſeltner Anzugskraft,
Der ſich nach allen Polen bieget,
Heil dir kranzwuͤrd’ge Jungferſchaft,
Heil dem, der blutig dich erſieget!
O Maͤdchen, lernt des Kleinods Werth,
Lernt mit der Myrthenkrone geitzen,
Doch nicht zu lang, ſonſt faͤllt ihr Werth,
Und ihre Kraft zum Kauf zu reitzen.
Nur laßt von wilder Luͤſternheit
Euch nie den Zauberguͤrtel loͤſen,
Dem nur, der eurer Zaͤrtlichkeit
Ganz wuͤrdig iſt, dem laßt ihn loͤſen: —
Und
Und ſollt ihr nach des Schickſals Schluß
Euch fromm als Prieſterfraun einſt bruͤſten;
So opfert vor dem Hochzeitskuß
Den Schmuck Soldaten und Juriſten.
O Chloe, der mein zaͤrtlich Herz
Der Liebe gluͤhn’den Weyhrauch bringet,
Verachte nicht der Muſe Scherz,
Die deiner Reitze Brennpunkt ſinget:
Der Reitz der wie ein Roͤschen bluͤht,
Vom ſcharfumdornten Stock vertheidigt,
Den, wenn dein Herz gleich zaͤrtlich gluͤht,
Doch Amors Pfeil noch nie beleidigt.
Erhalt’
Erhalt’ ſie Chloe einſt fuͤr mich
Die Erſtlinge der Liebesfreuden,
So wird in meinen Armen Dich
Die ganze Maͤdchenwelt beneiden.
Denn nur fuͤr Dich brennt dieſe Glut
Und — ich will nur mich ſelbſt nicht loben —
Doch glaub mirs nur dein hoͤchſtes Guth
Jſt nirgend ſichrer aufgehoben.
Der
Der Maler
und
der Liebhaber.
”Soll ich dir dein Roͤschen malen,
”Nach den ſchoͤnſten Jdealen,
”Oder Zug vor Zug genau?
”Locken, die den Hals umfangen,
”Gruͤbchen in den Roſenwangen.
”Frey die Stirn, das Auge blau?
”Mal
”Mal ich Lippen, die beym Lachen
”Jene Gruͤbchen tiefer machen,
”Zaͤhne, ſo wie Perlen ſchoͤn?
”Unter Flor die Buſenhuͤgel,
”Arme weiß wie Schwanenfluͤgel,
”Haͤnde wie die Grazien?
”Mal ich Roͤschens Hals und Schultern
”Wie der Juno Hals und Schultern
”Glat und weiß wie Elfenbein?
”Cypria vom Meer gebohren,
”Nympfen warm in Luſt verlohren,
”Sollen dieſe mir — ?” Nein, nein!
HBraune
Braune Locken magſt du malen,
Blauer Augen Himmelsſtraalen
Meiſterzuͤge ins Geſicht,
Arme, Hand und Buſenhoͤhen,
Aber was ich mehr geſehen,
Nein das ſchoͤnſte trifſt du nicht.
Der die hoͤchſte Kunſt erfuͤllte,
Als er Amors Mutter bildte,
Haͤtt er Roͤschens Reitz geſehn,
Schnell haͤtt’ er ſein Werk zernichtet,
Und nach Roͤschen eins errichtet,
Dann waͤr ſeine Venus ſchoͤn.
Der
Der zum Ungluͤck mit Dryaden
Einſt Dianen ſah ſich baden,
Dieſem waͤrs vielleicht gegluͤckt,
Roͤschens Schenkel ſo zu zeichnen,
Daß ſie nicht den Reitz verleugnen,
Womit ſie Natur geſchmuͤckt.
Und der Nektarkelch voll Leben,
Den die Goͤtter einſt bey Heben,
Als ſie fiel, bezaubernd ſahn,
Unter allen Opferſchalen
Sie die ſchoͤnſte — die zu malen,
Sprich, darf ſich die Kunſt ihr nah’n?
H 2Als
Als durch Venus Guͤrtelskraͤfte,
Zevs das große Weltgeſchaͤfte,
Hinter goldnen Wolken that,
Wagts je wer da ſie zu malen?
Und hier blenden Wolluſtſtrahlen
Mehr, als dort der Goldglanz that.
An
An Doris
nach
einem kleinen Scharmuͤtzel.
Ne coſi ſtrettamente edera preme
Pianta, ove intorno abbracciata ſ’abbia
Come ſi ſtringon’ li du’ amanti inſieme.
Del gran piacer ch’avean loc dicer tocca
Che ſpeſſo avean piu di una lingua in bocca.
Arioſto.
Waͤr ich von Sanct Peters Kirche,
Glaube, daß ich denn gewiß,
Dich zu meiner Lieblings Heil’gen
Als Magdlena malen ließ.
H 3Maͤdchen
Maͤdchen nie ſah ich dich ſchoͤner,
Als da Deine weiche Hand
Kunſtlos ſtatt des Modekopfſtaats,
Bloß ein Tuch der Stirn umwand.
Schalkhaft kuckte nur Ein Lockchen
Neben dem beringten Ohr,
Um ein Probchen Haar zu zeigen
Unterm ſeidnen Tuch hervor.
Dreuſter funkelte Dein Auge,
Weißer ſchien Dein weiß Geſicht,
Purpur floß um Deine Wangen,
Schoͤner gluͤht Aurora nicht.
Wie
Wie der Magdalena Buſen
Naß von Thraͤnen reuig ſtieg;
Maͤdchen ſo hob Deinen Buſen
Hofnung auf den ſchoͤnſten Sieg.
Wie die Roſe wenn des Morgens
Thau auf ihren Blaͤttern ſteht;
So dein Roͤßchen, daß an Schoͤnheit
Alle Roſen uͤbergeht.
Holde Sehnſucht warmer Liebe,
Sprach Dein zauberiſcher Blick,
Unter tauſend kleinen Seufzern,
Theileſt Du mit mir mein Gluͤck.
H 4Warum
Warum hielt’ſt Du doch dem Auge,
Wenn der Wolluſt luftger Flor
Es bezog, oft wenn es lachte,
Deine Hand mißguͤnſtig vor?
Schaͤm’ Dich nicht des ſanften Schauers,
Der durch alle Nerven ſchießt,
Wenn der milde Thau der Wolluſt
Aus der Roſenmuſchel fließt.
Laß das ſchoͤngebrochne Auge,
Laß der Zunge taͤndelnd Spiel
Sagen, ob der kleine Zweykampf
Dir ſo ſehr als mir geſiel.
Laß
Laß mich alles alles ſehen,
Wenn der heißte Kuß Dich fraͤgt:
Ob Dein Herz auch treu wird bleiben,
Obs auch jetzt fuͤr mich nur ſchlaͤgt?
H 5Ge-
Gedenk an jene Zeit.
nach
einer bekandten Melodie.
Jo amai ſempre, ed amo forte ancora
Quel doloe loco, ove piangendo torne
Speſſe fiate, quando Amor m’accora.
Petrarca.
Hier in ruhgeweihten Gruͤnden,
Die der Staͤdte Stolz nicht kennt,
Wo im Schatten bluͤhnder Linden,
Luſt ſich nie von Unſchuld trennt.
Hier
Hier wuͤnſcht ich der Liebe Brand,
Dem ich lang gnung widerſtand,
Stumm nicht laͤnger zu empfinden,
Und ich druͤckte Daphnens Hand.
Schoͤn und einſam ſah ich hier
Sie den Berg erſteigen,
Amor ſchwebte uͤber ihr
Mir den Weg zu zeigen,
Aber in dem Augenblick
Bluͤhte noch kein Schaͤfergluͤck,
Furcht hielt noch den Fuß zuruͤck,
Hieß die Lippen ſchweigen.
Endlich
Endlich reiften Wunſch und Sorgen
Froher Hofnungen Genuß,
Und den ſchoͤnſten Fruͤhlingsmorgen
Heiligte der erſte Kuß,
Purpurlippen gaben ihn,
Und dem Buſen raubt’ ich ihn:
Aber Nacht umzog den Morgen
Schmerz qvillt jetzt noch aus dem Kuß.
Durch ihn herrſcht auch hier im Thal
Mißvergnuͤgtes Schweigen,
Er entzieht den Sonnenſtral
Freudigbluͤhnden Zweigen:
Nichts
Nichts kann Aug und Herz erfreun;
Denn an Daphnens Hand allein
Waren Flur und Thal und Hayn
Meiner Freude Zeugen.
Thal und Hayn, du hoͤrſt mein Klagen,
Hoͤrt’ es doch auch Daphne an!
Moͤcht ſie jetzt um mich auch klagen,
O wie gluͤcklich waͤr ich dann!
Zwar nicht gluͤcklich, wie ich war,
Wenn ich ſie das braune Haar
Sah’ in ſanfte Locken ſchlagen,
Und der Buſen offen war.
Zwar
Zwar ſo froh ſo gluͤcklich nicht
Wie mich Amor machte,
Wenn ihr Roſenangeſicht
Liebevoll mir lachte,
Zwar nicht gluͤcklich ſo wie da,
Als ich alle Schoͤnheit ſah,
Und der hoͤchſten Freude nah,
Gluͤcklichers nichts dachte.
Der
Der Haarproceß.
Sibilum edidit coma.
Carullus.
Jm ſeidnen krauſen braunen Haar,
Saß juͤngſt der Liebesgott,
Und trieb da uͤbers Scheitelhaar,
Den freventlichſten Spott.
Er lachte uͤberlaut und ſchrie:
”Seht dieſe Lockchen an,
”Euch macht man krauß mit vieler Muͤh,
”Hier hats Natur gethan.
”Euch
”Euch ſalbt man mit Pomaden ein
”Kaͤmmt, pudert euch erſt ſchoͤn,
”Dies parfuͤmirt ſich ganz allein,
”Und riecht zehnmal ſo ſchoͤn.
Das weiche braune Scheitelhaar
Lang gnung ſanftmuͤthig, ſprach:
”Prahl doch nicht ſo mit dieſem Haar,
Und ſetz’ ſo ſehr uns nach.
”Eh’ Damon jens geſehn, beruͤhrt
”Hatt’ er uns laͤngſt gekuͤßt,
”Wer weis wenn wir ihn nicht gefuͤhrt,
”Ob er noch von dem wuͤßt.
”Jhn
”Jhn reitzte unſrer Locken Pracht,
”Erbaut von Doris Hand
”Von uns erſt dreuſt und warm gemacht
”Traf ſichs, daß er jens fand.
Und kurz das Haar, das wie man glaubt
”Am Sternenhimmel ſteht,
”War von der Berenice Haupt
”Nicht ſonſt wo abgemaͤht — —
Jetzt ward das kurze Haar auch laut,
Und rief: Jch muß geſtehn
”Wenn Doris eure Locken baut;
”So findt euch jeder ſchoͤn.
JJhr
”Jhr ſchmuͤckt Jhr bluͤhendes Geſicht,
”Erhebt der Stirne Weiß,
”Doch wenns Chignon recht glat gleich liegt
”Machts doch das Blut nicht heiß.
”Nur dann, wenn Kunſt euch gar nicht zwingt,
”Und wenn ihr ſchoͤn verwirrt
”Um Doris Hals und Stirn euch ſchlingt,
”Und um den Buſen irrt;
”Dann ſieht der Juͤngling im Tapon
”Mein reitzend Ebenbild:
”Denkt an den weichen Wolluſtthron
”Der bey ihm alles gilt.
”Kuͤßt
”Kuͤßt euch denn zaͤrtlich, nennt euch ſchoͤn;
”Denkt aber mich dabey,
”Und wird, ſo bald er mich geſehn
”Gewis euch ungetreu — —
Als Richter ſprach drauf Venus Sohn!
”Schweigt Zaͤnker und hoͤrt mich:
”Du kleines Haar, ſchmuͤckſt Venus Thron,
”Vorzuͤglich liebt ſie dich.
Jhr Scheitelhaare ſeyd mein Netz
Jn dem ſich mancher faͤngt,
Der thoͤricht uͤber mein Geſetz
Sich laͤngſt erhaben denkt.
J 2Jn
Jn euren Schlingen fuͤhr ich ihn
Dann hin zur Venus Thron,
Und laß das Grottchen ihn beziehn;
Wo ich bey Pſychen wohn.
Wie
Wie mir es war, wie Jhr es ließ.
Non ſic appoſitis vincitur vitibus vlmus
Vt tua ſunt collo brachia nexa meo.
Ovidius.
Maͤdchen Maͤdchen o wie ſchoͤn
War mein Sieg und mein Vergnuͤgen
Um des Buſens Marmorhoͤh’n
Sah’ ich deine Locken fliegen.
Wenn des Zephyrs loſe Hand
Um der Flora Buſen ſpielet,
Und ihr blumichtes Gewand
Mit den Fittigen durchwuͤhlet.
J 3Fliegen
Fliegen ihre Haare ſo
Schoͤn verwirrt um Hals und Nacken,
Und des nahen Sieges froh
Kuͤßt er dann die gluͤhnden Backen.
Schmiegt ſich um ſie, taͤndelt’, huͤpft,
Bald erzuͤrnt und bald verſoͤhnet
Bis er in den Hafen ſchluͤpft,
Wo ihn Amor ſiegreich kroͤnet.
Aber gluͤcklicher wie ich
War er nie in Florens hafen,
Denn in Doris Arm laͤßt ſich
Weicher als auf Roſen ſchlafen.
Trink-
Trinklied.
quando propinat
Virgo tibi, ſumitque tuis contacta labellis
Pocula, quis veſtrum temerarius usque adeo? quis
Perditus, vt dicat regi, bibe?
Juvenalis.
Wein und Toͤchter gab einſt Gott
Unſerm guten Anherrn Lot,
Jhm aus ſeiner Stadt dem beſten,
Um ihn auf die leichtſte Art,
Als Madam zur Saͤule ward
Ueber den Verluſt zu troͤſten.
J 4Davids
Davids Bund mit Jonathan
Zettelte die Liebe an,
Und beſtaͤtigte der Becher:
Salomo und Epikur,
Meiſterſtuͤcke der Natur,
Waren liebenswuͤrd’ge Zecher.
Selig wer mit dreuſtem Schritt
Jn der Maͤnner Stapfen tritt,
Die der Weisheit Fuͤrſten waren?
Therheit iſts die Jugendfrucht
Ohne daß man ſie verſucht
Zum vermodern aufzuſparen.
Maͤdchen
Maͤdchen Wein in den Pokal
Hurtig, fuͤll’ ihn ſo viel mal
Als ich juͤngſt Dich freudig kuͤßte.
Weingeiſt ſchwellt die Adern an,
Waͤr ich Juͤngling wohl ſchon Mann,
Wenn ich nicht zu zechen wuͤßte?
Dreymal trink ich ſchon Dir zu,
Maͤdchen friſch, jetzt trink auch Du
Mach Dir um den Rauſch nicht Sorgen,
Roth bin ich, werd Du auch roth,
Denn auf ſchoͤnes Abendroth
Folgen ſchoͤne Naͤcht und Morgen.
J 5Lied
Lied.
Se egli avien, che io mai ti tenga
Jo ti terro, e, che, puo, ſi n’avenga,
E della dolce bocca
Convien, ch’io ſodisfaccia al mio deſire.
‒ ‒ vien toſto, vien mi ad abbracciare,
Che ’l pur penſarlo di cantar m’invita
Boccaccio.
Entflohn iſt uns der Fruͤhlingsſchmuck,
Der Sproßer, der am Bach ſonſt ſchlug,
Scheut ſich vorm heißen Sonnenſtrale,
Und ſingt nicht Lieder mehr dem Thale,
Die Flur gekleidt in dunkler Gruͤn
Scheint muntrer Luſt ſich zu entziehn.
Der
Der Weſt der ſonſt im lockgen Haar,
So buhleriſch geſchaͤftig war,
Flieht nun der Sonne auszuweichen
Zu dunkeln Grotten, ſchattgen Straͤuchen,
Und weht den Lindenbluͤthen Duft
Erſt durch die ſpaͤte Abendluft.
Gegruͤßt ſey ſie die fruͤhe Nacht,
Die hier die bluͤhnde Linde macht,
Wenn ihres Laubes dichte Schatten,
Sich mit den Geißblatsranken gatten —
Der Laube Heil die Paphia
Zum Mittagsſchlummer ſich erſah.
Sanft
Sanft ſchlaͤft ſie da — der Buſen wallt
Vom Traum der ihr Adonen malt,
Die halb geſchloßne Lippen laͤcheln
Wie Roſen die dem Morgen laͤcheln,
Der in den aufgebluͤhten Schooß
Den fruchtbarn Thau der Liebe goß.
Eil Maͤdchen eil zur Laube hin,
Und lern’ von Paphos Koͤnigin
Dich auch in Goͤtterſchlummer wiegen,
Wie ſie, traͤum Wolluſt und Vergnuͤgen,
Und wachend kuͤß den Buſenfreund,
Der dir manch Wolluſtthraͤnchen weint.
Bluͤht
Bluͤht gleich kein Fruͤhling mehr im Thal,
Singt gleich nicht mehr die Nachtigall
Gluth und Entzuͤcken in die Seele,
So ſingt doch deine Philomele
Von Amors Himmelskraft durchgluͤht
Jm Myrthenthale noch ihr Lied.
Sieh’ nur wie ſich der Sproßer regt,
Wie kuͤhn er mit den Fluͤgeln ſchlaͤgt,
Er huͤpft — und ſchmachtet vor Verlangen
Jm Netz und Gruͤbchen ſich zu fangen;
Denn wo ein Kefigt winkt, wie der
Da wird die Freyheit Centnerſchwer.
Ge-
Gemaͤlde.
‒ ‒ ‒ teneant ſua gaudia Divi
Te teneo, mea lux, lux mea te teneo
‒ ‒ ‒ Superi teneatis Olympum.
1. Sesundus.
Das Herz vom Wunſch nach dir erfuͤllt,
Erflehte Dich zuruͤck,
Da kam der Schlaf, und wies im Traum
Mir das erflehte Gluͤck,
Jch
Jch ſah’ dich ſchoͤn wie Grazien,
Wenn Cypripor ſie kuͤßt,
Wie Pſyche ſchoͤn, wenn Amor ſie
Feſt in die Arme ſchließt.
Doch ſchoͤner wie ein Traum warſt du
Mir wachend, als ein Druck
Der weichen Hand beym waͤrmſten Kuß:
Ob ich dich liebe, frug.
So biſt du ſchoͤn, wenn dir im Aug
Ein Thraͤnchen zitternd ſteht,
Doch ſchoͤner, wenn den loſen Blick
Des Laͤchelns Reitz erhoͤh’t.
Der
Der freygewoͤlbte Buſen ſtieg
Von Wolluſtahndungen,
Die braunen Augen ſchoßen Blitz,
Streit zu verkuͤndigen.
Laut ſchlaͤgt mein Herz von Dir beruͤhrt
Heiß, wenn die weiche Hand
Den Pfeil auf Amors Bogen legt,
Und kuͤhn die Sehne ſpannt.
Ha! denn fließt mir die Seele ganz
Mit Amors Pfeil ins Ziel!
Ach Maͤdchen auch Dein Aug bricht dann,
Und ſpricht Gluth und Gefuͤhl.
Ent-
Entzuͤckend ziſcht Champagnerſchaum
Am Rande des Pokals,
Doch ſchoͤnrer Schaum haͤngt dann am Buſch
Des duftgen Wolluſtthals.
Kein Tempe, kein Eliſium
Jſt ſchoͤn wie Chloens Thal,
Hier halten Aug, Gefuͤhl, Geruch
Berauſcht ihr Goͤttermahl.
Das Roſenkleid hat Cypria
Jhm angelegt, ſie iſt
Die Schoͤpferin des Quells, der aus
Der Muſchelgrotte fließt.
KZehn-
Zehntauſendmal ſagt dir mein Kuß
Du Thal der Reize Dank,
Oft netze Amors Balſam dich,
Er ſing dir Lobgeſang.
Einla-
Einladung auf das Feld.
Ii foco mio
Non fu mai ſi cocente
Come or nel refrigerio; ne vid’io
Cara mia luce adorna
Voi di tanta bellezza, e ſi lucente
Com’ ora.
Guariin.
Sag kleiner Abgott haſt du auch
Jn ſchwuͤler Sommernacht
Kein Picknickſpiel nach Venus Brauch
Wo ohne mich gemacht?
K 2Sag’
Sag’ hat dein weiblich Herzchen ſich
Von mir nicht ſchon entwoͤhnt?
Haſt du in Haſelſtraͤuchen Dich
Warm bloß nach mir geſehnt?
Wenn Dich der Laube daͤmmernd Licht
Das Mooß im ſchatt’gen Haͤyn
Zum Schlaf einlud, wuͤnſchtſt Du dann nicht
Von mir geweckt zu ſeyn?
Sprich, ſprich — und dann komm mit ins Feld
Das reizender nie war,
Wo Ceres Garben aufgeſtellt,
Der Venus zum Altar.
Kein
Kein Sopha den ſtahlfederreich
Goldfarbger Atlas ſchmuͤckt,
Jſt ſo ſchoͤn, ſo elaſtiſch weich
Zum Menſchenſpiel geſchickt.
Der Tag da ich zuerſt Dich ſah
Jſt Heut. Er ſey ein Feſt,
Und wohl Uns wenn ſich Paphia
Heut von uns opfern laͤſt.
Scheu nicht ums Aug den Lazurſtrich
Scheu nicht ein blaß Geſicht,
Der Mond hat ſeinen Hof, ſchaͤmt ſich
Der Silberblaͤße nicht.
K 3Schling
Schling um den Hals mir deinen Arm
Schnell oͤfne das Portal
Der Nymphengrotte, wolluſtwarm
Kuͤß Amors Opferſtal;
Und ſtirb in ſuͤßer Ohnmacht hin,
Bis milder Balſamsduft
Dich, kleine Amorsprieſterin,
Jns neue Leben ruft.
Ermun-
Ermunterung zum Vergnuͤgen.
Chi potrebbe eſtimar, ehe le mie braccia
Aggiugneſſer gia mai
Là d’ove io l’ho tenute,
E ch’ io dovesſi giugner là mia faccia
Là d’ov’io l’accoſtai
Per grazia, e per ſalute
Boccaccio.
Maͤdchen deiner Purpurſchnecke,
Wenn ich ihr Gefuͤhl erwecke,
Stroͤhmen tauſend Reitze zu,
Und der Morgenglanz Aurorens,
Und die Roſenlippen Florens
Sind dann nicht ſo ſchoͤn wie Du.
K 4Als
Als ich in der Geisblatslaube
Deines Weinſtocks ſchoͤnſte Traube,
Naß von eignem Thau juͤngſt ſah’,
Da ſchien dem gebrochnen Blicke,
Sanft berauſcht vom Schaͤfergluͤcke,
Peters dritter Himmel nah.
Lieblich laͤchelt Doris Miene
Wenn den Stachel Amors Biene
Jn das Myrthenkoͤrbchen ſticht:
Venus, die Duft um ſich hauchet,
Wenn Adon den Altar brauchet,
Macht kein himmliſcher Geſicht.
Um
Um die Lebensquelle wohnen
Scherze, die auf Locken thronen,
Ohne Menſchenkunſt friſirt.
Freude lacht um ihr Geſtade,
Wenn in ihr Baßin zum Bade
Amor ſeinen Liebling fuͤhrt.
Hoͤr’ wie er im Bade ſpielet,
Plaͤtſchernd ſeine Flamme kuͤhlet,
Aufſpringt, wieder abwerts ſchießt:
Laß ihn baden, laß ihn keltern
Bis aus allen Luſtbehaͤltern
Dank in Deine Quelle fließt.
Gele-
Gelegenheitsgedicht.
Tali vernentem ſatiemus amore juventam.
J. Secundus.
Schoͤn war der Abend, Fruͤhlingsduſt
Durchbalſamte die heitre Luft,
Und jeder Stern war aufgegangen,
Cytherens himmliſch Feuermeer
Schoß zehnfach Stralen um ſich her,
Und alle Nachtigallen ſangen.
Doch
Doch Venus Stern und Fruͤhlingsduft
Und Nachtigall und Abendluft
Vergaß ich in der Schaͤferſtunde.
Den Gipfel aller Luſt erſtieg
Der Geiſt, und Balſam goß der Sieg
Sanft um den Rand der Pfirſchenwunde.
Sprich Maͤdchen ſchlug im Buſch und Thal,
Je eine ſchoͤnre Nachtigall?
Ließ je ihr Lied dein Herz ſo wallen?
Und als ſie muͤd vom Nachtgeſang
Zahm auf den weißen Buſen ſprang,
Hat ſie auch da Dir noch gefallen?
Wie
Wie auf dem jungen Zweig vergnuͤgt
Sich Philomele einſam wiegt;
So wiegte ſich auf Buſenhuͤgeln,
Und ſah umher die Nachtigall,
Um ſich zum neuen Flug ins Thal
Durch jeden Herzſchlag zu befluͤgeln.
Druck mit der weichen Hand doch nur
Den Lieblingsſproßer deiner Flur
An Dich, und ſpiel mit ſeinen Schwingen
Er iſt ein kleines dankbars Thier,
Und wird fuͤr dies Geſchmeichel Dir
Das ſchoͤnſte Ritornello ſingen.
Zum
Zum Beſchluß.
I.
Voͤgel ſangen, Turteltauben girrten,
Jn den Schatten von Cytherens Myrthen,
Amorn einen Lobgeſang:
Jn den Fruͤhlingsthaͤlern rauſchten
Baͤche, und die Nymphen lauſchten,
Ob nicht etwa ſie zu haſchen
Aus dem Buſch ein Waldgott ſprang.
Als mein Roͤschen laͤchelnd mir zur Seite
Auf den Raſen Veilchenſaamen ſtreute,
Wo ich Jhr mein Herz entdeckt.
Amor gab zum Saamenſtreuen
Jhrer Haͤnde ſein Gedeyen,
Und im naͤchſten Lenz war alles
Blau mit Veilchen uͤberdeckt.
”Roͤschen kann Dich Amors Veilchenſeegen
”Nicht zum waͤrmſten Dank fuͤr ihn bewegen,
”Biſt Du denn nicht ganz Gefuͤhl?
”Laß uns unſern Dank verbinden,
”Hand in Hand das Gluͤck empfinden,
”Daß ſein Seegen auf die Veilchen
”Die Du ſaͤteſt fruchtbar fiel.
So
So ſprach ich am veilchenvollen Beete;
Roͤschens Antlitz faͤrbte Morgenroͤthe
Eines Opfertages werth.
Augen die Gefuͤhlvoll brachen
Buſen Wallungen — die ſprachen
Ja, zum Opfer, und zum Altar
Ward das Veilchenbeet erklaͤhrt.
Amor ſchlug aus Freude mit den Fluͤgeln,
Und emfieng auf weißen Buſenhuͤgeln
Opfer unſrer Zaͤrtlichkeit.
Durch ihn wuchs der Veilchenſaamen —
Und zu Ehren feinem Nahmen
Ward auch hier aus Amors Fuͤllhern
Mehr als Veilchenſaat geſtreut.
Voͤgel ſangen, Turteltauben girrten
Als in Roͤschens bluͤhndes Thal der Myrthen
Thau der Luſt balſamiſch drang;
Ueberm Veilchenbeete rauſchten
Junge Zweige, rundum lauſchten
Nymphen, ob nicht auch zum Saͤen,
Wo hervor ein Waldgott ſprang.
Brauner
II.
Brauner Augen ſchwarze Bogen
Sind Tyrannen, die ich flieh:
Blauer Augen braune Bogen
Roͤschen o wie lieb ich Die!
Heil mir, Roͤschens blaue Augen
Sehn auf mich, und Freude bebt
Durch mein Herz, das blos vom Laͤcheln
Dieſer braunen Bogen lebt.
Wenn wie heut den Abendhimmel
Blaue Wolken uͤberziehn;
Wenn im Schooß’ halbreifer Aehren
Blaue Sternchen reitzend bluͤhn;
Wenn im blauen Fluthenſpiegel
Sich ein Roſenſtrauch beſieht;
Wenn Vergismeinnicht in Thaͤlern,
Schoͤn dem Auge, einſam bluͤht:
Dann fuͤhlt meine ganze Seele
Roͤschens blauer Augen Macht,
Aber keine Luſt an Schoͤnheit
Da, wo dieſes Aug’ nicht lacht.
Milde Abendwolken traͤufeln
Kuͤhlungsthau jetzt ſanft herab —
Ach wo iſt der Thau des Lebens
Den mir Roͤschens Kuß ſonſt gab!
Jedes
Jedes Woͤlkchen, jede Bluhme,
Blau ſo wie ihr Aug, gebiehrt,
Heiße Sehnſucht nach dem Tage
Der in meinen Arm Sie fuͤhrt.
Aber wie der Bach ſich traurig
Murmelnd durchs Geſtraͤuch hier ſchlingt,
Wo die Nachtigall der Gegend
Heut’ die letzten Lieder ſingt:
So ſchlaͤgt auch mein Herz, o Roͤschen
Zum voraus ſchon kummervoll
Beym Gedanken der Minute,
Die uns wieder trennen ſoll.
III.
Von Venus Toͤchtern ſchoͤn von Schenkeln,
Und von des Gartengottes Enkeln
Hoft meine Muſe nur ihr Gluͤck;
Wird ſie von denen nicht erhoben,
So ſchleicht ſie unbeklatſcht zuruͤck,
Denn — — wird ſie doch nicht loben,
Weil er zu allen Bibelproben,
Durch die ſein Prieſterkinn das Kragenfett gewann
Von ihr kein Zeilchen brauchen kann.