überhaupt den Südamerikanern eigen ist, Thiere, welche ihnen merkwürdig vorkommen, in der Ge- fangenschaft zu halten, ohne daß sie jedoch daran dächten, sie auch zu pflegen. Da die Leute das Abbälgen und Ausstopfen nicht verstehen, findet man solche merkwürdige Geschöpfe oft als Mumien in ihren Händen, und zwei solcher Mumien des Pichi ciego erhielt auch Göring, und bezüglich Bur- meister, während der genannten Zeit des Aufenthaltes in Mendoza.
Die Familie der Ameisenfresser oder Ameisenscharrer (Myrmecophaga) ist noch weit ärmer an Arten, als die der Gürtelthiere; die Arten haben aber soviel Selbständiges, daß die meisten auch als Vertreter eigener Sippen betrachtet werden müssen. Es läßt sich deshalb auch im allgemeinen über diese Familie nicht viel sagen. Selbst die Naturforscher sind noch keineswegs einig über die Begrenzung der Familie. Die Einen rechnen die Erdferkel zu den Gürtelthieren, die Anderen zu den Ameisenfressern; Diese betrachten die ganze Ordnung nur als eine Familie, und Jene möchten jede Sippe zu einer besonderen Familie erheben. Mit dieser Angabe glaube ich am besten dargethan zu haben, wie verschiedenartig gebaut die einzelnen Ameisenfresser sind.
Der langgestreckte, mit Haaren bedeckte Leib dieser Thiere ruht auf niedrigen, starken Beinen. Der Hals ist kurz, dick und wenig beweglich. Der Kopf ist lang, die Schnauze walzenförmig; die Augen sind klein; die Ohren verschieden. Der Schwanz ist bei den einen lang und buschig, bei den anderen sehr lang, glatthaarig und greiffähig, und bei den dritten wieder kurz und schlaff. An den kurzen Füßen sitzen vorn zwei bis vier, hinten vier bis fünf Zehen, welche mit sehr starken Grabe- nägeln versehen sind. Diese Nägel aber unterscheiden sich bei jeder einzelnen Sippe, ja, bei jeder einzelnen Art ganz wesentlich. Jm Geripp sind immer fünf Zehen angedeutet. Auch das Gebiß zeigt große Unterschiede. Bei den Erdferkeln besteht es nur aus Backzähnen in veränderlicher Anzahl, je nach dem Alter des Thieres, und zwar finden sich fünf bis acht in jeder Reihe des Ober- kiefers und fünf bis sechs in jeder Reihe des Unterkiefers. Bei den Ameisenbären sucht man vergeb- lich nach Zähnen; denn jede Spur derselben fehlt. Der Mund ist so klein, daß er eigentlich nur ein Loch vorn an der Schnauze bildet, durch welches die Zunge eben heraus und herein kann. Diese erinnert lebhaft an die der Spechte. Sie hat unseren Thieren mit Fug und Recht den Namen "Wurmzüngler" verschafft; denn sie ähnelt wirklich einem langen Wurme und kann durch eigen- thümliche Muskeln auffallend lang hervorgeschoben werden.
Jm Geripp zeigen die Mitglieder aller Sippen erhebliche Unterschiede. Es finden sich dreizehn bis achtzehn rippentragende, zwei bis sieben rippenlose, vier bis sechs Lenden- und fünfundzwanzig bis vierzig Schwanzwirbel. Die Rippen sind stark und breit bei den wahren Ameisenfressern, rund und schmal bei den Erdschweinen u. s. w. Doch wir müssen Dies bei Betrachtung der Sippen oder wenigstens der beiden Hauptabtheilungen hervorheben; denn die Unterschiede sind gar zu groß.
Die Ameisenfresser bewohnen die Steppen Süd- und Mittelafrikas und einen großen Theil von Südamerika. Nach diesem Vorkommen unterscheiden sie sich eben so auffallend, als ihre bezüglichen Wohnorte verschieden sind: das Erdferkel scheint auf den ersten Blick hin ein ganz anderes Thier zu fein, als die wirklichen Ameisenbären.
Trockene Ebenen, Felder, Steppen oder auch Wälder, in denen es zahlreiche Ameisen- und Termitenhaufen gibt, sind die Wohnplätze der merkwürdigen Gesellen. Je öder und einsamer die Gegend ist, um so mehr geeignet erscheint sie den Ameisenfressern, denn um so ungestörter können sie ihren Vernichtungskriegen gegen die pflanzenverwüstenden Termiten obliegen. Die meisten Arten woh- nen in selbstgegrabenen, großen unterirdischen Höhlen oder tiefen Gängen, und sie verstehen das Graben so meisterhaft, daß sie in kürzester Frist einen neuen Gang sich ausscharren, ebensowohl um einen Raubzug gegen das wüthende Heer der Ameisen zu unternehmen, oder um sich vor Verfol-
Die Ameiſenfreſſer oder Ameiſenſcharrer.
überhaupt den Südamerikanern eigen iſt, Thiere, welche ihnen merkwürdig vorkommen, in der Ge- fangenſchaft zu halten, ohne daß ſie jedoch daran dächten, ſie auch zu pflegen. Da die Leute das Abbälgen und Ausſtopfen nicht verſtehen, findet man ſolche merkwürdige Geſchöpfe oft als Mumien in ihren Händen, und zwei ſolcher Mumien des Pichi ciego erhielt auch Göring, und bezüglich Bur- meiſter, während der genannten Zeit des Aufenthaltes in Mendoza.
Die Familie der Ameiſenfreſſer oder Ameiſenſcharrer (Myrmecophaga) iſt noch weit ärmer an Arten, als die der Gürtelthiere; die Arten haben aber ſoviel Selbſtändiges, daß die meiſten auch als Vertreter eigener Sippen betrachtet werden müſſen. Es läßt ſich deshalb auch im allgemeinen über dieſe Familie nicht viel ſagen. Selbſt die Naturforſcher ſind noch keineswegs einig über die Begrenzung der Familie. Die Einen rechnen die Erdferkel zu den Gürtelthieren, die Anderen zu den Ameiſenfreſſern; Dieſe betrachten die ganze Ordnung nur als eine Familie, und Jene möchten jede Sippe zu einer beſonderen Familie erheben. Mit dieſer Angabe glaube ich am beſten dargethan zu haben, wie verſchiedenartig gebaut die einzelnen Ameiſenfreſſer ſind.
Der langgeſtreckte, mit Haaren bedeckte Leib dieſer Thiere ruht auf niedrigen, ſtarken Beinen. Der Hals iſt kurz, dick und wenig beweglich. Der Kopf iſt lang, die Schnauze walzenförmig; die Augen ſind klein; die Ohren verſchieden. Der Schwanz iſt bei den einen lang und buſchig, bei den anderen ſehr lang, glatthaarig und greiffähig, und bei den dritten wieder kurz und ſchlaff. An den kurzen Füßen ſitzen vorn zwei bis vier, hinten vier bis fünf Zehen, welche mit ſehr ſtarken Grabe- nägeln verſehen ſind. Dieſe Nägel aber unterſcheiden ſich bei jeder einzelnen Sippe, ja, bei jeder einzelnen Art ganz weſentlich. Jm Geripp ſind immer fünf Zehen angedeutet. Auch das Gebiß zeigt große Unterſchiede. Bei den Erdferkeln beſteht es nur aus Backzähnen in veränderlicher Anzahl, je nach dem Alter des Thieres, und zwar finden ſich fünf bis acht in jeder Reihe des Ober- kiefers und fünf bis ſechs in jeder Reihe des Unterkiefers. Bei den Ameiſenbären ſucht man vergeb- lich nach Zähnen; denn jede Spur derſelben fehlt. Der Mund iſt ſo klein, daß er eigentlich nur ein Loch vorn an der Schnauze bildet, durch welches die Zunge eben heraus und herein kann. Dieſe erinnert lebhaft an die der Spechte. Sie hat unſeren Thieren mit Fug und Recht den Namen „Wurmzüngler‟ verſchafft; denn ſie ähnelt wirklich einem langen Wurme und kann durch eigen- thümliche Muskeln auffallend lang hervorgeſchoben werden.
Jm Geripp zeigen die Mitglieder aller Sippen erhebliche Unterſchiede. Es finden ſich dreizehn bis achtzehn rippentragende, zwei bis ſieben rippenloſe, vier bis ſechs Lenden- und fünfundzwanzig bis vierzig Schwanzwirbel. Die Rippen ſind ſtark und breit bei den wahren Ameiſenfreſſern, rund und ſchmal bei den Erdſchweinen u. ſ. w. Doch wir müſſen Dies bei Betrachtung der Sippen oder wenigſtens der beiden Hauptabtheilungen hervorheben; denn die Unterſchiede ſind gar zu groß.
Die Ameiſenfreſſer bewohnen die Steppen Süd- und Mittelafrikas und einen großen Theil von Südamerika. Nach dieſem Vorkommen unterſcheiden ſie ſich eben ſo auffallend, als ihre bezüglichen Wohnorte verſchieden ſind: das Erdferkel ſcheint auf den erſten Blick hin ein ganz anderes Thier zu fein, als die wirklichen Ameiſenbären.
Trockene Ebenen, Felder, Steppen oder auch Wälder, in denen es zahlreiche Ameiſen- und Termitenhaufen gibt, ſind die Wohnplätze der merkwürdigen Geſellen. Je öder und einſamer die Gegend iſt, um ſo mehr geeignet erſcheint ſie den Ameiſenfreſſern, denn um ſo ungeſtörter können ſie ihren Vernichtungskriegen gegen die pflanzenverwüſtenden Termiten obliegen. Die meiſten Arten woh- nen in ſelbſtgegrabenen, großen unterirdiſchen Höhlen oder tiefen Gängen, und ſie verſtehen das Graben ſo meiſterhaft, daß ſie in kürzeſter Friſt einen neuen Gang ſich ausſcharren, ebenſowohl um einen Raubzug gegen das wüthende Heer der Ameiſen zu unternehmen, oder um ſich vor Verfol-
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Die Ameiſenfreſſer oder Ameiſenſcharrer.
überhaupt den Südamerikanern eigen iſt, Thiere, welche ihnen merkwürdig vorkommen, in der Ge-
fangenſchaft zu halten, ohne daß ſie jedoch daran dächten, ſie auch zu pflegen. Da die Leute das
Abbälgen und Ausſtopfen nicht verſtehen, findet man ſolche merkwürdige Geſchöpfe oft als Mumien
in ihren Händen, und zwei ſolcher Mumien des Pichi ciego erhielt auch Göring, und bezüglich Bur-
meiſter, während der genannten Zeit des Aufenthaltes in Mendoza.
Die Familie der Ameiſenfreſſer oder Ameiſenſcharrer (Myrmecophaga) iſt noch weit
ärmer an Arten, als die der Gürtelthiere; die Arten haben aber ſoviel Selbſtändiges, daß die
meiſten auch als Vertreter eigener Sippen betrachtet werden müſſen. Es läßt ſich deshalb auch im
allgemeinen über dieſe Familie nicht viel ſagen. Selbſt die Naturforſcher ſind noch keineswegs einig
über die Begrenzung der Familie. Die Einen rechnen die Erdferkel zu den Gürtelthieren, die
Anderen zu den Ameiſenfreſſern; Dieſe betrachten die ganze Ordnung nur als eine Familie, und
Jene möchten jede Sippe zu einer beſonderen Familie erheben. Mit dieſer Angabe glaube ich am
beſten dargethan zu haben, wie verſchiedenartig gebaut die einzelnen Ameiſenfreſſer ſind.
Der langgeſtreckte, mit Haaren bedeckte Leib dieſer Thiere ruht auf niedrigen, ſtarken Beinen.
Der Hals iſt kurz, dick und wenig beweglich. Der Kopf iſt lang, die Schnauze walzenförmig; die
Augen ſind klein; die Ohren verſchieden. Der Schwanz iſt bei den einen lang und buſchig, bei den
anderen ſehr lang, glatthaarig und greiffähig, und bei den dritten wieder kurz und ſchlaff. An den
kurzen Füßen ſitzen vorn zwei bis vier, hinten vier bis fünf Zehen, welche mit ſehr ſtarken Grabe-
nägeln verſehen ſind. Dieſe Nägel aber unterſcheiden ſich bei jeder einzelnen Sippe, ja, bei jeder
einzelnen Art ganz weſentlich. Jm Geripp ſind immer fünf Zehen angedeutet. Auch das Gebiß
zeigt große Unterſchiede. Bei den Erdferkeln beſteht es nur aus Backzähnen in veränderlicher
Anzahl, je nach dem Alter des Thieres, und zwar finden ſich fünf bis acht in jeder Reihe des Ober-
kiefers und fünf bis ſechs in jeder Reihe des Unterkiefers. Bei den Ameiſenbären ſucht man vergeb-
lich nach Zähnen; denn jede Spur derſelben fehlt. Der Mund iſt ſo klein, daß er eigentlich nur ein
Loch vorn an der Schnauze bildet, durch welches die Zunge eben heraus und herein kann. Dieſe
erinnert lebhaft an die der Spechte. Sie hat unſeren Thieren mit Fug und Recht den Namen
„Wurmzüngler‟ verſchafft; denn ſie ähnelt wirklich einem langen Wurme und kann durch eigen-
thümliche Muskeln auffallend lang hervorgeſchoben werden.
Jm Geripp zeigen die Mitglieder aller Sippen erhebliche Unterſchiede. Es finden ſich dreizehn
bis achtzehn rippentragende, zwei bis ſieben rippenloſe, vier bis ſechs Lenden- und fünfundzwanzig
bis vierzig Schwanzwirbel. Die Rippen ſind ſtark und breit bei den wahren Ameiſenfreſſern, rund
und ſchmal bei den Erdſchweinen u. ſ. w. Doch wir müſſen Dies bei Betrachtung der Sippen oder
wenigſtens der beiden Hauptabtheilungen hervorheben; denn die Unterſchiede ſind gar zu groß.
Die Ameiſenfreſſer bewohnen die Steppen Süd- und Mittelafrikas und einen großen Theil von
Südamerika. Nach dieſem Vorkommen unterſcheiden ſie ſich eben ſo auffallend, als ihre bezüglichen
Wohnorte verſchieden ſind: das Erdferkel ſcheint auf den erſten Blick hin ein ganz anderes Thier zu
fein, als die wirklichen Ameiſenbären.
Trockene Ebenen, Felder, Steppen oder auch Wälder, in denen es zahlreiche Ameiſen- und
Termitenhaufen gibt, ſind die Wohnplätze der merkwürdigen Geſellen. Je öder und einſamer die
Gegend iſt, um ſo mehr geeignet erſcheint ſie den Ameiſenfreſſern, denn um ſo ungeſtörter können ſie
ihren Vernichtungskriegen gegen die pflanzenverwüſtenden Termiten obliegen. Die meiſten Arten woh-
nen in ſelbſtgegrabenen, großen unterirdiſchen Höhlen oder tiefen Gängen, und ſie verſtehen das
Graben ſo meiſterhaft, daß ſie in kürzeſter Friſt einen neuen Gang ſich ausſcharren, ebenſowohl um
einen Raubzug gegen das wüthende Heer der Ameiſen zu unternehmen, oder um ſich vor Verfol-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/319>, abgerufen am 23.11.2024.
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