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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Einhufer. -- Der Halbesel oder Dschiggetai.
Vorderbeinen die Hornwarze, trägt nur eine kurze, aufrechtstehende Mähne und besitzt einen erst am
Ende lang behaarten Schwanz. Auch sind seine Ohren viel länger, der Widerrist ist niederer und
die Sohle des Hufes eiförmiger gestaltet, als beim Pferde. Hiermit sind aber auch alle Unterschei-
dungsmerkmale angegeben, und im übrigen stehen sich alle Pferde und alle Esel sehr nahe.

Bisher hat man ziemlich allgemein den asiatischen Wildesel oder Kulan als den alleinigen
Stammvater des zahmen Esels angenommen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieses Thier schon
im Alterthum häufig gezähmt worden ist, namentlich zur Zeit, als die Römer die Weltherrschaft
besaßen; allein seit man weiß, daß nahverwandte Arten sich unter einander fruchtbar vermischen und
Nachkommen erzeugen, welche unter sich wieder fortpflanzungsfähig sind, sieht man den Kulan we-
nigstens nicht mehr als den einzigen Stammvater des Esels an. Sehr wahrscheinlich ist es, daß
auch andere Wildesel an der Erziehung oder an der Erzeugung ihres jetzt im Dienste des Menschen
geknechteten Verwandten theilhaben. So habe ich die feste Ueberzeugung, daß die zahmen Esel,
welche man im ganzen Norden Afrikas findet, nicht vom Onager, sondern von dem Wildesel ab-
stammen, welcher die Steppen nördlich von Habesch in großer Anzahl bewohnt. Auch wird wohl
der "Dschiggetai" oder Halbesel, welcher lange für unzähmbar galt, sein Theil an der Ent-
stehung des Esels gehabt haben, und wenn es wahr ist, daß der Kiang, welcher die Hochebenen
von Tibet bewohnt und von den Reisenden gewöhnlich "Wildpferd" anstatt Wildesel genannt
wird, sich von dem Halbesel als Art unterscheide, so dürfte auch dieser zur Stammvaterschaft des
Hausesels herbeigezogen werden können.

Der Halbesel oder Dschiggetai der Mongolen, Langohr zu deutsch (Asinus hemionus),
ist uns durch den ausgezeichneten Forscher Pallas vor fast hundert Jahren so gut beschrieben wor-
den, daß bis zu G. Radde's neuesten Berichten kein anderer Beobachter Wesentliches hinzuzufügen
wußte. Jn Größe und Ansehen vergleicht sich der Dschiggetai mit einem wohlgebauten, mittel-
mäßigen Maulthiere; doch übertrifft er dasselbe an Schönheit, zumal hinsichtlich seines schlanken
Baues. Er mißt vom Scheitel bis zum After etwas über 5 Fuß; der Kopf ist 1 Fuß 8 Zoll,
der Schwanz ohne Haarquaste 1 Fuß 4 Zoll lang, so daß also die Gesammtlänge 8 bis
81/2 Fuß beträgt, bei einer Höhe von fast 4 Fuß über den Schultern und 41/4 Fuß über den
Hüften. Der Kopf ist größer, als bei den Pferden, seitlich mehr zusammengedrückt, der Hals
ist schlanker und rundlicher, als selbst bei hirschhalsigen Pferden. Der Körper ist ziemlich ge-
streckt, der Rücken eher gebogen, als gesenkt; die Glieder sind hoch, fein, stark von Sehnen,
die Schultern, Hüften, Schenkel etwas hager, wie bei leicht gebauten Maulthieren. Der Schwanz
ähnelt dem Kuhschwanz, die mäßig lange, dünne Rübe ist vollrund, von der Wurzel an bis
auf die Mitte ganz kahl, sonst über die Hälfte mit dunklen Borsten behaart, welche am Ende
eine 9 Zoll lange Quaste bilden. Die Ohren sind viel länger, als Pferdeohren, doch ungleich
zierlicher, als beim Esel; die Augen sind mittelgroß, die Nüstern wie beim Pferde geöffnet. Eine
weichhaarige und aufrechtstehende, dunkle, halbspitzige Mähne von etwa 41/2 Zoll Höhe, welche der
junger Füllen gleicht, verläuft vom Scheitel des Kopfes an bis über die Schultern. Die übrige Be-
haarung ändert nach den Jahreszeiten. Jm Winter ist das Haar bis zwei Zoll lang, ziemlich zottig,
am Rücken gewellt, weich wie Kamelwolle, außen isabellgrau, an der Wurzel aber blaßeisengrau,
im Sommer dagegen kaum vierthalb Linien lang. Mehrere Haarwirbel und Scheidungen geben
ihm einen verschiedenen Strich. Die Färbung der Schnauze ist weißlich, der übrige Kopf spielt
immer mehr ins Gelbe; der Hals ist fahlgelb, der Rumpf vom Rücken bis an die Seiten fast
ockergelb; die Seiten sind fahler, die Glieder noch bleicher. Der hintere Rand der Keulen, die
Jnnenseite der Hinterbeine und die hintere Seite der Vorderbeine sind weißlich. Wo die Mähne
aufhört, beginnt ein brauner, schwarzer Riemen, welcher längs dem Rücken hinunter bis an den
buschigen Theil des Schwanzes fortläuft.

Einhufer. — Der Halbeſel oder Dſchiggetai.
Vorderbeinen die Hornwarze, trägt nur eine kurze, aufrechtſtehende Mähne und beſitzt einen erſt am
Ende lang behaarten Schwanz. Auch ſind ſeine Ohren viel länger, der Widerriſt iſt niederer und
die Sohle des Hufes eiförmiger geſtaltet, als beim Pferde. Hiermit ſind aber auch alle Unterſchei-
dungsmerkmale angegeben, und im übrigen ſtehen ſich alle Pferde und alle Eſel ſehr nahe.

Bisher hat man ziemlich allgemein den aſiatiſchen Wildeſel oder Kulan als den alleinigen
Stammvater des zahmen Eſels angenommen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieſes Thier ſchon
im Alterthum häufig gezähmt worden iſt, namentlich zur Zeit, als die Römer die Weltherrſchaft
beſaßen; allein ſeit man weiß, daß nahverwandte Arten ſich unter einander fruchtbar vermiſchen und
Nachkommen erzeugen, welche unter ſich wieder fortpflanzungsfähig ſind, ſieht man den Kulan we-
nigſtens nicht mehr als den einzigen Stammvater des Eſels an. Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß
auch andere Wildeſel an der Erziehung oder an der Erzeugung ihres jetzt im Dienſte des Menſchen
geknechteten Verwandten theilhaben. So habe ich die feſte Ueberzeugung, daß die zahmen Eſel,
welche man im ganzen Norden Afrikas findet, nicht vom Onager, ſondern von dem Wildeſel ab-
ſtammen, welcher die Steppen nördlich von Habeſch in großer Anzahl bewohnt. Auch wird wohl
der „Dſchiggetai‟ oder Halbeſel, welcher lange für unzähmbar galt, ſein Theil an der Ent-
ſtehung des Eſels gehabt haben, und wenn es wahr iſt, daß der Kiang, welcher die Hochebenen
von Tibet bewohnt und von den Reiſenden gewöhnlich „Wildpferd‟ anſtatt Wildeſel genannt
wird, ſich von dem Halbeſel als Art unterſcheide, ſo dürfte auch dieſer zur Stammvaterſchaft des
Hauseſels herbeigezogen werden können.

Der Halbeſel oder Dſchiggetai der Mongolen, Langohr zu deutſch (Asinus hemionus),
iſt uns durch den ausgezeichneten Forſcher Pallas vor faſt hundert Jahren ſo gut beſchrieben wor-
den, daß bis zu G. Radde’s neueſten Berichten kein anderer Beobachter Weſentliches hinzuzufügen
wußte. Jn Größe und Anſehen vergleicht ſich der Dſchiggetai mit einem wohlgebauten, mittel-
mäßigen Maulthiere; doch übertrifft er daſſelbe an Schönheit, zumal hinſichtlich ſeines ſchlanken
Baues. Er mißt vom Scheitel bis zum After etwas über 5 Fuß; der Kopf iſt 1 Fuß 8 Zoll,
der Schwanz ohne Haarquaſte 1 Fuß 4 Zoll lang, ſo daß alſo die Geſammtlänge 8 bis
8½ Fuß beträgt, bei einer Höhe von faſt 4 Fuß über den Schultern und 4¼ Fuß über den
Hüften. Der Kopf iſt größer, als bei den Pferden, ſeitlich mehr zuſammengedrückt, der Hals
iſt ſchlanker und rundlicher, als ſelbſt bei hirſchhalſigen Pferden. Der Körper iſt ziemlich ge-
ſtreckt, der Rücken eher gebogen, als geſenkt; die Glieder ſind hoch, fein, ſtark von Sehnen,
die Schultern, Hüften, Schenkel etwas hager, wie bei leicht gebauten Maulthieren. Der Schwanz
ähnelt dem Kuhſchwanz, die mäßig lange, dünne Rübe iſt vollrund, von der Wurzel an bis
auf die Mitte ganz kahl, ſonſt über die Hälfte mit dunklen Borſten behaart, welche am Ende
eine 9 Zoll lange Quaſte bilden. Die Ohren ſind viel länger, als Pferdeohren, doch ungleich
zierlicher, als beim Eſel; die Augen ſind mittelgroß, die Nüſtern wie beim Pferde geöffnet. Eine
weichhaarige und aufrechtſtehende, dunkle, halbſpitzige Mähne von etwa 4½ Zoll Höhe, welche der
junger Füllen gleicht, verläuft vom Scheitel des Kopfes an bis über die Schultern. Die übrige Be-
haarung ändert nach den Jahreszeiten. Jm Winter iſt das Haar bis zwei Zoll lang, ziemlich zottig,
am Rücken gewellt, weich wie Kamelwolle, außen iſabellgrau, an der Wurzel aber blaßeiſengrau,
im Sommer dagegen kaum vierthalb Linien lang. Mehrere Haarwirbel und Scheidungen geben
ihm einen verſchiedenen Strich. Die Färbung der Schnauze iſt weißlich, der übrige Kopf ſpielt
immer mehr ins Gelbe; der Hals iſt fahlgelb, der Rumpf vom Rücken bis an die Seiten faſt
ockergelb; die Seiten ſind fahler, die Glieder noch bleicher. Der hintere Rand der Keulen, die
Jnnenſeite der Hinterbeine und die hintere Seite der Vorderbeine ſind weißlich. Wo die Mähne
aufhört, beginnt ein brauner, ſchwarzer Riemen, welcher längs dem Rücken hinunter bis an den
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[358/0380] Einhufer. — Der Halbeſel oder Dſchiggetai. Vorderbeinen die Hornwarze, trägt nur eine kurze, aufrechtſtehende Mähne und beſitzt einen erſt am Ende lang behaarten Schwanz. Auch ſind ſeine Ohren viel länger, der Widerriſt iſt niederer und die Sohle des Hufes eiförmiger geſtaltet, als beim Pferde. Hiermit ſind aber auch alle Unterſchei- dungsmerkmale angegeben, und im übrigen ſtehen ſich alle Pferde und alle Eſel ſehr nahe. Bisher hat man ziemlich allgemein den aſiatiſchen Wildeſel oder Kulan als den alleinigen Stammvater des zahmen Eſels angenommen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieſes Thier ſchon im Alterthum häufig gezähmt worden iſt, namentlich zur Zeit, als die Römer die Weltherrſchaft beſaßen; allein ſeit man weiß, daß nahverwandte Arten ſich unter einander fruchtbar vermiſchen und Nachkommen erzeugen, welche unter ſich wieder fortpflanzungsfähig ſind, ſieht man den Kulan we- nigſtens nicht mehr als den einzigen Stammvater des Eſels an. Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß auch andere Wildeſel an der Erziehung oder an der Erzeugung ihres jetzt im Dienſte des Menſchen geknechteten Verwandten theilhaben. So habe ich die feſte Ueberzeugung, daß die zahmen Eſel, welche man im ganzen Norden Afrikas findet, nicht vom Onager, ſondern von dem Wildeſel ab- ſtammen, welcher die Steppen nördlich von Habeſch in großer Anzahl bewohnt. Auch wird wohl der „Dſchiggetai‟ oder Halbeſel, welcher lange für unzähmbar galt, ſein Theil an der Ent- ſtehung des Eſels gehabt haben, und wenn es wahr iſt, daß der Kiang, welcher die Hochebenen von Tibet bewohnt und von den Reiſenden gewöhnlich „Wildpferd‟ anſtatt Wildeſel genannt wird, ſich von dem Halbeſel als Art unterſcheide, ſo dürfte auch dieſer zur Stammvaterſchaft des Hauseſels herbeigezogen werden können. Der Halbeſel oder Dſchiggetai der Mongolen, Langohr zu deutſch (Asinus hemionus), iſt uns durch den ausgezeichneten Forſcher Pallas vor faſt hundert Jahren ſo gut beſchrieben wor- den, daß bis zu G. Radde’s neueſten Berichten kein anderer Beobachter Weſentliches hinzuzufügen wußte. Jn Größe und Anſehen vergleicht ſich der Dſchiggetai mit einem wohlgebauten, mittel- mäßigen Maulthiere; doch übertrifft er daſſelbe an Schönheit, zumal hinſichtlich ſeines ſchlanken Baues. Er mißt vom Scheitel bis zum After etwas über 5 Fuß; der Kopf iſt 1 Fuß 8 Zoll, der Schwanz ohne Haarquaſte 1 Fuß 4 Zoll lang, ſo daß alſo die Geſammtlänge 8 bis 8½ Fuß beträgt, bei einer Höhe von faſt 4 Fuß über den Schultern und 4¼ Fuß über den Hüften. Der Kopf iſt größer, als bei den Pferden, ſeitlich mehr zuſammengedrückt, der Hals iſt ſchlanker und rundlicher, als ſelbſt bei hirſchhalſigen Pferden. Der Körper iſt ziemlich ge- ſtreckt, der Rücken eher gebogen, als geſenkt; die Glieder ſind hoch, fein, ſtark von Sehnen, die Schultern, Hüften, Schenkel etwas hager, wie bei leicht gebauten Maulthieren. Der Schwanz ähnelt dem Kuhſchwanz, die mäßig lange, dünne Rübe iſt vollrund, von der Wurzel an bis auf die Mitte ganz kahl, ſonſt über die Hälfte mit dunklen Borſten behaart, welche am Ende eine 9 Zoll lange Quaſte bilden. Die Ohren ſind viel länger, als Pferdeohren, doch ungleich zierlicher, als beim Eſel; die Augen ſind mittelgroß, die Nüſtern wie beim Pferde geöffnet. Eine weichhaarige und aufrechtſtehende, dunkle, halbſpitzige Mähne von etwa 4½ Zoll Höhe, welche der junger Füllen gleicht, verläuft vom Scheitel des Kopfes an bis über die Schultern. Die übrige Be- haarung ändert nach den Jahreszeiten. Jm Winter iſt das Haar bis zwei Zoll lang, ziemlich zottig, am Rücken gewellt, weich wie Kamelwolle, außen iſabellgrau, an der Wurzel aber blaßeiſengrau, im Sommer dagegen kaum vierthalb Linien lang. Mehrere Haarwirbel und Scheidungen geben ihm einen verſchiedenen Strich. Die Färbung der Schnauze iſt weißlich, der übrige Kopf ſpielt immer mehr ins Gelbe; der Hals iſt fahlgelb, der Rumpf vom Rücken bis an die Seiten faſt ockergelb; die Seiten ſind fahler, die Glieder noch bleicher. Der hintere Rand der Keulen, die Jnnenſeite der Hinterbeine und die hintere Seite der Vorderbeine ſind weißlich. Wo die Mähne aufhört, beginnt ein brauner, ſchwarzer Riemen, welcher längs dem Rücken hinunter bis an den buſchigen Theil des Schwanzes fortläuft.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/380>, abgerufen am 23.11.2024.