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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der zahme Esel.
thieren. Manche Arten gehen einen natürlichen Paß, so z. B. die größten von allen, welche ich je
gesehen habe, die sogenannten spanischen Kohlenesel, welche hauptsächlich benutzt werden, Kohlen von
den Gebirgen herab nach dem Süden zu bringen. Neben dem großen Esel findet man auch in Grie-
chenland und Spanien kleinere; sie sind aber ebenfalls viel feiner gebaut und weicher, zierlicher be-
haart, als die unsrigen.

Noch weit schöner, als diese trefflichen Thiere, sind die arabischen Esel, zumal diejenigen, welche
in Jemen gezogen werden. Es gibt zwei Rassen, eine große, muthige, rasche, zum Reisen höchst
geeignete, und eine kleinere, schwächere, welche gewöhnlich zum Lasttragen benutzt wird. Der große
Esel ist wahrscheinlich durch Kreuzung mit dem Kulan und seinen Nachkommen veredelt worden.
Ganz ähnliche Rassen finden sich in Persien und Egypten, wo man sehr viel Geld für einen guten
Esel ausgibt. Ein allen Auforderungen entsprechender Reitesel steht höher im Preis, als ein mittel-
mäßiges Pferd, und es ist gar nicht selten, daß man 400 bis 500 Thaler unseres Geldes für ihn
ausgibt. Die beste Rasse befindet sich nur in den Händen der Vornehmsten des Landes. Sie ist
von der Größe eines gewöhnlichen Maulthieres und diesem bis auf die langen Ohren täuschend ähn-
lich. Ein feiner Bau und ein glattes, weiches Haar zeichnet sie besonders aus. Der gewöhnliche
Esel, welcher sich in Jedermanns Händen befindet, ist von Mittelgröße, aber dennoch von ausgezeich-
neter Güte. Er ist fleißig, äußerst genügsam und sehr ausdauernd. Während der Nacht bekommt
er sein Hauptfutter, harte Bohnen, welche er mit lautem Geräusch zermalmt; bei Tage empfängt er
nur dann und wann ein Bündel frischen Klees oder eine Hand voll Bohnen, dabei muß er tüchtig
arbeiten.

"Etwas Nutzbareres und Braveres von einer Kreatur, wie dieser Esel," sagt Bogumil Goltz,
"ist nicht denkbar. Der größte Kerl wirft sich auf ein Exemplar, das oft nicht größer, als ein Kalb
von sechs Wochen ist, und setzt es in Galopp. Diese schwach gebauten Thiere gehen einen trefflichen
Paß; wo sie aber die Kraft hernehmen, stundenlang einen ausgewachsenen Menschen selbst bei großer
Hitze im Trabe und Galopp herumzuschleppen, das scheint mir fast über die Natur hinaus in die
Eselmysterien zu gehen, welche auch noch ihren Esel-Sue bekommen müssen, wenn Gerechtigkeit in
der Weltgeschichte ist."

Man verschneidet den Reiteseln das Haar sehr sorgsam und kurz am ganzen Körper, während
man es an den Schenkeln in seiner vollen Länge stehen läßt; dort werden dann noch allerlei Figuren
und Schnörkel eingeschnitten, und die Thiere erhalten dadurch ein ganz eigenthümliches Aussehen.

Jm Jnnern Afrikas, wo das nützliche Geschöpf ebenso häufig als Hausthier gehalten wird, wie
in den nördlichen Ländern Afrikas und den östlichen Theilen Asiens, sieht man wenig edle Esel, und
auch diese werden erst aus Jemen oder Egypten eingeführt. Der im Ostsudahn gewöhnliche steht dem
egyptischen in jeder Hinsicht nach. Er ist kleiner, schwächlicher, fauler und störrischer, dem Sudanesen
aber ein sehr theurer Gegenstand, obgleich er ihn halb verhungern oder sich selbst Futter suchen läßt.
Ungeachtet dieser Freiheit verwildert der Esel hier jedoch nicht, wie an anderen Orten.

Jn früheren Zeiten traf man halb verwilderte Esel auf einigen Jnseln des griechischen Archipels
und auf der Jnsel Sardinien an, und heutzutage noch findet man sie im südlichen Amerika. Solche
der Zucht des Menschen entronnene Esel nehmen bald alle Sitten ihrer wilden Vorfahren an. Der
Hengst bildet sich seine Herden, kämpft mit anderen auf Tod und Leben, ist scheu, wachsam, vorsichtig
und läßt sich nicht so leicht dem Willen des Menschen wieder unterwerfen. Auch in Südamerika
waren diese Wildlinge früher weit häufiger, als gegenwärtig, wo sie schon fast ganz verschwunden sind.

Durch Vorstehendes ist der Verbreitungskreis des Esels bereits angedeutet worden. Der östliche
Theil Border- und Mittelasiens, das nördliche und östliche Afrika, Süd- und Mitteleuropa und end-
lich Südamerika sind die Landstriche, wo er am besten gedeiht. Je trockener das Land, um so wohler
befindet er sich. Feuchtigkeit und Kälte verträgt er weniger, als das Pferd. Deshalb findet man in
Persien, Syrien, Egypten, in der Berberei und Südeuropa die schönsten, in dem regenreichen Mittel-
afrika oder in unseren doch schon an die Grenzen seines Verbreitungsgebietes heranreichenden Ländern

Der zahme Eſel.
thieren. Manche Arten gehen einen natürlichen Paß, ſo z. B. die größten von allen, welche ich je
geſehen habe, die ſogenannten ſpaniſchen Kohleneſel, welche hauptſächlich benutzt werden, Kohlen von
den Gebirgen herab nach dem Süden zu bringen. Neben dem großen Eſel findet man auch in Grie-
chenland und Spanien kleinere; ſie ſind aber ebenfalls viel feiner gebaut und weicher, zierlicher be-
haart, als die unſrigen.

Noch weit ſchöner, als dieſe trefflichen Thiere, ſind die arabiſchen Eſel, zumal diejenigen, welche
in Jemen gezogen werden. Es gibt zwei Raſſen, eine große, muthige, raſche, zum Reiſen höchſt
geeignete, und eine kleinere, ſchwächere, welche gewöhnlich zum Laſttragen benutzt wird. Der große
Eſel iſt wahrſcheinlich durch Kreuzung mit dem Kulan und ſeinen Nachkommen veredelt worden.
Ganz ähnliche Raſſen finden ſich in Perſien und Egypten, wo man ſehr viel Geld für einen guten
Eſel ausgibt. Ein allen Auforderungen entſprechender Reiteſel ſteht höher im Preis, als ein mittel-
mäßiges Pferd, und es iſt gar nicht ſelten, daß man 400 bis 500 Thaler unſeres Geldes für ihn
ausgibt. Die beſte Raſſe befindet ſich nur in den Händen der Vornehmſten des Landes. Sie iſt
von der Größe eines gewöhnlichen Maulthieres und dieſem bis auf die langen Ohren täuſchend ähn-
lich. Ein feiner Bau und ein glattes, weiches Haar zeichnet ſie beſonders aus. Der gewöhnliche
Eſel, welcher ſich in Jedermanns Händen befindet, iſt von Mittelgröße, aber dennoch von ausgezeich-
neter Güte. Er iſt fleißig, äußerſt genügſam und ſehr ausdauernd. Während der Nacht bekommt
er ſein Hauptfutter, harte Bohnen, welche er mit lautem Geräuſch zermalmt; bei Tage empfängt er
nur dann und wann ein Bündel friſchen Klees oder eine Hand voll Bohnen, dabei muß er tüchtig
arbeiten.

„Etwas Nutzbareres und Braveres von einer Kreatur, wie dieſer Eſel,‟ ſagt Bogumil Goltz,
„iſt nicht denkbar. Der größte Kerl wirft ſich auf ein Exemplar, das oft nicht größer, als ein Kalb
von ſechs Wochen iſt, und ſetzt es in Galopp. Dieſe ſchwach gebauten Thiere gehen einen trefflichen
Paß; wo ſie aber die Kraft hernehmen, ſtundenlang einen ausgewachſenen Menſchen ſelbſt bei großer
Hitze im Trabe und Galopp herumzuſchleppen, das ſcheint mir faſt über die Natur hinaus in die
Eſelmyſterien zu gehen, welche auch noch ihren Eſel-Sue bekommen müſſen, wenn Gerechtigkeit in
der Weltgeſchichte iſt.‟

Man verſchneidet den Reiteſeln das Haar ſehr ſorgſam und kurz am ganzen Körper, während
man es an den Schenkeln in ſeiner vollen Länge ſtehen läßt; dort werden dann noch allerlei Figuren
und Schnörkel eingeſchnitten, und die Thiere erhalten dadurch ein ganz eigenthümliches Ausſehen.

Jm Jnnern Afrikas, wo das nützliche Geſchöpf ebenſo häufig als Hausthier gehalten wird, wie
in den nördlichen Ländern Afrikas und den öſtlichen Theilen Aſiens, ſieht man wenig edle Eſel, und
auch dieſe werden erſt aus Jemen oder Egypten eingeführt. Der im Oſtſudahn gewöhnliche ſteht dem
egyptiſchen in jeder Hinſicht nach. Er iſt kleiner, ſchwächlicher, fauler und ſtörriſcher, dem Sudaneſen
aber ein ſehr theurer Gegenſtand, obgleich er ihn halb verhungern oder ſich ſelbſt Futter ſuchen läßt.
Ungeachtet dieſer Freiheit verwildert der Eſel hier jedoch nicht, wie an anderen Orten.

Jn früheren Zeiten traf man halb verwilderte Eſel auf einigen Jnſeln des griechiſchen Archipels
und auf der Jnſel Sardinien an, und heutzutage noch findet man ſie im ſüdlichen Amerika. Solche
der Zucht des Menſchen entronnene Eſel nehmen bald alle Sitten ihrer wilden Vorfahren an. Der
Hengſt bildet ſich ſeine Herden, kämpft mit anderen auf Tod und Leben, iſt ſcheu, wachſam, vorſichtig
und läßt ſich nicht ſo leicht dem Willen des Menſchen wieder unterwerfen. Auch in Südamerika
waren dieſe Wildlinge früher weit häufiger, als gegenwärtig, wo ſie ſchon faſt ganz verſchwunden ſind.

Durch Vorſtehendes iſt der Verbreitungskreis des Eſels bereits angedeutet worden. Der öſtliche
Theil Border- und Mittelaſiens, das nördliche und öſtliche Afrika, Süd- und Mitteleuropa und end-
lich Südamerika ſind die Landſtriche, wo er am beſten gedeiht. Je trockener das Land, um ſo wohler
befindet er ſich. Feuchtigkeit und Kälte verträgt er weniger, als das Pferd. Deshalb findet man in
Perſien, Syrien, Egypten, in der Berberei und Südeuropa die ſchönſten, in dem regenreichen Mittel-
afrika oder in unſeren doch ſchon an die Grenzen ſeines Verbreitungsgebietes heranreichenden Ländern

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[367/0389] Der zahme Eſel. thieren. Manche Arten gehen einen natürlichen Paß, ſo z. B. die größten von allen, welche ich je geſehen habe, die ſogenannten ſpaniſchen Kohleneſel, welche hauptſächlich benutzt werden, Kohlen von den Gebirgen herab nach dem Süden zu bringen. Neben dem großen Eſel findet man auch in Grie- chenland und Spanien kleinere; ſie ſind aber ebenfalls viel feiner gebaut und weicher, zierlicher be- haart, als die unſrigen. Noch weit ſchöner, als dieſe trefflichen Thiere, ſind die arabiſchen Eſel, zumal diejenigen, welche in Jemen gezogen werden. Es gibt zwei Raſſen, eine große, muthige, raſche, zum Reiſen höchſt geeignete, und eine kleinere, ſchwächere, welche gewöhnlich zum Laſttragen benutzt wird. Der große Eſel iſt wahrſcheinlich durch Kreuzung mit dem Kulan und ſeinen Nachkommen veredelt worden. Ganz ähnliche Raſſen finden ſich in Perſien und Egypten, wo man ſehr viel Geld für einen guten Eſel ausgibt. Ein allen Auforderungen entſprechender Reiteſel ſteht höher im Preis, als ein mittel- mäßiges Pferd, und es iſt gar nicht ſelten, daß man 400 bis 500 Thaler unſeres Geldes für ihn ausgibt. Die beſte Raſſe befindet ſich nur in den Händen der Vornehmſten des Landes. Sie iſt von der Größe eines gewöhnlichen Maulthieres und dieſem bis auf die langen Ohren täuſchend ähn- lich. Ein feiner Bau und ein glattes, weiches Haar zeichnet ſie beſonders aus. Der gewöhnliche Eſel, welcher ſich in Jedermanns Händen befindet, iſt von Mittelgröße, aber dennoch von ausgezeich- neter Güte. Er iſt fleißig, äußerſt genügſam und ſehr ausdauernd. Während der Nacht bekommt er ſein Hauptfutter, harte Bohnen, welche er mit lautem Geräuſch zermalmt; bei Tage empfängt er nur dann und wann ein Bündel friſchen Klees oder eine Hand voll Bohnen, dabei muß er tüchtig arbeiten. „Etwas Nutzbareres und Braveres von einer Kreatur, wie dieſer Eſel,‟ ſagt Bogumil Goltz, „iſt nicht denkbar. Der größte Kerl wirft ſich auf ein Exemplar, das oft nicht größer, als ein Kalb von ſechs Wochen iſt, und ſetzt es in Galopp. Dieſe ſchwach gebauten Thiere gehen einen trefflichen Paß; wo ſie aber die Kraft hernehmen, ſtundenlang einen ausgewachſenen Menſchen ſelbſt bei großer Hitze im Trabe und Galopp herumzuſchleppen, das ſcheint mir faſt über die Natur hinaus in die Eſelmyſterien zu gehen, welche auch noch ihren Eſel-Sue bekommen müſſen, wenn Gerechtigkeit in der Weltgeſchichte iſt.‟ Man verſchneidet den Reiteſeln das Haar ſehr ſorgſam und kurz am ganzen Körper, während man es an den Schenkeln in ſeiner vollen Länge ſtehen läßt; dort werden dann noch allerlei Figuren und Schnörkel eingeſchnitten, und die Thiere erhalten dadurch ein ganz eigenthümliches Ausſehen. Jm Jnnern Afrikas, wo das nützliche Geſchöpf ebenſo häufig als Hausthier gehalten wird, wie in den nördlichen Ländern Afrikas und den öſtlichen Theilen Aſiens, ſieht man wenig edle Eſel, und auch dieſe werden erſt aus Jemen oder Egypten eingeführt. Der im Oſtſudahn gewöhnliche ſteht dem egyptiſchen in jeder Hinſicht nach. Er iſt kleiner, ſchwächlicher, fauler und ſtörriſcher, dem Sudaneſen aber ein ſehr theurer Gegenſtand, obgleich er ihn halb verhungern oder ſich ſelbſt Futter ſuchen läßt. Ungeachtet dieſer Freiheit verwildert der Eſel hier jedoch nicht, wie an anderen Orten. Jn früheren Zeiten traf man halb verwilderte Eſel auf einigen Jnſeln des griechiſchen Archipels und auf der Jnſel Sardinien an, und heutzutage noch findet man ſie im ſüdlichen Amerika. Solche der Zucht des Menſchen entronnene Eſel nehmen bald alle Sitten ihrer wilden Vorfahren an. Der Hengſt bildet ſich ſeine Herden, kämpft mit anderen auf Tod und Leben, iſt ſcheu, wachſam, vorſichtig und läßt ſich nicht ſo leicht dem Willen des Menſchen wieder unterwerfen. Auch in Südamerika waren dieſe Wildlinge früher weit häufiger, als gegenwärtig, wo ſie ſchon faſt ganz verſchwunden ſind. Durch Vorſtehendes iſt der Verbreitungskreis des Eſels bereits angedeutet worden. Der öſtliche Theil Border- und Mittelaſiens, das nördliche und öſtliche Afrika, Süd- und Mitteleuropa und end- lich Südamerika ſind die Landſtriche, wo er am beſten gedeiht. Je trockener das Land, um ſo wohler befindet er ſich. Feuchtigkeit und Kälte verträgt er weniger, als das Pferd. Deshalb findet man in Perſien, Syrien, Egypten, in der Berberei und Südeuropa die ſchönſten, in dem regenreichen Mittel- afrika oder in unſeren doch ſchon an die Grenzen ſeines Verbreitungsgebietes heranreichenden Ländern

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/389>, abgerufen am 23.11.2024.