Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Rinder. -- Der gemeine Büffel.
Meister. Unter den Sinnen stehen Geruch und Gehör obenan; das Gesicht ist schlecht. Seine
Stimme ist ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und rasendem Zorn steht er keinem
anderen Rinde nach; selbst in der Gefangenschaft verliert er diese Eigenschaften nicht ganz. Wie
Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu diesem
Zwecke einen Platz und setzt vor dem Eingange in zwei nach außen sich von einander entfernenden
Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reisigs in den Händen halten und fürchterlich
zu lärmen anfangen, sobald eine Büffelherde zwischen sie getrieben wird. So gelangen die Thiere
in den Pferch, wo sie später mit Schlingen umstrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver-
bunden und die Ohren verstopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger
zu kämpfen.

Der Büffel ist schon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt
bei Kämpfen mit ihr fast regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachsene
Büffelstiere von Tigern angefallen werden, sich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger
für alle Zeiten sein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu
Hilfe und jagen dann den Angreifer sofort in die Flucht. Selbst die Hirten, welche zahme Büffel
hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice sah einmal, daß die
Büffel einer Herde, als sie das Blut eines angeschossenen Tigers rochen, sofort die Spur auf-
nahmen, mit rasender Wuth verfolgten, die Gesträuche dabei umrissen, den Boden aufwühlten,
schließlich in förmliche Raserei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu
kämpfen begannen. Johnson erzählt, daß ein Tiger den hintersten Mann einer Büffelkaravane
angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete
den Tiger mit seinem Schwerte. Dieser ließ sofort seine erste Beute los und packte jetzt den Hirten;
die Büffel aber stürzten, sobald sie ihren Herrn in Gefahr sahen, angenblicklich auf den Tiger los,
warfen ihn sich einige Male gegenseitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn
bei diesem Spiele derart, daß er sofort seinen Geist aufgab.

Von dieser Feindschaft ziehen natürlich die indischen Fürsten ihren Vortheil und veranstalten
Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchste und anziehendste Schauspiel der Erde gewähren.
Karl von Görtz beschreibt einen solchen Kampf mit folgenden Worten:

"Der Kaiser von Solo saß auf seinem Throne, von etwa dreißig seiner Hofdamen, dreien
seiner Frauen, seinen Prinzen, dem holländischen Statthalter, den Großen seines Reiches und ein-
geladenen Europäern umgeben. Vor ihm stand ein fester, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenso-
hoher Käfig, und in diesem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig stand ein Kasten, worin sich
ein Tiger befand, welcher mit entsetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Musik begrüßt
wurde. Er suchte der Stirn des Büffels auszuweichen, sprang ihm mehrmals auf den Nacken und
brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel so gewaltig gegen die
Wand des engen Käfigs, daß er loslassen mußte. Der Käfig ist absichtlich so enge, damit der
Büffel siegen soll, weil er dem Japanesen Sinnbild seines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro-
päers ist. Einst hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen lassen, und da an diesem Tage
ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japanesen das Raubthier. -- Diesmal tödtete
der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu." --

Bisjetzt steht es noch nicht ganz fest, auf welchem Wege der zahme Büffel sich weiter und
weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herstammt, ist gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit
den dort noch wild lebenden vollkommen übereinstimmt. Wahrscheinlich kam er im Gefolge der großen
Kriegsheere oder wandernder Völker nach Persien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen
ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben.
Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf's, zu nicht geringem Erstaunen
der Europäer. Anfangs hat er sich wahrscheinlich sehr langsam verbreitet; denn der heilige Gili-

Die Rinder. — Der gemeine Büffel.
Meiſter. Unter den Sinnen ſtehen Geruch und Gehör obenan; das Geſicht iſt ſchlecht. Seine
Stimme iſt ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und raſendem Zorn ſteht er keinem
anderen Rinde nach; ſelbſt in der Gefangenſchaft verliert er dieſe Eigenſchaften nicht ganz. Wie
Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu dieſem
Zwecke einen Platz und ſetzt vor dem Eingange in zwei nach außen ſich von einander entfernenden
Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reiſigs in den Händen halten und fürchterlich
zu lärmen anfangen, ſobald eine Büffelherde zwiſchen ſie getrieben wird. So gelangen die Thiere
in den Pferch, wo ſie ſpäter mit Schlingen umſtrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver-
bunden und die Ohren verſtopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger
zu kämpfen.

Der Büffel iſt ſchon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt
bei Kämpfen mit ihr faſt regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachſene
Büffelſtiere von Tigern angefallen werden, ſich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger
für alle Zeiten ſein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu
Hilfe und jagen dann den Angreifer ſofort in die Flucht. Selbſt die Hirten, welche zahme Büffel
hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice ſah einmal, daß die
Büffel einer Herde, als ſie das Blut eines angeſchoſſenen Tigers rochen, ſofort die Spur auf-
nahmen, mit raſender Wuth verfolgten, die Geſträuche dabei umriſſen, den Boden aufwühlten,
ſchließlich in förmliche Raſerei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu
kämpfen begannen. Johnſon erzählt, daß ein Tiger den hinterſten Mann einer Büffelkaravane
angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete
den Tiger mit ſeinem Schwerte. Dieſer ließ ſofort ſeine erſte Beute los und packte jetzt den Hirten;
die Büffel aber ſtürzten, ſobald ſie ihren Herrn in Gefahr ſahen, angenblicklich auf den Tiger los,
warfen ihn ſich einige Male gegenſeitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn
bei dieſem Spiele derart, daß er ſofort ſeinen Geiſt aufgab.

Von dieſer Feindſchaft ziehen natürlich die indiſchen Fürſten ihren Vortheil und veranſtalten
Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchſte und anziehendſte Schauſpiel der Erde gewähren.
Karl von Görtz beſchreibt einen ſolchen Kampf mit folgenden Worten:

„Der Kaiſer von Solo ſaß auf ſeinem Throne, von etwa dreißig ſeiner Hofdamen, dreien
ſeiner Frauen, ſeinen Prinzen, dem holländiſchen Statthalter, den Großen ſeines Reiches und ein-
geladenen Europäern umgeben. Vor ihm ſtand ein feſter, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenſo-
hoher Käfig, und in dieſem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig ſtand ein Kaſten, worin ſich
ein Tiger befand, welcher mit entſetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Muſik begrüßt
wurde. Er ſuchte der Stirn des Büffels auszuweichen, ſprang ihm mehrmals auf den Nacken und
brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel ſo gewaltig gegen die
Wand des engen Käfigs, daß er loslaſſen mußte. Der Käfig iſt abſichtlich ſo enge, damit der
Büffel ſiegen ſoll, weil er dem Japaneſen Sinnbild ſeines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro-
päers iſt. Einſt hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen laſſen, und da an dieſem Tage
ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japaneſen das Raubthier. — Diesmal tödtete
der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu.‟ —

Bisjetzt ſteht es noch nicht ganz feſt, auf welchem Wege der zahme Büffel ſich weiter und
weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herſtammt, iſt gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit
den dort noch wild lebenden vollkommen übereinſtimmt. Wahrſcheinlich kam er im Gefolge der großen
Kriegsheere oder wandernder Völker nach Perſien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen
ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben.
Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf’s, zu nicht geringem Erſtaunen
der Europäer. Anfangs hat er ſich wahrſcheinlich ſehr langſam verbreitet; denn der heilige Gili-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0662" n="630"/><fw place="top" type="header">Die Rinder. &#x2014; Der gemeine Büffel.</fw><lb/>
Mei&#x017F;ter. Unter den Sinnen &#x017F;tehen Geruch und Gehör obenan; das Ge&#x017F;icht i&#x017F;t &#x017F;chlecht. Seine<lb/>
Stimme i&#x017F;t ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und ra&#x017F;endem Zorn &#x017F;teht er keinem<lb/>
anderen Rinde nach; &#x017F;elb&#x017F;t in der Gefangen&#x017F;chaft verliert er die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaften nicht ganz. Wie<lb/><hi rendition="#g">Stoltz</hi> berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu die&#x017F;em<lb/>
Zwecke einen Platz und &#x017F;etzt vor dem Eingange in zwei nach außen &#x017F;ich von einander entfernenden<lb/>
Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Rei&#x017F;igs in den Händen halten und fürchterlich<lb/>
zu lärmen anfangen, &#x017F;obald eine Büffelherde zwi&#x017F;chen &#x017F;ie getrieben wird. So gelangen die Thiere<lb/>
in den Pferch, wo &#x017F;ie &#x017F;päter mit Schlingen um&#x017F;trickt und, nachdem man ihnen die Augen ver-<lb/>
bunden und die Ohren ver&#x017F;topft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger<lb/>
zu kämpfen.</p><lb/>
              <p>Der Büffel i&#x017F;t &#x017F;chon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt<lb/>
bei Kämpfen mit ihr fa&#x017F;t regelmäßig Sieger. <hi rendition="#g">William Rice</hi> erzählt, daß zuweilen erwach&#x017F;ene<lb/>
Büffel&#x017F;tiere von Tigern angefallen werden, &#x017F;ich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger<lb/>
für alle Zeiten &#x017F;ein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu<lb/>
Hilfe und jagen dann den Angreifer &#x017F;ofort in die Flucht. Selb&#x017F;t die Hirten, welche zahme Büffel<lb/>
hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. <hi rendition="#g">Rice</hi> &#x017F;ah einmal, daß die<lb/>
Büffel einer Herde, als &#x017F;ie das Blut eines ange&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;enen Tigers rochen, &#x017F;ofort die Spur auf-<lb/>
nahmen, mit ra&#x017F;ender Wuth verfolgten, die Ge&#x017F;träuche dabei umri&#x017F;&#x017F;en, den Boden aufwühlten,<lb/>
&#x017F;chließlich in förmliche Ra&#x017F;erei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu<lb/>
kämpfen begannen. <hi rendition="#g">John&#x017F;on</hi> erzählt, daß ein Tiger den hinter&#x017F;ten Mann einer Büffelkaravane<lb/>
angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete<lb/>
den Tiger mit &#x017F;einem Schwerte. Die&#x017F;er ließ &#x017F;ofort &#x017F;eine er&#x017F;te Beute los und packte jetzt den Hirten;<lb/>
die Büffel aber &#x017F;türzten, &#x017F;obald &#x017F;ie ihren Herrn in Gefahr &#x017F;ahen, angenblicklich auf den Tiger los,<lb/>
warfen ihn &#x017F;ich einige Male gegen&#x017F;eitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn<lb/>
bei die&#x017F;em Spiele derart, daß er &#x017F;ofort &#x017F;einen Gei&#x017F;t aufgab.</p><lb/>
              <p>Von die&#x017F;er Feind&#x017F;chaft ziehen natürlich die indi&#x017F;chen Für&#x017F;ten ihren Vortheil und veran&#x017F;talten<lb/>
Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höch&#x017F;te und anziehend&#x017F;te Schau&#x017F;piel der Erde gewähren.<lb/><hi rendition="#g">Karl von Görtz</hi> be&#x017F;chreibt einen &#x017F;olchen Kampf mit folgenden Worten:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Der Kai&#x017F;er von <hi rendition="#g">Solo</hi> &#x017F;aß auf &#x017F;einem Throne, von etwa dreißig &#x017F;einer Hofdamen, dreien<lb/>
&#x017F;einer Frauen, &#x017F;einen Prinzen, dem holländi&#x017F;chen Statthalter, den Großen &#x017F;eines Reiches und ein-<lb/>
geladenen Europäern umgeben. Vor ihm &#x017F;tand ein fe&#x017F;ter, etwa funfzehn Fuß weiter und eben&#x017F;o-<lb/>
hoher Käfig, und in die&#x017F;em ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig &#x017F;tand ein Ka&#x017F;ten, worin &#x017F;ich<lb/>
ein Tiger befand, welcher mit ent&#x017F;etzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Mu&#x017F;ik begrüßt<lb/>
wurde. Er &#x017F;uchte der Stirn des Büffels auszuweichen, &#x017F;prang ihm mehrmals auf den Nacken und<lb/>
brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel &#x017F;o gewaltig gegen die<lb/>
Wand des engen Käfigs, daß er losla&#x017F;&#x017F;en mußte. Der Käfig i&#x017F;t ab&#x017F;ichtlich &#x017F;o enge, damit der<lb/>
Büffel &#x017F;iegen &#x017F;oll, weil er dem Japane&#x017F;en Sinnbild &#x017F;eines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro-<lb/>
päers i&#x017F;t. Ein&#x017F;t hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen la&#x017F;&#x017F;en, und da an die&#x017F;em Tage<lb/>
ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japane&#x017F;en das Raubthier. &#x2014; Diesmal tödtete<lb/>
der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu.&#x201F; &#x2014;</p><lb/>
              <p>Bisjetzt &#x017F;teht es noch nicht ganz fe&#x017F;t, auf welchem Wege der zahme Büffel &#x017F;ich weiter und<lb/>
weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien her&#x017F;tammt, i&#x017F;t gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit<lb/>
den dort noch wild lebenden vollkommen überein&#x017F;timmt. Wahr&#x017F;cheinlich kam er im Gefolge der großen<lb/>
Kriegsheere oder wandernder Völker nach Per&#x017F;ien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen<lb/>
ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben.<lb/>
Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung <hi rendition="#g">Agilulf&#x2019;s,</hi> zu nicht geringem Er&#x017F;taunen<lb/>
der Europäer. Anfangs hat er &#x017F;ich wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;ehr lang&#x017F;am verbreitet; denn der heilige <hi rendition="#g">Gili-</hi><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[630/0662] Die Rinder. — Der gemeine Büffel. Meiſter. Unter den Sinnen ſtehen Geruch und Gehör obenan; das Geſicht iſt ſchlecht. Seine Stimme iſt ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und raſendem Zorn ſteht er keinem anderen Rinde nach; ſelbſt in der Gefangenſchaft verliert er dieſe Eigenſchaften nicht ganz. Wie Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu dieſem Zwecke einen Platz und ſetzt vor dem Eingange in zwei nach außen ſich von einander entfernenden Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reiſigs in den Händen halten und fürchterlich zu lärmen anfangen, ſobald eine Büffelherde zwiſchen ſie getrieben wird. So gelangen die Thiere in den Pferch, wo ſie ſpäter mit Schlingen umſtrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver- bunden und die Ohren verſtopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger zu kämpfen. Der Büffel iſt ſchon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt bei Kämpfen mit ihr faſt regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachſene Büffelſtiere von Tigern angefallen werden, ſich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger für alle Zeiten ſein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu Hilfe und jagen dann den Angreifer ſofort in die Flucht. Selbſt die Hirten, welche zahme Büffel hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice ſah einmal, daß die Büffel einer Herde, als ſie das Blut eines angeſchoſſenen Tigers rochen, ſofort die Spur auf- nahmen, mit raſender Wuth verfolgten, die Geſträuche dabei umriſſen, den Boden aufwühlten, ſchließlich in förmliche Raſerei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu kämpfen begannen. Johnſon erzählt, daß ein Tiger den hinterſten Mann einer Büffelkaravane angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete den Tiger mit ſeinem Schwerte. Dieſer ließ ſofort ſeine erſte Beute los und packte jetzt den Hirten; die Büffel aber ſtürzten, ſobald ſie ihren Herrn in Gefahr ſahen, angenblicklich auf den Tiger los, warfen ihn ſich einige Male gegenſeitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn bei dieſem Spiele derart, daß er ſofort ſeinen Geiſt aufgab. Von dieſer Feindſchaft ziehen natürlich die indiſchen Fürſten ihren Vortheil und veranſtalten Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchſte und anziehendſte Schauſpiel der Erde gewähren. Karl von Görtz beſchreibt einen ſolchen Kampf mit folgenden Worten: „Der Kaiſer von Solo ſaß auf ſeinem Throne, von etwa dreißig ſeiner Hofdamen, dreien ſeiner Frauen, ſeinen Prinzen, dem holländiſchen Statthalter, den Großen ſeines Reiches und ein- geladenen Europäern umgeben. Vor ihm ſtand ein feſter, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenſo- hoher Käfig, und in dieſem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig ſtand ein Kaſten, worin ſich ein Tiger befand, welcher mit entſetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Muſik begrüßt wurde. Er ſuchte der Stirn des Büffels auszuweichen, ſprang ihm mehrmals auf den Nacken und brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel ſo gewaltig gegen die Wand des engen Käfigs, daß er loslaſſen mußte. Der Käfig iſt abſichtlich ſo enge, damit der Büffel ſiegen ſoll, weil er dem Japaneſen Sinnbild ſeines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro- päers iſt. Einſt hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen laſſen, und da an dieſem Tage ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japaneſen das Raubthier. — Diesmal tödtete der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu.‟ — Bisjetzt ſteht es noch nicht ganz feſt, auf welchem Wege der zahme Büffel ſich weiter und weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herſtammt, iſt gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit den dort noch wild lebenden vollkommen übereinſtimmt. Wahrſcheinlich kam er im Gefolge der großen Kriegsheere oder wandernder Völker nach Perſien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben. Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf’s, zu nicht geringem Erſtaunen der Europäer. Anfangs hat er ſich wahrſcheinlich ſehr langſam verbreitet; denn der heilige Gili-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/662
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/662>, abgerufen am 23.11.2024.