Umzäunung durchbricht. Nur die Gondahs thun Dies zuweilen. Dieselbe Herde geht aber sofort auf die Felder, wenn die Thür dazu geöffnet ist. Nach der Ernte des Reises zum Beispiel überlassen die Jndier den Elefanten ruhig das Stroh und halten deshalb die Umhegungen nicht mehr verschlossen. Sobald Dies geschieht, dringen die Thiere ein und fressen alles Uebriggebliebene auf. Die Sudah- nesen schreiben dieses Benehmen der Elefanten nicht ihrer Scheu und Vorsicht, sondern dem ihnen innewohnenden Gerechtigkeitssinne zu. "Elefanten," sagte mir ein Scheich am blauen Flusse, "wer- den Dir Nichts zu leide thun, wenn Du sie in Frieden läßt, wie sie mir und meinen Vorfahren nie Etwas gethan haben. Wenn die Zeit der Ernte herankommt, hänge ich an hohen Stangen Schutz- briefe auf und diese genügen den gerechten Thieren, denn sie achten das Wort des gottgesandten Mahammed -- über welchen der Friede des Allbarmherzigen walten möge! Sie fürchten die Strafe, welche den Gotteslästerer ereilen wird. Sie sind eben gerechte Thiere!"
Jn den Gebirgen von Habesch zwingt der Wechsel der Jahreszeiten die Elefanten zu regelmäßi- gen Wanderungen. Jm Bogoslande ziehen sie auf ziemlich streng eingehaltenen Wegen alljährlich zwei Mal auf und nieder, also vier Mal an einem Orte vorüber, -- so bei der Ortschaft Mensa. Der Wassermangel treibt sie in die tiefsten Flußthäler hinab. Der Frühling, d. i. die Regenzeit, welche gerade im Gebirg reiches Leben hervorzaubert, lockt sie wieder zur ergiebigen und unbehelligten Weide empor. Sie ziehen von den Gebirgskämmen bis in das Flußbett des Ain-Saba hinab und von dort aus wieder nach ihren ersten Weideplätzen empor. Alle Wanderungen geschehen selbstver- ständlich nur des Nachts.
Wie die Nahrung, führt der Elefant auch seine Getränke mit Hilfe des Rüssels zum Munde; er saugt beide Röhren desselben voll und spritzt sich den Jnhalt dann in das Maul. Sobald eine Herde an das Wasser kommt, ist Dies ihr nächstes Geschäft, und erst wenn der Durst gestillt ist, denken die Thiere daran, in derselben Art und Weise auch ihren Körper zu nässen. Der Rüssel ist übrigens nicht blos zum Aufsaugen des Wassers, sondern auch zur Aufnahme von Sand und Staub geeignet. Diese Stoffe werden angewendet, um die so lästigen Kerbthiere zu verscheuchen.
Wie leicht erklärlich, ist die Vermehrung unserer Landriesen nur eine geringe. Man erkennt den Zustand des brünstigen Elefanten zunächst daran, daß zwei Drüsen neben den Ohren eine übel- riechende Flüssigkeit in reichlicher Menge ausschwitzen. Das Thier selbst ist sehr erregt und wird oft furchtbar wild gegen seine Treiber, welche es sonst vortrefflich behandelt. Früher glaubte man, daß die Elefanten sich nur im Freien, fern von allem menschlichen Treiben, paarten und wollte deshalb von einer großen Schamhaftigkeit des Thieres reden. Corse aber beobachtete, daß sich zwei frisch gefangene Elefanten vor einer Menge Zuschauer begatteten. Vorher erwiesen sie sich mit ihren Rüsseln Liebkosungen; dann paarten sie sich in 16 Stunden vier Mal, ganz nach Art der Pferde. Die Brunst- zeit ist nicht bestimmt. Das eine Mal zeigte sie sich im Februar, das andere Mal im April, ein drittes Mal im Juni, ein viertes Mal im September und ein fünftes Mal im Oktober. Aufgeregt sind die paarungslustigen Thiere immer, und die kleinste Veranlassung kann sie in Zorn bringen. Drei Monate nach der Paarung bemerkte Corse die ersten Anzeichen der Trächtigkeit des Weibchens. Nach einer Tragzeit von 20 Monaten und 18 Tagen warf es ein Kalb, 35 Zoll hoch, welches sofort nach seiner Geburt zu saugen anfing. Die Mutter stand dabei, das Junge legte den Rüssel zurück und ergriff das Euter mit seinem Maul. Fast alle Beobachter sind darin einstimmig, daß die Liebe der Mutter zu ihrem eigenen Kinde nicht besonders groß ist; dagegen bemerkte man, daß sich alle weiblichen Elefanten eines jungen mit großer Zärtlichkeit annehmen. Die wilden sollen allen Jun- gen ohne Ausnahme ihr Euter bieten.
Ein Elefant wächst 20 bis 24 Jahre, ist aber wahrscheinlich schon im 16. Jahr zur Fortpflan- zung geeignet. Der erste Zahnwechsel findet im zweiten, der zweite im sechsten, der dritte im neun- ten Lebensjahre statt. Später dauern seine Zähne länger aus. Das Alter, welches das Thier über- haupt erreichen kann, wird sehr verschieden angegeben. Tennent spricht von Elefanten, welche über hundert Jahre in der Gefangenschaft gelebt haben sollen, stellt jedoch vorher eine beglaubigte Todten-
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
Umzäunung durchbricht. Nur die Gondahs thun Dies zuweilen. Dieſelbe Herde geht aber ſofort auf die Felder, wenn die Thür dazu geöffnet iſt. Nach der Ernte des Reiſes zum Beiſpiel überlaſſen die Jndier den Elefanten ruhig das Stroh und halten deshalb die Umhegungen nicht mehr verſchloſſen. Sobald Dies geſchieht, dringen die Thiere ein und freſſen alles Uebriggebliebene auf. Die Sudah- neſen ſchreiben dieſes Benehmen der Elefanten nicht ihrer Scheu und Vorſicht, ſondern dem ihnen innewohnenden Gerechtigkeitsſinne zu. „Elefanten,‟ ſagte mir ein Scheich am blauen Fluſſe, „wer- den Dir Nichts zu leide thun, wenn Du ſie in Frieden läßt, wie ſie mir und meinen Vorfahren nie Etwas gethan haben. Wenn die Zeit der Ernte herankommt, hänge ich an hohen Stangen Schutz- briefe auf und dieſe genügen den gerechten Thieren, denn ſie achten das Wort des gottgeſandten Mahammed — über welchen der Friede des Allbarmherzigen walten möge! Sie fürchten die Strafe, welche den Gottesläſterer ereilen wird. Sie ſind eben gerechte Thiere!‟
Jn den Gebirgen von Habeſch zwingt der Wechſel der Jahreszeiten die Elefanten zu regelmäßi- gen Wanderungen. Jm Bogoslande ziehen ſie auf ziemlich ſtreng eingehaltenen Wegen alljährlich zwei Mal auf und nieder, alſo vier Mal an einem Orte vorüber, — ſo bei der Ortſchaft Menſa. Der Waſſermangel treibt ſie in die tiefſten Flußthäler hinab. Der Frühling, d. i. die Regenzeit, welche gerade im Gebirg reiches Leben hervorzaubert, lockt ſie wieder zur ergiebigen und unbehelligten Weide empor. Sie ziehen von den Gebirgskämmen bis in das Flußbett des Ain-Saba hinab und von dort aus wieder nach ihren erſten Weideplätzen empor. Alle Wanderungen geſchehen ſelbſtver- ſtändlich nur des Nachts.
Wie die Nahrung, führt der Elefant auch ſeine Getränke mit Hilfe des Rüſſels zum Munde; er ſaugt beide Röhren deſſelben voll und ſpritzt ſich den Jnhalt dann in das Maul. Sobald eine Herde an das Waſſer kommt, iſt Dies ihr nächſtes Geſchäft, und erſt wenn der Durſt geſtillt iſt, denken die Thiere daran, in derſelben Art und Weiſe auch ihren Körper zu näſſen. Der Rüſſel iſt übrigens nicht blos zum Aufſaugen des Waſſers, ſondern auch zur Aufnahme von Sand und Staub geeignet. Dieſe Stoffe werden angewendet, um die ſo läſtigen Kerbthiere zu verſcheuchen.
Wie leicht erklärlich, iſt die Vermehrung unſerer Landrieſen nur eine geringe. Man erkennt den Zuſtand des brünſtigen Elefanten zunächſt daran, daß zwei Drüſen neben den Ohren eine übel- riechende Flüſſigkeit in reichlicher Menge ausſchwitzen. Das Thier ſelbſt iſt ſehr erregt und wird oft furchtbar wild gegen ſeine Treiber, welche es ſonſt vortrefflich behandelt. Früher glaubte man, daß die Elefanten ſich nur im Freien, fern von allem menſchlichen Treiben, paarten und wollte deshalb von einer großen Schamhaftigkeit des Thieres reden. Corſe aber beobachtete, daß ſich zwei friſch gefangene Elefanten vor einer Menge Zuſchauer begatteten. Vorher erwieſen ſie ſich mit ihren Rüſſeln Liebkoſungen; dann paarten ſie ſich in 16 Stunden vier Mal, ganz nach Art der Pferde. Die Brunſt- zeit iſt nicht beſtimmt. Das eine Mal zeigte ſie ſich im Februar, das andere Mal im April, ein drittes Mal im Juni, ein viertes Mal im September und ein fünftes Mal im Oktober. Aufgeregt ſind die paarungsluſtigen Thiere immer, und die kleinſte Veranlaſſung kann ſie in Zorn bringen. Drei Monate nach der Paarung bemerkte Corſe die erſten Anzeichen der Trächtigkeit des Weibchens. Nach einer Tragzeit von 20 Monaten und 18 Tagen warf es ein Kalb, 35 Zoll hoch, welches ſofort nach ſeiner Geburt zu ſaugen anfing. Die Mutter ſtand dabei, das Junge legte den Rüſſel zurück und ergriff das Euter mit ſeinem Maul. Faſt alle Beobachter ſind darin einſtimmig, daß die Liebe der Mutter zu ihrem eigenen Kinde nicht beſonders groß iſt; dagegen bemerkte man, daß ſich alle weiblichen Elefanten eines jungen mit großer Zärtlichkeit annehmen. Die wilden ſollen allen Jun- gen ohne Ausnahme ihr Euter bieten.
Ein Elefant wächſt 20 bis 24 Jahre, iſt aber wahrſcheinlich ſchon im 16. Jahr zur Fortpflan- zung geeignet. Der erſte Zahnwechſel findet im zweiten, der zweite im ſechsten, der dritte im neun- ten Lebensjahre ſtatt. Später dauern ſeine Zähne länger aus. Das Alter, welches das Thier über- haupt erreichen kann, wird ſehr verſchieden angegeben. Tennent ſpricht von Elefanten, welche über hundert Jahre in der Gefangenſchaft gelebt haben ſollen, ſtellt jedoch vorher eine beglaubigte Todten-
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[696/0732]
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
Umzäunung durchbricht. Nur die Gondahs thun Dies zuweilen. Dieſelbe Herde geht aber ſofort auf
die Felder, wenn die Thür dazu geöffnet iſt. Nach der Ernte des Reiſes zum Beiſpiel überlaſſen die
Jndier den Elefanten ruhig das Stroh und halten deshalb die Umhegungen nicht mehr verſchloſſen.
Sobald Dies geſchieht, dringen die Thiere ein und freſſen alles Uebriggebliebene auf. Die Sudah-
neſen ſchreiben dieſes Benehmen der Elefanten nicht ihrer Scheu und Vorſicht, ſondern dem ihnen
innewohnenden Gerechtigkeitsſinne zu. „Elefanten,‟ ſagte mir ein Scheich am blauen Fluſſe, „wer-
den Dir Nichts zu leide thun, wenn Du ſie in Frieden läßt, wie ſie mir und meinen Vorfahren nie
Etwas gethan haben. Wenn die Zeit der Ernte herankommt, hänge ich an hohen Stangen Schutz-
briefe auf und dieſe genügen den gerechten Thieren, denn ſie achten das Wort des gottgeſandten
Mahammed — über welchen der Friede des Allbarmherzigen walten möge! Sie fürchten die Strafe,
welche den Gottesläſterer ereilen wird. Sie ſind eben gerechte Thiere!‟
Jn den Gebirgen von Habeſch zwingt der Wechſel der Jahreszeiten die Elefanten zu regelmäßi-
gen Wanderungen. Jm Bogoslande ziehen ſie auf ziemlich ſtreng eingehaltenen Wegen alljährlich
zwei Mal auf und nieder, alſo vier Mal an einem Orte vorüber, — ſo bei der Ortſchaft Menſa.
Der Waſſermangel treibt ſie in die tiefſten Flußthäler hinab. Der Frühling, d. i. die Regenzeit,
welche gerade im Gebirg reiches Leben hervorzaubert, lockt ſie wieder zur ergiebigen und unbehelligten
Weide empor. Sie ziehen von den Gebirgskämmen bis in das Flußbett des Ain-Saba hinab und von
dort aus wieder nach ihren erſten Weideplätzen empor. Alle Wanderungen geſchehen ſelbſtver-
ſtändlich nur des Nachts.
Wie die Nahrung, führt der Elefant auch ſeine Getränke mit Hilfe des Rüſſels zum Munde; er
ſaugt beide Röhren deſſelben voll und ſpritzt ſich den Jnhalt dann in das Maul. Sobald eine Herde
an das Waſſer kommt, iſt Dies ihr nächſtes Geſchäft, und erſt wenn der Durſt geſtillt iſt, denken
die Thiere daran, in derſelben Art und Weiſe auch ihren Körper zu näſſen. Der Rüſſel iſt übrigens
nicht blos zum Aufſaugen des Waſſers, ſondern auch zur Aufnahme von Sand und Staub geeignet.
Dieſe Stoffe werden angewendet, um die ſo läſtigen Kerbthiere zu verſcheuchen.
Wie leicht erklärlich, iſt die Vermehrung unſerer Landrieſen nur eine geringe. Man erkennt den
Zuſtand des brünſtigen Elefanten zunächſt daran, daß zwei Drüſen neben den Ohren eine übel-
riechende Flüſſigkeit in reichlicher Menge ausſchwitzen. Das Thier ſelbſt iſt ſehr erregt und wird oft
furchtbar wild gegen ſeine Treiber, welche es ſonſt vortrefflich behandelt. Früher glaubte man, daß
die Elefanten ſich nur im Freien, fern von allem menſchlichen Treiben, paarten und wollte deshalb
von einer großen Schamhaftigkeit des Thieres reden. Corſe aber beobachtete, daß ſich zwei friſch
gefangene Elefanten vor einer Menge Zuſchauer begatteten. Vorher erwieſen ſie ſich mit ihren Rüſſeln
Liebkoſungen; dann paarten ſie ſich in 16 Stunden vier Mal, ganz nach Art der Pferde. Die Brunſt-
zeit iſt nicht beſtimmt. Das eine Mal zeigte ſie ſich im Februar, das andere Mal im April, ein
drittes Mal im Juni, ein viertes Mal im September und ein fünftes Mal im Oktober. Aufgeregt
ſind die paarungsluſtigen Thiere immer, und die kleinſte Veranlaſſung kann ſie in Zorn bringen.
Drei Monate nach der Paarung bemerkte Corſe die erſten Anzeichen der Trächtigkeit des Weibchens.
Nach einer Tragzeit von 20 Monaten und 18 Tagen warf es ein Kalb, 35 Zoll hoch, welches ſofort
nach ſeiner Geburt zu ſaugen anfing. Die Mutter ſtand dabei, das Junge legte den Rüſſel zurück
und ergriff das Euter mit ſeinem Maul. Faſt alle Beobachter ſind darin einſtimmig, daß die Liebe
der Mutter zu ihrem eigenen Kinde nicht beſonders groß iſt; dagegen bemerkte man, daß ſich alle
weiblichen Elefanten eines jungen mit großer Zärtlichkeit annehmen. Die wilden ſollen allen Jun-
gen ohne Ausnahme ihr Euter bieten.
Ein Elefant wächſt 20 bis 24 Jahre, iſt aber wahrſcheinlich ſchon im 16. Jahr zur Fortpflan-
zung geeignet. Der erſte Zahnwechſel findet im zweiten, der zweite im ſechsten, der dritte im neun-
ten Lebensjahre ſtatt. Später dauern ſeine Zähne länger aus. Das Alter, welches das Thier über-
haupt erreichen kann, wird ſehr verſchieden angegeben. Tennent ſpricht von Elefanten, welche über
hundert Jahre in der Gefangenſchaft gelebt haben ſollen, ſtellt jedoch vorher eine beglaubigte Todten-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/732>, abgerufen am 23.11.2024.
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