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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die Elefanten.
von einem hohen Sitze aus niedermeuchelten. Die prahlenden Elefantenjäger Jndiens haben einen
guten Theil ihrer Beute in den Corrals oder Fangplätzen, welche wir bald kennen lernen werden,
erlegt. Sie haben die in einem engen Raum eingepferchten Thiere kaltblütig niedergeschossen und
dann verfaulen lassen, aus dem einfachen Grunde, um in ihr schändliches Jagdregister einige Zahlen
mehr eintragen zu können. Sie haben Alte und Junge zusammengeschossen, ohne die Leichname
nützen zu können. Zu solchen Scheußlichkeiten sind von den sogenannten gebildeten Völkern wahr-
haftig nur Engländer fähig!

Die wahren Elefantenjäger gehen ihrem Wilde im großen, freien Walde nach und erlegen sie,
um das Elfenbein zu gewinnen. Jhre Jagd mag entschuldigt sein; sie ist wenigstens kein feiges
Meucheln. Der Jäger setzt dabei sein Leben ein. Eingeborene, welche die Gewehre tragen, spüren
das Wild aus. Der Jäger nähert sich so weit als möglich und feuert aus einer weitläufigen Büchse
eine Kugel, unmittelbar hinter dem Ohr in den Schädel. Gute Schützen brauchen höchst selten noch
den zweiten Lauf ihres Gewehrs und oft schon haben einzelne Jäger mit jedem Laufe der Büchse einen
Elefanten erlegt. Die Gefahr ist übrigens doch nicht so groß, als sie scheinen mag. Allerdings
kommt es vor, daß gereizte Elefanten sich auf ihre Verderber stürzen, und einzelne von diesen haben
dann auch ihr Leben unter den Fußtritten der Waldriesen ausgehaucht; drei Viertheile aber von
Denen, welche wirklich angegriffen wurden, konnten sich noch retten, selbst wenn sie sozusagen schon
zwischen den Füßen lagen. Die große Furchtsamkeit des Dickhäuters siegt bald wieder über seine
Erregung, und nur höchst selten geschieht es, daß ein verwundeter Elefant seinen Feind so weit ver-
folgt, wie nach Tennent's Bericht einmal ein Rogues einen Jndier, welcher bereits die Stadt
erreicht hatte, aber auf dem Basar noch von dem wüthenden Elefanten eingeholt und zerstampft wurde.

Die Neger im Westen Afrikas flechten, wie Du Chaillu berichtet, im Walde die Schling-
pflanzen netzartig zusammen, jagen dann die Elefanten nach den so eingezäunten Stellen hin, ver-
folgen sie und schleudern, wenn die Thiere unschlüssig vor den verschlungenen Ranken stehen blei-
ben, Hunderte von Lanzen in den Leib der stärksten und größten, bis sie zusammenbrechen. Jn
ähnlicher Weise mögen wohl auch die Neger am weißen Flusse jagen. Sie liefern einen guten Theil
des afrikanischen Elfenbeins, und man hat eigentlich noch nie recht gewußt, wie sie diesen kostbaren
Stoff erlangen. Nach den Nachrichten, welche ich erhielt, sollen sie Fallgruben anlegen, in welchen
die Elefanten auf ihren nächtlichen Weidegängen hinabstürzen und in denen sie dann entweder ver-
hungern müssen oder durch die herbeikommenden Neger getödtet werden. -- Auf die übrigen Jagd-
arten wollen wir hier nicht eingehen; sie sind mehr oder weniger immer eine Metzelei. Jch will nur
erwähnen, daß nächst den Stoßzähnen, dem kostbarsten Theil der Beute, hier und da auch das Fleisch,
zumal der Rüssel und die Füße und die Haut benutzt werden. Die eigentlichen Muskeln sind so hart
und zähe, daß sie nur von einem Negergebiß zermalmt werden können. Du Chaillu versichert,
daß zwölfstündiges Kochen das Fleisch noch immer nicht erweichen könne. Tennent rühmt die Zunge
als wohlschmeckend. Corse läßt den in heißer Asche gebratenen Füßen und dem ebenso zubereiteten
Rüssel Gerechtigkeit widerfahren. Jm Ganzen aber widerstehen auch diese Theile den Europäern.

Weit anziehender und menschlicher ist die Art und Weise, wilde Elefanten lebend in seine Ge-
walt zu bekommen, um sie zu zähmen. Hier gilt es, sehr kluge Thiere doch noch zu überlisten, Wild-
linge zu zähmen und dem Dienst des Menschen unterthan zu machen. Die Jndier sind gegenwärtig
die Meister in dieser Kunst. Unter ihnen gibt es eine förmliche Zunft von Elefantenjägern, in welcher
das Gewerbe vom Vater auf den Sohn forterbt. Die Kunstfertigkeit, List, Vorsicht und Kühnheit,
mit welcher diese Leute zu Werke gehen, ist wahrhaft bewunderungswürdig. Jhrer Zwei gehen
in den Wald hinaus und fangen einen Elefanten aus seiner Familie heraus! Man hält Dies für un-
möglich, und doch ist es wahr.

Die besten Elefantenjäger auf Ceylon, Panikis genannt, bewohnen die maurischen Dörfer im
Norden und Nordwesten der Jnsel und stehen schon seit mehreren hundert Jahren im hohen Ansehen.
Sie verfolgen, sozusagen, instinktmäßig ihre Beute durch die Wälder, und sie sind es auch, welche

Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
von einem hohen Sitze aus niedermeuchelten. Die prahlenden Elefantenjäger Jndiens haben einen
guten Theil ihrer Beute in den Corrals oder Fangplätzen, welche wir bald kennen lernen werden,
erlegt. Sie haben die in einem engen Raum eingepferchten Thiere kaltblütig niedergeſchoſſen und
dann verfaulen laſſen, aus dem einfachen Grunde, um in ihr ſchändliches Jagdregiſter einige Zahlen
mehr eintragen zu können. Sie haben Alte und Junge zuſammengeſchoſſen, ohne die Leichname
nützen zu können. Zu ſolchen Scheußlichkeiten ſind von den ſogenannten gebildeten Völkern wahr-
haftig nur Engländer fähig!

Die wahren Elefantenjäger gehen ihrem Wilde im großen, freien Walde nach und erlegen ſie,
um das Elfenbein zu gewinnen. Jhre Jagd mag entſchuldigt ſein; ſie iſt wenigſtens kein feiges
Meucheln. Der Jäger ſetzt dabei ſein Leben ein. Eingeborene, welche die Gewehre tragen, ſpüren
das Wild aus. Der Jäger nähert ſich ſo weit als möglich und feuert aus einer weitläufigen Büchſe
eine Kugel, unmittelbar hinter dem Ohr in den Schädel. Gute Schützen brauchen höchſt ſelten noch
den zweiten Lauf ihres Gewehrs und oft ſchon haben einzelne Jäger mit jedem Laufe der Büchſe einen
Elefanten erlegt. Die Gefahr iſt übrigens doch nicht ſo groß, als ſie ſcheinen mag. Allerdings
kommt es vor, daß gereizte Elefanten ſich auf ihre Verderber ſtürzen, und einzelne von dieſen haben
dann auch ihr Leben unter den Fußtritten der Waldrieſen ausgehaucht; drei Viertheile aber von
Denen, welche wirklich angegriffen wurden, konnten ſich noch retten, ſelbſt wenn ſie ſozuſagen ſchon
zwiſchen den Füßen lagen. Die große Furchtſamkeit des Dickhäuters ſiegt bald wieder über ſeine
Erregung, und nur höchſt ſelten geſchieht es, daß ein verwundeter Elefant ſeinen Feind ſo weit ver-
folgt, wie nach Tennent’s Bericht einmal ein Rogues einen Jndier, welcher bereits die Stadt
erreicht hatte, aber auf dem Baſar noch von dem wüthenden Elefanten eingeholt und zerſtampft wurde.

Die Neger im Weſten Afrikas flechten, wie Du Chaillu berichtet, im Walde die Schling-
pflanzen netzartig zuſammen, jagen dann die Elefanten nach den ſo eingezäunten Stellen hin, ver-
folgen ſie und ſchleudern, wenn die Thiere unſchlüſſig vor den verſchlungenen Ranken ſtehen blei-
ben, Hunderte von Lanzen in den Leib der ſtärkſten und größten, bis ſie zuſammenbrechen. Jn
ähnlicher Weiſe mögen wohl auch die Neger am weißen Fluſſe jagen. Sie liefern einen guten Theil
des afrikaniſchen Elfenbeins, und man hat eigentlich noch nie recht gewußt, wie ſie dieſen koſtbaren
Stoff erlangen. Nach den Nachrichten, welche ich erhielt, ſollen ſie Fallgruben anlegen, in welchen
die Elefanten auf ihren nächtlichen Weidegängen hinabſtürzen und in denen ſie dann entweder ver-
hungern müſſen oder durch die herbeikommenden Neger getödtet werden. — Auf die übrigen Jagd-
arten wollen wir hier nicht eingehen; ſie ſind mehr oder weniger immer eine Metzelei. Jch will nur
erwähnen, daß nächſt den Stoßzähnen, dem koſtbarſten Theil der Beute, hier und da auch das Fleiſch,
zumal der Rüſſel und die Füße und die Haut benutzt werden. Die eigentlichen Muskeln ſind ſo hart
und zähe, daß ſie nur von einem Negergebiß zermalmt werden können. Du Chaillu verſichert,
daß zwölfſtündiges Kochen das Fleiſch noch immer nicht erweichen könne. Tennent rühmt die Zunge
als wohlſchmeckend. Corſe läßt den in heißer Aſche gebratenen Füßen und dem ebenſo zubereiteten
Rüſſel Gerechtigkeit widerfahren. Jm Ganzen aber widerſtehen auch dieſe Theile den Europäern.

Weit anziehender und menſchlicher iſt die Art und Weiſe, wilde Elefanten lebend in ſeine Ge-
walt zu bekommen, um ſie zu zähmen. Hier gilt es, ſehr kluge Thiere doch noch zu überliſten, Wild-
linge zu zähmen und dem Dienſt des Menſchen unterthan zu machen. Die Jndier ſind gegenwärtig
die Meiſter in dieſer Kunſt. Unter ihnen gibt es eine förmliche Zunft von Elefantenjägern, in welcher
das Gewerbe vom Vater auf den Sohn forterbt. Die Kunſtfertigkeit, Liſt, Vorſicht und Kühnheit,
mit welcher dieſe Leute zu Werke gehen, iſt wahrhaft bewunderungswürdig. Jhrer Zwei gehen
in den Wald hinaus und fangen einen Elefanten aus ſeiner Familie heraus! Man hält Dies für un-
möglich, und doch iſt es wahr.

Die beſten Elefantenjäger auf Ceylon, Panikis genannt, bewohnen die mauriſchen Dörfer im
Norden und Nordweſten der Jnſel und ſtehen ſchon ſeit mehreren hundert Jahren im hohen Anſehen.
Sie verfolgen, ſozuſagen, inſtinktmäßig ihre Beute durch die Wälder, und ſie ſind es auch, welche

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[698/0734] Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten. von einem hohen Sitze aus niedermeuchelten. Die prahlenden Elefantenjäger Jndiens haben einen guten Theil ihrer Beute in den Corrals oder Fangplätzen, welche wir bald kennen lernen werden, erlegt. Sie haben die in einem engen Raum eingepferchten Thiere kaltblütig niedergeſchoſſen und dann verfaulen laſſen, aus dem einfachen Grunde, um in ihr ſchändliches Jagdregiſter einige Zahlen mehr eintragen zu können. Sie haben Alte und Junge zuſammengeſchoſſen, ohne die Leichname nützen zu können. Zu ſolchen Scheußlichkeiten ſind von den ſogenannten gebildeten Völkern wahr- haftig nur Engländer fähig! Die wahren Elefantenjäger gehen ihrem Wilde im großen, freien Walde nach und erlegen ſie, um das Elfenbein zu gewinnen. Jhre Jagd mag entſchuldigt ſein; ſie iſt wenigſtens kein feiges Meucheln. Der Jäger ſetzt dabei ſein Leben ein. Eingeborene, welche die Gewehre tragen, ſpüren das Wild aus. Der Jäger nähert ſich ſo weit als möglich und feuert aus einer weitläufigen Büchſe eine Kugel, unmittelbar hinter dem Ohr in den Schädel. Gute Schützen brauchen höchſt ſelten noch den zweiten Lauf ihres Gewehrs und oft ſchon haben einzelne Jäger mit jedem Laufe der Büchſe einen Elefanten erlegt. Die Gefahr iſt übrigens doch nicht ſo groß, als ſie ſcheinen mag. Allerdings kommt es vor, daß gereizte Elefanten ſich auf ihre Verderber ſtürzen, und einzelne von dieſen haben dann auch ihr Leben unter den Fußtritten der Waldrieſen ausgehaucht; drei Viertheile aber von Denen, welche wirklich angegriffen wurden, konnten ſich noch retten, ſelbſt wenn ſie ſozuſagen ſchon zwiſchen den Füßen lagen. Die große Furchtſamkeit des Dickhäuters ſiegt bald wieder über ſeine Erregung, und nur höchſt ſelten geſchieht es, daß ein verwundeter Elefant ſeinen Feind ſo weit ver- folgt, wie nach Tennent’s Bericht einmal ein Rogues einen Jndier, welcher bereits die Stadt erreicht hatte, aber auf dem Baſar noch von dem wüthenden Elefanten eingeholt und zerſtampft wurde. Die Neger im Weſten Afrikas flechten, wie Du Chaillu berichtet, im Walde die Schling- pflanzen netzartig zuſammen, jagen dann die Elefanten nach den ſo eingezäunten Stellen hin, ver- folgen ſie und ſchleudern, wenn die Thiere unſchlüſſig vor den verſchlungenen Ranken ſtehen blei- ben, Hunderte von Lanzen in den Leib der ſtärkſten und größten, bis ſie zuſammenbrechen. Jn ähnlicher Weiſe mögen wohl auch die Neger am weißen Fluſſe jagen. Sie liefern einen guten Theil des afrikaniſchen Elfenbeins, und man hat eigentlich noch nie recht gewußt, wie ſie dieſen koſtbaren Stoff erlangen. Nach den Nachrichten, welche ich erhielt, ſollen ſie Fallgruben anlegen, in welchen die Elefanten auf ihren nächtlichen Weidegängen hinabſtürzen und in denen ſie dann entweder ver- hungern müſſen oder durch die herbeikommenden Neger getödtet werden. — Auf die übrigen Jagd- arten wollen wir hier nicht eingehen; ſie ſind mehr oder weniger immer eine Metzelei. Jch will nur erwähnen, daß nächſt den Stoßzähnen, dem koſtbarſten Theil der Beute, hier und da auch das Fleiſch, zumal der Rüſſel und die Füße und die Haut benutzt werden. Die eigentlichen Muskeln ſind ſo hart und zähe, daß ſie nur von einem Negergebiß zermalmt werden können. Du Chaillu verſichert, daß zwölfſtündiges Kochen das Fleiſch noch immer nicht erweichen könne. Tennent rühmt die Zunge als wohlſchmeckend. Corſe läßt den in heißer Aſche gebratenen Füßen und dem ebenſo zubereiteten Rüſſel Gerechtigkeit widerfahren. Jm Ganzen aber widerſtehen auch dieſe Theile den Europäern. Weit anziehender und menſchlicher iſt die Art und Weiſe, wilde Elefanten lebend in ſeine Ge- walt zu bekommen, um ſie zu zähmen. Hier gilt es, ſehr kluge Thiere doch noch zu überliſten, Wild- linge zu zähmen und dem Dienſt des Menſchen unterthan zu machen. Die Jndier ſind gegenwärtig die Meiſter in dieſer Kunſt. Unter ihnen gibt es eine förmliche Zunft von Elefantenjägern, in welcher das Gewerbe vom Vater auf den Sohn forterbt. Die Kunſtfertigkeit, Liſt, Vorſicht und Kühnheit, mit welcher dieſe Leute zu Werke gehen, iſt wahrhaft bewunderungswürdig. Jhrer Zwei gehen in den Wald hinaus und fangen einen Elefanten aus ſeiner Familie heraus! Man hält Dies für un- möglich, und doch iſt es wahr. Die beſten Elefantenjäger auf Ceylon, Panikis genannt, bewohnen die mauriſchen Dörfer im Norden und Nordweſten der Jnſel und ſtehen ſchon ſeit mehreren hundert Jahren im hohen Anſehen. Sie verfolgen, ſozuſagen, inſtinktmäßig ihre Beute durch die Wälder, und ſie ſind es auch, welche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/734>, abgerufen am 23.11.2024.